Marktplatzangebote
15 Angebote ab € 2,34 €
  • Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

Auf einer Brücke über einen Schweizer See kracht Heinrich Übel mit seinem geliehenen amerikanischen Straßenkreuzer ins Geländer. Als er nach dem Unfall wieder zu sich kommt, findet er sich in einem altmodischen Hotel auf Sizilien wieder. Er weiß, wer er ist, aber er hat keine Ahnung, wie er da hingekommen ist. Auch behandeln ihn die Menschen in dem kleinen Küstenort ganz anders als die in seinem früheren Leben: Er, der früher eher ein Unglücksrabe war, ist plötzlich ein Held und Frauenschwarm. Aber hat sich die Welt um ihn herum verändert oder ist er selbst ein anderer geworden? Was ist wirklich geschehen bei seinem Unfall auf der Brücke über den See?…mehr

Produktbeschreibung
Auf einer Brücke über einen Schweizer See kracht Heinrich Übel mit seinem geliehenen amerikanischen Straßenkreuzer ins Geländer. Als er nach dem Unfall wieder zu sich kommt, findet er sich in einem altmodischen Hotel auf Sizilien wieder. Er weiß, wer er ist, aber er hat keine Ahnung, wie er da hingekommen ist. Auch behandeln ihn die Menschen in dem kleinen Küstenort ganz anders als die in seinem früheren Leben: Er, der früher eher ein Unglücksrabe war, ist plötzlich ein Held und Frauenschwarm. Aber hat sich die Welt um ihn herum verändert oder ist er selbst ein anderer geworden? Was ist wirklich geschehen bei seinem Unfall auf der Brücke über den See?
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Thomas Hürlimann wurde 1950 in Zug, Schweiz, geboren. Er besuchte das Gymnasium an der Stiftsschule Einsiedeln, studierte Philosophie in Zürich und an der FU Berlin und lebt heute wieder in seiner Heimat. Neben zahlreichen Theaterstücken schrieb Hürlimann die Romane »Heimkehr«, »Vierzig Rosen« und »Der große Kater« (verfilmt mit Bruno Ganz), die Novellen »Fräulein Stark« und »Das Gartenhaus« sowie den Erzählungsband »Die Tessinerin«. Für sein dramatisches, erzählerisches und essayistisches Werk erhielt er unter anderem den Joseph-Breitbach-, den Thomas-Mann- sowie den Hugo-Ball-Preis. 2019 wurde er mit dem Gottfried-Keller-Preis ausgezeichnet. Hürlimann ist korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Akademie der Künste, Berlin. Seine Werke wurden in 21 Sprachen übersetzt. Im Sommer 2022 erschien bei S. FISCHER sein Roman »Der Rote Diamant«, der für den Schweizer Buchpreis 2022 nominiert ist.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2018

Lust und Verblendung

Thomas Hürlimanns Roman "Heimkehr" ist eine opulente Bildungs- und Schelmengeschichte.

So einen Roman hat man von Thomas Hürlimann, dem Meister der strengen Form und der klaren Sätze, noch nicht gelesen: lustvoll überbordend erzählt und voller phantastischer und grotesker Episoden. Eine wilde, existentielle und raffiniert gebaute Schelmengeschichte, die den Leser wie ein Strudel herumwirbelt, dass ihm Hören und Sehen vergeht. Denn genau so geht es dem Helden dieser Abenteuergeschichte, einem modernen Odysseus und Romantiker, der eigentlich nur eines will: nach Hause.

"Ich erzähle eine einfache, uralte Geschichte vom verlorenen Sohn, der heimkehrt zum verlorenen Vater", schreibt Thomas Hürlimann über seinen Roman. Aber einfach ist in dieser Geschichte nichts. Denn wie in allen seinen Romanen, Theaterstücken und Erzählungen gehören die rational-klare und die abgründige, dämonische Erscheinungsweise der Welt stets zusammen, und schon der Ausgangspunkt seines Helden Heinrich Übel, die Schweiz, ist für ihn vermintes und schwankendes Gelände: Vom Vater als "Abfall" bezeichnet und aus dem Haus geworfen, die Mutter früh verschwunden. Am meisten leidet er aber an der unsicheren, inkonsistenten und feindseligen Welt, die ihn umgibt, eine Art Albtraumreich, in dem er sich schuldig und fremd fühlt. Was aus ihm in dieser Welt einmal werden soll, kann er sich nicht vorstellen.

Ein wunderbar vielschichtiger, phantasievoller und humorvoller Held ist dieser Heinrich, Sohn des Gummifabrikanten Heinrich Übel, und er heißt nicht zufällig so - denn seine mehrfachen Versuche, sich der Heimat zu nähern, erinnern an ebensolche Versuche des "Grünen Heinrich" und seines Autors Gottfried Keller. "Heimatträume" und "Weiterträumen" heißen zwei besonders schöne Kapitel aus dem "Grünen Heinrich", die von zwei tragisch gescheiterten Rückkehrversuchen erzählen. Und auch Heinrich Übel junior steckt ausweglos fest in seinen Träumen. Dass seine lange Abenteuerreise nach einem Unfall auf vereister Brücke beginnt, hängt mit deren zweifachem Sinn zusammen: Diese Brücke verbindet nicht nur das Übel-Reich des Vaters mit dem des Lebens und der Freiheit, sondern sie ist auch eine ausgerollte, horizontale Variante der Treppe, dem Ort schicksalhafter Erkenntnis schlechthin. Ihre Urform findet sich in Platons Höhle, sie gehört zu den zentralen Motiven in Hürlimanns Werk. Dass dem verletzten Heinrich-Odysseus vom anderen Ufer Circes Wohnwagen als Freiheitsversprechen entgegenleuchtet, deutet schon den doppelten Boden des Romans an.

Kein Stolpern und Straucheln des Helden mehr, wie in den früheren Erzählungen, jetzt geht es um Leben und Tod, Sein oder Nichtsein, und der Autor hat Heinrich nicht nur den Geburtstag - 21. Dezember 1950 - geliehen, sondern auch seine Nahtoderfahrung samt "Auferweckung", die er in einem Essay als höchst ambivalentes Lazarus-Erlebnis schildert. Heinrich findet sich als ihm selbst Unbekannter auf Sizilien wieder, ein schiffbrüchiger Robinson mit martialischer Narbe und fehlerhaftem Gedächtnis, den der örtliche Pate unter seine Fittiche nimmt. Hier beginnt das rasante Spiel der Verwandlungen und lustvollen Genrespiele. Ob in Afrika oder in Ost-Berlin: Überall wird Heinrich für einen anderen gehalten, als er ist, und er verschanzt sich hinter einem schweigsamen Mafia-Gestus, der sich so großartig anfühlt wie der Anzug, den der Pate ihm anmessen lässt. Dabei bringt Hürlimann das Kunststück fertig, seinen zutiefst schüchternen Heinrich zu einer idealen Projektionsfläche werden zu lassen, einem Niemand, der alle ihm Begegnenden herausfordert: Manche verehren ihn, andere wollen ihn erziehen, demütigen oder manipulieren und werden damit auf verstörende Weise kenntlich. Heinrich analysiert das mit lakonischem Witz, denn eines hat er von seinem einzigen Freund, dem Kater Dada, gelernt: Er ist nicht gemeint, die Menschen sprechen immer von sich selbst.

Der eigensinnige Held ist der Motor des Buches, seine Abenteuer dienen einer Erziehung der Gefühle. Und natürlich steht die Liebe dabei im Mittelpunkt. Wie sein Seelenverwandter bei Gottfried Keller ist er hin- und hergerissen zwischen Phantasie und Wirklichkeit, und die verzweifelte Suche nach der halb geträumten Mo Montag, die vor seinen Augen als Venus nackt dem Meer entsteigt, sich aber schnell als ideologisch aufgerüstete FDJ-Aktivistin zu erkennen gibt, gehört zu den schönsten Episoden. Auf ihren Spuren dringt er in die DDR ein, als wäre diese Dornröschens Schloss, und als Gummi-Erbe werden ihm von hochdekorierten Funktionären sonderbare Geschäftsideen unterbreitet. Er scheint von Somnambulen umgeben, und nach viel Wodka findet er die Geliebte schließlich als Lokomotive verkleidet auf einer deutsch-russischen Propagandafeier - ein Feuerwerk an grotesken und tiefsinnigen Gags, das Monty Python alle Ehre gemacht hätte!

Lebensentscheidend wird der dritte Versuch der Heimkehr. In Zürich erkennt ihn niemand, und im unscheinbaren Alltag seines früheren Mietshauses öffnet sich, meisterhaft erzählt, eine surreale Falltür: Heinrich macht sich auf die Suche nach sich selbst, befragt die Nachbarn und findet auf dem Speicher Reste seines Manuskriptberges wieder, aus dem sein "Lebenskatalog" entstehen sollte. Da er beim Schreiben am besten nachdenken kann, gelingt von hier aus sogar der Heimweg. In der Gummifabrik wird er mit offenen Armen empfangen und als neuer Chef dringend gebraucht: Er hat die Probe bestanden. Doch da, eine letzte, glanzvolle Pointe, bei der E.T.A. Hoffmann im Hintergrund die Fäden zieht: Der Kater mischt sich ein. Mehr soll hier nicht verraten werden - überraschender und die Kapriolen des Lebens liebevoll preisender kann eine Bildungsreise nicht enden.

NICOLE HENNEBERG

Thomas Hürlimann:

"Heimkehr". Roman.

S. Fischer Verlag,

Frankfurt am Main 2018.

522 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
Was er uns hinterlässt, füllt am Ende aber dennoch 520 Seiten, von denen man keine missen möchte. [...] Die Wiedergeburt [...] gelingt ihm auf großartige Weise auch literarisch. Charles Linsmayer NZZ am Sonntag 20180829