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"Sachrang, der Geigelstein und die Sennerin dort oben, die Mare, das ist für mich die Essenz von Bayern." Werner Herzog
70 Jahre auf einer Alm in den bayerischen Bergen - die außergewöhnliche Lebensgeschichte einer bemerkenswerten Frau. Christiane Tramitz erzählt das Leben der Sennerin vom Geigelstein. Es ist eine Geschichte vom einfachen Leben im Gleichmaß der Jahreszeiten und in Achtsamkeit vor der Natur und von der Geborgenheit inmitten einer vertrauten Heimat. Weil sie Liebeskummer hatte, packte die damals siebzehnjährige Bauerntochter Maria Wiesbeck aus Samerberg 1941 ihren Rucksack,…mehr

Produktbeschreibung
"Sachrang, der Geigelstein und die Sennerin dort oben, die Mare, das ist für mich die Essenz von Bayern."
Werner Herzog

70 Jahre auf einer Alm in den bayerischen Bergen - die außergewöhnliche Lebensgeschichte einer bemerkenswerten Frau.
Christiane Tramitz erzählt das Leben der Sennerin vom Geigelstein. Es ist eine Geschichte vom einfachen Leben im Gleichmaß der Jahreszeiten und in Achtsamkeit vor der Natur und von der Geborgenheit inmitten einer vertrauten Heimat.
Weil sie Liebeskummer hatte, packte die damals siebzehnjährige Bauerntochter Maria Wiesbeck aus Samerberg 1941 ihren Rucksack, verließ den väterlichen Bauernhof und stieg auf zur Oberkaser-Alm in den Chiemgauer Alpen. Dort versorgte sie fortan als Sennerin das Vieh und kehrte seitdem nicht einmal in den harten Wintern ins Tal zurück.
Die Alm-Wirtschaft wurde ihr Lebensinhalt. Sie lebte einfach und gesund im Einklang mit der Natur. Nun, am Ende dieses langen Lebens erkennt sie, dass das Vertraute mehrund mehr verschwunden ist. Auch auf der Alm hat das moderne Leben längst Einzug gehalten, und so manches davon bedroht die Natur.
Die Biografie der Sennerin vom Geigelstein entführt die Leser auf eine anrührende Weise in die längst untergegangene Welt der traditionellen Alm-Wirtschaft inmitten einer Natur, die sich die meiste Zeit des Jahres lebensfeindlich zeigt. Dieses Leben ist alles andere als ein Idyll gewesen. Es war voller Entbehrungen und bot dennoch jene Geborgenheit, die wir heute Heimat nennen.

Das unvergleichliche Leben einer Sennerin in den bayerischen Bergen
Lesefutter für alle, die sich nach einem ursprünglichen und unverfälschten Leben sehnen
Für die Leser von Anna Wimschneiders "Herbstmilch" und Dora Prinz´ "Ein Tagwerk Leben"

Das perfekte Geschenk für alle Bergfreunde, Bergwanderer und Naturliebhaber
Autorenporträt
Tramitz, Christiane
Christiane Tramitz ist promovierte Verhaltensforscherin und beschäftigt sich vor allem mit den biologischen Grundlagen des menschlichen Verhaltens (u.a. am Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie). Sie hat zahlreiche Bücher geschrieben, u.a. die Erfolgstitel "Irren ist männlich. Weibliche Körpersprache und ihre Wirkung auf Männer" (Goldmann 1995), "Unter Glatzen" (Droemer 2001) sowie "Ich und die anderen" (zus. mit Jens Corssen, Droemer 2014). 2017 ist bei Droemer "Harte Tage, gute Jahre. Die Sennerin vom Geigelstein" erschienen. Christiane Tramitz hat zwei Kinder und lebt in Berlin und Oberbayern.

https://www.youtube.com/watch?v=6gFf3FtaEoU
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.07.2017

Am Rand der Welt

Zwischen Entbehrung und Autonomie: Christiane Tramitz hat die Biographie einer bayerischen Sennerin geschrieben, die 1941 als Mädchen auf die Alm stieg und nicht mal in den Wintern ins Tal zurückkehrte. Für uns erinnert sie sich exklusiv an "die Mare".

Die Sonne hat die Morgendämmerung verdrängt, Tau liegt auf den Blumen, und die Wiesen glitzern. Stille im Kessel des Geigelsteins. Die Wanderer sind noch im Tal, die Bergwelt ruht, nur die Vögel ziehen ihre Kreise.

Auf 1600 Meter Höhe, dort, wo der Forstweg endet und der Aufstieg zum Gipfel beginnt, liegt eine kleine Hütte, die Oberkaser-Alm. Die Fenster sind geschlossen, von innen mit Pappe und Holz abgedichtet. Die Tür ist verriegelt. Die Hütte erscheint verwaist, der umzäunte Garten ist verwildert.

Doch es gibt ein Leben.

Öffnet man die Tür, tritt man in eine dunkle Stube, keine zehn Quadratmeter groß. Im fahlen Licht, das durch die Ritzen der Fenster scheint, erkennt man eine ausrangierte Gefriertruhe, daneben einen Holztisch, der vollgeladen ist mit allerlei Essensresten, ein paar Gläsern und einem Telefon, dessen Stecker aus der Wand gezogen ist. Ein Waschbecken gibt es auch, aus dem Hahn tropft kaltes Wasser. Die Feuerluke des Holzherdes verrät, dass jemand vergeblich versucht hat, Feuer zu machen. Mitten im Raum steht ein schmales Bett, in dem sich unter zerschlissenen Decken die Umrisse eines Menschen abzeichnen, regungslos schmal. Einzig die schlohweißen Haare lugen hervor. Die alte Sennerin, Maria Wiesbeck, schläft noch.

"Die Oberkaser-Mare" nennt man sie hier liebevoll. 93 Jahre alt ist sie inzwischen. Seit 1941 lebt sie nun schon in der letzten Hütte auf dem Weg zum Gipfel des 1800 Meter hohen Geigelsteins der Chiemgauer Alpen. Sommer, Herbst, Winter und Frühling, Tag und Nacht.

Ein junges, schmales Bauernmädchen war sie, als der Zweite Weltkrieg den Menschen nahm, was sie besaßen. "Hat koa Arbeit mehr gebn für mi und koan Platz mehr aufn Hof", erklärte die Sennerin ihren Rückzug auf die Alm, dorthin, wo sie als Kind schon die Sommermonate verbracht hatte. Doch in vertrauensvollen Momenten erzählte Mare auch von einer enttäuschten Liebe, die sie als Siebzehnjährige vom elterlichen Hof Abschied nehmen ließ. Nie mehr enttäuscht werden, nie mehr ein Zuhause verlieren, eine eigene Herrin sein, selbstbestimmt, stolz und unbeugsam wollte sie in ihrer neuen Heimat leben.

Die alte Sennerin öffnet die Augen, Gott hat sie noch nicht zu sich geholt. Sie wartet auf den Tod, sie fühlt, dass er um die Hütte schleicht, denn die Kraft schwindet, die Augen sehen nicht mehr weit, und die dünnen Beine sind schwach. Am meisten schmerzt, dass sich jetzt die Menschen um sie kümmern müssen. Verloren sind Selbstbestimmung und Eigenmacht. Mare setzt sich auf die Bettkante. Die Kälte des Bodens kriecht durch den Körper, als die Greisin barfuß durch den Raum zum Fenster schleicht. Sie entfernt die Pappe und Holzscheite, die sie dort zum Schutz angebracht hat. In der Nacht hat sie wieder Schüsse gehört, irgendjemand hat ein Lied gesungen, und im Stall fand eine Party statt. Alle aus dem Tal sind gekommen. Es war ein Albtraum, denn Mare war der Schnaps ausgegangen.

Mare starrt durch das Fenster ins Freie. Niemand draußen, der Sänger ist verschwunden, auch all die fröhlichen Gäste. Es war eine schlechte Nacht. Und es ist ein kühler Morgen. Die alte Frau wickelt sich Frischhaltefolie um die Nieren, damit es wärmer wird. Sie möchte den Ofen einheizen, doch hat man ihr alles genommen, was sie dafür braucht. Streichhölzer, Späne, Papier. Es ist zu gefährlich, wenn sie selbst einheizt, sagen die Leute, die sich um Mare kümmern.

Die Greisin setzt sich auf die Bank und nimmt einen Schluck Bier. Ihre Augen sind auf den Herrgottswinkel gerichtet. Einsam ist es und still.

Jetzt, da die Gedanken im alten Kopf wirrer werden und durchdrungen sind von Ängsten, man würde ihr die Heimat nehmen, weil man einen solchen Menschen nicht alleine auf der Hütte lassen kann, in den harten Wintermonaten, den stürmischen Herbsten, den heißen, bisweilen gewittrigen Sommern. Ins Tal sollte sie gehen, in ein Altersheim. Dorthin will man sie entführen, auch weil viele die Oberkaser-Alm besitzen wollen samt Weiderecht.

Die Minuten vergehen, irgendwie. In der Stube tickt keine Uhr, die Zeit, wenn man über 70 Jahre auf dem Berg verbracht hat, folgt eigenen Regeln. Mare wartet, bis die Sonne über den Berg gewandert ist und Wärme bringt.

Früher, es ist so lange her, da stand sie in den Morgenstunden an den Hängen des Geigelsteins, den Melkschemel in der einen Hand, den Eimer in der anderen. Sie ging die Kühe melken, die man während der Almzeit vom elterlichen Schadhubhof zwölf Stunden lang bis auf die Oberkaser-Alm getrieben hatte, trug dann die Milch in einem Kanister zur nahegelegenen Bergsennerei oder butterte selbst. Sie stach Disteln aus, klaubte Steine von den Wiesen. Sie kontrollierte die Zäune, zählte das Vieh. Es war ein hartes, arbeitsames Leben. Noch gab es keine Fahrstraße zu den fünf Almen, die im Hochkessel des Geigelstein lagen. Die Menschen trugen das, was sie brauchten, auf dem Rücken nach oben. War Schwereres zu transportieren, spannte man Pferde oder Mulis vor einen Wagen und trieb sie hinauf.

So vergingen die ersten Sommer. Dann fegten Herbststürme über den Berg, regnerische, kühle Tage kamen, aber auch solche, in denen die tiefergelegenen Wälder bunt leuchteten. Das Vieh wurde ins Tal getrieben, die Senner schlossen ihre Hütten. Für Mare begannen einsame Stunden, denn sie war die Einzige, die blieb, wenngleich die Aufenthaltsberechtigung auf den Almen außerhalb der Weidezeit eigentlich nicht rechtens war. Doch wohin hätte die junge Frau gehen sollen? In ihrer alten Heimat gab es keinen Platz mehr für sie, es fehlte an Arbeit, an Männern ohnehin. Wer wollte damals zu Kriegszeiten schon eine Frau ehelichen, die nichts anderes besaß als ein Wohnrecht auf einer einsamen, hochgelegenen Alm?

Die Winter kamen, harte, unerbittliche. Schneemassen türmten sich an den Hüttenwänden hoch bis über das Dach. Es gab Zeiten, da lugten nur die Schornsteine aus dem Schneeteppich. Mare zündete Kerzen an und heizte den Herd ein. An den schönen Wintertagen schnallte sie Skier an, fuhr ins Tal zum Einkaufen, stapfte schwer beladen zurück in die weiße Einsamkeit. Das Leben auf dem Berg wäre nahezu menschenleer gewesen, hätte es nicht die ganzjährig geöffnete Priener Hütte gegeben, zu Fuß knapp 20 Minuten unterhalb Mares Hütte gelegen.

In den ersten Jahren ihrer Sennerzeit hörte Mare das finstere Grollen der Kampfbomber, wenn diese über ihren Kopf hinwegzogen und die Welt jenseits des Berges zerstörten. Strafgefangene wurden wie Vieh hinaufgetrieben, dort schleppten sie sich über die Hänge und verrichteten harte Arbeit. Gegen Ende des Krieges kamen Soldaten, die nichts mehr zu retten hatten als die eigene Haut. Im Schutz der Almen tauschten die zerlumpten Gestalten ihre Uniformen gegen Zivilkleidung und zogen weiter. Als die Waffen verstummt waren, kamen die Nazijäger, Amerikaner meistens, die auf den Almen nach Kriegsverbrechern suchten.

Dann kehrte Ruhe ein, Mare war knapp über zwanzig Jahre alt. Alles hatte sich verändert, nur das Leben auf dem Berg nicht. Mare begann ihre Heimat als innere Festung zu begreifen.

Die harten Nachkriegsjahre fielen übers Land. Um sich von den alltäglichen Entbehrungen zu erholen und Kraft zu tanken, kamen die Menschen in die Berge. Mare betrieb einen kleinen Ausschank für sie. Es gab frische Milch, Bier und Brotzeit. Für Nachschub aus dem Tal sorgte unter anderem ein damals achtjähriger Bub, der spätere Regisseur Werner Herzog, der die Getränketragerl auf dem Rücken eines Haflingers nach oben zu Mare schaffte, um sich etwas Taschengeld zu verdienen. Den steilen Weg trat er barfuß an, Schuhe besaß er keine. Manchmal, wenn es besonders spät wurde, übernachtete er auf Mares Hütte im Heu.

Zeiten des Aufschwungs folgten, Almen wurden abgerissen, einige renoviert, andere neu erbaut. In den sechziger Jahren wurde ein Forstweg in den Berg geschlagen. Mit dem Komfort der bequemen Erreichbarkeit kamen die Reichen, Schönen und Mächtigen. Ein Unternehmer erstand eine Alm, baute sie zu einem wahren Hüttenpalast um. Mit Swimmingpool und Hubschrauberlandeplatz. Der CSU-Politiker Peter Gauweiler pachtete eine Hütte, der Babynahrungshersteller Claus Hipp kaufte die Hütte, die neben der Oberkaser-Alm lag. Mare betrieb neben der harten Sennerarbeit stets ihre kleine Wirtschaft. Legendär sind ihr Kaiserschmarrn, ihre Gastfreundschaft, ihre Fröhlichkeit. Die Zeitzeugen erinnern sich gerne.

Die Sennerin nahm die Veränderung ihrer Heimat mit Gleichmut auf, allen Gästen begegnete sie hilfsbereit und offen. So viele Menschen kamen und gingen in Mares Leben, ihr Gedächtnis kann sie nicht mehr alle abrufen. "Hab i vergessen, woaß i nimmer, san alle weg, viele san gstorbn." Mare spricht jetzt kaum mehr über das, was lange her war. Nur die Mutter, die sie so liebte, hat sich unauslöschbar ins Gedächtnis gegraben. "I hab so gweint, wia sie ganga is, hab meine Arm um den Hals gschlungen und wollt sie nie mehr loslassen."

Was andere vielleicht irgendwann als schöne Monotonie des Lebens empfinden, über 70 Jahre lang der gleiche Blick auf das ferne Kaisergebirge, auf den Gipfel des Geigelsteins, auf die benachbarten Almen, empfand die Sennerin als Geschenk Gottes. Auch wenn sie anders lebte als die meisten Frauen. Alleine, ohne Familie, deren Mitglieder inzwischen verstorben, verstreut waren oder die sich um sich selbst kümmerten. Mare lebte ohne Mann, ohne Kind, denn: "Es is nia der Richtige kemma." Nur einmal, als auf dem Geigelstein ein besonders harscher Winter herrschte, schien einem Besucher, als läge jemand in Mares Bett. Sie beherbergte tatsächlich einen Gast. Er ruhte unter der Decke, damit er nicht fror, weil es draußen so kalt war. Mare lüpfte die Decke und zeigte auf den geschnitzten Holzmann, der dort lag: "Er wär fast vom Kreuz in den Schnee gfallen, da hab i eam in die Stubn gholt." Es war der Heiland vom Wegekreuz, das vor der Hütte stand.

"I hab koan Schnaps mehr ghabt für die Partygäste", quält sich die Greisin an diesem frühen Sommermorgen. Fand in der Nacht tatsächlich ein Fest statt, oder war alles nur ein Traum? Die Gegenwart, keine so schöne mehr, aber eine friedliche, verstrickt sich mit der Vergangenheit. Träume und Erinnerungen verwirren die Wirklichkeit. Dement sei die alte Frau geworden, sagten einige. Ein Entmündigungsverfahren wurde angestrebt, um Mare zu zwingen, den Berg zu verlassen. Das Gericht lehnte ab.

Inzwischen hat die Sonne die kleine Alm erreicht, Mare sehnt sich nach Wärme. Sie schlüpft in ihre blauen Crocks und entriegelt die Haustür. Die alte Frau tastet sich die Wand entlang nach draußen und hält die Hand schützend vor die Augen. Das Licht ist gleißend. An der Türschwelle lässt sie sich zu Boden gleiten. Da sitzt sie nun und blickt in die Ferne. Ihre einst strahlenden Augen sind milchig geworden, die Zähne hat sie lange schon verloren. Ein Gebiss wollte sie nie tragen, es drückte zu sehr. Mares raue Finger gleiten über die Erde und sammeln ein paar Brotkrümel auf. Die Vögel haben kaum was gefressen. Sie sind satt. Es geht ihnen gut bei der Sennerin. Alles teilt sie mit ihnen, was man ihr bringt, Kasspatzen, Knödel, etwas Käse. Mare selbst will kaum mehr essen, wozu auch, sie verspürt keinen Hunger. Nur noch ein Bier, ab und an gegen den Durst, das tut gut.

Da sitzt sie und wartet. Irgendwer könnte heute kommen. Der Pfleger? Vielleicht auch der Kini, der treue Nachbarsenner, oder dessen Frau Bruni? Mare kennt die beiden seit über 40 Jahren. Bruni bringt immer selbstgebackenen Kuchen, bezieht das Bett und reinigt den Boden.

Im Gedanken Heimat umarmen sich all unsere guten Engel, schrieb der Dramatiker Otto Ludwig. Die Engel waren Mare stets wohlgesonnen. Vier Mal wäre die Sennerin beinahe gestorben. 2009 begrub eine Schneelawine die Oberkaser-Alm, dass nicht einmal mehr der Schornstein zu sehen war. Die damals 85-jährige Sennerin drohte zu ersticken, hätte die Bergwacht sie nicht gerettet. Mare weigerte sich, in ein Krankenhaus zu gehen, bestand darauf, wieder ins Schneeloch gelassen zu werden, trotz der Dunkelheit, die dort herrschte. "So an Aufwand wegen derer depperten Lawine", murrte die Alte.

Die Engel waren auch zugegen, als Mare einmal fast erfroren, einmal fast verbrannt, einmal fast verhungert wäre. Die Erfahrung, immer wieder nah am Tode zu sein, doch stets zu überleben, festigte Mares Glauben an Gott. "Der Allmächtige allein wird bestimmen, wann i sterb", sagte Mare stets. "Vielleicht lasst er mi 100 Jahr oid wern, vielleicht a net. Is ok so."

Jammern, Klagen, Bedauern, schwermütiges Zurückblicken in unbeschwertere Zeiten sind Mare fremd. Stets hat sie sich dem gefügt, was gekommen ist.

Die Engel, so möchte man meinen, waren auch zugegen, als die alte Sennerin am 25. Juni 2017 ihren letzten Atemzug tat.

Man hielt auf einer nahegelegenen Alm gerade eine Bergmesse ab, als die Oberkaser-Mare noch um einen Schluck Bier bat und in den Armen ihres Pflegers friedlich einschlief.

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"Ein schöneres und zugleich bewegenderes Arbeits- und Lebensdokument ist seit langem nicht auf diese Weise dokumentiert worden." www.kultur-punkt.ch 20171003