'This is a wonderful powerful novel that deserves to win an Oscar' TIME OUT
It's the spring of 1968, the sun shines down on an America on the brink of civil war. Martin Luther King preaches in vain for non-violent protest and the ghettos of Washington DC seethe with anger.
In the middle of this powder-keg is thrust a young black cop, barely out of school himself. Derek Strange believes passionately that he can make a difference, but his friends and family think he's a traitor and a patsy of the white establishment.
On April 4th, 1968, Dr King is assassinated on the balcony of his motel in Memphis, Tennessee. And black America rises as one to condemn the slaying of their hero. For one week, it seems that the whole country will fall. And Derek, his brother, his father, his mother and his whole community find themselves at the heart of a battle for the heart and soul of the new world.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
It's the spring of 1968, the sun shines down on an America on the brink of civil war. Martin Luther King preaches in vain for non-violent protest and the ghettos of Washington DC seethe with anger.
In the middle of this powder-keg is thrust a young black cop, barely out of school himself. Derek Strange believes passionately that he can make a difference, but his friends and family think he's a traitor and a patsy of the white establishment.
On April 4th, 1968, Dr King is assassinated on the balcony of his motel in Memphis, Tennessee. And black America rises as one to condemn the slaying of their hero. For one week, it seems that the whole country will fall. And Derek, his brother, his father, his mother and his whole community find themselves at the heart of a battle for the heart and soul of the new world.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.08.2017Die Lage des Landes vor dem Knall
George Pelecanos fängt in "Hard Revolution" die Stimmung von 1968 ein
Nachdem Martin Luther King am 4. April 1968 ermordet wurde, zog der Aktivist Stokely Carmichael mit einigen Anhängern durch die von Afroamerikanern bewohnten Viertel Washingtons. Die Absicht der Demonstranten war es, Ladenbesitzer davon zu überzeugen, ihre Geschäfte aus Respekt vor King zu schließen. Bald jedoch liefen die Dinge aus dem Ruder, Scheiben wurden eingeschlagen, Gebäude geplündert und angezündet. Immer mehr Protestler kamen zusammen, sie überrannten die Polizei und konnten nur vom Militär gestoppt werden. Zwölf Menschen starben, mehr als eintausend wurden verletzt, gut sechstausend festgenommen.
Dieser Aufstand ist der Fluchtpunkt in George Pelecanos' Roman "Hard Revolution". Unbeirrbar läuft die Handlung auf den großen Knall zu, den viele Figuren für nötig halten, weil sich Amerika erst dann ändern könne, "wenn es mit dem Peitschen von Schüssen, dem Anblick von Blut und dem Geruch von Asche konfrontiert werden würde". Der Protagonist Derek Strange steht dabei zwischen den Fronten. Als junger Polizist muss er gegen die Randalierer vorgehen, als schwarzer Bürger kann er ihre Motive gut nachvollziehen. Achtzig Prozent seiner Kollegen sind weiß, knapp siebzig Prozent der Bevölkerung Washingtons sind schwarz, und weder die einen noch die anderen können etwas mit einem afroamerikanischen Polizisten anfangen.
Im Original ist "Hard Revolution" bereits 2004 als Prequel zu drei Romanen erschienen, in denen wir Strange als sympathischen Privatdetektiv kennengelernt haben. Er setzt auf Fairness, liebt Soul-Musik und verfügt über tugendhafte Vorstellungen, die, wenn es dumm läuft, tugendfreie Taten zur Folge haben. Wie er zu dem werden konnte, der er ist, wird uns nun erklärt. Die ersten achtzig Seiten spielen im Jahr 1959 und handeln unter anderem davon, dass der jugendliche Derek Strange einen Ladendiebstahl begeht. Er wird vom Lagerleiter erwischt, der wiederum viel Gutes im Täter entdeckt, ihn mit pädagogischen Floskeln zukleistert und heimschickt. Während Strange die Moral der Geschichte erkennt und groben Unfug fortan unterlässt, fragen wir uns, wann Pelecanos seinem nicht nur in diesem Buch auftauchenden Faible für Küchenpsychologie das letzte Geleit geben wird.
Von solchen Ausrutschern abgesehen, ist "Hard Revolution" ein im besten Sinne starkes Stück. Pelecanos illustriert die Graustufen einer in Schwarzweiß denkenden Gesellschaft und wartet mit fein ausgearbeiteten Figuren auf, deren Leben vor und bei den Unruhen ins Straucheln gerät. Stoische Ermittler und miese Rassisten, ultrabrutale Killer und müde Vietnam-Veteranen, besorgte Mütter und stolze Väter: Sie alle werden von Pelecanos in Ruhe unters Mikroskop gelegt und mal durch einen Satz des Erzählers, mal mittels wörtlicher Rede prägnant charakterisiert. Im Laufe des Geschehens zieht der Autor das Tempo allerdings merklich an, um am Ende in den Stil eines auf die Schnelle abgefassten Lageberichts zu verfallen.
Obwohl der Plot mit dem Tumult seinen Höhepunkt erreicht, stellt sich bei der Lektüre das Gefühl ein, als sei hier der Weg das Ziel, als komme es nicht darauf an, wie genau das Finale ausfällt. Showdown, Auflösung, poetische Gerechtigkeit? Alles schön und gut, aber das, was der Roman am besten kann, entfaltet sich auf jeder Seite von neuem. Das Zauberwort heißt "Stimmung". Die detaillierten Schilderungen der mit Metzgereien, Textilreinigungen und Friseursalons gespickten Straßen, die Erwähnung von Zigaretten- und Jeansmarken, die exakt beschriebenen Autos - all das erzeugt eine Atmosphäre, welche die Zeit und die Stadt fast körperlich erfahrbar macht.
Hinzu kommen die im Original unverfälscht, in der deutschen Übersetzung leider linkisch klingenden Dialoge und die fortlaufend ins Spiel gebrachte Musik. Wenn sich der Bilderbuchrowdy Buzz mit Link Wrays muskulösem Song "Rumble" auf Gewaltorgien vorbereitet, ist das Kolorit der Szene perfekt. Im Deutschen verweist die Wurzel des Wortes "Stimmung" auf unsere "Stimme" und das Verb "stimmen", also auf den Bereich der Akustik. Eingedenk dieses Zusammenhangs von Stimmung und Tönen wurde der Roman in Amerika auch in einer limitierten Edition mit beigelegtem Soundtrack veröffentlicht, auf dem uns Künstler wie Otis Redding und Solomon Burke vor Ohren führen, wo in Sachen Soul und Rhythm and Blues der Hammer hängt. Dabei braucht es diese Zugabe überhaupt nicht. Pelecanos' Erzählerstimme ist Stimmungsgarant genug.
KAI SPANKE
George Pelecanos:
"Hard Revolution".
Kriminalroman.
Aus dem Amerikanischen von Gottfried Röckelein. Ars Vivendi Verlag,
Cadolzburg 2017.
420 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
George Pelecanos fängt in "Hard Revolution" die Stimmung von 1968 ein
Nachdem Martin Luther King am 4. April 1968 ermordet wurde, zog der Aktivist Stokely Carmichael mit einigen Anhängern durch die von Afroamerikanern bewohnten Viertel Washingtons. Die Absicht der Demonstranten war es, Ladenbesitzer davon zu überzeugen, ihre Geschäfte aus Respekt vor King zu schließen. Bald jedoch liefen die Dinge aus dem Ruder, Scheiben wurden eingeschlagen, Gebäude geplündert und angezündet. Immer mehr Protestler kamen zusammen, sie überrannten die Polizei und konnten nur vom Militär gestoppt werden. Zwölf Menschen starben, mehr als eintausend wurden verletzt, gut sechstausend festgenommen.
Dieser Aufstand ist der Fluchtpunkt in George Pelecanos' Roman "Hard Revolution". Unbeirrbar läuft die Handlung auf den großen Knall zu, den viele Figuren für nötig halten, weil sich Amerika erst dann ändern könne, "wenn es mit dem Peitschen von Schüssen, dem Anblick von Blut und dem Geruch von Asche konfrontiert werden würde". Der Protagonist Derek Strange steht dabei zwischen den Fronten. Als junger Polizist muss er gegen die Randalierer vorgehen, als schwarzer Bürger kann er ihre Motive gut nachvollziehen. Achtzig Prozent seiner Kollegen sind weiß, knapp siebzig Prozent der Bevölkerung Washingtons sind schwarz, und weder die einen noch die anderen können etwas mit einem afroamerikanischen Polizisten anfangen.
Im Original ist "Hard Revolution" bereits 2004 als Prequel zu drei Romanen erschienen, in denen wir Strange als sympathischen Privatdetektiv kennengelernt haben. Er setzt auf Fairness, liebt Soul-Musik und verfügt über tugendhafte Vorstellungen, die, wenn es dumm läuft, tugendfreie Taten zur Folge haben. Wie er zu dem werden konnte, der er ist, wird uns nun erklärt. Die ersten achtzig Seiten spielen im Jahr 1959 und handeln unter anderem davon, dass der jugendliche Derek Strange einen Ladendiebstahl begeht. Er wird vom Lagerleiter erwischt, der wiederum viel Gutes im Täter entdeckt, ihn mit pädagogischen Floskeln zukleistert und heimschickt. Während Strange die Moral der Geschichte erkennt und groben Unfug fortan unterlässt, fragen wir uns, wann Pelecanos seinem nicht nur in diesem Buch auftauchenden Faible für Küchenpsychologie das letzte Geleit geben wird.
Von solchen Ausrutschern abgesehen, ist "Hard Revolution" ein im besten Sinne starkes Stück. Pelecanos illustriert die Graustufen einer in Schwarzweiß denkenden Gesellschaft und wartet mit fein ausgearbeiteten Figuren auf, deren Leben vor und bei den Unruhen ins Straucheln gerät. Stoische Ermittler und miese Rassisten, ultrabrutale Killer und müde Vietnam-Veteranen, besorgte Mütter und stolze Väter: Sie alle werden von Pelecanos in Ruhe unters Mikroskop gelegt und mal durch einen Satz des Erzählers, mal mittels wörtlicher Rede prägnant charakterisiert. Im Laufe des Geschehens zieht der Autor das Tempo allerdings merklich an, um am Ende in den Stil eines auf die Schnelle abgefassten Lageberichts zu verfallen.
Obwohl der Plot mit dem Tumult seinen Höhepunkt erreicht, stellt sich bei der Lektüre das Gefühl ein, als sei hier der Weg das Ziel, als komme es nicht darauf an, wie genau das Finale ausfällt. Showdown, Auflösung, poetische Gerechtigkeit? Alles schön und gut, aber das, was der Roman am besten kann, entfaltet sich auf jeder Seite von neuem. Das Zauberwort heißt "Stimmung". Die detaillierten Schilderungen der mit Metzgereien, Textilreinigungen und Friseursalons gespickten Straßen, die Erwähnung von Zigaretten- und Jeansmarken, die exakt beschriebenen Autos - all das erzeugt eine Atmosphäre, welche die Zeit und die Stadt fast körperlich erfahrbar macht.
Hinzu kommen die im Original unverfälscht, in der deutschen Übersetzung leider linkisch klingenden Dialoge und die fortlaufend ins Spiel gebrachte Musik. Wenn sich der Bilderbuchrowdy Buzz mit Link Wrays muskulösem Song "Rumble" auf Gewaltorgien vorbereitet, ist das Kolorit der Szene perfekt. Im Deutschen verweist die Wurzel des Wortes "Stimmung" auf unsere "Stimme" und das Verb "stimmen", also auf den Bereich der Akustik. Eingedenk dieses Zusammenhangs von Stimmung und Tönen wurde der Roman in Amerika auch in einer limitierten Edition mit beigelegtem Soundtrack veröffentlicht, auf dem uns Künstler wie Otis Redding und Solomon Burke vor Ohren führen, wo in Sachen Soul und Rhythm and Blues der Hammer hängt. Dabei braucht es diese Zugabe überhaupt nicht. Pelecanos' Erzählerstimme ist Stimmungsgarant genug.
KAI SPANKE
George Pelecanos:
"Hard Revolution".
Kriminalroman.
Aus dem Amerikanischen von Gottfried Röckelein. Ars Vivendi Verlag,
Cadolzburg 2017.
420 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main