Die komparatistische Untersuchung verortet zentrale Texte von Heine und Byron poetologisch und epochengeschichtlich zwischen Romantik und Realismus vor dem Hintergrund einer europäischen Literatur- und Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts. Heines Byron-Rezeption wird dabei unter Rückgriff auf Pierre Bourdieus Theorie des literarischen Feldes neu evaluiert, wobei statt des bisherigen Paradigmas des Weltschmerzes erstmals der Fokus auf eine Poetik eingreifender Kunst gerichtet wird, die Heine und Byron in ihren Texten zwischen 1815 und 1830 entwickeln. Mit diesem transgressiven Konzept performativen Schreibens, das sich in skandalisierenden Schriften wie "Die Bäder von Lukka" und "The Vision of Judgment" zeigt, werden frühromantische Positionen zum Verhältnis von Kunst und Leben aufgegriffen, umcodiert und transformiert. In Detailstudien von Byrons "Childe Harold IV" und Heines "Die Reise von München nach Genua" wird gezeigt, wie sich eine Politisierung der Poetik zu einer eingreifenden Kunst in der textuellen Auseinandersetzung der beiden Autoren mit dem zeitgenössischen Italien und seiner diskursiven Konstruktion vollzieht und damit eine neue Form postromantischen Schreibens realisiert wird.
"Böhm hantiert selbstbewusst mit den unterschiedlichsten theoretischen Zugängen und deckt zahlreiche intertextuelle Bezüge auf, die Heine und Byron in ihrer Verflechtung untereinander beleuchten, sie zugleich mit vielen weiteren Referenztexten in Verbindung bringen. Ihre innovativen Thesen verfolgt sie bis in die Mikrostrukturen der Texte, wenn sie sich zum Beispiel auf strukturalistische Weise der Trope des Vergleichs annimmt. Die Arbeit leistet einen beachtlichen Beitrag zur Neubewertung des Zeitraums zwischen Romantik und Realismus."
Regina Roßbach in: www.literaturkritik.de
Regina Roßbach in: www.literaturkritik.de