Die vorliegende Arbeit beginnt mit einer Re-Lektüre konzeptioneller Texte der so genannten Interkulturellen Musikpädagogik (IMP) zum Umgang mit kultureller Diversität im Musikunterricht. Es wird aufgezeigt, dass die IMP die Reflexion der eigenen Wissensordnungen - ein zentrales Anliegen der aktuellen Kulturwissenschaften - bei der Thematisierung "anderer Kulturen" weitgehend außer Acht lässt. Nicht zuletzt deshalb ist die Diskussion weiterhin durchzogen von kulturellen Essenzialismen.Entsprechend wird im Anschluss an diese Analyse dafür plädiert, anstatt primär auf "andere Kulturen" zu fokussieren, eine praxeologisch-kulturwissenschaftliche Perspektive auf die "eigene Kultur", d.h. auf die wissenschaftliche Musikpädagogik und den Musikunterricht, zu werfen. Denn - so lautet eine zentrale These der Arbeit - der Blick auf eine "fremde Kultur" ist aus kritisch-kulturwissenschaftlicher Perspektive kontingent und ereignet sich immer vor dem Hintergrund eigener Wissensordnungen. Aus dieser Perspektive wird im zweiten Teil der Arbeit mit einem ethnografischen Zugang und auf Grundlage der Hegemonietheorie von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe untersucht, wie diese Wissensordnungen durch die Praktiken im Musikunterricht konstruiert werden.
Insgesamt gelingt es dem Autor, einen anspruchsvollen, theoretisch dichten Text in einem klaren und transparenten Stil zu schreiben. Sein Anliegen, über die fortbestehenden Essenzialismen des musikpädagogischen Kulturdiskurses aufzuklären und in den epistemologisch kritischeren Blick der Kulturwissenschaften einzuführen, gelingt somit auch performativ. - Johann Honnens, in: Diskussion Musikpädaogik 85/20, S. 59-61.