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Die Bauten und Projekte dieses 1907 gegründeten, über zweieinhalb Jahrzehnte äußerst erfolgreichen Architekturbüros zählen zu den Klassikern der Hamburger Backsteinmoderne. Hans Gerson (1881-1931) und Oskar Gerson (1886-1966) ließen sich zunächst in Altona nieder, wo sie mit einer Serie von ebenso qualitätvollen wie originellen Landhäusern Erfolg hatten. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg verlegten sie ihr Büro nach Hamburg und bauten schlichte klinkerverkleidete Großwohnhäuser, die für die Zwischenkriegszeit stilbildend wirkten. Die Hamburger City verdankt ihnen unter anderem die ersten…mehr

Produktbeschreibung
Die Bauten und Projekte dieses 1907 gegründeten, über zweieinhalb Jahrzehnte äußerst erfolgreichen Architekturbüros zählen zu den Klassikern der Hamburger Backsteinmoderne. Hans Gerson (1881-1931) und Oskar Gerson (1886-1966) ließen sich zunächst in Altona nieder, wo sie mit einer Serie von ebenso qualitätvollen wie originellen Landhäusern Erfolg hatten. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg verlegten sie ihr Büro nach Hamburg und bauten schlichte klinkerverkleidete Großwohnhäuser, die für die Zwischenkriegszeit stilbildend wirkten. Die Hamburger City verdankt ihnen unter anderem die ersten Kontorhäuser der Moderne, darunter den expressionistischen Thaliahof (1922) und den als Kontrapunkt zum Chilehaus meisterhaft konzipierten Meßberghof (1923-24), der von Werner Hegemann als 'Beweis für die Amerikanisierung des deutschen Geschäftslebens' gefeiert wurde. Ihr Projekt einer halbringförmigen Hochhausstadt zwischen Millerntor, Sternschanze und Dammtor war der Vorläufer aller späteren Initiativen zur Erschließung neuer Cityflächen. Oskar Gerson führte nach dem Tod seines Bruders Hans das Büro weiter. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges emigrierte er nach Kalifornien, wo er bald wieder als Architekt arbeiten konnte. In Berkeley und Oakland entstand bis in die 50er Jahre ein Spätwerk, das sich auf private Wohnhäuser konzentrierte. Diese sind gediegen im Detail wie die einst in Hamburg errichteten Villen, jedoch viel sparsamer, denn die Bauherren waren oft Emigranten aus Europa, die - wie Oskar Gerson - im amerikanischen Exil ganz von vorn anfingen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2001

Rotgebrannte Backsteinberge
Oder Flaggschiff mit Keller: Die hanseatische Moderne der Architekturbrüder Hans und Oskar Gerson

Der berühmteste Architekt der hanseatischen Moderne oder Nichtmoderne hieß Fritz Höger. Es war kein Kraut gewachsen gegen den enormen Publikumserfolg seines Hamburger Chile-Hauses. Vier Jahre nach dem Ersten Weltkrieg begonnen und sechs Jahre danach vollendet, verkörperten der geschmeidige Schiffsleib und der steile Bug dieses Bauwerks alles, was der ramponierten Volksseele nach dem verlorenen Krieg Zuversicht einflößte: unternehmerischen Wagemut, die kühne Form, den Stolz auf die maritime Vergangenheit und die Hoffnung auf deren Wiederauferstehung. Daß dieser Bürodampfer, der da am Hamburger Meßberg angedockt hatte, in Backstein gehüllt war, störte die Metaphorik nicht. Das Material war eben das kernig Niederdeutsche daran.

Die massivere, härtere und monumentalere Architekturleistung stand und steht gleich daneben: der heutige Meßberghof, den die Brüder Hans und Oskar Gerson (geboren 1881 und 1886) in denselben Jahren errichteten. Die kraftvollen Mauerpfeiler dieses Solitärs sind geschmeidig in die Wandflächen verschliffen. Ursprünglich trug das Haus den Namen des Reeders Albert Ballin, der sich 1918 unter dem Schock der Novemberrevolution den Tod gegeben zu haben scheint. Ballin, als Chef der Hapag mit dem letzten Kaiser befreundet, hätte sich ebenfalls dem patriotischen Mythos einverleiben müssen - wenn er nicht jüdischer Herkunft gewesen wäre, wie seine beiden Architekten.

Zu Höger hielten die Gersons guten Kontakt. Dessen penetrante Berufung aufs Nordland, "wo die reinen Germanen wohnen", schien nicht zu stören. Gelegentlich entwarfen und bauten sie gemeinsam, so den ebenfalls im Kontorhausviertel gelegenen Sprinkenhof. Der mächtige, später auch noch erweiterte Klotz ist von filigran gehäkelten Ziegelrauten überzogen, goldglasiert und mit bunten Keramikknäufen punktiert, Monument und Zuckerwerk in einem.

Wer die permanente Abrißwut der Berliner beklagt, sollte Baustellenfotos aus der Hamburger City der zwanziger Jahre betrachten. Tiefer und breiter kann man Baugruben nicht ausheben. Nur daß die Hamburger Planer die Klugheit besaßen, ihre städtebaulichen Gewaltakte mit Bauten zu rechtfertigen, die trotz Größe und moderner Stahlbeton-Technologie alte hanseatische Tugenden beschworen. "Eine Großstadt eigenen Charakters", resümiert Hartmut Frank in seinem Beitrag zum neuen Gerson-Buch. Es ist das erste seit 1928 und wurde von dem Hamburger, jetzt Frankfurter Bauhistoriker Wolfgang Voigt recherchiert und herausgegeben.

Daß ihre Helden vergessen gewesen seien, ist eine Behauptung, die sich gern in Monographien findet. Immerhin wäre der Meßberghof der Gersons noch in den achtziger Jahren beinahe abgerissen worden. Andererseits figurierte das Baumeisterteam - zu dem ein jüngerer Bruder, Ernst, gehörte - stets in jenen baugeschichtlichen Darstellungen, die nicht den schmalen Königsweg der avantgardistischen Moderne beschritten. Die Gersons konnten vieles und beschränkten sich nicht nur auf eine einzige Offerte im stilistischen Angebot. Sie entwarfen eine gigantische City-Erweiterung und nicht minder megalomane Verkehrsbauwerke, die Ulrich Höhns vorstellt. Sie "konnten" sogar die avantgardistische Moderne, wie ein Ladenumbau am Neuen Wall zeigte. Zarter in den Stahlprofilen und spektakulärer in der gläsernen Wandauflösung hätten es auch die Berliner Kollegen nicht hingekriegt.

Der Herausgeber Voigt widmet sich selbst den Landhäusern, die ein wichtiges Thema dieses Architekturbüros waren. Unterschiedliche Repräsentationswünsche ihrer wohlhabenden Klientel bedienten die Brüder mit unterschiedlichen Handschriften. So geben sich die komfortablen Villen in den Elbvororten, in Pöseldorf oder anderen Hamburger Vorzugslagen bald norddeutsch behaglich, bald preußisch frugal. Bald erinnern sie an barocke oder klassizistische Lustschlößchen, bald wurden sie mit expressionistischen Details dekoriert. Das eine schloß das andere nicht aus. Sogar ein - schmales - kalifornisches Kapitel ist dem OEuvre nun hinzugewonnen. Hans Gerson starb bereits 1931. Oskar ging 1939 ins Exil, lebte bis 1966 in Berkeley und baute Bungalows und Häuser, die sich einem zeitgemäßen Westküsten-Regionalismus einfügten.

Wenn es in Hamburg erlaubt wäre, etwas so Indezentes wie eine hanseatische Walhalla zu errichten, die Gersons hätten nun einen Platz darin. Irgendwo in einer Nische, nicht weit entfernt von den Kollegen, von Fritz Schumacher, dem hochverdienten Dirigenten des Hamburger Bauwesens, oder dem bramarbasierenden Fritz Höger, der eigentlich so gern mit Backsteinen stickte.

WOLFGANG PEHNT

Wolfgang Voigt (Hrsg.): "Hans und Oskar Gerson". Hanseatische Moderne. Dölling und Galitz Verlag, Hamburg, München 2000. 128 S., 174 Abb., davon 24 farbig, br., 48,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wolfgang Pehnt, der in seiner Rezension zunächst einen kurzen Einblick in die hanseatische Architektur im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts gibt, weist darauf hin, dass das vorliegende Buch über die Gebrüder Gerson "das erste seit 1928" ist und somit eine Lücke schließt. Nach Pehnt waren die Gersons außerordentlich vielseitige Architekten, die fast alles beherrschten: avantgardistische Stile, "barocke oder klassizistische Lustschlösschen", "megalomane Verkehrsbauwerke" und vieles mehr, wobei in der Rezension jedoch nicht deutlich wird, inwiefern sich diese Vielseitigkeit auch in dem besprochenen Band wiederspiegelt. Lediglich was die Landhäuser betrifft, die die Gerson-Brüder für besser verdienende Hamburger Kundschaft bauten, erfährt der Leser, dass sich der Herausgeber Wolfgang Voigt hier mit den "unterschiedlichen Handschriften" der Gersons befasst. So haben die Architekten sich nach Pehnt den Wünschen ihrer Kunden jeweils sehr entgegenkommend gezeigt, egal ob "bald norddeutsch behaglich, bald preußisch frugal" gefragt war. Ob der Rezensent diesen Band jedoch summa summarum für gelungen hält, erfährt der Leser in dieser Rezension nicht.

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