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Die gebürtige Amerikanerin June Leavitt emigrierte mit ihrem Mann, einem Universitätsdozenten, und ihren Kindern nach Israel. Seit einigen Jahren lebt die Familie in Kirjat Arba, einer Siedlung in den besetzten Gebieten des Westjordanlandes. Nach Israel war June gekommen, um im Gelobten Land eine neue Heimat zu finden, nun lebt sie in ständiger Angst vor Attentaten und Terroranschlägen. Nicht zuletzt auch leidet sie unter dem eifernden Fundamentalismus der jüdischen Siedler. Dennoch gelingt es ihr, mit der schwierigen Situation fertig zu werden: Sie führt Tagebuch, schreibt auf, was ihr und anderen widerfährt.…mehr

Produktbeschreibung
Die gebürtige Amerikanerin June Leavitt emigrierte mit ihrem Mann, einem Universitätsdozenten, und ihren Kindern nach Israel. Seit einigen Jahren lebt die Familie in Kirjat Arba, einer Siedlung in den besetzten Gebieten des Westjordanlandes. Nach Israel war June gekommen, um im Gelobten Land eine neue Heimat zu finden, nun lebt sie in ständiger Angst vor Attentaten und Terroranschlägen. Nicht zuletzt auch leidet sie unter dem eifernden Fundamentalismus der jüdischen Siedler. Dennoch gelingt es ihr, mit der schwierigen Situation fertig zu werden: Sie führt Tagebuch, schreibt auf, was ihr und anderen widerfährt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.06.1996

Einseitig und aufschlußreich
Das Tagebuch einer jüdischen Siedlerin

June Leavitt: Hebron, Westjordanland. Im Labyrinth des Terrors. Tagebuch einer jüdischen Siedlerin. Aus dem Amerikanischen von Dorothée Beckhoff und Marianne Schönbach. Claassen Verlag, Hildesheim, 1996. 317 Seiten, 29,80 Mark.

Ursprünglich wollte June Leavitt im Alter von 24 Jahren Indianerin werden. Auf ihrem Weg zu diesem Ziel traf sie Frank, einen ungläubigen amerikanischen Juden. Beide sehnten sich nach einem einfachen Leben in der Einsamkeit, waren erfüllt von spirituellen Sehnsüchten. Ihren "Traum" realisierten sie ausgerechnet in den Zentren des jüdischen religiösen Fanatismus: in Hebron und in der nahe gelegenen Siedlung Kirjat Arba. Ihre Konversion zum orthodoxen Judentum begann mit dem Wunsch der Verfasserin, "gern einmal die alten Juden kennenzulernen".

June Leavitt bekennt freimütig, daß sie sich in der Umgebung des täglichen palästinensischen Terrors "mehr und mehr zu einer Rassistin" entwickele, "die die Araber haßt". Demzufolge bringt sie den Palästinensern kein Verständnis entgegen. Nur durch ihre Kinder, die von Zeit zu Zeit mit palästinensischen Kindern spielen, sieht sie, daß jenseits des Zaunes nicht Monster, sondern Menschen leben. Nur einmal erlebt sie die Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit der Palästinenser, als sie bei einem Ausflug nahe Jericho eine Autopanne hatte. Die Tagebuch-Aufzeichnungen erstrecken sich von 1992 bis 1995. Sie vermitteln einen Einblick in den schwierigen Alltag einer Siedlerfamilie. Obwohl aus religiösen Motiven gespeist, entsteht der Eindruck, daß die Auslegung des Judentums in dieser extremen Variante einem Ausgleich mit den Palästinensern nur im Wege steht. Die Autorin verliert keinen Gedanken an die Rechtmäßigkeit ihrer Siedlung; wie selbstverständlich nimmt sie tausendjährige "religiöse" Rechtstitel einseitig in Anspruch.

Das Ghetto-Dasein in Kirjat Arba löst bei June Leavitt tiefe seelische Krisen aus; täglich wird sie von Ängsten um das Leben ihrer Kinder und ihres Mannes geplagt. Sie betrauert die durch Anschläge getöteten Juden von Kirjat Arba und anderswo; über die Demütigungen und die Unterdrückung der Palästinenser kein Wort. Der "Linksregierung" von Rabin und Peres steht sie ablehnend gegenüber. Sie verurteilt das harsche und brutale Vorgehen der Polizei und des Geheimdienstes Shin Bet gegenüber eigenen Extremisten aus Kirjat Arba, beklagt deren Mißhandlungen und Folterungen durch den Shin Bet. Daß dies die Standardbehandlung für fast jeden palästinensischen Gefangenen war und weiter ist, kommt ihr nicht in den Sinn. Auch habe der Stadtrat von Kirjat Arba, der die Ideologie eines Großisrael vertritt, eine Tischlerei und ein Restaurant niederreißen lassen, weil die Grundstücke widerrechtlich angeeignet worden seien. Die Häuser wurden von Bulldozern ohne Vorwarnung dem Erdboden gleichgemacht. Daß dergleichen als eine kollektive Strafmaßnahme gegenüber den Palästinensern an der Tagesordnung ist, findet wiederum keine Erwähnung. "Menschen der Welt erhebt Euch gegen dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen diesen Gestapo-Staat, der sich nur demokratisch nennt, gegen dieses Israel."

Die Tagebuch-Notizen zeigen eine seelisch zerfressene Person, die sich als eine "Weltbürgerin" versteht, die aber langsam zu einer "Mutter von rechten Extremisten" geworden ist. Die Familie Leavitt gehörte in Kirjat Arba zu den Außenseitern, da ihr Mann keine Kippa trug und June es mit der traditionellen Kleiderordnung nicht immer so genau nahm. Als "Strafe" für ihre andere Moral- und Wertevermittlung wird ihr Sohn Josua nicht in der Jeschiwa von Hebron aufgenommen. "Aber er ist nicht wie die anderen, weil wir es nicht sind." Die Radikalität der Leavitts ist nur von mehr Selbstzweifeln und nicht so sehr von "konzentrierter religiöser Scheinheiligkeit" und "veräußerlichter Frömmigkeit" geprägt als die der anderen Bewohner dieser Extremisten-Siedlung.

June Leavitt hielt Baruch Goldstein, der 29 betende Muslime in der Ibrahim-Moschee in Hebron tötete, zwar für einen "Massenmörder", aber vielleicht "wollte er mit seiner Heldentat die Menschen aufrütteln, damit dieses Erwachen nun seinerseits den Erlöser erwecken würde". Goldstein "konfrontiert jeden von uns erneut mit dem Prinzip des ,Märtyrertums'". Er habe ihrer aller Bewußtsein verändert.

Für die Siedler von Hebron und Kirjat Arba gibt die "Linksregierung" jüdisches Land an die Araber, was gegen die Thora verstoße. Gerade aber Rabin war der beste Interessenvertreter der Siedler. Ihr religiöser Fanatismus und ihr manichäisches Weltbild lassen alle außerhalb ihrer Siedler-Ghettos als Feinde und Ungläubige erscheinen. Natürlich können Juden überall in der Westbank siedeln, aber nicht nur zu ihren Bedingungen und gemäß exklusiven "religiösen" Rechten. Sie müssen sich einer palästinensischen Souveränität unterwerfen und deren Gesetze achten oder die Westbank verlassen. Sonderrechte kann Arafats Staat für sie nicht akzeptieren. Ein eindeutiges und aufschlußreiches Buch. LUDWIG WATZAL

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