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Revolutionäre Zellen: neue Erkenntnisse, wie sich die körpereigene Abwehr im Kampf gegen Krankheiten entfesseln lässt
Das Immunsystem ist der Schlüssel zu unserer Gesundheit. Die Fähigkeit des Körpers, Krankheiten selbst zu bekämpfen, ist eines der großen Wunder der Natur, dem man erst in den letzten Jahrzehnten genauer auf die Spur gekommen ist. Professor Daniel M. Davis, einer der führenden Immunologen, lässt uns an den Meilensteinen der Immunforschung teilhaben. Er schildert, was die Wissenschaft über das vielschichtige und komplexe Geflecht unseres Immunsystems herausgefunden hat. Und…mehr

Produktbeschreibung
Revolutionäre Zellen: neue Erkenntnisse, wie sich die körpereigene Abwehr im Kampf gegen Krankheiten entfesseln lässt

Das Immunsystem ist der Schlüssel zu unserer Gesundheit. Die Fähigkeit des Körpers, Krankheiten selbst zu bekämpfen, ist eines der großen Wunder der Natur, dem man erst in den letzten Jahrzehnten genauer auf die Spur gekommen ist. Professor Daniel M. Davis, einer der führenden Immunologen, lässt uns an den Meilensteinen der Immunforschung teilhaben. Er schildert, was die Wissenschaft über das vielschichtige und komplexe Geflecht unseres Immunsystems herausgefunden hat. Und er legt dar, wie diese Erkenntnisse dazu beitragen, wirksamere Impfstoffe, neue Medikamente und vor allem bahnbrechende Therapien gegen Krankheiten wie Krebs zu entwickeln. Nicht zuletzt zeigt sein Buch, was wir selbst dafür tun können, um die natürlichen Verteidigungsmechanismen unseres Körpers zu nutzen.
Autorenporträt
Daniel M. Davis, geboren 1970, ist Professor für Immunologie und aktuell Forschungsdirektor am Manchester Collaborative Centre for Inflammation Research an der Universität von Manchester. Seine Forschung, insbesondere seine Erkenntnisse über die Biologie der Immunzellen, gilt als bahnbrechend. 'Heilen aus eigener Kraft' wurde in England mehrfach als Buch des Jahres ausgezeichnet und war für den Royal Society Science Prize nominiert. Es ist sein erstes Buch auf Deutsch.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.2019

Auf der Suche nach der Substanz X

Fieber, Stress, Herpes: Daniel M. Davis erklärt, wie unser Immunsystem funktioniert - und was Sherlock Holmes damit zu tun hat.

Von Johanna Kuroczik

Astronauten sind auf Weltraummissionen vielen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt, von kosmischer Strahlung über schlagkräftigen Weltraumschrott bis zur Schwerelosigkeit. Man sollte meinen, dass sie im Gegenzug von anderen Gebrechen verschont blieben. Doch ihnen machen vermeintliche Lappalien zu schaffen: allergische Niesanfälle, Hautausschläge und reaktivierte Herpes-Infektionen. Neben Schlafmitteln sind Medikamente gegen Allergien die am häufigsten eingenommenen Arzneien auf der Internationalen Raumstation. Es scheint absurd, denn wogegen entwickelt ein Astronaut, der Hunderte Kilometer über der nächsten Birke und Hausstaubmilbe schwebt, plötzlich eine Allergie?

Die Antwort liegt tief im Inneren des menschlichen Körpers, in der Armee von Abermillionen winziger Zellen, die unser Immunsystem bilden. Stress und der gestörte 24-Stunden-Rhythmus im Weltraum stürzen die innere Abwehr der Astronauten ins Chaos.

Unsere Gesundheit gleicht der Balance auf einem Drahtseil, vor dem Absturz bewahrt uns das Immunsystem. Funktioniert es nicht richtig, sind letale Leiden wie Krebs und Aids-Erkrankungen die Folge. Ist es zu eifrig, greift es den Körper selbst an. So entstehen Autoimmunkrankheiten wie Rheuma und multiple Sklerose. Ohne Immunsystem kann kein Mensch überleben. Schließlich waren es in der Geschichte unserer Art nicht wilde Tiere oder Kriege, sondern mikroskopisch kleine Bakterien und Viren, die den Fortbestand der Menschheit am nachdrücklichsten gefährdeten, wie die Erreger von Pest, Grippe oder Pocken.

Doch wie identifiziert das Immunsystem überhaupt Eindringlinge? Wie unterscheidet es dabei nützliche Darmbakterien von schädlichen Keimen? Und wie wissen die Kämpfer-Zellen, wann die Immunreaktion vorbei ist und sie zur Ruhe kommen müssen? Auf die Spuren solcher Fragen begibt sich Daniel M. Davis, Professor für Immunologie in Manchester. Der Titel der deutschen Ausgabe seines Buchs, "Heilen aus eigener Kraft", klingt so, als ob man es in der Esoterik-Abteilung fände, im Selbsthilfe-Regal, irgendwo zwischen "Meditier dich glücklich" und einer Anleitung, wie man Krebs mit Kümmeltee heilt.

Doch in diese Schublade gehört das Buch nicht, selbst wenn es kaum einer anderen zuzuordnen ist. Müsste man einen Platz wählen, dann stände es zwischen "Einführung in die Immunologie" und Sherlock Holmes. Zum einen handelt es sich um harte Wissenschaft: Am Ende der Lektüre ist man mit Check-Point-Inhibitoren und Zytokinen vertraut. Dabei inszeniert Davis die großen Errungenschaften der immunologischen Forschung wie einen Detektivroman.

So beschreibt Davis, wie der amerikanische Arzt Philip Hench während eines Routinetermins Ende der zwanziger Jahre an der Mayo Clinic in Rochester bei seinem Patienten eine erstaunliche Veränderung bemerkte: Ein schweres Rheuma quälte und lähmte den Mann seit Jahren. Nun litt er zusätzlich unter Gelbsucht, und überraschenderweise hatten sich seither die Gelenkschmerzen gelegt. Hench begann darüber zu grübeln, was an der Gelbsucht rheumatoide Arthritis lindern könnte. Er stellte Nachforschungen an und erfuhr, dass auch die rheumatischen Beschwerden von Schwangeren durch die Geburt nachließen. Hench, ein Bewunderer Arthur Conan Doyles, nannte den Stoff, dem er auf der Spur war, Substanz X. In waghalsigen Experimenten injizierte er Rheuma-Patienten Leberstücke, Galle und Blut. Es half nichts.

Zugleich war der Biomechaniker Edward Kendall in einem anderen Labor an der Mayo Clinic entschlossen, die Hormone der Nebenniere zu entschlüsseln. Kendall isolierte dabei einige Substanzen, numerierte sie von A bis F und stellte fest, dass die Verbindung E fulminante Wirkungen entfaltete. Der große wissenschaftliche Durchbruch ereignete sich bei einer Tasse Kaffee. Die Freunde plauderten über ihre Forschungen und fantasierten, ob die Substanzen X und E nicht identisch sein könnten.

Jahrelange Experimente und riskante Patientenversuche belegten: Sie hatten Cortisol entdeckt. Noch nie wurde ein Nobelpreis so rasch für eine Entdeckung vergeben wie in diesem Fall. Das Stresshormon Cortisol ist einer der wichtigsten Taktgeber unseres Körpers. Es beeinflusst ein Fünftel unserer Gene, die Körperstatur, reguliert den Blutzuckerspiegel, die Muskeln und bereitet auf Kampfsituationen vor.

Und es dämpft das Immunsystem, weswegen die rheumatischen Beschwerden von Henchs Patienten nachließen und Stress im All die Herpes-Infektionen von Astronauten wiederbelebt. Solche Geschichten prägen insbesondere den ersten Teil des Buchs, in dem die Arbeit von bahnbrechenden Forschern wie Charles Janeway, Ralph Steinman oder Jean Lindenmann beschrieben wird. Der zweite Teil fokussiert auf systemische Vorgänge im Körper wie Fieber oder Stress.

Der Leser erfährt bei Davis viel über die menschlichen Seiten des Wissenschaftsbetriebs und dessen Gemeinsamkeiten mit Glücksspiel. Auf welche Idee ist zu setzen? Wann lohnt es sich, ihr ein Forscherleben zu widmen? Davis rühmt die Beharrlichkeit der von ihm porträtierten Forscher, aber sein Buch ist kein unkritischer Lobgesang auf die Immunologie. Er vergisst nie, die negativen Auswirkungen vermeidlicher Wundermedikamente zu erwähnen und die Grenzen der Forschung zu betonen. Das verleiht ihm Glaubwürdigkeit.

Mit den Geheimnissen des Immunsystems ist es zudem wie mit den Matrjoschkas: Ist eines gelüftet, kommt darunter noch ein weiteres und dann noch eins. "Forschung endet nie", resümiert Davis. Er ist ein gewandter Autor, kann aber doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Immunologie nun einmal eine komplizierte Angelegenheit ist und das Buch deshalb auch keine leichte Lektüre. Selbst wenn Davis zelluläre Abläufe eingängig erklärt: Die Lektüre fällt etwas leichter, wenn man bereits eine ungefähre Vorstellung hat, was B-Zellen sind und wie ein Rezeptor funktioniert.

Im vergangenen Jahr wurde der ebenfalls im Buch erwähnte James P. Allison für seine Forschung über Check-Point-Inhibitoren zur Krebsbehandlung mit dem Nobelpreis geehrt. Die Onkologie ist derzeit im Umbruch und wendet sich Ansätzen zu, die das Immunsystem einspannen und stärken, statt es zu dämpfen. Revolutionen durch die Immunologie sind nicht nur in der Krebstherapie zu erwarten, und somit erscheint Davis' Buch zweifelsohne zur rechten Zeit.

Daniel M. Davis: "Heilen aus eigener Kraft". Wie ein neues Verständnis unseres Immunsystems die Medizin revolutioniert.

A.d. Engl. von Susanne Kuhlmann-Krieg. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2019. 336 S., geb., 34,- [Euro].

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»Davis inszeniert die großen Errungenschaften der immunologischen Forschung wie einen Detektivroman.« Frankfurter Allgemeine Zeitung