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Das Buch schildert die Geschichte der Epilepsie, der Epileptologie (Wissenschaft von der Epilepsie) und des epilepsiekranken Menschen vom 3. vorchristlichen Jahrtausend bis zur Gegenwart - die Geschichte der Epilepsie als 'heilloser', von überirdischen Mächten auferlegter Strafe, über die 'heilige' Krankheit der klassischen Antike bis zur 'heilbaren' Hirnfunktionsstörung unserer Zeit.
Im ersten Drittel des Buches wird die Epilepsie-Thematik im Alten Ägypten, im Zweistromland, in den fernöstlichen Ländern, im klassischen Griechenland und im Römischen Reich beschrieben; der mittlere Teil
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Produktbeschreibung
Das Buch schildert die Geschichte der Epilepsie, der Epileptologie (Wissenschaft von der Epilepsie) und des epilepsiekranken Menschen vom 3. vorchristlichen Jahrtausend bis zur Gegenwart - die Geschichte der Epilepsie als 'heilloser', von überirdischen Mächten auferlegter Strafe, über die 'heilige' Krankheit der klassischen Antike bis zur 'heilbaren' Hirnfunktionsstörung unserer Zeit.

Im ersten Drittel des Buches wird die Epilepsie-Thematik im Alten Ägypten, im Zweistromland, in den fernöstlichen Ländern, im klassischen Griechenland und im Römischen Reich beschrieben; der mittlere Teil umfasst das Mittelalter und den Beginn der Neuzeit; das letzte Drittel ist der Entwicklung der modernen Epileptologie vom 18. Jahrhundert bis heute gewidmet. Dabei werden nicht nur die medizinisch-ärztlichen sondern auch die psycho-sozialen, volkstümlichen, kulturellen und religiösen Aspekte in Bezug auf Krankheitsentstehung, -auswirkung und -bewältigung aufgezeigt. Den Abschluss bildenzwei zeitunabhängige Kapitel ("Appendices"): zum einen die Thematik "Prominente Epilepsiekranke", zum andern das Thema "Epilepsie und Kunst".

Das Buch richtet sich in gleicher Weise an medizin- und kultur-historisch Interessierte, an Menschen, die in sozialen und (heil-)pädagogischen Bereichen tätig sind, an Ärzte und Studenten und - nicht zuletzt - an betroffene Menschen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2004

Jeder fünfte Patient bleibt ohne Heilung
Sie ist noch immer die geheimnisvollste Krankheit: Hansjörg Schnebles Geschichte der Epilepsie

Sie ist die Krankheit der vielen Namen. Man nannte sie die göttliche, die himmlische, die gestirnte, aber auch die garstige, die angehexte oder - nach ihren Symptomen - die fallende Krankheit. In heutiger medizinischer Terminologie heißt sie Epilepsie, abgeleitet von dem griechischen Verb für "anfallen". Angeblich soll es sich um die älteste Krankheit der Welt handeln, wie Hansjörg Schneble, der Autor mehrerer Werke über die Geschichte der "Fallsucht", wie man diese Krankheit lange in deutschen Quellen nannte, behauptet. Doch wer einmal einen epileptischen Anfall als Augenzeuge miterlebt hat, weiß, warum man diesem Leiden von Anfang an so große Aufmerksamkeit schenkte. Grund war der furchterregende Anblick eines Kranken, der mit einem Schrei zu Boden stürzt, ohne Besinnung scheint, rhythmisch zuckt, sich auf die Zunge beißt und dem schaumiger Speichel aus dem Mund läuft.

Die erste ausführliche Beschreibung der Symptomatik finden wir auf einer babylonischen Keilschrifttafel, die sich heute im Britischen Museum befindet: "Wenn die gestürzte Person seitwärts blickt oder das Weiße ihrer Augen zur Seite gewandert ist und Blut aus dem Munde fließt, dann ist das für weibliche Patienten (der männliche Epilepsiedämon) Lilû." Die Erklärung wird also gleich mitgeliefert: ein Dämon als Verursacher der Krankheit. Die Vorstellung einer übernatürlichen Krankheitsursache hielt sich bis in die Neuzeit, wenngleich bereits in den Schriften, die dem griechischen Arzt Hippokrates zugeschrieben werden, die Krankheit auf eine natürliche Ursache zurückgeführt wird. Nach der Viersäftelehre kommt es zu epileptischen Anfällen, wenn kaltes Phlegma aus dem Gehirn in das warme Blut der Adern hineinströmt und den Blutfluß ändert. Glaubte man an eine übernatürliche Ursache, dann bot sich eine magisch-religiöse Therapie an (etwa eine Wallfahrt zum heiligen Valentin), andernfalls galt lange Zeit eine Diät als die beste Medizin. Erst im zweiten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts wurde das erste effektive Therapeutikum (im modernen Sinne), Brom, entdeckt und erst im zwanzigsten Jahrhundert durch neue Substanzen wie Carbamezipin abgelöst.

Schnebles Geschichte der Epilepsie ist über weite Strecken eine Geschichte des medizinischen Fortschritts, die zu Beginn unseres Jahrhunderts ihren vorläufigen Endpunkt erreicht. Denn inzwischen wissen wir, wie welche Faktoren zusammenwirken, wenn im Gehirn des Menschen ein epileptischer Anfall ausgelöst wird. Auch haben wir heute moderne Arzneimittel, die bei einer Mehrzahl der Kranken das Leiden lindern oder sogar ganz zum Verschwinden bringen. Gleichwohl hat die Krankheit auch heute noch nicht alle ihre Geheimnisse preisgegeben; in mehr als zwanzig Prozent aller Fälle schlägt bei den Patienten keine Therapie an.

So verbietet es sich von selbst, über Therapieversuche unserer Vorfahren zu lächeln, die uns heute absurd erscheinen. Zu Recht weist Schneble darauf hin, daß noch in den 1980er Jahren in Deutschland der Fall der Anneliese Michel - einer Epileptikerin, die exorziert wurde und die religiöse Therapie mit ihrem Leben bezahlte - für Schlagzeilen sorgte. Allerdings spürt man hier den erhobenen Zeigefinger des schriftstellernden Arztes, der nur eine Dimension des Krankheitsverständnisses, die naturwissenschaftlich-biologische, gelten läßt und den alternativen Umgang anderer Kulturen mit dieser Krankheit nicht anerkennt.

Freilich kommt der kulturgeschichtlich interessierte Leser in diesem Buch durchaus auf seine Kosten. Wir erfahren, welche prominenten Personen wahrscheinlich von diesem Leiden betroffen waren. Die Liste reicht von Caesar bis Vincent van Gogh. Die Problematik einer retrospektiven Diagnostik wird zwar angedeutet, gleichwohl ist der Spekulation doch breiter Raum gegeben. Man denke etwa an die Interpretation der alttestamentlichen Episode von König Saul (1 Samuel 19): Daß er in Verzückung gerät und dabei zu Boden fällt und liegen bleibt, galt als epileptischer Anfall.

Der Widerhall dieser Krankheit als Motiv der Kulturgeschichte wird dagegen nur gestreift, wenngleich einige der bekanntesten Beispiele in der Weltliteratur zitiert werden und es auch einen Bildanhang mit gut reproduzierten Farbdrucken gibt. Und selbst in der Musik hat die "Fallsucht" ihren Niederschlag gefunden - etwa in Verdis Otello, wie der Autor anmerkt. Zu kurz kommt die sozialgeschichtliche Seite der Krankheit. Die Ausgrenzung der Betroffenen wird nur kursorisch erwähnt, so beispielsweise das Schicksal vieler Epileptiker im Dritten Reich, die der Euthanasie zum Opfer fielen. Daß diese Kranken bereits vor dem neunzehnten Jahrhundert gelegentlich in Institutionen versorgt wurden, ist dem Autor entgangen. Die Sozialgeschichte dieser Krankheit muß also noch geschrieben werden.

ROBERT JÜTTE

Hansjörg Schneble: "Heillos, heilig, heilbar". Geschichte der Epilepsie von den Anfängen bis heute. Walter de Gruyter Verlag, Berlin 2003. 182 S., 7 Abb., br., 29,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Robert Jütte nickt beifällig und scheint eine aufschlussreiche Lektüre über die Epilepsie hinter sich zu haben, von den ersten Erwähnungen der "Fallsucht" in der Antike bis zum neuesten Stand der Medizin zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Schade nur, meint er einschränkend, dass diese vor allem entlang der Wegmarken des medizinischen Fortschritts verlief und etwa die Sozialgeschichte der Epilepsie - eine Geschichte der Ausgrenzung der Betroffenen - links liegen lässt. Doch der Einwand ist eher ein Vorschlag zur Ergänzung dieses Buches, zumal Schneble auch die Kulturgeschichte der Krankheit streife und somit nicht nur die medizinhistorisch Interessierten auf ihre Kosten kommen lasse.

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