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Gad Granach ging 1936 mit 21 Jahren im Hafen von Haifa an Land. Als Bauarbeiter in Tel Aviv und Lokomotivführer am Toten Meer wurde aus dem Sohn eines berühmten Schauspielers ein Pionier des jungen Staates.

Produktbeschreibung
Gad Granach ging 1936 mit 21 Jahren im Hafen von Haifa an Land. Als Bauarbeiter in Tel Aviv und Lokomotivführer am Toten Meer wurde aus dem Sohn eines berühmten Schauspielers ein Pionier des jungen Staates.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.05.1998

Nach Palästina
Gad Granachs Erinnerungen

Der Lebens- und Überlebenskünstler Gad Granach, Sohn des berühmten Schauspielers Alexander Granach, hatte nicht nur Glück, sondern auch ein gut entwickeltes Gespür für kommendes Unheil. Im Jahre 1936 verließ er Deutschland und emigrierte als Pionier der zionistischen Auswanderer-Organisation Hachscharah nach Palästina. Damals war Granach junior 21 Jahre alt und wurde noch Gerhard gerufen. "Alle deutschen Judenjungs hießen damals Gerhard oder Peter oder Siegfried", schreibt der Autor. "Hieß einer Siegfried, konnte man fast sicher sein, daß er ein Jude ist. Ich hätte viel lieber Peter geheißen, Peterchen gefiel mir sehr, denn Peter paßte immer gut zu Damen."

So, ohne alle Larmoyanz, nie ganz frei von schmunzelnder Selbstverliebtheit und dabei oft verzweifelt komisch, berichtet Granach von einem, den seine deutschen Mitbürger vertrieben und der seine Brüche und Verletzungen in schmerzlich lakonische Prosa verpackt. "Ich weiß gar nicht, warum Menschen immer ihre Identität suchen müssen. Mir haben sie gesagt, wie ich heiße, das hat mir vollkommen gereicht." Der Vater, Alexander Granach, hat seine eigene Kindheit und Jugend in Galizien in der Autobiographie "Da geht ein Mensch" eindringlich beschrieben. Zwischen dem bewunderten, übermächtigen Schauspiel-Vater, den die Orthodoxen im Berliner Scheunenviertel "König der Ostjuden" nannten, und der kulturhungrigen, politisch engagierten Mutter wuchs der junge Gerhard im Berlin der zwanziger Jahre auf. In den Kreisen der Eltern verkehrten Bertolt Brecht, Hermann Hesse und Heinrich George, in der Schule und auf der Straße sah er sich Nazi-Provokationen gegenüber.

Gewitzt, wortgewandt und aggressiv setzte sich Granach gegen den antisemitischen Bazillus zur Wehr. Als ein Mitschüler den Juden vorwarf, Jesus gekreuzigt zu haben, fragte Granach ihn, ob er dabeigewesen sei. Der Junge verneinte. Darauf Granach: "Ick och nicht." Im Holocaust gipfelte, was als gesellschaftlicher Skandal schon Jahre zuvor empören mußte: die Verdrängung der Juden aus der Mitte der deutschen Gesellschaft ins asoziale Abseits geächteter Vogelfreier. Passivität, Ohnmacht und die deutsch-jüdische Symbiose erleichterten den braunen Machthabern seit 1933 ihr schmutziges Geschäft. "Man kam sich sehr deutsch vor, war aber gleichzeitig stolz darauf, Angehöriger eines alten Volkes zu sein", beschreibt Granach das Dilemma der Juden. Deshalb hält er sich auch nicht lange beim Antisemitismus auf. Der sei, urteilt er ganz zu Recht, "im Grunde nicht das Problem der Juden, sondern der Antisemiten".

Nach der Flucht seines Vaters, der in Hollywood SS-Schergen in Anti-Nazi-Filmen mimte, packte auch Gerhard Granach seine Habseligkeiten zusammen und wanderte nach Palästina aus, wo er als Hilfspolizist, Bauarbeiter und Lokomotivführer den Kampf um die Gründung des Staates Israel miterlebte. In eindringlichen Passagen beschreibt der Kibbuz-Pionier, wie damals aus Verfolgten und Vertriebenen entschlossene Verteidiger der eigenen Existenz wurden. Wer dem israelischen Selbstbehauptungswillen auf den Grund kommen will, sollte nicht nur an die Shoah denken, sondern auch an den Wunsch des jüdischen Volkes, ein Leben in Würde zu führen, wie es ihm in Deutschland verwehrt blieb.

Die Hamburger Filmemacherin Anke Apelt hat ein einfühlsames autobiographisches Porträt über "Granach den Jüngeren" gedreht. Darin führt der Emigrant den Zuschauer an die Stätten seiner Kindheit und Jugend in Deutschland zurück. Keine Heimkehr ist das, sondern Vergegenwärtigung zerstörter Heimat. Wenn Granach, mal beredt, mal stumm, die Spuren der Vergangenheit sichtet, bleibt ihm nur seine Hoffnung, daß der Allmächtige sich ein anderes Volk auserwählen und die Juden ein wenig in Ruhe lassen möge. PETER ZOLLING

Gad Granach: "Heimat los!" Aus dem Leben eines jüdischen Emigranten. Ölbaum Verlag, Augsburg 1997. 183 S., br., 38,- DM.

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"Gad Granach erzählt sein wildes Leben in Israel. Ein großartiger Geschichtenerzähler." (Süddeutsche Zeitung)