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Die ebenso faszinierende wie unterhaltsame Porträtsammlung leistet einen wichtigen Beitrag für das Verständnis von Berlioz Leben, seiner Zeit und den Umständen, unter denen seine Musik entstanden und aufgeführt wurde. Der Band enthält 122 Porträts von Hector Berlioz, darunter Gemälde, Medaillen, Büsten, Holzschnitte, Zeichnungen, Lithographien, Photographien und Karikaturen. Unter anderem werden auch einige zweifelhafte oder falsche Porträts vorgestellt. Jeder Abbildung ist ein Begleittext gegenübergestellt, der Informationen zur Datierung, zum Künstler und zum Aufbewahrungsort des jeweiligen…mehr

Produktbeschreibung
Die ebenso faszinierende wie unterhaltsame Porträtsammlung leistet einen wichtigen Beitrag für das Verständnis von Berlioz Leben, seiner Zeit und den Umständen, unter denen seine Musik entstanden und aufgeführt wurde. Der Band enthält 122 Porträts von Hector Berlioz, darunter Gemälde, Medaillen, Büsten, Holzschnitte, Zeichnungen, Lithographien, Photographien und Karikaturen. Unter anderem werden auch einige zweifelhafte oder falsche Porträts vorgestellt. Jeder Abbildung ist ein Begleittext gegenübergestellt, der Informationen zur Datierung, zum Künstler und zum Aufbewahrungsort des jeweiligen Porträts gibt. Die Zusammenstellung sämtlicher bekannter Porträts von Berlioz gewährt einen ganz neuen Einblick in Biographie und Umwelt eines großen französischen Komponisten.
Der Band enthält 122 Porträts von Hector Berlioz, darunter Gemälde, Medaillen, Büsten, Holzschnitte, Zeichnungen, Lithografien, Fotografien und Karikaturen. Jeder Abbildung ist ein Begleittext gegenübergestellt, der Informationen zur Datierung, zum Künstler und zum Aufbewahrungsort des jeweiligen Porträts gibt. Die Zusammenstellung sämtlicher bekannter Porträts von Berlioz gewährt einen ganz neuen Einblick in Biographie und Umwelt des großen französischen Komponisten." The Portraits of Hector Berlioz" enthält erstmals sämtliche zu Lebzeiten des Komponisten entstandenen Porträts. Die Darstellungen reichen von Photographien, formellen Gemälden und Zeichnungen über Holzschnitte und Lithographien bis zu zahlreichen Karikaturen, die aufgrund der auffallenden Erscheinung des Komponisten eine Herausforderung waren. Jedem Bild ist eine ausführliche Beschreibung beigegeben, eine gründliche Dokumentation bietet Angaben zu Aufbewahrungsort und Geschichte des Porträts, Details über den Künstler und dessen Beziehung zu Berlioz, eine Erläuterung der Umstände der Entstehung und viele andere wichtige Informationen. Außerdem wird die Entwicklungsgeschichte der Photographie und ihre Stellung in der Gesellschaft des Zweiten Kaiserreiches sowie die besondere Bedeutung der Karikatur in den häufig satirischen Zeitschriften der Zeit beleuchtet. Wo sie zum Verständnis des Bildes beitragen, sind die Artikel, welche die Karikatur illustrierte, im Anhang ganz oder auszugsweise wiedergegeben. Einige der Bilder werden hier erstmals veröffentlicht, andere erstmals in Farbe. Die ebenso faszinierende wie unterhaltsame Porträtsammlung leistet einen wichtigen Beitrag für das Verständnis von Berlioz' Leben, seiner Zeit und den Umständen, unter denen seine Musik entstanden und aufgeführt wurde.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.02.2004

Ansichten eines Adlergebirges
Halb Wirklichkeit, halb Karikatur: Ein Bildband mit allen zeitgenössischen Berlioz-Porträts bringt das neunzehnte Jahrhundert zum Leuchten

Das, was man europäische, europäisch geprägte, gar eurozentrische Hochkultur nennt, basiert nicht zuletzt auf den Prinzipien von Werk, Autor und - im Falle von Literatur, Musik und Theater - schriftlicher Überlieferung, der Textgestalt. Gewiß, es gab anonyme, auch kollektive Kunstproduktionen, vor allem in Architektur und Plastik, doch der Hauptfundus besteht aus individuellen Hervorbringungen. Wie aber die großen Künstler wirklich ausgesehen haben, wissen wir erst seit etwa anderthalb Jahrhunderten: Die Fotografie hat uns einigermaßen verläßliche Porträts beschert. Zwar sind die Bildnisse von Homer, den griechischen Tragikern, auch von Shakespeare in ihrer Authentizität strittig. Und etwa bei den Gemälden Bachs, des "Götterlieblings" Mozart, gar des "Titanen" Beethoven ist der Stilisierungs-, auch Idealisierungsgrad so hoch, daß entschiedene Zweifel angebracht sind. Daß die "großen" Komponisten eher klein, unscheinbar, wenn nicht "häßlich" waren, ist weit eher anzunehmen. Jedenfalls entsprachen sie sicher nicht den Vorstellungen von "edler Einfalt, stiller Größe" oder auratisch umwölkter Dämonie, mit denen sie der Geniekult gerade der deutschen Klassik- und Romantik-Rezeption vorzugsweise garnierte.

Daß die deutsche Porträtkultur so lange unterentwickelt blieb, hatte indes nicht nur ästhetische, sondern auch politische Gründe. Vor 1848 war schärfere realistische Personenzeichnung kaum opportun, nicht zuletzt der Zensur wegen. In den westlichen Demokratien, vor allem in England und Frankreich, sah das völlig anders aus: Nicht nur Maler wie Corot, Delacroix und Courbet vollzogen, jeder auf seine Weise, die Wandlung von der Romantik zum Realismus, sondern auch die Karikaturisten, allen voran Daumier und Doré, machten die satirisch-groteske Zuspitzung zu ihrer Sache; und seit Nadars Daguerrotypien und Fotos erscheinen die Prominenten so naturgetreu wie inszeniert.

Bezeichnenderweise war es ein deutscher Schriftsteller in Paris, der die Kunst des scharfzüngigen literarischen Konterfeis in nuce präsentierte: Heinrich Heine. Und keineswegs zufällig entflammte sich seine Charakterisierungskunst an der "kolossalen Nachtigall", dem "Mann mit der Löwenmähne und dem gewaltigen Adlerblick": Hector Berlioz. Heine hat ihn verschiedentlich geschildert, immer wieder das immense Haargebirge erwähnt: "ein Chimborazo von Haaren", "seine ungeheure, antedeluvianische Frisur, diese aufsträubenden Haare, die über seine Stirne, wie ein Wald über eine schroffe Felswand sich erhoben". Doch weit über Heines Paris-Bilder hinaus war Berlioz, wie neben und nach ihm nur noch Franz Liszt, der am meisten gezeichnete, gemalte, karikierte und fotografierte Künstler des neunzehnten Jahrhunderts: Inbegriff des hybrid-exzentrischen hyperromantischen Genies - nicht nur im Faible fürs Monumentale, sondern auch fürs Monströse, ja die "Ästhetik des Häßlichen" im Sinne der französischen "schwarzen Romantik".

Nachdem im letzten Sommer in einer Bayreuther Ausstellung sämtliche Fotografien Liszts vorgestellt wurden, folgt nun im Zeichen des Berlioz-Jahres 2003 ein noch attraktiveres Konvolut mit vermutlich sämtlichen zeitgenössischen Berlioz-Porträts: Zeichnungen, Gemälde, Holzschnitte, Karikaturen, Masken, Fotos. Der von Gunther Braam betreute Band ist eine immense Fundgrube, die in doppelter Weise Aufschluß gibt - über die zahlreichen visuell erfaßten oder evozierten Facetten von Berlioz' Persönlichkeit wie über die Entwicklung der Bild-Künste. Biographie, Ikonographie und Kunstgeschichte kommen so zusammen: Berlioz, der große Katalysator.

Unerschöpflich hat der Komponist der "Symphonie fantastique" (1803 bis 1869) die Phantasie der Zeitgenossen angeregt, als epochaler Komponist, beeindruckender Dirigent, ja als schier kentaurenartige Mixtur aus exaltiertem Künstler und seinen Werkfiguren. Und seine bizarre Erscheinung, sein Haargebirge über der Adlernnase, haben exemplarisch gerade die Karikaturisten zur Pars-pro-toto-Verselbständigung animiert. Gewiß, es gibt immer wieder auch klassizistisch ebenmäßig veredelte Porträts; attraktiver freilich sind die oft im wahrhaft doppelten Sinn "teuflischen" Übertreibungen.

Die Abbildungen folgen der Chronologie, beginnend mit einem stark idealisierten Bronzemedaillon von 1831, endend mit der Büste, die Stanislas Lami vor 1884 nach der kurioserweise nicht erhalten gebliebenen Totenmaske schuf. Schon 1833 verfertigte Dantan Jeune eine Büste, die über einem langen Hals eine markante Nase unter einem abstrus überdimensionalen Haargewirr zeigt. Und 1838 entstand eine Lithographie, die Berlioz mit diabolischer Fratze über eine Puppenbühne herrschen läßt, auf der sinnigerweise nicht "Benvenuto", sondern "Malvenuto Cellini" gespielt wird. Doch die liebste konfigurative Fusion der Karikaturisten ist die des Komponisten mit der Mephisto-Figur der "Damnation de Faust": "Höllischer" Blick wie Haarschopf, Teufelshörner und sonstiger visueller Schwefelgeruch werden da aufgeboten; während ein Holzschnitt Nadars Berlioz in donquichotesker Hagerkeit zeigt. Selbst die in ruhig-dunklen Grün- und Brauntönen gehaltenen Gemälde Courbets zeigen Berlioz als verwandten Spukgeist aus der Welt Edgar Allan Poes.

Ab 1860 mehren sich die Fotos; manche zeigen Berlioz in schier staatsmännischer Überlegenheitspose. Um so bewegender sind die letzten Fotos aus Petersburg und Moskau (1867/68), die einen müden, alten, verbitterten Mann zeigen, aber immer noch mit einem ehrfurchtgebietenden Wust von Haaren. Der Blick ins und aufs neunzehnte Jahrhundert in diesem Buch ist denn auch so multimedial wie -perspektivisch, heroisch, ironisch, grotesk und elegisch: "Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung" - alles über eine einzige Figur zu erfahren. Berlioz, Liszt und Wagner prägten die Epoche; rein bildlich ist ihr Wetterleuchten via Berlioz am suggestivsten.

Gunther Braam: "The Portraits of Hector Berlioz". Volume 26 of "New Edition of the Complete Works of Hector Berlioz". Verlag Bärenreiter, Kassel, London, New York 2003. 401 S., Abb., geb., 189,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Gerhard R, Koch gerät angesichts dieses attraktiven Konvoluts ("eine immense Fundgrube!") unterschiedlichster Hector-Berlioz-Porträts ins Schwärmen. Viel sei darin über eine suggestiv leuchtende, einzige Figur zu erfahren und viel über das neunzehnte Jahrhundert an sich. Es faszinierte ihn auch der multimediale und multiperspektivische Blick auf dieses Jahrhundert, den er mal heroisch, dann wieder ironisch, grotesk oder elegisch fand. Die unterschiedlichsten Abbildungen -Koch nennt Zeichnungen, Gemälde, Fotografien, Holzschnitte, Karikaturen und sogar Masken von Berlioz' bizarrer Erscheinung - folgen seinen Informationen zufolge der Chronologie und konnten ihm auf diesem Weg auch Aufschluss über die Entwicklung der Bildkunst im neunzehnten Jahrhundert geben.

© Perlentaucher Medien GmbH