Heiliges Usbekistan - auf den Spuren großer Sufis" von Stephanie Clasemann ist viel mehr als ein Reiseführer. Auf über 350 Seiten werden wir intensiv in die Sufi-Tradition Usbekistans eingeführt. Bevor ich das Buch gelesen habe, hatte ich weder von Sufismus noch von Usbekistan sonderlich viel
Ahnung, beide waren für mich eher weiße Flecken auf meiner mentalen und spirituellen Landkarte. Nun habe…mehrHeiliges Usbekistan - auf den Spuren großer Sufis" von Stephanie Clasemann ist viel mehr als ein Reiseführer. Auf über 350 Seiten werden wir intensiv in die Sufi-Tradition Usbekistans eingeführt. Bevor ich das Buch gelesen habe, hatte ich weder von Sufismus noch von Usbekistan sonderlich viel Ahnung, beide waren für mich eher weiße Flecken auf meiner mentalen und spirituellen Landkarte. Nun habe ich ein differenziertes Bild von beidem bekommen und so richtig Lust darauf, das Land zu bereisen.
Das Buch beginnt mit einer Einführung in die wichtigsten Begriffe des Sufismus (z.B. Dhikr, eine Anrufung der heiligen Namen Gottes, aus dem Herzen heraus und oft still). Wir erfahren, dass es dabei um die "weibliche Seite des Islam" geht, nicht um strenge Regeln oder Äußerlichkeiten, sondern um Mystik, Gotteserleben und die innere Zuwendung zu Gott. Sufismus wird üblicherweise von einem Lehrer (sheikh) an seine Schüler weitergegeben und erfordert von den Schülern viel Hingabe und Demut, ist aber nach außen hin sehr offen und tolerant.
Es werden viele wichtige Sufi-Persönlichkeiten vorgestellt und ihr Leben, ihre Entwicklung und Erkenntnisse in spannender Weise beschrieben, sowohl allgemein am Anfang des Buches als auch dann durch das ganze Buch hindurch die wichtigsten Persönlichkeiten der jeweiligen Stadt (verbunden mit einer Beschreibung der entsprechenden Sehenswürdigkeiten, z.B. Denkmäler und Grabstätten). Auch auf Frauen im Sufismus - von denen es ebenfalls einige bedeutende Persönlichkeiten gegeben hat - wird in einem Extra-Kapitel eingegangen.
Besonders interessant habe ich die Kapitel gefunden, in denen die Verbindung zwischen Osten und Westen aufgezeigt wurde und erklärt wurde, wie sowohl sufisches Gedankengut über verschiedene Kulturmittel (z.B. Llewellyn Vaughan Lee und Irina Tweedie), die bei Sufis gelernt hatten, in den Westen getragen wurde, als auch wie große Persönlichkeiten des Westens - auch wenn sie keine Sufis waren - ganz ähnliche Traditionen gelebt und gelehrt haben (z.B. die christlichen Mysteriker*innen Hildegard von Bingen, Meister Eckhart, Teresa von Avila). Somit zeigt sich hier sehr schön, wie ähnlich sich die mystischen Traditionen in ihrem spirituellen Kern sind.
Überhaupt ist es ein sehr religionsverbindendes Buch, das immer wieder diese Parallelen aufzeigt, gemäß dem Zitat von des Sufi Rumi, dass es in Wahrheit nur ein einziges Licht geben würde, das durch verschiedene Fenster scheine (Gott bzw. die göttliche Wahrheit, durch verschiedene Religionen und deren Propheten übermittelt).
Wer äußerlich (oder auch im Inneren) nach Usbekistan reisen will, findet im Buch ebenfalls ausführliche Informationen dazu. Die verschiedenen Städte Usbekistans, z.B. Buchara, Chiwa, Termezk, Sharisabz, Samarkand oder Tashkent, werden durch bildhafte Beschreibungen der bekanntesten Sehenswürdigkeiten lebendig vorgestellt. Auch hier sind die Informationen wiederum verflochten mit der jeweiligen Sufi-Tradition und ergänzt um interessante historische Informationen (z.B. zu Dschingis Khan, seinen Feldzügen und Nachkommen, zur Seidenstraße, zur Verbreitung des Islam, zu den verschiedenen Herrschern, aber auch zur Sowjetzeit und ihren Spuren...), inspirierende spirituelle Gleichnisse und Fabeln sowie um wunderschöne Bilder.
Ganz am Ende finden sich noch praktische Informationen zur Reise. Gut zu wissen ist, dass Usbekistan offenbar zumindest bis jetzt ein relativ unkompliziert (Menschen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz brauchen für Aufenthalte unter 30 Tagen kein Visum), günstig und sicher zu bereisendes Land ist, auch für Frauen, und sich auch die offizielle Vertretung des Landes dem Tourismus immer mehr öffnet und diesen aktiv fördert.
Ich kann das Buch allen, die sich entweder für Usbekistan oder für Sufismus - eine sehr interessante und im Westen oft wenig bekannte Seite des Islam - interessieren, wärmstens ans Herz legen. Es ist ein tiefgründig recherchiertes, persönliches, liebevoll gestaltetes und religionsverbindendes, wunderschönes Buch. Mich hat es auch eingeladen, meine eigene Spiritualität zu reflektieren, und ich werde sicher auch in Zukunft immer wieder mal zu diesem Buch greifen, um mich von den vielen schönen Gleichnissen, Geschichten und Fabeln inspirieren und zum Nachdenken anregen zu lassen.