Bei aller Heimsuchung und allem Schrecken ist die Geschichte der Seuchen eine Erfolgs- und Fortschrittsgeschichte, und das nicht nur medizinisch. Unsere heutige Lebenserwartung verdanken wir nicht zuletzt den mit Pandemien gemachten Erfahrungen.Viele Seuchen schrieben sogar große Geschichte - im Guten wie im Schlechten. Während sich die Masern als unsichtbare Unterstützer bei der Eroberung der Neuen Welt einen unrühmlichen Namen machten, wurden gegen die Pocken zum ersten Mal Impfungen eingesetzt und wiederholte Cholera-Ausbrüche führten dazu, dass in den Städten verbesserte Hygienekonzepte Einzug hielten. Bei der Spanischen Grippe 1918 hingegen versagten die meisten Staaten beim Schutz der Menschen weitgehend. Viele Einzelaspekte aus der Seuchengeschichte kommen uns heute nur allzu bekannt vor: von Verschwörungstheorien und rabiaten Schutzmaßnahmen über Lockdown und Impfgegner bis hin zum mutigen und aufopferungsvollen Einsatz für Kranke und andere Leidtragende und der Fähigkeit, als Gesellschaft zusammenzustehen und der Herausforderung zu trotzen.Bei allem damit verbundenen Leid profitieren wir auch in der Corona-Pandemie von den Lehren aus der Seuchengeschichte. Durch die Rückschau auf vergangene, überstandene Pandemien bekommen wir einen Blick auf die Gegenwart, der nicht nur erhellend, abwechslungsreich und unterhaltsam, sondern auch bestärkend ist.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Burkhard Müller liest das Buch des Historikers Bernd Ingmar Gutberlet mit Interesse. Pest, Pocken, Cholera und andere Plagen schildert ihm der Autor mit besonderer Beachtung der Auseinandersetzungen um Impfungen und mit Leugnern. Für Müller zeigen sich mitunter verblüffende Parallelen zur Gegenwart, aber auch, dass jede dieser Krisen einen "Modernisierungsschub" zur Folge hatte. Wenn der Autor hier von einem Lernprozess spricht, hat Müller allerdings Einwände. Lernen setzt Freiheit voraus, meint er. Dass wir in gewisser Weise auf den Schultern der vielen Pest- und Tuberkulose-Toten der Geschichte stehen, wie es der Autor nahelegt, möchte Müller jedoch nicht bestreiten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.02.2022Die Menschheit
lernt nicht
Aber jeder Einzelne schon.
Bestens dafür geeignet sind diese
Bücher über die Pandemie.
Ein Überblick
VON BURKHARD MÜLLER
Je mehr Information, desto mehr Konfusion: Die Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten fand im dritten Pandemie-Jahr am vergangenen Sonntag wegen der Abstandsregelungen erstmalig im Paul-Löbe-Haus statt.
Das Buch, langsamstes aller Medien, braucht seine Zeit, bis es auf eine aktuelle Lage reagiert. Jetzt, wo es in das dritte Jahr der Pandemie geht, zeigt sich auch auf dem Buchmarkt eine Art Long Covid: eine Fülle voluminöser Bände, die jenseits der sich krisenhaft überschlagenden Meldungen um Überblick, Perspektivierung und historische Einordnung bemüht sind.
Das seriöse Schwergewicht in dieser Reihe ist von Karl Heinz Roth, es trägt den Titel „Blinde Passagiere – Die Coronakrise und die Folgen“. Auf 500 Seiten versammelt es ziemlich vollständig die Informationen, die zu dieser Krankheit bis zum Frühjahr 2021 vorlagen. Der 1942 geborene Roth, Sozialhistoriker und langjähriger Hausarzt, ist einzigartig qualifiziert, um das fächerübergreifende Spektrum der Pandemie und ihrer Auswirkungen zu betrachten. In sechs großen Teilen liefert er nicht weniger als eine Enzyklopädie der Seuche, soweit das mittendrin möglich ist.
Wie alle Enzyklopädien ist sie aus hartem Holz geschnitzt, das heißt, man muss sich durch ihren kompakten Körper hindurchnagen. Empfohlen hätten sich einige Streichungen, und zwar besonders bei jenen Informations-Clustern, die durch die seither verstrichene Zeit mehr oder weniger überholt sind. So zum Beispiel wäre heute eine derart detaillierte Rekapitulation der ursprünglichen Ausbreitungsrouten der Pandemie entbehrlich, ebenso wie die frühen mathematischen Modellierungen des Verlaufs (sechs insgesamt), die sich sämtlich nicht in dieser Form realisiert haben. Über weite Strecken bietet sich das Buch als eine Art vertexteter Statistik dar, was seiner Lesbarkeit nicht bekommt. Dennoch ist es als Quelle und in Summe unverzichtbar. Da es aber öfters den Wald vor lauter Bäumen kaum erkennen lässt, tut es not, einige seiner wichtigen Befunde knapp zusammmenzufassen.
Da wäre zunächst, dass Corona eine Katastrophe mit Ansage war. Die Infektionskrankheiten SARS und MERS verliefen nach genau demselben Muster, und dass nicht schon eine von ihnen zur globalen Apokalypse wurde, verdankt die Menschheit weniger ihrem Krisen-Management als dem blanken Glück.
Zweitens lässt sich keineswegs ausschließen (obwohl es unwahrscheinlich ist), dass es sich beim Covid-Virus doch um einen Laborflüchtling handelt. Es ist also nicht jeder, der von so etwas spricht, gleich als Verschwörungstheoretiker abzufertigen.
Drittens sind Bill Gates und andere Großstifter zwar mit Sicherheit nicht für den Ausbruch von Corona verantwortlich, haben aber, zusammen mit der Pharmaindustrie, durch die Art ihres Engagements dennoch Einfluss auf den globalen Verlauf genommen, indem sie vor allem die Eindämmung der großen Menschheitsgeißeln wie Malaria und Hepatitis B unterstützten. Das ging im globalen Süden auf Kosten der generellen medizinischen Infrastruktur, deren Mängel in der Corona-Zeit mehr als deutlich wurden. Auch in den entwickelten Ländern hatte die Pandemie leichtes Spiel, weil dort in den letzten 20 Jahren der medizinische Betrieb privatisiert und so stark rationalisiert wurde, dass es es kaum mehr Reserven gab, als sie nötig wurden.
Viertens bleibt zu vermerken, dass die amtlichen Statistiken, trotz ihrer Anmutung von Exaktheit, in der Regel wenig taugen. Lang blieben die Toten in den Alten- und Pflegeheimen unberücksichtigt, obwohl sich dort die eigentlichen Dramen abspielten. Fehlerquellen solcher Art führt Roth mehrere auf. Er vermutet, dass statt der im Mai vorigen Jahres offiziell genannten 131,81 Millionen Infizierten die wahre Zahl damals fast bei einer Milliarde lag, von denen mithin nur ein entsprechend kleinerer Prozentsatz gestorben war. Das aber hieße, dass Corona in der Tödlichkeit seiner Wirkung sich tatsächlich mit einer starken Grippe vergleichen ließe.
Fünftens: Statt immer auf China zu schimpfen, empfiehlt sich ein Blick darauf, wie das Ursprungsland der Pandemie es geschafft hat, die Krankheit frühzeitig einzudämmen. Das geschah durch eine Reihe rascher, scharfer, aber umschriebener Maßnahmen, während man im Westen erst die Augen schloss und danach so lang diskutierte, bis vieles schon zu spät war. Keineswegs waren die Methoden hierzulande „alternativlos“, wie es gern heißt, sondern es hatte bloß keiner Lust, sich die Alternativen anzuschauen. Der große Lockdown brachte gar nichts, außer Chaos, Wirtschaftskrise, Missstimmung und die Ablenkung von den Versäumnissen der Regierungen, vor allem beim mangelhaften Schutz der vulnerablen Gruppen. Je härter die Länder hierbei verfuhren, desto schlechter bekamen sie das Seuchengeschehen in den Griff.
Sechstens helfen, um eine Wiederholung der Zustände zu verhindern, nur neue Modelle der Alten- und Krankenpflege, letztlich eine Auflösung der Heime und die komplette Neuorganisation des Gesundheitswesens, das den Privatinvestoren entzogen und in einer gemeinsamen Anstrengung der ganzen Gesellschaft neu aufgebaut werden muss.
Und, siebtens, die riesigen Hilfspakete, die überall zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Krise verabschiedet worden sind, werden bei den gegenwärtig niedrigen Zinsen in den reichen Ländern des Westens kein Überschuldungsproblem verursachen, sondern im Gegenteil dauerhaft belebend wirken. Nur die bereits vorher armen Länder werden Schwierigkeiten bekommen, ihre Schulden zu bedienen.
Wenn alles vorbei und ausgestanden ist, wäre diesem Buch unbedingt eine zweite Auflage zu wünschen, die nicht nur die heute notwendig erst halbe in eine ganze Geschichte verwandelt, sondern sich aufs Wesentliche konzentriert. Vielleicht muss das allerdings jemand anders machen als Karl Heinz Roth, dessen Temperament mehr zur Gründlich- als zur Deutlichkeit neigt.
Etliche der neu erschienenen Bücher bemühen sich darum, die scheinbar aus dem Nichts zuschlagende Katastrophe in einen geschichtlichen Kontext zu rücken, innerhalb dessen Covid-19 nur das vorerst letzte in einer langen Kette ähnlicher Geschehnisse darstellt. „Das Jahrhundert der Pandemien“, nennt der Medizinhistoriker und Journalist Mark Honigsbaum sein Werk und lässt es mit der Spanischen Grippe 1918/19 beginnen, deckt also tatsächlich einhundert Jahre ab.
Honigsbaum zieht sein Werk als eine Serie von Dramen auf, die immer nach demselben Schema ablaufen: Es beginnt mit ein paar Patienten, die rätselhafte Symptome zeigen, die Schulmedizin versucht sie erfolglos in die bekannten Schubladen zu stecken, aber da gibt es immer den heroischen jungen Assistenzarzt oder unbestechlichen alten Praktiker, der sich nichts vormachen lässt. Das ist spannend erzählt, führt jedoch in der Wiederholung zu Ermüdungserscheinungen. Es finden sich in dieser Palette von neun Fallgeschichten auch einige, denen man den Ehrentitel einer Pandemie nicht so recht zuerkennen mag, denn obwohl sie zu erheblicher Aufregung geführt haben – Pest in Los Angeles! -, bleibt der Umfang der Infektionen doch eher gering, typischerweise mit einer dreistelligen Zahl von Todesopfern.
Dies gilt etwa für die Papageienkrankheit, die um 1930 in den USA zuschlägt, oder der Legionärskrankheit, die 1977 das Veteranentreffen der „American Legion“ in Philadelphia heimsucht. Aufschlussreich weiß Honigsbaum jedoch immer das gesellschaftliche Umfeld auszuleuchten, das um 1920 in Kalifornien vom Argwohn gegen die Mexikaner geprägt ist, in den Siebzigern aber, unmittelbar nach Vietnam, von den Verwerfungen zwischen Hippies und standfesten Patrioten: Konnte es ein Zufall sein, dass gerade die besten Amerikaner dem sogenannten „Philly Killer“ zum Opfer fielen? Da hatten doch bestimmt die Blumenkinder was ins Trinkwasser getan!
Noch weiter in die Vergangenheit zurück als Honigsbaum greift der Historiker und Bestsellerautor Bernd Ingmar Gutberlet in „Heimsuchung – Seuchen und Pandemien: Vom Schrecken zum Fortschritt“. Er beginnt, wenig überraschend, bei der Pest, die um die Mitte des 14. Jahrhunderts in einem apokalyptischen Seuchenzug etwa ein Drittel der Bevölkerung Europas dahinmähte, sich aber seit dem 17. Jahrhundert zurückzog. Dagegen kamen die Pocken zu dieser Zeit erst so richtig in Schwung. Sie blieben bis weit ins 19. Jahrhundert eine furchtbare Plage und rafften bis zu einem Viertel der Kleinkinder hinweg.
Aber die Pocken waren zugleich die erste epidemische Krankheit, gegen die sich ein wirkliches Heilmittel fand, die Impfung. Gutberlet erzählt die Geschichte der Pocken vor allem als eine solche des Impfkampfs, wobei Parallelen des Verlaufs und der Argumente zu heutigen Verhältnissen verblüffen: Selbst die wirksamste Impfung verhindert nicht Leugnung, Streik und einen Sturzbach von Fake News, für die es sogar eine eigene Plattform gab, die Zeitschrift „Der Impfgegner“. Gerungen wurde um die Impfpflicht, sie wurde durchgesetzt auf eher indirektem Weg – ungeimpfte Kinder durften nicht zur Schule. Jede dieser furchtbaren Pandemien bewirkte letztlich einen Modernisierungsschub, nicht zuletzt die Cholera, die in den Metropolen noch erstaunlich lang wütete (in Hamburg etwa noch 1892), aber dann doch die überfällige Einführung eines hygienischen Trink- und Abwasserkonzepts erzwang.
Im Nachwort fragt der Autor: „Hat die Menschheit aus Leiden und Erfahrungen, aus Fehlern und Versäumnissen durch Jahrhunderte der Seuchengeschichte gelernt?“ Leiden und Erfahrungen sind real genug, hinter sie kann die Menschheit nicht zurück, und sie prägen unter allen Umständen, was danach kommt. Es fragt sich, ob man das so ohne weiteres als „Lernen“ bezeichnen sollte. Die Menschheit als solche lernt nie. Lernen setzt Freiheit voraus. Doch hat der Autor schon recht, dass wir, und das schließt jeden einzelnen in der Gesellschaft ein, es heute weit bequemer und sicherer haben, selbst in den Zeiten von Corona, als jede Generation zuvor. Sollten wir also dankbar sein, und wenn ja, wem gegenüber – dem Weltgeist? Den Pesttoten des 14. Jahrhunderts? Gutberlet führt das nicht näher aus, meint aber dennoch, wir stünden „auf den Krankengeschichten Unzähliger, die an Beulenpest oder Pocken, an Tuberkulose oder Influenza litten, oftmals starben“.
Auch das Buch „Walzer in Zeiten der Cholera – Eine Seuche verändert die Welt“ nutzt die gegenwärtige Pandemie, um den Blick in die Vergangenheit zu weiten, ins Wien des 19. Jahrhunderts. Verfasst wurde es vom österreichischen Publizisten und gelernten Balletttänzer Alexander Bartl wohl weitgehend schon vor Corona. Der Titel ist geborgt von Gabriel García Marquez und dessen „Liebe in den Zeiten der Cholera“, doch der Ton ist fideler. Das liest sich amüsant, besonders im Schlüsseljahr 1873, als außer Schahbesuch, Weltausstellung und Cholera auch andere Ereignisse vorfielen: der große Börsenkrach und die Inbetriebnahme jenes kühnen Hochquellen-Projekts, durch das Wien, jahrhundertelang aus der schlammigen Donau getränkt, erstmals sauberes Wasser bekam. Man staunt als nachgeborener Leser, dass dies alles gleichzeitig möglich war und bei all dem Walzer getanzt wurde, als ob nicht ringsum die Menschen zu Tausenden stürben.
Es segelt bei dieser Armada von Corona-Büchern allerdings auch manches unter falscher Flagge mit. Zum Beispiel das Buch von Giles Kepel, dem französischem Soziologen und Kenner der arabischen und islamischen Welt. Der Titel lautet „Chaos und Covid – Wie die Pandemie Nordafrika und den Nahen Osten verändert“. Wie man bei der Lektüre merkt, spielt Covid darin so gut wie keine Rolle. Die mitgeteilten Tatsachen – in erster Linie die Neusortierung der weltweiten Machtverhältnisse und Allianzen nach dem Desengagement der USA vor allem – gehen kaum über das hinaus, was man als Zeitungsleser ohnehin jeden Tag in Varianten serviert bekommt. Der Blick verliert sich in Einzelheiten, der Stil ist trocken und geschraubt, schwankend zwischen Nachrichtenteil und Leitartikel. Die analytische Kraft wird beeinträchtigt durch den sattsam bekannten verdrossenen Moralismus, der Erdoğan als Sultan, Putin als Zaren schmäht. Insgesamt muss man dieses Buch als eine detailreiche Hetzschrift bezeichnen, deren Aggressivität freilich von ihrer Langweiligkeit ausgebremst wird.
In diesem Zusammenhang sind noch zwei weitere Bücher dringend erwähnenswert. Zum einen Julian Nida-Rümelin und Nathalie Weidenfeld: „Die Realität des Risikos – Über den vernünftigen Umgang mit Gefahren“, ein Werk, das schon in einer frühen Phase der Pandemie die strategischen Fehler der offiziellen Seuchenbekämpfung dargelegt hat, und zwar mit größerer Eindringlichkeit als der bisweilen etwas zurückhaltende Roth.
Zum anderen David Quammens „Spillover – Der tierische Ursprung weltweiter Seuchen“. Der Wissenschaftsjournalist erzählt auf gut lesbare Art die Geschichte der Zoonosen, also der von Tieren auf Menschen überschwappenden (das meint „spillover“) Infektionskrankheiten, einschließlich AIDS, macht klar, wie häufig das geschieht, aber niemanden im Westen juckt, solange bloß Bangladesh betroffen ist, und wie leichtsinnig die Menschheit mit diesen Alarmrufen umgegangen ist. Er prognostiziert lange bevor es so weit war den „really big one“, den wir inzwischen haben. Aber ließe sich die Katastrophe nicht durch geeignete Maßnahmen abwenden? Der von ihm befragte Experte hat dazu schon vor zehn Jahren die Schultern gezuckt und erklärt: Wenn es passiert, passiert es. Sehr viel anders sieht das Bild auch heute nicht aus.
Ob die Menschheit insgesamt etwas zu lernen vermag, das bleibt – wie gesagt – ungewiss. Sehr wohl aber können der Leser und die Leserin etwas aus diesen Büchern lernen, und zwar aus jedem etwas anderes: Aus Roths „Blinden Passagieren“, dass man einen umfassenden Überblick zum Seuchengeschehen gewinnen kann, dies sich aber nicht notwendig in politisches Handeln umsetzt, eher im Gegenteil – je mehr Information, desto mehr Konfusion. Aus Honigsbaums „Jahrhundert der Pandemien“, dass hysterische Angstreaktionen, vermischt mit bestehenden Ressentiments gegen bestimmte Gruppen mindestens so stark auf das Seuchengeschehen einwirken wie die medizinische Expertise. Aus Gutberlets „Heimsuchung“, dass noch die schlimmsten Katastrophen letztlich etwas Positives auf den Weg gebracht haben. Aus Bartls „Walzer in Zeiten der Cholera“, dass auch bei desolater Lage das Leben unverzagt weitergeht, zumal in Österreich. Aus Kepels „Chaos und Covid“, dass Corona gut als Vorwand taugt, etwas durchzuziehen, was man sowieso vorhatte. Und aus Nida-Rümelins/Weidenfelds und Quammens Büchern, dass sich das Wesentliche schon früh, ja weit im Vorfeld erkennen lässt, ohne dass es viel hilft.
Man denke sich
nur: Die Pest
in Los Angeles!
Jede der vergangenen Pandemien
bewirkte am Ende
einen Modernisierungsschub
Auch der Experte weiß,
wenn es passiert,
passiert es einfach
Karl Heinz Roth: Blinde Passagiere. Die Coronakrise und die Folgen. Kunstmann, München 2022.
504 Seiten, 30 Euro.
Mark Honigsbaum: Das Jahrhundert der Pandemien. Eine Geschichte der Ansteckung von der Spanischen Grippe bis Covid-19. Aus dem Englischen von Monika Nihaus und Susanne Warmuth.
Piper, München 2021.
476 Seiten, 24 Euro.
Bernd Ingmar Gutberlet: Heimsuchung. Seuchen und Pandemien: Vom Schrecken zum Fortschritt. Europa Verlag, München 2022. 366 Seiten, 24 Euro.
Die Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (unten) fand im dritten Pandemie-Jahr am vergangenen Sonntag wegen der Abstandsregelungen erstmalig im Paul-Löbe-Haus statt.
Foto: Regina Schmeken
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
lernt nicht
Aber jeder Einzelne schon.
Bestens dafür geeignet sind diese
Bücher über die Pandemie.
Ein Überblick
VON BURKHARD MÜLLER
Je mehr Information, desto mehr Konfusion: Die Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten fand im dritten Pandemie-Jahr am vergangenen Sonntag wegen der Abstandsregelungen erstmalig im Paul-Löbe-Haus statt.
Das Buch, langsamstes aller Medien, braucht seine Zeit, bis es auf eine aktuelle Lage reagiert. Jetzt, wo es in das dritte Jahr der Pandemie geht, zeigt sich auch auf dem Buchmarkt eine Art Long Covid: eine Fülle voluminöser Bände, die jenseits der sich krisenhaft überschlagenden Meldungen um Überblick, Perspektivierung und historische Einordnung bemüht sind.
Das seriöse Schwergewicht in dieser Reihe ist von Karl Heinz Roth, es trägt den Titel „Blinde Passagiere – Die Coronakrise und die Folgen“. Auf 500 Seiten versammelt es ziemlich vollständig die Informationen, die zu dieser Krankheit bis zum Frühjahr 2021 vorlagen. Der 1942 geborene Roth, Sozialhistoriker und langjähriger Hausarzt, ist einzigartig qualifiziert, um das fächerübergreifende Spektrum der Pandemie und ihrer Auswirkungen zu betrachten. In sechs großen Teilen liefert er nicht weniger als eine Enzyklopädie der Seuche, soweit das mittendrin möglich ist.
Wie alle Enzyklopädien ist sie aus hartem Holz geschnitzt, das heißt, man muss sich durch ihren kompakten Körper hindurchnagen. Empfohlen hätten sich einige Streichungen, und zwar besonders bei jenen Informations-Clustern, die durch die seither verstrichene Zeit mehr oder weniger überholt sind. So zum Beispiel wäre heute eine derart detaillierte Rekapitulation der ursprünglichen Ausbreitungsrouten der Pandemie entbehrlich, ebenso wie die frühen mathematischen Modellierungen des Verlaufs (sechs insgesamt), die sich sämtlich nicht in dieser Form realisiert haben. Über weite Strecken bietet sich das Buch als eine Art vertexteter Statistik dar, was seiner Lesbarkeit nicht bekommt. Dennoch ist es als Quelle und in Summe unverzichtbar. Da es aber öfters den Wald vor lauter Bäumen kaum erkennen lässt, tut es not, einige seiner wichtigen Befunde knapp zusammmenzufassen.
Da wäre zunächst, dass Corona eine Katastrophe mit Ansage war. Die Infektionskrankheiten SARS und MERS verliefen nach genau demselben Muster, und dass nicht schon eine von ihnen zur globalen Apokalypse wurde, verdankt die Menschheit weniger ihrem Krisen-Management als dem blanken Glück.
Zweitens lässt sich keineswegs ausschließen (obwohl es unwahrscheinlich ist), dass es sich beim Covid-Virus doch um einen Laborflüchtling handelt. Es ist also nicht jeder, der von so etwas spricht, gleich als Verschwörungstheoretiker abzufertigen.
Drittens sind Bill Gates und andere Großstifter zwar mit Sicherheit nicht für den Ausbruch von Corona verantwortlich, haben aber, zusammen mit der Pharmaindustrie, durch die Art ihres Engagements dennoch Einfluss auf den globalen Verlauf genommen, indem sie vor allem die Eindämmung der großen Menschheitsgeißeln wie Malaria und Hepatitis B unterstützten. Das ging im globalen Süden auf Kosten der generellen medizinischen Infrastruktur, deren Mängel in der Corona-Zeit mehr als deutlich wurden. Auch in den entwickelten Ländern hatte die Pandemie leichtes Spiel, weil dort in den letzten 20 Jahren der medizinische Betrieb privatisiert und so stark rationalisiert wurde, dass es es kaum mehr Reserven gab, als sie nötig wurden.
Viertens bleibt zu vermerken, dass die amtlichen Statistiken, trotz ihrer Anmutung von Exaktheit, in der Regel wenig taugen. Lang blieben die Toten in den Alten- und Pflegeheimen unberücksichtigt, obwohl sich dort die eigentlichen Dramen abspielten. Fehlerquellen solcher Art führt Roth mehrere auf. Er vermutet, dass statt der im Mai vorigen Jahres offiziell genannten 131,81 Millionen Infizierten die wahre Zahl damals fast bei einer Milliarde lag, von denen mithin nur ein entsprechend kleinerer Prozentsatz gestorben war. Das aber hieße, dass Corona in der Tödlichkeit seiner Wirkung sich tatsächlich mit einer starken Grippe vergleichen ließe.
Fünftens: Statt immer auf China zu schimpfen, empfiehlt sich ein Blick darauf, wie das Ursprungsland der Pandemie es geschafft hat, die Krankheit frühzeitig einzudämmen. Das geschah durch eine Reihe rascher, scharfer, aber umschriebener Maßnahmen, während man im Westen erst die Augen schloss und danach so lang diskutierte, bis vieles schon zu spät war. Keineswegs waren die Methoden hierzulande „alternativlos“, wie es gern heißt, sondern es hatte bloß keiner Lust, sich die Alternativen anzuschauen. Der große Lockdown brachte gar nichts, außer Chaos, Wirtschaftskrise, Missstimmung und die Ablenkung von den Versäumnissen der Regierungen, vor allem beim mangelhaften Schutz der vulnerablen Gruppen. Je härter die Länder hierbei verfuhren, desto schlechter bekamen sie das Seuchengeschehen in den Griff.
Sechstens helfen, um eine Wiederholung der Zustände zu verhindern, nur neue Modelle der Alten- und Krankenpflege, letztlich eine Auflösung der Heime und die komplette Neuorganisation des Gesundheitswesens, das den Privatinvestoren entzogen und in einer gemeinsamen Anstrengung der ganzen Gesellschaft neu aufgebaut werden muss.
Und, siebtens, die riesigen Hilfspakete, die überall zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Krise verabschiedet worden sind, werden bei den gegenwärtig niedrigen Zinsen in den reichen Ländern des Westens kein Überschuldungsproblem verursachen, sondern im Gegenteil dauerhaft belebend wirken. Nur die bereits vorher armen Länder werden Schwierigkeiten bekommen, ihre Schulden zu bedienen.
Wenn alles vorbei und ausgestanden ist, wäre diesem Buch unbedingt eine zweite Auflage zu wünschen, die nicht nur die heute notwendig erst halbe in eine ganze Geschichte verwandelt, sondern sich aufs Wesentliche konzentriert. Vielleicht muss das allerdings jemand anders machen als Karl Heinz Roth, dessen Temperament mehr zur Gründlich- als zur Deutlichkeit neigt.
Etliche der neu erschienenen Bücher bemühen sich darum, die scheinbar aus dem Nichts zuschlagende Katastrophe in einen geschichtlichen Kontext zu rücken, innerhalb dessen Covid-19 nur das vorerst letzte in einer langen Kette ähnlicher Geschehnisse darstellt. „Das Jahrhundert der Pandemien“, nennt der Medizinhistoriker und Journalist Mark Honigsbaum sein Werk und lässt es mit der Spanischen Grippe 1918/19 beginnen, deckt also tatsächlich einhundert Jahre ab.
Honigsbaum zieht sein Werk als eine Serie von Dramen auf, die immer nach demselben Schema ablaufen: Es beginnt mit ein paar Patienten, die rätselhafte Symptome zeigen, die Schulmedizin versucht sie erfolglos in die bekannten Schubladen zu stecken, aber da gibt es immer den heroischen jungen Assistenzarzt oder unbestechlichen alten Praktiker, der sich nichts vormachen lässt. Das ist spannend erzählt, führt jedoch in der Wiederholung zu Ermüdungserscheinungen. Es finden sich in dieser Palette von neun Fallgeschichten auch einige, denen man den Ehrentitel einer Pandemie nicht so recht zuerkennen mag, denn obwohl sie zu erheblicher Aufregung geführt haben – Pest in Los Angeles! -, bleibt der Umfang der Infektionen doch eher gering, typischerweise mit einer dreistelligen Zahl von Todesopfern.
Dies gilt etwa für die Papageienkrankheit, die um 1930 in den USA zuschlägt, oder der Legionärskrankheit, die 1977 das Veteranentreffen der „American Legion“ in Philadelphia heimsucht. Aufschlussreich weiß Honigsbaum jedoch immer das gesellschaftliche Umfeld auszuleuchten, das um 1920 in Kalifornien vom Argwohn gegen die Mexikaner geprägt ist, in den Siebzigern aber, unmittelbar nach Vietnam, von den Verwerfungen zwischen Hippies und standfesten Patrioten: Konnte es ein Zufall sein, dass gerade die besten Amerikaner dem sogenannten „Philly Killer“ zum Opfer fielen? Da hatten doch bestimmt die Blumenkinder was ins Trinkwasser getan!
Noch weiter in die Vergangenheit zurück als Honigsbaum greift der Historiker und Bestsellerautor Bernd Ingmar Gutberlet in „Heimsuchung – Seuchen und Pandemien: Vom Schrecken zum Fortschritt“. Er beginnt, wenig überraschend, bei der Pest, die um die Mitte des 14. Jahrhunderts in einem apokalyptischen Seuchenzug etwa ein Drittel der Bevölkerung Europas dahinmähte, sich aber seit dem 17. Jahrhundert zurückzog. Dagegen kamen die Pocken zu dieser Zeit erst so richtig in Schwung. Sie blieben bis weit ins 19. Jahrhundert eine furchtbare Plage und rafften bis zu einem Viertel der Kleinkinder hinweg.
Aber die Pocken waren zugleich die erste epidemische Krankheit, gegen die sich ein wirkliches Heilmittel fand, die Impfung. Gutberlet erzählt die Geschichte der Pocken vor allem als eine solche des Impfkampfs, wobei Parallelen des Verlaufs und der Argumente zu heutigen Verhältnissen verblüffen: Selbst die wirksamste Impfung verhindert nicht Leugnung, Streik und einen Sturzbach von Fake News, für die es sogar eine eigene Plattform gab, die Zeitschrift „Der Impfgegner“. Gerungen wurde um die Impfpflicht, sie wurde durchgesetzt auf eher indirektem Weg – ungeimpfte Kinder durften nicht zur Schule. Jede dieser furchtbaren Pandemien bewirkte letztlich einen Modernisierungsschub, nicht zuletzt die Cholera, die in den Metropolen noch erstaunlich lang wütete (in Hamburg etwa noch 1892), aber dann doch die überfällige Einführung eines hygienischen Trink- und Abwasserkonzepts erzwang.
Im Nachwort fragt der Autor: „Hat die Menschheit aus Leiden und Erfahrungen, aus Fehlern und Versäumnissen durch Jahrhunderte der Seuchengeschichte gelernt?“ Leiden und Erfahrungen sind real genug, hinter sie kann die Menschheit nicht zurück, und sie prägen unter allen Umständen, was danach kommt. Es fragt sich, ob man das so ohne weiteres als „Lernen“ bezeichnen sollte. Die Menschheit als solche lernt nie. Lernen setzt Freiheit voraus. Doch hat der Autor schon recht, dass wir, und das schließt jeden einzelnen in der Gesellschaft ein, es heute weit bequemer und sicherer haben, selbst in den Zeiten von Corona, als jede Generation zuvor. Sollten wir also dankbar sein, und wenn ja, wem gegenüber – dem Weltgeist? Den Pesttoten des 14. Jahrhunderts? Gutberlet führt das nicht näher aus, meint aber dennoch, wir stünden „auf den Krankengeschichten Unzähliger, die an Beulenpest oder Pocken, an Tuberkulose oder Influenza litten, oftmals starben“.
Auch das Buch „Walzer in Zeiten der Cholera – Eine Seuche verändert die Welt“ nutzt die gegenwärtige Pandemie, um den Blick in die Vergangenheit zu weiten, ins Wien des 19. Jahrhunderts. Verfasst wurde es vom österreichischen Publizisten und gelernten Balletttänzer Alexander Bartl wohl weitgehend schon vor Corona. Der Titel ist geborgt von Gabriel García Marquez und dessen „Liebe in den Zeiten der Cholera“, doch der Ton ist fideler. Das liest sich amüsant, besonders im Schlüsseljahr 1873, als außer Schahbesuch, Weltausstellung und Cholera auch andere Ereignisse vorfielen: der große Börsenkrach und die Inbetriebnahme jenes kühnen Hochquellen-Projekts, durch das Wien, jahrhundertelang aus der schlammigen Donau getränkt, erstmals sauberes Wasser bekam. Man staunt als nachgeborener Leser, dass dies alles gleichzeitig möglich war und bei all dem Walzer getanzt wurde, als ob nicht ringsum die Menschen zu Tausenden stürben.
Es segelt bei dieser Armada von Corona-Büchern allerdings auch manches unter falscher Flagge mit. Zum Beispiel das Buch von Giles Kepel, dem französischem Soziologen und Kenner der arabischen und islamischen Welt. Der Titel lautet „Chaos und Covid – Wie die Pandemie Nordafrika und den Nahen Osten verändert“. Wie man bei der Lektüre merkt, spielt Covid darin so gut wie keine Rolle. Die mitgeteilten Tatsachen – in erster Linie die Neusortierung der weltweiten Machtverhältnisse und Allianzen nach dem Desengagement der USA vor allem – gehen kaum über das hinaus, was man als Zeitungsleser ohnehin jeden Tag in Varianten serviert bekommt. Der Blick verliert sich in Einzelheiten, der Stil ist trocken und geschraubt, schwankend zwischen Nachrichtenteil und Leitartikel. Die analytische Kraft wird beeinträchtigt durch den sattsam bekannten verdrossenen Moralismus, der Erdoğan als Sultan, Putin als Zaren schmäht. Insgesamt muss man dieses Buch als eine detailreiche Hetzschrift bezeichnen, deren Aggressivität freilich von ihrer Langweiligkeit ausgebremst wird.
In diesem Zusammenhang sind noch zwei weitere Bücher dringend erwähnenswert. Zum einen Julian Nida-Rümelin und Nathalie Weidenfeld: „Die Realität des Risikos – Über den vernünftigen Umgang mit Gefahren“, ein Werk, das schon in einer frühen Phase der Pandemie die strategischen Fehler der offiziellen Seuchenbekämpfung dargelegt hat, und zwar mit größerer Eindringlichkeit als der bisweilen etwas zurückhaltende Roth.
Zum anderen David Quammens „Spillover – Der tierische Ursprung weltweiter Seuchen“. Der Wissenschaftsjournalist erzählt auf gut lesbare Art die Geschichte der Zoonosen, also der von Tieren auf Menschen überschwappenden (das meint „spillover“) Infektionskrankheiten, einschließlich AIDS, macht klar, wie häufig das geschieht, aber niemanden im Westen juckt, solange bloß Bangladesh betroffen ist, und wie leichtsinnig die Menschheit mit diesen Alarmrufen umgegangen ist. Er prognostiziert lange bevor es so weit war den „really big one“, den wir inzwischen haben. Aber ließe sich die Katastrophe nicht durch geeignete Maßnahmen abwenden? Der von ihm befragte Experte hat dazu schon vor zehn Jahren die Schultern gezuckt und erklärt: Wenn es passiert, passiert es. Sehr viel anders sieht das Bild auch heute nicht aus.
Ob die Menschheit insgesamt etwas zu lernen vermag, das bleibt – wie gesagt – ungewiss. Sehr wohl aber können der Leser und die Leserin etwas aus diesen Büchern lernen, und zwar aus jedem etwas anderes: Aus Roths „Blinden Passagieren“, dass man einen umfassenden Überblick zum Seuchengeschehen gewinnen kann, dies sich aber nicht notwendig in politisches Handeln umsetzt, eher im Gegenteil – je mehr Information, desto mehr Konfusion. Aus Honigsbaums „Jahrhundert der Pandemien“, dass hysterische Angstreaktionen, vermischt mit bestehenden Ressentiments gegen bestimmte Gruppen mindestens so stark auf das Seuchengeschehen einwirken wie die medizinische Expertise. Aus Gutberlets „Heimsuchung“, dass noch die schlimmsten Katastrophen letztlich etwas Positives auf den Weg gebracht haben. Aus Bartls „Walzer in Zeiten der Cholera“, dass auch bei desolater Lage das Leben unverzagt weitergeht, zumal in Österreich. Aus Kepels „Chaos und Covid“, dass Corona gut als Vorwand taugt, etwas durchzuziehen, was man sowieso vorhatte. Und aus Nida-Rümelins/Weidenfelds und Quammens Büchern, dass sich das Wesentliche schon früh, ja weit im Vorfeld erkennen lässt, ohne dass es viel hilft.
Man denke sich
nur: Die Pest
in Los Angeles!
Jede der vergangenen Pandemien
bewirkte am Ende
einen Modernisierungsschub
Auch der Experte weiß,
wenn es passiert,
passiert es einfach
Karl Heinz Roth: Blinde Passagiere. Die Coronakrise und die Folgen. Kunstmann, München 2022.
504 Seiten, 30 Euro.
Mark Honigsbaum: Das Jahrhundert der Pandemien. Eine Geschichte der Ansteckung von der Spanischen Grippe bis Covid-19. Aus dem Englischen von Monika Nihaus und Susanne Warmuth.
Piper, München 2021.
476 Seiten, 24 Euro.
Bernd Ingmar Gutberlet: Heimsuchung. Seuchen und Pandemien: Vom Schrecken zum Fortschritt. Europa Verlag, München 2022. 366 Seiten, 24 Euro.
Die Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (unten) fand im dritten Pandemie-Jahr am vergangenen Sonntag wegen der Abstandsregelungen erstmalig im Paul-Löbe-Haus statt.
Foto: Regina Schmeken
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Die Menschheit
lernt nicht
Aber jeder Einzelne schon.
Bestens dafür geeignet sind diese
Bücher über die Pandemie.
Ein Überblick
VON BURKHARD MÜLLER
Je mehr Information, desto mehr Konfusion: Die Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten fand im dritten Pandemie-Jahr am vergangenen Sonntag wegen der Abstandsregelungen erstmalig im Paul-Löbe-Haus statt.
Das Buch, langsamstes aller Medien, braucht seine Zeit, bis es auf eine aktuelle Lage reagiert. Jetzt, wo es in das dritte Jahr der Pandemie geht, zeigt sich auch auf dem Buchmarkt eine Art Long Covid: eine Fülle voluminöser Bände, die jenseits der sich krisenhaft überschlagenden Meldungen um Überblick, Perspektivierung und historische Einordnung bemüht sind.
Das seriöse Schwergewicht in dieser Reihe ist von Karl Heinz Roth, es trägt den Titel „Blinde Passagiere – Die Coronakrise und die Folgen“. Auf 500 Seiten versammelt es ziemlich vollständig die Informationen, die zu dieser Krankheit bis zum Frühjahr 2021 vorlagen. Der 1942 geborene Roth, Sozialhistoriker und langjähriger Hausarzt, ist einzigartig qualifiziert, um das fächerübergreifende Spektrum der Pandemie und ihrer Auswirkungen zu betrachten. In sechs großen Teilen liefert er nicht weniger als eine Enzyklopädie der Seuche, soweit das mittendrin möglich ist.
Wie alle Enzyklopädien ist sie aus hartem Holz geschnitzt, das heißt, man muss sich durch ihren kompakten Körper hindurchnagen. Empfohlen hätten sich einige Streichungen, und zwar besonders bei jenen Informations-Clustern, die durch die seither verstrichene Zeit mehr oder weniger überholt sind. So zum Beispiel wäre heute eine derart detaillierte Rekapitulation der ursprünglichen Ausbreitungsrouten der Pandemie entbehrlich, ebenso wie die frühen mathematischen Modellierungen des Verlaufs (sechs insgesamt), die sich sämtlich nicht in dieser Form realisiert haben. Über weite Strecken bietet sich das Buch als eine Art vertexteter Statistik dar, was seiner Lesbarkeit nicht bekommt. Dennoch ist es als Quelle und in Summe unverzichtbar. Da es aber öfters den Wald vor lauter Bäumen kaum erkennen lässt, tut es not, einige seiner wichtigen Befunde knapp zusammmenzufassen.
Da wäre zunächst, dass Corona eine Katastrophe mit Ansage war. Die Infektionskrankheiten SARS und MERS verliefen nach genau demselben Muster, und dass nicht schon eine von ihnen zur globalen Apokalypse wurde, verdankt die Menschheit weniger ihrem Krisen-Management als dem blanken Glück.
Zweitens lässt sich keineswegs ausschließen (obwohl es unwahrscheinlich ist), dass es sich beim Covid-Virus doch um einen Laborflüchtling handelt. Es ist also nicht jeder, der von so etwas spricht, gleich als Verschwörungstheoretiker abzufertigen.
Drittens sind Bill Gates und andere Großstifter zwar mit Sicherheit nicht für den Ausbruch von Corona verantwortlich, haben aber, zusammen mit der Pharmaindustrie, durch die Art ihres Engagements dennoch Einfluss auf den globalen Verlauf genommen, indem sie vor allem die Eindämmung der großen Menschheitsgeißeln wie Malaria und Hepatitis B unterstützten. Das ging im globalen Süden auf Kosten der generellen medizinischen Infrastruktur, deren Mängel in der Corona-Zeit mehr als deutlich wurden. Auch in den entwickelten Ländern hatte die Pandemie leichtes Spiel, weil dort in den letzten 20 Jahren der medizinische Betrieb privatisiert und so stark rationalisiert wurde, dass es es kaum mehr Reserven gab, als sie nötig wurden.
Viertens bleibt zu vermerken, dass die amtlichen Statistiken, trotz ihrer Anmutung von Exaktheit, in der Regel wenig taugen. Lang blieben die Toten in den Alten- und Pflegeheimen unberücksichtigt, obwohl sich dort die eigentlichen Dramen abspielten. Fehlerquellen solcher Art führt Roth mehrere auf. Er vermutet, dass statt der im Mai vorigen Jahres offiziell genannten 131,81 Millionen Infizierten die wahre Zahl damals fast bei einer Milliarde lag, von denen mithin nur ein entsprechend kleinerer Prozentsatz gestorben war. Das aber hieße, dass Corona in der Tödlichkeit seiner Wirkung sich tatsächlich mit einer starken Grippe vergleichen ließe.
Fünftens: Statt immer auf China zu schimpfen, empfiehlt sich ein Blick darauf, wie das Ursprungsland der Pandemie es geschafft hat, die Krankheit frühzeitig einzudämmen. Das geschah durch eine Reihe rascher, scharfer, aber umschriebener Maßnahmen, während man im Westen erst die Augen schloss und danach so lang diskutierte, bis vieles schon zu spät war. Keineswegs waren die Methoden hierzulande „alternativlos“, wie es gern heißt, sondern es hatte bloß keiner Lust, sich die Alternativen anzuschauen. Der große Lockdown brachte gar nichts, außer Chaos, Wirtschaftskrise, Missstimmung und die Ablenkung von den Versäumnissen der Regierungen, vor allem beim mangelhaften Schutz der vulnerablen Gruppen. Je härter die Länder hierbei verfuhren, desto schlechter bekamen sie das Seuchengeschehen in den Griff.
Sechstens helfen, um eine Wiederholung der Zustände zu verhindern, nur neue Modelle der Alten- und Krankenpflege, letztlich eine Auflösung der Heime und die komplette Neuorganisation des Gesundheitswesens, das den Privatinvestoren entzogen und in einer gemeinsamen Anstrengung der ganzen Gesellschaft neu aufgebaut werden muss.
Und, siebtens, die riesigen Hilfspakete, die überall zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Krise verabschiedet worden sind, werden bei den gegenwärtig niedrigen Zinsen in den reichen Ländern des Westens kein Überschuldungsproblem verursachen, sondern im Gegenteil dauerhaft belebend wirken. Nur die bereits vorher armen Länder werden Schwierigkeiten bekommen, ihre Schulden zu bedienen.
Wenn alles vorbei und ausgestanden ist, wäre diesem Buch unbedingt eine zweite Auflage zu wünschen, die nicht nur die heute notwendig erst halbe in eine ganze Geschichte verwandelt, sondern sich aufs Wesentliche konzentriert. Vielleicht muss das allerdings jemand anders machen als Karl Heinz Roth, dessen Temperament mehr zur Gründlich- als zur Deutlichkeit neigt.
Etliche der neu erschienenen Bücher bemühen sich darum, die scheinbar aus dem Nichts zuschlagende Katastrophe in einen geschichtlichen Kontext zu rücken, innerhalb dessen Covid-19 nur das vorerst letzte in einer langen Kette ähnlicher Geschehnisse darstellt. „Das Jahrhundert der Pandemien“, nennt der Medizinhistoriker und Journalist Mark Honigsbaum sein Werk und lässt es mit der Spanischen Grippe 1918/19 beginnen, deckt also tatsächlich einhundert Jahre ab.
Honigsbaum zieht sein Werk als eine Serie von Dramen auf, die immer nach demselben Schema ablaufen: Es beginnt mit ein paar Patienten, die rätselhafte Symptome zeigen, die Schulmedizin versucht sie erfolglos in die bekannten Schubladen zu stecken, aber da gibt es immer den heroischen jungen Assistenzarzt oder unbestechlichen alten Praktiker, der sich nichts vormachen lässt. Das ist spannend erzählt, führt jedoch in der Wiederholung zu Ermüdungserscheinungen. Es finden sich in dieser Palette von neun Fallgeschichten auch einige, denen man den Ehrentitel einer Pandemie nicht so recht zuerkennen mag, denn obwohl sie zu erheblicher Aufregung geführt haben – Pest in Los Angeles! -, bleibt der Umfang der Infektionen doch eher gering, typischerweise mit einer dreistelligen Zahl von Todesopfern.
Dies gilt etwa für die Papageienkrankheit, die um 1930 in den USA zuschlägt, oder der Legionärskrankheit, die 1977 das Veteranentreffen der „American Legion“ in Philadelphia heimsucht. Aufschlussreich weiß Honigsbaum jedoch immer das gesellschaftliche Umfeld auszuleuchten, das um 1920 in Kalifornien vom Argwohn gegen die Mexikaner geprägt ist, in den Siebzigern aber, unmittelbar nach Vietnam, von den Verwerfungen zwischen Hippies und standfesten Patrioten: Konnte es ein Zufall sein, dass gerade die besten Amerikaner dem sogenannten „Philly Killer“ zum Opfer fielen? Da hatten doch bestimmt die Blumenkinder was ins Trinkwasser getan!
Noch weiter in die Vergangenheit zurück als Honigsbaum greift der Historiker und Bestsellerautor Bernd Ingmar Gutberlet in „Heimsuchung – Seuchen und Pandemien: Vom Schrecken zum Fortschritt“. Er beginnt, wenig überraschend, bei der Pest, die um die Mitte des 14. Jahrhunderts in einem apokalyptischen Seuchenzug etwa ein Drittel der Bevölkerung Europas dahinmähte, sich aber seit dem 17. Jahrhundert zurückzog. Dagegen kamen die Pocken zu dieser Zeit erst so richtig in Schwung. Sie blieben bis weit ins 19. Jahrhundert eine furchtbare Plage und rafften bis zu einem Viertel der Kleinkinder hinweg.
Aber die Pocken waren zugleich die erste epidemische Krankheit, gegen die sich ein wirkliches Heilmittel fand, die Impfung. Gutberlet erzählt die Geschichte der Pocken vor allem als eine solche des Impfkampfs, wobei Parallelen des Verlaufs und der Argumente zu heutigen Verhältnissen verblüffen: Selbst die wirksamste Impfung verhindert nicht Leugnung, Streik und einen Sturzbach von Fake News, für die es sogar eine eigene Plattform gab, die Zeitschrift „Der Impfgegner“. Gerungen wurde um die Impfpflicht, sie wurde durchgesetzt auf eher indirektem Weg – ungeimpfte Kinder durften nicht zur Schule. Jede dieser furchtbaren Pandemien bewirkte letztlich einen Modernisierungsschub, nicht zuletzt die Cholera, die in den Metropolen noch erstaunlich lang wütete (in Hamburg etwa noch 1892), aber dann doch die überfällige Einführung eines hygienischen Trink- und Abwasserkonzepts erzwang.
Im Nachwort fragt der Autor: „Hat die Menschheit aus Leiden und Erfahrungen, aus Fehlern und Versäumnissen durch Jahrhunderte der Seuchengeschichte gelernt?“ Leiden und Erfahrungen sind real genug, hinter sie kann die Menschheit nicht zurück, und sie prägen unter allen Umständen, was danach kommt. Es fragt sich, ob man das so ohne weiteres als „Lernen“ bezeichnen sollte. Die Menschheit als solche lernt nie. Lernen setzt Freiheit voraus. Doch hat der Autor schon recht, dass wir, und das schließt jeden einzelnen in der Gesellschaft ein, es heute weit bequemer und sicherer haben, selbst in den Zeiten von Corona, als jede Generation zuvor. Sollten wir also dankbar sein, und wenn ja, wem gegenüber – dem Weltgeist? Den Pesttoten des 14. Jahrhunderts? Gutberlet führt das nicht näher aus, meint aber dennoch, wir stünden „auf den Krankengeschichten Unzähliger, die an Beulenpest oder Pocken, an Tuberkulose oder Influenza litten, oftmals starben“.
Auch das Buch „Walzer in Zeiten der Cholera – Eine Seuche verändert die Welt“ nutzt die gegenwärtige Pandemie, um den Blick in die Vergangenheit zu weiten, ins Wien des 19. Jahrhunderts. Verfasst wurde es vom österreichischen Publizisten und gelernten Balletttänzer Alexander Bartl wohl weitgehend schon vor Corona. Der Titel ist geborgt von Gabriel García Marquez und dessen „Liebe in den Zeiten der Cholera“, doch der Ton ist fideler. Das liest sich amüsant, besonders im Schlüsseljahr 1873, als außer Schahbesuch, Weltausstellung und Cholera auch andere Ereignisse vorfielen: der große Börsenkrach und die Inbetriebnahme jenes kühnen Hochquellen-Projekts, durch das Wien, jahrhundertelang aus der schlammigen Donau getränkt, erstmals sauberes Wasser bekam. Man staunt als nachgeborener Leser, dass dies alles gleichzeitig möglich war und bei all dem Walzer getanzt wurde, als ob nicht ringsum die Menschen zu Tausenden stürben.
Es segelt bei dieser Armada von Corona-Büchern allerdings auch manches unter falscher Flagge mit. Zum Beispiel das Buch von Giles Kepel, dem französischem Soziologen und Kenner der arabischen und islamischen Welt. Der Titel lautet „Chaos und Covid – Wie die Pandemie Nordafrika und den Nahen Osten verändert“. Wie man bei der Lektüre merkt, spielt Covid darin so gut wie keine Rolle. Die mitgeteilten Tatsachen – in erster Linie die Neusortierung der weltweiten Machtverhältnisse und Allianzen nach dem Desengagement der USA vor allem – gehen kaum über das hinaus, was man als Zeitungsleser ohnehin jeden Tag in Varianten serviert bekommt. Der Blick verliert sich in Einzelheiten, der Stil ist trocken und geschraubt, schwankend zwischen Nachrichtenteil und Leitartikel. Die analytische Kraft wird beeinträchtigt durch den sattsam bekannten verdrossenen Moralismus, der Erdoğan als Sultan, Putin als Zaren schmäht. Insgesamt muss man dieses Buch als eine detailreiche Hetzschrift bezeichnen, deren Aggressivität freilich von ihrer Langweiligkeit ausgebremst wird.
In diesem Zusammenhang sind noch zwei weitere Bücher dringend erwähnenswert. Zum einen Julian Nida-Rümelin und Nathalie Weidenfeld: „Die Realität des Risikos – Über den vernünftigen Umgang mit Gefahren“, ein Werk, das schon in einer frühen Phase der Pandemie die strategischen Fehler der offiziellen Seuchenbekämpfung dargelegt hat, und zwar mit größerer Eindringlichkeit als der bisweilen etwas zurückhaltende Roth.
Zum anderen David Quammens „Spillover – Der tierische Ursprung weltweiter Seuchen“. Der Wissenschaftsjournalist erzählt auf gut lesbare Art die Geschichte der Zoonosen, also der von Tieren auf Menschen überschwappenden (das meint „spillover“) Infektionskrankheiten, einschließlich AIDS, macht klar, wie häufig das geschieht, aber niemanden im Westen juckt, solange bloß Bangladesh betroffen ist, und wie leichtsinnig die Menschheit mit diesen Alarmrufen umgegangen ist. Er prognostiziert lange bevor es so weit war den „really big one“, den wir inzwischen haben. Aber ließe sich die Katastrophe nicht durch geeignete Maßnahmen abwenden? Der von ihm befragte Experte hat dazu schon vor zehn Jahren die Schultern gezuckt und erklärt: Wenn es passiert, passiert es. Sehr viel anders sieht das Bild auch heute nicht aus.
Ob die Menschheit insgesamt etwas zu lernen vermag, das bleibt – wie gesagt – ungewiss. Sehr wohl aber können der Leser und die Leserin etwas aus diesen Büchern lernen, und zwar aus jedem etwas anderes: Aus Roths „Blinden Passagieren“, dass man einen umfassenden Überblick zum Seuchengeschehen gewinnen kann, dies sich aber nicht notwendig in politisches Handeln umsetzt, eher im Gegenteil – je mehr Information, desto mehr Konfusion. Aus Honigsbaums „Jahrhundert der Pandemien“, dass hysterische Angstreaktionen, vermischt mit bestehenden Ressentiments gegen bestimmte Gruppen mindestens so stark auf das Seuchengeschehen einwirken wie die medizinische Expertise. Aus Gutberlets „Heimsuchung“, dass noch die schlimmsten Katastrophen letztlich etwas Positives auf den Weg gebracht haben. Aus Bartls „Walzer in Zeiten der Cholera“, dass auch bei desolater Lage das Leben unverzagt weitergeht, zumal in Österreich. Aus Kepels „Chaos und Covid“, dass Corona gut als Vorwand taugt, etwas durchzuziehen, was man sowieso vorhatte. Und aus Nida-Rümelins/Weidenfelds und Quammens Büchern, dass sich das Wesentliche schon früh, ja weit im Vorfeld erkennen lässt, ohne dass es viel hilft.
Man denke sich
nur: Die Pest
in Los Angeles!
Jede der vergangenen Pandemien
bewirkte am Ende
einen Modernisierungsschub
Auch der Experte weiß,
wenn es passiert,
passiert es einfach
Karl Heinz Roth: Blinde Passagiere. Die Coronakrise und die Folgen. Kunstmann, München 2022.
504 Seiten, 30 Euro.
Mark Honigsbaum: Das Jahrhundert der Pandemien. Eine Geschichte der Ansteckung von der Spanischen Grippe bis Covid-19. Aus dem Englischen von Monika Nihaus und Susanne Warmuth.
Piper, München 2021.
476 Seiten, 24 Euro.
Bernd Ingmar Gutberlet: Heimsuchung. Seuchen und Pandemien: Vom Schrecken zum Fortschritt. Europa Verlag, München 2022. 366 Seiten, 24 Euro.
Die Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (unten) fand im dritten Pandemie-Jahr am vergangenen Sonntag wegen der Abstandsregelungen erstmalig im Paul-Löbe-Haus statt.
Foto: Regina Schmeken
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lernt nicht
Aber jeder Einzelne schon.
Bestens dafür geeignet sind diese
Bücher über die Pandemie.
Ein Überblick
VON BURKHARD MÜLLER
Je mehr Information, desto mehr Konfusion: Die Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten fand im dritten Pandemie-Jahr am vergangenen Sonntag wegen der Abstandsregelungen erstmalig im Paul-Löbe-Haus statt.
Das Buch, langsamstes aller Medien, braucht seine Zeit, bis es auf eine aktuelle Lage reagiert. Jetzt, wo es in das dritte Jahr der Pandemie geht, zeigt sich auch auf dem Buchmarkt eine Art Long Covid: eine Fülle voluminöser Bände, die jenseits der sich krisenhaft überschlagenden Meldungen um Überblick, Perspektivierung und historische Einordnung bemüht sind.
Das seriöse Schwergewicht in dieser Reihe ist von Karl Heinz Roth, es trägt den Titel „Blinde Passagiere – Die Coronakrise und die Folgen“. Auf 500 Seiten versammelt es ziemlich vollständig die Informationen, die zu dieser Krankheit bis zum Frühjahr 2021 vorlagen. Der 1942 geborene Roth, Sozialhistoriker und langjähriger Hausarzt, ist einzigartig qualifiziert, um das fächerübergreifende Spektrum der Pandemie und ihrer Auswirkungen zu betrachten. In sechs großen Teilen liefert er nicht weniger als eine Enzyklopädie der Seuche, soweit das mittendrin möglich ist.
Wie alle Enzyklopädien ist sie aus hartem Holz geschnitzt, das heißt, man muss sich durch ihren kompakten Körper hindurchnagen. Empfohlen hätten sich einige Streichungen, und zwar besonders bei jenen Informations-Clustern, die durch die seither verstrichene Zeit mehr oder weniger überholt sind. So zum Beispiel wäre heute eine derart detaillierte Rekapitulation der ursprünglichen Ausbreitungsrouten der Pandemie entbehrlich, ebenso wie die frühen mathematischen Modellierungen des Verlaufs (sechs insgesamt), die sich sämtlich nicht in dieser Form realisiert haben. Über weite Strecken bietet sich das Buch als eine Art vertexteter Statistik dar, was seiner Lesbarkeit nicht bekommt. Dennoch ist es als Quelle und in Summe unverzichtbar. Da es aber öfters den Wald vor lauter Bäumen kaum erkennen lässt, tut es not, einige seiner wichtigen Befunde knapp zusammmenzufassen.
Da wäre zunächst, dass Corona eine Katastrophe mit Ansage war. Die Infektionskrankheiten SARS und MERS verliefen nach genau demselben Muster, und dass nicht schon eine von ihnen zur globalen Apokalypse wurde, verdankt die Menschheit weniger ihrem Krisen-Management als dem blanken Glück.
Zweitens lässt sich keineswegs ausschließen (obwohl es unwahrscheinlich ist), dass es sich beim Covid-Virus doch um einen Laborflüchtling handelt. Es ist also nicht jeder, der von so etwas spricht, gleich als Verschwörungstheoretiker abzufertigen.
Drittens sind Bill Gates und andere Großstifter zwar mit Sicherheit nicht für den Ausbruch von Corona verantwortlich, haben aber, zusammen mit der Pharmaindustrie, durch die Art ihres Engagements dennoch Einfluss auf den globalen Verlauf genommen, indem sie vor allem die Eindämmung der großen Menschheitsgeißeln wie Malaria und Hepatitis B unterstützten. Das ging im globalen Süden auf Kosten der generellen medizinischen Infrastruktur, deren Mängel in der Corona-Zeit mehr als deutlich wurden. Auch in den entwickelten Ländern hatte die Pandemie leichtes Spiel, weil dort in den letzten 20 Jahren der medizinische Betrieb privatisiert und so stark rationalisiert wurde, dass es es kaum mehr Reserven gab, als sie nötig wurden.
Viertens bleibt zu vermerken, dass die amtlichen Statistiken, trotz ihrer Anmutung von Exaktheit, in der Regel wenig taugen. Lang blieben die Toten in den Alten- und Pflegeheimen unberücksichtigt, obwohl sich dort die eigentlichen Dramen abspielten. Fehlerquellen solcher Art führt Roth mehrere auf. Er vermutet, dass statt der im Mai vorigen Jahres offiziell genannten 131,81 Millionen Infizierten die wahre Zahl damals fast bei einer Milliarde lag, von denen mithin nur ein entsprechend kleinerer Prozentsatz gestorben war. Das aber hieße, dass Corona in der Tödlichkeit seiner Wirkung sich tatsächlich mit einer starken Grippe vergleichen ließe.
Fünftens: Statt immer auf China zu schimpfen, empfiehlt sich ein Blick darauf, wie das Ursprungsland der Pandemie es geschafft hat, die Krankheit frühzeitig einzudämmen. Das geschah durch eine Reihe rascher, scharfer, aber umschriebener Maßnahmen, während man im Westen erst die Augen schloss und danach so lang diskutierte, bis vieles schon zu spät war. Keineswegs waren die Methoden hierzulande „alternativlos“, wie es gern heißt, sondern es hatte bloß keiner Lust, sich die Alternativen anzuschauen. Der große Lockdown brachte gar nichts, außer Chaos, Wirtschaftskrise, Missstimmung und die Ablenkung von den Versäumnissen der Regierungen, vor allem beim mangelhaften Schutz der vulnerablen Gruppen. Je härter die Länder hierbei verfuhren, desto schlechter bekamen sie das Seuchengeschehen in den Griff.
Sechstens helfen, um eine Wiederholung der Zustände zu verhindern, nur neue Modelle der Alten- und Krankenpflege, letztlich eine Auflösung der Heime und die komplette Neuorganisation des Gesundheitswesens, das den Privatinvestoren entzogen und in einer gemeinsamen Anstrengung der ganzen Gesellschaft neu aufgebaut werden muss.
Und, siebtens, die riesigen Hilfspakete, die überall zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Krise verabschiedet worden sind, werden bei den gegenwärtig niedrigen Zinsen in den reichen Ländern des Westens kein Überschuldungsproblem verursachen, sondern im Gegenteil dauerhaft belebend wirken. Nur die bereits vorher armen Länder werden Schwierigkeiten bekommen, ihre Schulden zu bedienen.
Wenn alles vorbei und ausgestanden ist, wäre diesem Buch unbedingt eine zweite Auflage zu wünschen, die nicht nur die heute notwendig erst halbe in eine ganze Geschichte verwandelt, sondern sich aufs Wesentliche konzentriert. Vielleicht muss das allerdings jemand anders machen als Karl Heinz Roth, dessen Temperament mehr zur Gründlich- als zur Deutlichkeit neigt.
Etliche der neu erschienenen Bücher bemühen sich darum, die scheinbar aus dem Nichts zuschlagende Katastrophe in einen geschichtlichen Kontext zu rücken, innerhalb dessen Covid-19 nur das vorerst letzte in einer langen Kette ähnlicher Geschehnisse darstellt. „Das Jahrhundert der Pandemien“, nennt der Medizinhistoriker und Journalist Mark Honigsbaum sein Werk und lässt es mit der Spanischen Grippe 1918/19 beginnen, deckt also tatsächlich einhundert Jahre ab.
Honigsbaum zieht sein Werk als eine Serie von Dramen auf, die immer nach demselben Schema ablaufen: Es beginnt mit ein paar Patienten, die rätselhafte Symptome zeigen, die Schulmedizin versucht sie erfolglos in die bekannten Schubladen zu stecken, aber da gibt es immer den heroischen jungen Assistenzarzt oder unbestechlichen alten Praktiker, der sich nichts vormachen lässt. Das ist spannend erzählt, führt jedoch in der Wiederholung zu Ermüdungserscheinungen. Es finden sich in dieser Palette von neun Fallgeschichten auch einige, denen man den Ehrentitel einer Pandemie nicht so recht zuerkennen mag, denn obwohl sie zu erheblicher Aufregung geführt haben – Pest in Los Angeles! -, bleibt der Umfang der Infektionen doch eher gering, typischerweise mit einer dreistelligen Zahl von Todesopfern.
Dies gilt etwa für die Papageienkrankheit, die um 1930 in den USA zuschlägt, oder der Legionärskrankheit, die 1977 das Veteranentreffen der „American Legion“ in Philadelphia heimsucht. Aufschlussreich weiß Honigsbaum jedoch immer das gesellschaftliche Umfeld auszuleuchten, das um 1920 in Kalifornien vom Argwohn gegen die Mexikaner geprägt ist, in den Siebzigern aber, unmittelbar nach Vietnam, von den Verwerfungen zwischen Hippies und standfesten Patrioten: Konnte es ein Zufall sein, dass gerade die besten Amerikaner dem sogenannten „Philly Killer“ zum Opfer fielen? Da hatten doch bestimmt die Blumenkinder was ins Trinkwasser getan!
Noch weiter in die Vergangenheit zurück als Honigsbaum greift der Historiker und Bestsellerautor Bernd Ingmar Gutberlet in „Heimsuchung – Seuchen und Pandemien: Vom Schrecken zum Fortschritt“. Er beginnt, wenig überraschend, bei der Pest, die um die Mitte des 14. Jahrhunderts in einem apokalyptischen Seuchenzug etwa ein Drittel der Bevölkerung Europas dahinmähte, sich aber seit dem 17. Jahrhundert zurückzog. Dagegen kamen die Pocken zu dieser Zeit erst so richtig in Schwung. Sie blieben bis weit ins 19. Jahrhundert eine furchtbare Plage und rafften bis zu einem Viertel der Kleinkinder hinweg.
Aber die Pocken waren zugleich die erste epidemische Krankheit, gegen die sich ein wirkliches Heilmittel fand, die Impfung. Gutberlet erzählt die Geschichte der Pocken vor allem als eine solche des Impfkampfs, wobei Parallelen des Verlaufs und der Argumente zu heutigen Verhältnissen verblüffen: Selbst die wirksamste Impfung verhindert nicht Leugnung, Streik und einen Sturzbach von Fake News, für die es sogar eine eigene Plattform gab, die Zeitschrift „Der Impfgegner“. Gerungen wurde um die Impfpflicht, sie wurde durchgesetzt auf eher indirektem Weg – ungeimpfte Kinder durften nicht zur Schule. Jede dieser furchtbaren Pandemien bewirkte letztlich einen Modernisierungsschub, nicht zuletzt die Cholera, die in den Metropolen noch erstaunlich lang wütete (in Hamburg etwa noch 1892), aber dann doch die überfällige Einführung eines hygienischen Trink- und Abwasserkonzepts erzwang.
Im Nachwort fragt der Autor: „Hat die Menschheit aus Leiden und Erfahrungen, aus Fehlern und Versäumnissen durch Jahrhunderte der Seuchengeschichte gelernt?“ Leiden und Erfahrungen sind real genug, hinter sie kann die Menschheit nicht zurück, und sie prägen unter allen Umständen, was danach kommt. Es fragt sich, ob man das so ohne weiteres als „Lernen“ bezeichnen sollte. Die Menschheit als solche lernt nie. Lernen setzt Freiheit voraus. Doch hat der Autor schon recht, dass wir, und das schließt jeden einzelnen in der Gesellschaft ein, es heute weit bequemer und sicherer haben, selbst in den Zeiten von Corona, als jede Generation zuvor. Sollten wir also dankbar sein, und wenn ja, wem gegenüber – dem Weltgeist? Den Pesttoten des 14. Jahrhunderts? Gutberlet führt das nicht näher aus, meint aber dennoch, wir stünden „auf den Krankengeschichten Unzähliger, die an Beulenpest oder Pocken, an Tuberkulose oder Influenza litten, oftmals starben“.
Auch das Buch „Walzer in Zeiten der Cholera – Eine Seuche verändert die Welt“ nutzt die gegenwärtige Pandemie, um den Blick in die Vergangenheit zu weiten, ins Wien des 19. Jahrhunderts. Verfasst wurde es vom österreichischen Publizisten und gelernten Balletttänzer Alexander Bartl wohl weitgehend schon vor Corona. Der Titel ist geborgt von Gabriel García Marquez und dessen „Liebe in den Zeiten der Cholera“, doch der Ton ist fideler. Das liest sich amüsant, besonders im Schlüsseljahr 1873, als außer Schahbesuch, Weltausstellung und Cholera auch andere Ereignisse vorfielen: der große Börsenkrach und die Inbetriebnahme jenes kühnen Hochquellen-Projekts, durch das Wien, jahrhundertelang aus der schlammigen Donau getränkt, erstmals sauberes Wasser bekam. Man staunt als nachgeborener Leser, dass dies alles gleichzeitig möglich war und bei all dem Walzer getanzt wurde, als ob nicht ringsum die Menschen zu Tausenden stürben.
Es segelt bei dieser Armada von Corona-Büchern allerdings auch manches unter falscher Flagge mit. Zum Beispiel das Buch von Giles Kepel, dem französischem Soziologen und Kenner der arabischen und islamischen Welt. Der Titel lautet „Chaos und Covid – Wie die Pandemie Nordafrika und den Nahen Osten verändert“. Wie man bei der Lektüre merkt, spielt Covid darin so gut wie keine Rolle. Die mitgeteilten Tatsachen – in erster Linie die Neusortierung der weltweiten Machtverhältnisse und Allianzen nach dem Desengagement der USA vor allem – gehen kaum über das hinaus, was man als Zeitungsleser ohnehin jeden Tag in Varianten serviert bekommt. Der Blick verliert sich in Einzelheiten, der Stil ist trocken und geschraubt, schwankend zwischen Nachrichtenteil und Leitartikel. Die analytische Kraft wird beeinträchtigt durch den sattsam bekannten verdrossenen Moralismus, der Erdoğan als Sultan, Putin als Zaren schmäht. Insgesamt muss man dieses Buch als eine detailreiche Hetzschrift bezeichnen, deren Aggressivität freilich von ihrer Langweiligkeit ausgebremst wird.
In diesem Zusammenhang sind noch zwei weitere Bücher dringend erwähnenswert. Zum einen Julian Nida-Rümelin und Nathalie Weidenfeld: „Die Realität des Risikos – Über den vernünftigen Umgang mit Gefahren“, ein Werk, das schon in einer frühen Phase der Pandemie die strategischen Fehler der offiziellen Seuchenbekämpfung dargelegt hat, und zwar mit größerer Eindringlichkeit als der bisweilen etwas zurückhaltende Roth.
Zum anderen David Quammens „Spillover – Der tierische Ursprung weltweiter Seuchen“. Der Wissenschaftsjournalist erzählt auf gut lesbare Art die Geschichte der Zoonosen, also der von Tieren auf Menschen überschwappenden (das meint „spillover“) Infektionskrankheiten, einschließlich AIDS, macht klar, wie häufig das geschieht, aber niemanden im Westen juckt, solange bloß Bangladesh betroffen ist, und wie leichtsinnig die Menschheit mit diesen Alarmrufen umgegangen ist. Er prognostiziert lange bevor es so weit war den „really big one“, den wir inzwischen haben. Aber ließe sich die Katastrophe nicht durch geeignete Maßnahmen abwenden? Der von ihm befragte Experte hat dazu schon vor zehn Jahren die Schultern gezuckt und erklärt: Wenn es passiert, passiert es. Sehr viel anders sieht das Bild auch heute nicht aus.
Ob die Menschheit insgesamt etwas zu lernen vermag, das bleibt – wie gesagt – ungewiss. Sehr wohl aber können der Leser und die Leserin etwas aus diesen Büchern lernen, und zwar aus jedem etwas anderes: Aus Roths „Blinden Passagieren“, dass man einen umfassenden Überblick zum Seuchengeschehen gewinnen kann, dies sich aber nicht notwendig in politisches Handeln umsetzt, eher im Gegenteil – je mehr Information, desto mehr Konfusion. Aus Honigsbaums „Jahrhundert der Pandemien“, dass hysterische Angstreaktionen, vermischt mit bestehenden Ressentiments gegen bestimmte Gruppen mindestens so stark auf das Seuchengeschehen einwirken wie die medizinische Expertise. Aus Gutberlets „Heimsuchung“, dass noch die schlimmsten Katastrophen letztlich etwas Positives auf den Weg gebracht haben. Aus Bartls „Walzer in Zeiten der Cholera“, dass auch bei desolater Lage das Leben unverzagt weitergeht, zumal in Österreich. Aus Kepels „Chaos und Covid“, dass Corona gut als Vorwand taugt, etwas durchzuziehen, was man sowieso vorhatte. Und aus Nida-Rümelins/Weidenfelds und Quammens Büchern, dass sich das Wesentliche schon früh, ja weit im Vorfeld erkennen lässt, ohne dass es viel hilft.
Man denke sich
nur: Die Pest
in Los Angeles!
Jede der vergangenen Pandemien
bewirkte am Ende
einen Modernisierungsschub
Auch der Experte weiß,
wenn es passiert,
passiert es einfach
Karl Heinz Roth: Blinde Passagiere. Die Coronakrise und die Folgen. Kunstmann, München 2022.
504 Seiten, 30 Euro.
Mark Honigsbaum: Das Jahrhundert der Pandemien. Eine Geschichte der Ansteckung von der Spanischen Grippe bis Covid-19. Aus dem Englischen von Monika Nihaus und Susanne Warmuth.
Piper, München 2021.
476 Seiten, 24 Euro.
Bernd Ingmar Gutberlet: Heimsuchung. Seuchen und Pandemien: Vom Schrecken zum Fortschritt. Europa Verlag, München 2022. 366 Seiten, 24 Euro.
Die Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (unten) fand im dritten Pandemie-Jahr am vergangenen Sonntag wegen der Abstandsregelungen erstmalig im Paul-Löbe-Haus statt.
Foto: Regina Schmeken
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