Harley-Davidson gehört zu den ältesten Motorradmarken der Welt und pflegt eine mittlerweile über 100-jährige technische Tradition. Der Nimbus der Marke aus Milwaukee ist heute stärker denn je und beruht nicht zuletzt auf der typisch amerikanischen Prägung ihrer Maschinen. Für "Harley-Legenden" hat Erfolgsfotograf Dieter Rebmann sein Archiv geöffnet und präsentiert in aufregenden Bildern die Faszination Harley Fahren. Mit spektakulärem, größtenteils unveröffentlichtem Bildmaterial werden 35 der für die Geschichte von Harley-Davidson wichtigsten Modelle vorgestellt: Chronologisch geordnet in Wort und Bild - vom allerersten V-Twin bis zur brandaktuellen Night Rod. Die Beschreibung eines jeden präsentierten Modells umfasst dabei hervorragendes exklusives Bildmaterial sowie eine Tabelle mit technischen Daten. Für jeden Harley-Freund ein perfektes Bilder- und Lesebuch über die Geschichte der Marke.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.02.2008Gesehen und gelesen
Wenn der Begriff Harley-Davidson fällt, lassen sich – ganz vorsichtig gesagt – Assoziationen nicht vermeiden: meist schwere Männer in schwarzem Leder, verchromte Helme, donnernde Kolonnen auf hoffentlich schnurgerader Bahn in die untergehende Sonne. Und wenn es ganz schlimm kommt, ist der Motorradmantel aus den Resten einer amerikanischen Nationalflagge genäht.
Wie falsch es aber ist, den traditionsreichen Namen des amerikanischen Motorradherstellers ausschließlich mit dieser, sagen wir: skurrilen Szene in Verbindung zu bringen, zeigt das Buch „Harley-Davidson – Legenden” von Dieter Rebmann, Horst Rösler und Frank Sander. Sie erzählen – ausführlich recherchiert, in angenehmem Ton und mit sehr guten Fotos – die lange Geschichte der Motorradmarke, die in einem Holzschuppen in Milwaukee ihren Anfang nahm und heute längst, jenseits aller Vorurteile, Beachtung erlangt hat. Denn der Weg vom Modell 5D aus dem Jahre 1909 über den Sport Twin mit dem seinerzeit als revolutionär geltenden, längs eingebauten Boxermotor von 1919 bis hin zum Klassiker Heritage Springer Softail und der aktuellen Night Rod ist gespickt mit technischen Weiterentwicklungen und Details – vor allem in der frühen Zeit.
Ein gutes Buch für Biker, die an dieser Geschichte interessiert sind, aber überhaupt keine Lust haben, sich in einem Harley-Shop erwischen zu lassen.op
Dieter Rebmann, Horst Rösler und Frank Sander: Harley-Davidson – Legenden; Heel Verlag; 160 Seiten; 250 Abbildungen; 29,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Wenn der Begriff Harley-Davidson fällt, lassen sich – ganz vorsichtig gesagt – Assoziationen nicht vermeiden: meist schwere Männer in schwarzem Leder, verchromte Helme, donnernde Kolonnen auf hoffentlich schnurgerader Bahn in die untergehende Sonne. Und wenn es ganz schlimm kommt, ist der Motorradmantel aus den Resten einer amerikanischen Nationalflagge genäht.
Wie falsch es aber ist, den traditionsreichen Namen des amerikanischen Motorradherstellers ausschließlich mit dieser, sagen wir: skurrilen Szene in Verbindung zu bringen, zeigt das Buch „Harley-Davidson – Legenden” von Dieter Rebmann, Horst Rösler und Frank Sander. Sie erzählen – ausführlich recherchiert, in angenehmem Ton und mit sehr guten Fotos – die lange Geschichte der Motorradmarke, die in einem Holzschuppen in Milwaukee ihren Anfang nahm und heute längst, jenseits aller Vorurteile, Beachtung erlangt hat. Denn der Weg vom Modell 5D aus dem Jahre 1909 über den Sport Twin mit dem seinerzeit als revolutionär geltenden, längs eingebauten Boxermotor von 1919 bis hin zum Klassiker Heritage Springer Softail und der aktuellen Night Rod ist gespickt mit technischen Weiterentwicklungen und Details – vor allem in der frühen Zeit.
Ein gutes Buch für Biker, die an dieser Geschichte interessiert sind, aber überhaupt keine Lust haben, sich in einem Harley-Shop erwischen zu lassen.op
Dieter Rebmann, Horst Rösler und Frank Sander: Harley-Davidson – Legenden; Heel Verlag; 160 Seiten; 250 Abbildungen; 29,90 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.02.2009Wir hören den Ruf der Straße
100 Jahre V-Twin aus Milwaukee. Deshalb hier ein Artikel über Harley-Davidson. Aber es kommen kein einziges Mal die Begriffe Freiheit oder Easy Rider vor. Ehrenwort.
Von Walter Wille
Alles Marketing? Spötter behaupten das. Oft ist auch die anerkennende Variante zu hören: perfektes Marketing. Die verkaufen ein Lebensgefühl und geben ein Motorrad dazu, lautet der sich allmählich abnutzende Standardspruch über Harley-Davidson.
Er trifft es fast. Aber nur fast. In unnachahmlicher Weise produziert die Motor Company seit Jahrzehnten Sprechblasen dieser Art: "Die Straße hinter Ihnen ist Vergangenheit. Die Straße vor Ihnen ist Zukunft. Es ist Ihre Straße. Erobern Sie sie!" Aber in ebenso unnachahmlicher Weise produziert sie Motorräder, die nicht eine Beigabe sind, sondern wie keine anderen geschaffen, ein bestimmtes Lebensgefühl zu erzeugen, und sei es auch nur für ein paar Stunden in der Woche an einem Tag, an dem man sich von der Arbeit, vom Alltag frei machen kann. Es hat mit Lässigkeit zu tun, mit Stolz und Fahrtwind.
Das gekonnte Marketing wird in Milwaukee technisch solide unterfüttert, es stehen Mengen von Eisen, Gummi sowie eine sehr lange Geschichte dahinter. 2003 ist groß gefeiert worden, als der Bau der ersten Harley in einem Holzschuppen 100 Jahre her gewesen ist. Voriges Jahr haben sie mit viel Tamtam den 105. Geburtstag begangen. Jetzt ist ein eher unauffälliges, aber wichtiges Jubiläum zu würdigen: Im Februar 1909, vor 100 Jahren also, produzierte Harley-Davidson die ersten V-Zweizylindermotoren. Bis dahin knatterten Harleys ausschließlich mit Einzylindern durch die Motorrad-Frühzeit.
Der großvolumige V-Twin wurde zum Markenzeichen schlechthin. Grundlegendes wie 45 Grad Zylinderwinkel, Luftkühlung, zwei Ventile je Zylinder hat sich seit 1909 über die diversen Motorengenerationen hinweg - Flathead (1929), Knucklehead (1936), Panhead (1946), Shovelhead (1966), Evolution (1984), Twin Cam 88 (1999), Twin Cam 96 (2007) - nicht verändert. Weniger in die Tradition passt das 2002 für den Power-Cruiser V-Rod eingeführte, gemeinsam mit Porsche entwickelte "Revolution"-Triebwerk: Mit Wasserkühlung, 60-Grad-Winkel, Vierventiltechnik und der für Harley-Verhältnisse exorbitanten Leistung (88 kW/120 PS) war es für manche Fans der Marke zu revolutionär und nur schwer zu schlucken. Aber das Unternehmen hat im Laufe der Zeit bei weitem nicht nur V-Twins hervorgebracht, sondern auch Dinge wie Boxermotoren, dreirädrige Lieferantenfahrzeuge, Scooter, Golfwagen, Mopeds, Fahrräder.
Der Ur-V-Twin von 1909 hatte 811 Kubikzentimeter Hubraum und eine Hammerleistung von sieben PS. Damit marschierte das 325 Dollar kostende Motorrad gut 70 km/h, und wenn man bedenkt, dass die Wege damals nicht autobahnartig geteert und eigentlich noch den Pferdefuhrwerken vorbehalten waren, dass ausschließlich mit dem Hinterrad gebremst wurde und auf rutschigem Untergrund ohnehin die Front weggeschmiert wäre, dann kann man sich vorstellen, wie sich die Piloten vorgekommen sein müssen.
Sieben PS waren wohl erstmal genug. Der Lederriemenantrieb und der Motor galten noch nicht gerade als ausgereift. Eine untenliegende Nockenwelle betätigte das Auslassventil, das Einlassventil wurde "atmosphärisch" gesteuert. Dieses "Schnüffelventil" öffnete, wenn im Verbrennungsraum ein Unterdruck herrschte, und schloss, wenn der Luftdruck dort höher war als jener der Umgebung. 1911 wurde der Motor grundlegend überarbeitet. Nun betätigte die Nockenwelle über eine Stößelstange mechanisch das Einlassventil.
Dabei blieb's dann natürlich nicht in Sachen Weiterentwicklung, wie man weiß: Harleys haben heute elektronische Kraftstoffeinspritzung, Klappen im Abgastrakt, um die Drehmomentabgabe zu optimieren und Geräuschvorschriften zu übertölpeln, kohlefaserverstärkte Zahnriemen zum Hinterrad, Datenbus-Technik, elektronische Gasgriffe, Blinker mit automatischer Rückstellung, schlüssellose Alarmanlagen und dergleichen mehr. Sie sind absolut auf der Höhe der Zeit. Dennoch sieht sich die Marketingabteilung immer wieder veranlasst, auf Selbstverständliches hinzuweisen: "Bei aller Tradition ist eine Harley-Davidson auch stets ein modernes Motorrad. Zu keiner Zeit verschloss sich der Hersteller sinnvoller technischer Innovation." Es sind eben nicht so sehr die Innovationen, sondern vielmehr Stil, Detailverliebtheit und gesalzene Preise, mit denen die Marke gemeinhin in Verbindung gebracht wird.
Betrachtet man alte Fotos einer Duo Glide von 1958 oder einer Knucklehead anno '36, so ist die Abstammung moderner Harleys in direkter Linie davon sogleich zu erkennen. In direkter Linie, ohne Unterbrechung, das ist entscheidend: Es ist nicht so wie im Fall mancher Retroprodukte, die wenig authentisch wirken, oder moderner Autos mit historischen Zitaten wie Beetle, Mini oder Cinquecento. Dort ist der Bruch gewollt und sichtbar. Nicht so bei Harley-Davidson.
Hier wird technischer Fortschritt benutzt, aber er wird nicht zur Schau gestellt, wird versteckt, wie im Fall des an den großen Tourern kaum erkennbar verbauten Antiblockiersystems. "Wir haben die Kunst perfektioniert, unserem Stil treu zu bleiben, ohne auf der Stelle zu treten", liest man in einer der Broschüren der Motor Company. Da mag man nicht widersprechen. Die Sportster-Baureihe existiert seit 1957, eine erste Electra Glide entstand 1965, als die Duo Glide einen elektrischen Anlasser bekam. Das sind Bollwerke der Kontinuität, ihnen gilt Pferdestärken-Prosa wie diese: "Hörst Du den Ruf der Straße? Schmeckst Du das Salz der Brise, riechst Du den Duft der Pinien? Wenn die Straße ruft, wirst Du nichts anderes mehr hören. Du entrinnst ihm nicht, dem Ruf der Straße." Da klingen die Marketing-Mannen ein wenig albern, gewiss, aber das hat genau jene sorglose Unvernunft, die es braucht, damit man mit tiefer Zufriedenheit etwas genießen kann wie das unaufgeregte Dahinbollern mit einem pulsierenden Untersatz, in dessen Chromlampe sich der Horizont krümmt. Ob es dabei nach Pinien riecht, nach Fichtenschonung, Sägewerk oder Papierfabrik, ist egal.
Harleys funktionieren, sie sind problemlos zu handhaben und zuverlässig. In der 50 000-Kilometer-Dauertest-Rangliste der Zeitschrift "Motorrad" belegen die Amerikaner mit ihrer Road King Platz 1. Die Auspuffanlagen tragen Bezeichnungen wie "Shotgun" oder "Straight Shot Dual", die Lackkombinationen heißen "Yellow Pearl & Charcoal Slate with Ghost Feather graphics" oder "Red Hot Sunglo & Smokey Gold". Das alles fügt sich zu einem sorgsam gepflegten Bild. Man kann ein ähnlich konzipiertes Motorrad aus Fernost fahren, das den Zweck genauso gut erfüllt, hübsch und viel günstiger ist, aber eben diesen einen Makel hat: Dass es keine Harley ist.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
100 Jahre V-Twin aus Milwaukee. Deshalb hier ein Artikel über Harley-Davidson. Aber es kommen kein einziges Mal die Begriffe Freiheit oder Easy Rider vor. Ehrenwort.
Von Walter Wille
Alles Marketing? Spötter behaupten das. Oft ist auch die anerkennende Variante zu hören: perfektes Marketing. Die verkaufen ein Lebensgefühl und geben ein Motorrad dazu, lautet der sich allmählich abnutzende Standardspruch über Harley-Davidson.
Er trifft es fast. Aber nur fast. In unnachahmlicher Weise produziert die Motor Company seit Jahrzehnten Sprechblasen dieser Art: "Die Straße hinter Ihnen ist Vergangenheit. Die Straße vor Ihnen ist Zukunft. Es ist Ihre Straße. Erobern Sie sie!" Aber in ebenso unnachahmlicher Weise produziert sie Motorräder, die nicht eine Beigabe sind, sondern wie keine anderen geschaffen, ein bestimmtes Lebensgefühl zu erzeugen, und sei es auch nur für ein paar Stunden in der Woche an einem Tag, an dem man sich von der Arbeit, vom Alltag frei machen kann. Es hat mit Lässigkeit zu tun, mit Stolz und Fahrtwind.
Das gekonnte Marketing wird in Milwaukee technisch solide unterfüttert, es stehen Mengen von Eisen, Gummi sowie eine sehr lange Geschichte dahinter. 2003 ist groß gefeiert worden, als der Bau der ersten Harley in einem Holzschuppen 100 Jahre her gewesen ist. Voriges Jahr haben sie mit viel Tamtam den 105. Geburtstag begangen. Jetzt ist ein eher unauffälliges, aber wichtiges Jubiläum zu würdigen: Im Februar 1909, vor 100 Jahren also, produzierte Harley-Davidson die ersten V-Zweizylindermotoren. Bis dahin knatterten Harleys ausschließlich mit Einzylindern durch die Motorrad-Frühzeit.
Der großvolumige V-Twin wurde zum Markenzeichen schlechthin. Grundlegendes wie 45 Grad Zylinderwinkel, Luftkühlung, zwei Ventile je Zylinder hat sich seit 1909 über die diversen Motorengenerationen hinweg - Flathead (1929), Knucklehead (1936), Panhead (1946), Shovelhead (1966), Evolution (1984), Twin Cam 88 (1999), Twin Cam 96 (2007) - nicht verändert. Weniger in die Tradition passt das 2002 für den Power-Cruiser V-Rod eingeführte, gemeinsam mit Porsche entwickelte "Revolution"-Triebwerk: Mit Wasserkühlung, 60-Grad-Winkel, Vierventiltechnik und der für Harley-Verhältnisse exorbitanten Leistung (88 kW/120 PS) war es für manche Fans der Marke zu revolutionär und nur schwer zu schlucken. Aber das Unternehmen hat im Laufe der Zeit bei weitem nicht nur V-Twins hervorgebracht, sondern auch Dinge wie Boxermotoren, dreirädrige Lieferantenfahrzeuge, Scooter, Golfwagen, Mopeds, Fahrräder.
Der Ur-V-Twin von 1909 hatte 811 Kubikzentimeter Hubraum und eine Hammerleistung von sieben PS. Damit marschierte das 325 Dollar kostende Motorrad gut 70 km/h, und wenn man bedenkt, dass die Wege damals nicht autobahnartig geteert und eigentlich noch den Pferdefuhrwerken vorbehalten waren, dass ausschließlich mit dem Hinterrad gebremst wurde und auf rutschigem Untergrund ohnehin die Front weggeschmiert wäre, dann kann man sich vorstellen, wie sich die Piloten vorgekommen sein müssen.
Sieben PS waren wohl erstmal genug. Der Lederriemenantrieb und der Motor galten noch nicht gerade als ausgereift. Eine untenliegende Nockenwelle betätigte das Auslassventil, das Einlassventil wurde "atmosphärisch" gesteuert. Dieses "Schnüffelventil" öffnete, wenn im Verbrennungsraum ein Unterdruck herrschte, und schloss, wenn der Luftdruck dort höher war als jener der Umgebung. 1911 wurde der Motor grundlegend überarbeitet. Nun betätigte die Nockenwelle über eine Stößelstange mechanisch das Einlassventil.
Dabei blieb's dann natürlich nicht in Sachen Weiterentwicklung, wie man weiß: Harleys haben heute elektronische Kraftstoffeinspritzung, Klappen im Abgastrakt, um die Drehmomentabgabe zu optimieren und Geräuschvorschriften zu übertölpeln, kohlefaserverstärkte Zahnriemen zum Hinterrad, Datenbus-Technik, elektronische Gasgriffe, Blinker mit automatischer Rückstellung, schlüssellose Alarmanlagen und dergleichen mehr. Sie sind absolut auf der Höhe der Zeit. Dennoch sieht sich die Marketingabteilung immer wieder veranlasst, auf Selbstverständliches hinzuweisen: "Bei aller Tradition ist eine Harley-Davidson auch stets ein modernes Motorrad. Zu keiner Zeit verschloss sich der Hersteller sinnvoller technischer Innovation." Es sind eben nicht so sehr die Innovationen, sondern vielmehr Stil, Detailverliebtheit und gesalzene Preise, mit denen die Marke gemeinhin in Verbindung gebracht wird.
Betrachtet man alte Fotos einer Duo Glide von 1958 oder einer Knucklehead anno '36, so ist die Abstammung moderner Harleys in direkter Linie davon sogleich zu erkennen. In direkter Linie, ohne Unterbrechung, das ist entscheidend: Es ist nicht so wie im Fall mancher Retroprodukte, die wenig authentisch wirken, oder moderner Autos mit historischen Zitaten wie Beetle, Mini oder Cinquecento. Dort ist der Bruch gewollt und sichtbar. Nicht so bei Harley-Davidson.
Hier wird technischer Fortschritt benutzt, aber er wird nicht zur Schau gestellt, wird versteckt, wie im Fall des an den großen Tourern kaum erkennbar verbauten Antiblockiersystems. "Wir haben die Kunst perfektioniert, unserem Stil treu zu bleiben, ohne auf der Stelle zu treten", liest man in einer der Broschüren der Motor Company. Da mag man nicht widersprechen. Die Sportster-Baureihe existiert seit 1957, eine erste Electra Glide entstand 1965, als die Duo Glide einen elektrischen Anlasser bekam. Das sind Bollwerke der Kontinuität, ihnen gilt Pferdestärken-Prosa wie diese: "Hörst Du den Ruf der Straße? Schmeckst Du das Salz der Brise, riechst Du den Duft der Pinien? Wenn die Straße ruft, wirst Du nichts anderes mehr hören. Du entrinnst ihm nicht, dem Ruf der Straße." Da klingen die Marketing-Mannen ein wenig albern, gewiss, aber das hat genau jene sorglose Unvernunft, die es braucht, damit man mit tiefer Zufriedenheit etwas genießen kann wie das unaufgeregte Dahinbollern mit einem pulsierenden Untersatz, in dessen Chromlampe sich der Horizont krümmt. Ob es dabei nach Pinien riecht, nach Fichtenschonung, Sägewerk oder Papierfabrik, ist egal.
Harleys funktionieren, sie sind problemlos zu handhaben und zuverlässig. In der 50 000-Kilometer-Dauertest-Rangliste der Zeitschrift "Motorrad" belegen die Amerikaner mit ihrer Road King Platz 1. Die Auspuffanlagen tragen Bezeichnungen wie "Shotgun" oder "Straight Shot Dual", die Lackkombinationen heißen "Yellow Pearl & Charcoal Slate with Ghost Feather graphics" oder "Red Hot Sunglo & Smokey Gold". Das alles fügt sich zu einem sorgsam gepflegten Bild. Man kann ein ähnlich konzipiertes Motorrad aus Fernost fahren, das den Zweck genauso gut erfüllt, hübsch und viel günstiger ist, aber eben diesen einen Makel hat: Dass es keine Harley ist.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main