"Heavenly Delusion" (orig. "Tengoku Daimakyou") ist eine ungewöhnliche Lizenz für den deutschen Markt. Der Mangaka Ishiguro Masakazu wurde außerhalb von Japan kaum lizenziert, sein bekanntestes Werk - "Soredemo Machi wa Mawatte Iru" ("Und doch dreht die Stadt sich weiter") - ist ein schräger
Comedy-Manga für Kenner und Genießer.
Eine milde Version dieses Humors scheint stellenweise auch in…mehr"Heavenly Delusion" (orig. "Tengoku Daimakyou") ist eine ungewöhnliche Lizenz für den deutschen Markt. Der Mangaka Ishiguro Masakazu wurde außerhalb von Japan kaum lizenziert, sein bekanntestes Werk - "Soredemo Machi wa Mawatte Iru" ("Und doch dreht die Stadt sich weiter") - ist ein schräger Comedy-Manga für Kenner und Genießer.
Eine milde Version dieses Humors scheint stellenweise auch in "Heavenly Delusion" auf, doch der Ton ist grundsätzlich ein anderer. Die Erzählung ist von vornherein in zwei Stränge aufgeteilt; der eine handelt von Maru und Kiruko, die sich gemeinsam in einem offensichtlich postapokalyptischen Japan in Richtung Himmel durchschlagen; der andere von einer Anstalt, die auf den ersten Blick wie ein Waisenheim wirkt und in der man nichts vom postapokalyptischen Japan draußen weiß. Bevölkert wird diese Welt vom üblichen Besatz an Überlebenden und Kreaturen, die man aus ähnlichen Geschichten kennt: Vagabunden, Banditen, Schwarzhändler, menschenfressende Monster, und ganz gewöhnliche Menschen, die sich irgendwie behaupten.
Die duale Erzählstruktur und der wohltuende Verzicht auf jegliche narrative Exposition sind für einen großen Teil des Reizes dieses Manga verantwortlich. Man erfährt nicht, was mit Japan oder der Welt geschehen ist, welche gesellschaftlichen Strukturen noch übrig sind, wer die erwachsenen Figuren - wohl Wissenschaftlerinnen und Forscher - im Waisenheim sind und was sie wollen. Die fragmentarische Hintergrunderzählung weckt Neugier und regt die eigene Fantasie an, während sie durch den Verzicht auf überflüssige Erklärungen den Boden für die schockierenden und überraschenden Momente bereitet, die der Manga bereithält. Das ist relativ zu vielen zeitgenössischen Manga eine recht fortgeschrittene Erzähltechnik, die auf einem sauber ausgearbeiteten Plan beruhen muss.
Insofern kann man Manga Cult nur dankbar sein, den deutschen Markt mit einem solchen frischen und ungewöhnlichen Manga bereichert zu haben, der noch nicht einmal auf der Popularität einer Anime-Adaption aufbauen kann - so wie auch bei "Quin Zaza" und demnächst "Blue Period". Stark! Bedauerlich bleibt, dass der Verlag in der Lokalisierung sehr aggressiv an seine Manga herangeht; in "Heavenly Delusion" etwa wird so stark in das Artwork eingegriffen, um Aufschriften einzudeutschen, dass der optische Gesamteindruck darunter leidet. Die computergesetzte Standardschriftarten, die die originalen Schriftzüge ersetzen, beschädigen die Integrität der Zeichnungen und reißen die Leserin aus der Immersion. Dass deutsche Verlage die erzählerische Kraft der Zeichnungen unter- und die Rolle des textlichen Erzählgehaltes ihrer Lokalisierungen überbewerten, zieht sich aber grundsätzlich durch den größten Teil aller Veröffentlichungen - Manga Cult steht da nicht allein.