Vic Warshawski, Sara Paretskys berühmte Detektivin, die in den 80er Jahren die Krimiszene neu aufmischte, ist zurück: In einem unerschrockenen Feldzug gegen die korrupten Machenschaften der Chicagoer Medienszene beweist die couragierte Powerfrau, dass sie stärker ist als ihre männlichen Kollegen.
Warum mußte die Einwanderin Nicola Aguinaldo auf so gewaltsame Weise sterben? Weshalb verschwindet ihre Leiche, bevor ein ausführlicher Obduktionsbericht erstellt werden konnte? Und aus welchen Gründen will die Chicagoer Polizei ausgerechnet Vic Warshawski die Schuld an dem Tod der jungen Frau in die Schuhe schieben? Beim Lösen ihres neuen Falls ist die charmante und scharfsinnige Privatdetektivin vor besondere Schwierigkeiten gestellt, denn ganz offensichtlich wollen einflußreiche Kreise ihre Nachforschungen unterbinden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Warum mußte die Einwanderin Nicola Aguinaldo auf so gewaltsame Weise sterben? Weshalb verschwindet ihre Leiche, bevor ein ausführlicher Obduktionsbericht erstellt werden konnte? Und aus welchen Gründen will die Chicagoer Polizei ausgerechnet Vic Warshawski die Schuld an dem Tod der jungen Frau in die Schuhe schieben? Beim Lösen ihres neuen Falls ist die charmante und scharfsinnige Privatdetektivin vor besondere Schwierigkeiten gestellt, denn ganz offensichtlich wollen einflußreiche Kreise ihre Nachforschungen unterbinden.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.11.2001Das verflixte neunte Mal
Chicagos Stachel: Sara Paretsky sieht harten Zeiten entgegen
Die Privatdetektivin V. I. Warshawski, weiß, geschieden, nicht mehr ganz jung, ist einschlägig "vorbestraften" Lesern keine Unbekannte mehr. Acht Fälle, von "Schadenersatz" bis "Engel im Schacht", hat sie im Auftrag ihrer Autorin Sara Paretsky schon überstanden, als zugelassene Anwältin spezialisiert auf Wirtschaftsverbrechen und in ihrem Eigensinn ein niemals brüchiger Stachel im Korruptionssystem Chicagos. V. steht für Victoria, die Siegerin, I. für Iphigenia, das göttliche Geschöpf, das sich noch vom Opferaltar retten konnte.
Von ihrem Vater, einem polnischen Einwanderer, hat die Polizistentochter den in Chicago verstörend fremd klingenden Namen und ihr ausgeprägtes Gerechtigkeitsverlangen, von der Mutter, einer Norditalienerin, den Sinn fürs Feine, der sich nicht allein auf modische Pumps und mildtätigen Whiskey beschränkt - und mit Philip Marlowe, dem melancholischen Moralisten von Raymond Chandlers Gnaden, hat sie den ungebrochenen Kämpfergeist und die ewige Geldnot gemein.
Umweltverbrechern und Versicherungsbetrügern, militanten Abtreibungsgegnern und zwielichtigen Gewerkschaftsbossen, korrupten Polizisten und nicht weniger verkommenen Ärzten stellte sie sich schon in die Quere - wer wollte es ihr da verdenken, daß sie ein wenig matt geworden ist in ihrem Elan, weil ihr die Gegner auszugehen drohen? Und wer möchte es Sara Paretsky vergelten, einer in Geschichte promovierten Autorin vom Jahrgang 1947, daß ihr allmählich der Eifer abhanden zu kommen scheint, sich vom Muster der einmal und immer wieder erfolgreichen Geschichten zu lösen?
Ein für allemal gilt: Je mehr die Allgewaltigen Chicagos, mit gesetzlichen wie ungesetzlichen Mitteln, Vic Warshawski von einer Sache abzuhalten suchen, desto weniger ist sie dazu bereit. Im Roman "Die verschwundene Frau", ihrem neunten auf deutsch erschienenen Fall, geht die Detektivin dafür sogar ins Gefängnis und läßt sich mit Elektroschocks malträtieren. Eigentlich ist es gar nicht ihr Fall, in den sie sich immer leidenschaftlicher verstrickt, es gibt keinen Auftraggeber außer dem moralischen Impetus, und es gibt auch niemanden, der vor einem verheerenden Schicksal bewahrt werden könnte - mit Ausnahme jenes kleinen Jungen, dem das Leben in Person seines Vaters mächtig mies mitspielt und dem die ganze Rührseligkeit der Autorin gehört. Ansonsten gibt es nur Todesopfer und, in Uniform oder Nadelstreifen, das schier allgegenwärtige Böse, dem sich Vic Warshawski in den Weg wirft.
"Hard Time" heißt der Roman im Original, und Sara Paretsky erspart auch dem Leser harte Zeiten nicht. Ihre Heldin ist keine Sympathieträgerin, sondern eine Frau, deren Selbstwertgefühl sich am liebsten in Selbstgefälligkeit verliert, und ein nicht nur beim Joggen hakenschlagendes Wesen, das mit seinen dauernden Verweisen auf die ständigen Begleiter, zwei Hunde, ziemlich nerven kann. Die vertrackte Handlung, wie die Detektivin über eine tödlich verletzte Frau, die ihr nächtens jäh vor die Autoscheinwerfer gerät, und über die danach aus der Pathologie verschwundene Leiche allmählich einem menschenverachtenden Exempel von Wirtschaftskriminalität auf die Spur kommt, ist so verschachtelt und im Grunde willkürlich kompliziert ersonnen wie dieser darüber referierende Satz. Wer die Unruhestifterin Vic Warshawski nicht längst ins Herz geschlossen hat - bei diesem verflixten neunten Mal wird es ihm nicht gelingen.
HANS-DIETER SEIDEL
Sara Paretsky: "Die verschwundene Frau". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Sonja Hauser. Piper Verlag, München 2001. 446 S., geb., 39,80 DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Chicagos Stachel: Sara Paretsky sieht harten Zeiten entgegen
Die Privatdetektivin V. I. Warshawski, weiß, geschieden, nicht mehr ganz jung, ist einschlägig "vorbestraften" Lesern keine Unbekannte mehr. Acht Fälle, von "Schadenersatz" bis "Engel im Schacht", hat sie im Auftrag ihrer Autorin Sara Paretsky schon überstanden, als zugelassene Anwältin spezialisiert auf Wirtschaftsverbrechen und in ihrem Eigensinn ein niemals brüchiger Stachel im Korruptionssystem Chicagos. V. steht für Victoria, die Siegerin, I. für Iphigenia, das göttliche Geschöpf, das sich noch vom Opferaltar retten konnte.
Von ihrem Vater, einem polnischen Einwanderer, hat die Polizistentochter den in Chicago verstörend fremd klingenden Namen und ihr ausgeprägtes Gerechtigkeitsverlangen, von der Mutter, einer Norditalienerin, den Sinn fürs Feine, der sich nicht allein auf modische Pumps und mildtätigen Whiskey beschränkt - und mit Philip Marlowe, dem melancholischen Moralisten von Raymond Chandlers Gnaden, hat sie den ungebrochenen Kämpfergeist und die ewige Geldnot gemein.
Umweltverbrechern und Versicherungsbetrügern, militanten Abtreibungsgegnern und zwielichtigen Gewerkschaftsbossen, korrupten Polizisten und nicht weniger verkommenen Ärzten stellte sie sich schon in die Quere - wer wollte es ihr da verdenken, daß sie ein wenig matt geworden ist in ihrem Elan, weil ihr die Gegner auszugehen drohen? Und wer möchte es Sara Paretsky vergelten, einer in Geschichte promovierten Autorin vom Jahrgang 1947, daß ihr allmählich der Eifer abhanden zu kommen scheint, sich vom Muster der einmal und immer wieder erfolgreichen Geschichten zu lösen?
Ein für allemal gilt: Je mehr die Allgewaltigen Chicagos, mit gesetzlichen wie ungesetzlichen Mitteln, Vic Warshawski von einer Sache abzuhalten suchen, desto weniger ist sie dazu bereit. Im Roman "Die verschwundene Frau", ihrem neunten auf deutsch erschienenen Fall, geht die Detektivin dafür sogar ins Gefängnis und läßt sich mit Elektroschocks malträtieren. Eigentlich ist es gar nicht ihr Fall, in den sie sich immer leidenschaftlicher verstrickt, es gibt keinen Auftraggeber außer dem moralischen Impetus, und es gibt auch niemanden, der vor einem verheerenden Schicksal bewahrt werden könnte - mit Ausnahme jenes kleinen Jungen, dem das Leben in Person seines Vaters mächtig mies mitspielt und dem die ganze Rührseligkeit der Autorin gehört. Ansonsten gibt es nur Todesopfer und, in Uniform oder Nadelstreifen, das schier allgegenwärtige Böse, dem sich Vic Warshawski in den Weg wirft.
"Hard Time" heißt der Roman im Original, und Sara Paretsky erspart auch dem Leser harte Zeiten nicht. Ihre Heldin ist keine Sympathieträgerin, sondern eine Frau, deren Selbstwertgefühl sich am liebsten in Selbstgefälligkeit verliert, und ein nicht nur beim Joggen hakenschlagendes Wesen, das mit seinen dauernden Verweisen auf die ständigen Begleiter, zwei Hunde, ziemlich nerven kann. Die vertrackte Handlung, wie die Detektivin über eine tödlich verletzte Frau, die ihr nächtens jäh vor die Autoscheinwerfer gerät, und über die danach aus der Pathologie verschwundene Leiche allmählich einem menschenverachtenden Exempel von Wirtschaftskriminalität auf die Spur kommt, ist so verschachtelt und im Grunde willkürlich kompliziert ersonnen wie dieser darüber referierende Satz. Wer die Unruhestifterin Vic Warshawski nicht längst ins Herz geschlossen hat - bei diesem verflixten neunten Mal wird es ihm nicht gelingen.
HANS-DIETER SEIDEL
Sara Paretsky: "Die verschwundene Frau". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Sonja Hauser. Piper Verlag, München 2001. 446 S., geb., 39,80 DM.
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