Babys brauchen Milch - Muttermilch oder Pulvermilch. Hier setzt Clarissa mit dem "Haus des flüssigen Goldes" an: Frauen wie Maya, die als alleinerziehende Mutter bislang von Gelegenheitsjobs gelebt hat, pumpen in sicherer Umgebung ihre überschüssige Milch ab und werden am Verkauf gewinnbeteiligt. Das geht gut, bis der größte Milchpulverfabrikant nicht mehr liefern kann und zugekaufte Muttermilch überlebenswichtig wird. Als Maya sich auf die Seite der verzweifelten Frauen mit ihren hungrigen Babys stellt, wird sie zur Social-Media-Ikone: Sie wird gefeiert und mit Shitstorms überzogen, sie erhält Millionenangebote und Morddrohungen. Clemens Bergers neuer Roman ist mehr als ein irrwitziges Bild unserer Gesellschaft: Auf anrührende Weise erzählt er von Solidarität, Überlebenskampf und Mutterliebe.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Insgesamt gerne liest Rezensentin Erika Thomalla Clemens Bergers Buch, das in Romanform ein heißes Eisen aufgreift: den Wert von Care Arbeit, konkreter von Muttermilch, die bei Berger, wie 2022 in den USA im echten Leben, zu einem wertvollen Gut wird, weil Milchpulverknappheit herrscht. Kapital aus dieser Situation versucht die Unternehmerin Clarissa zu schlagen, der unter anderem Maya ihre überschüssige Milch verkauft - bis sie eines Tages aus Mitleid einen hungernden Säugling kostenlos stillt, was diverse Folgen hat, unter anderem auf Social Media. Allzu realistisch konstruiert ist die Geschichte nicht, aber darüber kann Thomalla hinwegsehen, da es dem Autor mithilfe seines überzeichneten Plots gelinge, auf das widersprüchliche Handeln seiner Figuren aufmerksam zu machen. Sie alle fühlen sich im Recht, beschreibt Thomalla, sind aber nicht in der Lage, über die eigene Perspektive hinaus zu denken oder gar systemische Probleme in den Blick zu nehmen. Auch wenn manches etwas holzschnittartig oder, gegen Ende, zu harmonisch gerät, kann Thomalla das Buch doch empfehlen, eben weil Berger es seinen Figuren und auch seinen Lesern nicht leicht macht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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