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Heidegger hat sich lange Jahre mit Nietzsche beschäftigt - eine Obsession mit philosophischen und politischen Implikationen. Rita Casale thematisiert Heideggers Nietzsche-Interpretation im Lichte ihres historischen Kontextes der dreißiger Jahre. Die verschiedenen Rollen, die Nietzsche in den Schriften, Vorlesungen und Vorträgen Heideggers einnimmt, werden im Zusammenhang mit seiner Auseinandersetzung mit Jaspers, Löwith, Spengler, Baeumler, Ziegler und Klages gelesen. Zudem richtet sich der Fokus auf die Wirkung, welche die heideggersche Deutung Nietzsches auf die gesamteuropäische Philosophie…mehr

Produktbeschreibung
Heidegger hat sich lange Jahre mit Nietzsche beschäftigt - eine Obsession mit philosophischen und politischen Implikationen. Rita Casale thematisiert Heideggers Nietzsche-Interpretation im Lichte ihres historischen Kontextes der dreißiger Jahre. Die verschiedenen Rollen, die Nietzsche in den Schriften, Vorlesungen und Vorträgen Heideggers einnimmt, werden im Zusammenhang mit seiner Auseinandersetzung mit Jaspers, Löwith, Spengler, Baeumler, Ziegler und Klages gelesen. Zudem richtet sich der Fokus auf die Wirkung, welche die heideggersche Deutung Nietzsches auf die gesamteuropäische Philosophie nach dem Zweiten Weltkrieg hatte.

Ein wichtiger Beitrag zur Erörterung der Prämissen der zeitgenössischen Philosophie - vor allem des Poststrukturalismus.
Autorenporträt
Rita Casale ist Professorin für Allgemeine Erziehungswissenschaft/Theorie der Bildung an der Bergischen Universität Wuppertal. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Bildungsphilosophie, Feministische Theorie und Europäische Bildungsgeschichte. Sie gehörte bis 2007 zum Vorstand der Sektion »Frauen und Geschlechterforschung in der Erziehungswissenschaft« der DGfE.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.05.2011

In Holzwurmart durch Heidegger

Die Obsession, die dieses Buch aufzudecken verspricht, muss ansteckend gewesen sein. Nicht, dass die Autorin auf den Spuren Martin Heideggers dem metaphysischen Dämmerlicht Friedrich Nietzsches verfallen wäre und selbst in den Sog einer philosophischen Gedankenübertragung geriete. Die heute in Wuppertal lehrende Philosophin geht detektivisch zu Werk und möchte das, was keiner bezweifelt, nämlich Nietzsches Einfluss auf Heidegger, aus den Quellen nicht nur der Schriften, sondern auch der Geistes- und Zeitgeschichte im Detail erklären. Kein Hinweis auf Zeitgenossen, Epigonen, Zeugnisse der Nietzsche- und Heidegger-Literatur war dieser Dissertationsarbeit der Mühe zu viel. So entstand statt einer solide gezimmerten Thesenarchitektur ein verwinkeltes Konstrukt aus endlosen Stollengängen im Fußnotenbereich und Verweisnischen im Haupttext. (Rita Casale: "Heideggers Nietzsche". Geschichte einer Obsession. Aus dem Italienischen von Catrin Dingler. Transcript Verlag, Bielefeld, 2010. 370 S., br., 29,80 [Euro].)

Über seine Nietzsche-Interpretation habe Heidegger sich vom Nationalsozialismus distanziert, stellt die Autorin im Vorwort ganz richtig fest. Statt ihre Argumentation an dieser - zugegebenermaßen einengenden - These auszurichten, unternimmt sie eine umständliche Spurensicherung des Nietzsche-Einflusses über vier Phasen hinweg. In den Jahren um 1910 habe der noch im Katholizismus verhaftete Student aus Meßkirch Nietzsche vor allem als künstlerische Figur radikaler, atheistischer Denkfreiheit wahrgenommen. Schon fünf Jahre später, etwa im Antrag zur Habilitationsschrift, habe die Auseinandersetzung mit Nietzsche sich zur metaphysischen Fragestellung gewendet. Die Etappe der Nietzsche-Vorlesungen ab 1936 als Thematisierung des Willens zur Macht fällt dann erstaunlich schmal aus in dieser Studie, die sich schnell dem Zusammenhang von Übermensch und moderner Subjektivität beim späteren Heidegger nach 1939 zuwendet.

Über all diese Phasen hinweg habe die Fortentwicklung des Heideggerschen Denkens sich in der teilweise qualvollen Auseinandersetzung mit Nietzsche vollzogen. Aus der Begegnung sei Identifikation, aus dieser Verklärung, aus dieser wiederum eine "regelrechte Verblendung" geworden. Die Autorin vergleicht Nietzsches Wirken in Heideggers Werk der Arbeit eines Holzwurms. Dessen Gänge "zerreißen den Gedanken, drängen ihn ständig in eine andere Richtung. Heidegger wird unentwegt versuchen, diese dekonstruktive Kraft einzudämmen, aber er wird sie nie endgültig zurückdrängen können."

Mit dem Panoramablick eines Holzwurms wird dann freilich auch die Arbeit durchs Material dieser Studie abgeleistet. Da gibt es kein Auftauchen, resümierendes Atemholen, voraus- oder zurückschauendes Umformulieren. Immerfort ist das raspelnde Kaugeräusch des Zitierens zu hören. Alles scheint gleich wichtig. Und wer in diesem Materialstau den Überblick in einem Abschlusskapitel sucht, geht leer aus.

Mit seinem Bestreben, Nietzsche als Philosophen des Nichts einer Ontologie einzuverleiben, habe Heidegger ihn in die Gefangenschaft der abendländischen Metaphysik zurückgeholt, aus der erst Deleuze, Derrida, Foucault ihn im Sinn einer "historischen Genealogie der Differenzen" wieder befreit hätten, schreibt die Autorin im vorletzten Paragraphen. Wie das? Wir erfahren es nicht. Für Experten mag diese Spurensuche nützlich sein. Ansonsten nimmt man besser weiterhin mit den einschlägigen Kapiteln der Sekundärliteratur vorlieb.

JOSEPH HANIMANN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Eine der wichtigsten neueren Arbeiten zum Thema 'Nietzsche und Heidegger'.»

Helmuth Vetter, Philosophische Rundschau, 60/3 (2013) 20131201