»Nirgendwo wird so schön gestorben wie in Wien«Die Ränke dieser großen Erzählung beginnen zwar im schäbigen Studio eines Pornoproduzenten, aber die entscheidende Handlung vollzieht sich an offenen Gräbern, an denen die schöne Anna zum strahlenden Star in der Gilde der Beerdigungsredner aufsteigt, die den nichtkirchlichen Bestattungen ihre eigene Würde und Weihe verschaffen.Verfasserin der bewegenden Reden ist die kleinwüchsige Lucie, selber von Kind auf suizidgefährdet, die in aller Heimlichkeit ihr Lebenswerk schreibt: eine Porträtsammlung von Selbstmördern. Die schöne Anna freilich, allzu lange in den Diensten des schüchternen Regisseurs und Produzenten der X-Filme mit den maskulinen Sexmaschinen, macht sich nichts aus Männern, was nicht weiter erstaunlich ist. Lange unterhielt sie ein Verhältnis mit einer prominenten Politikerin, die den Skandal und das Ende ihrer öffentlichen Karriere nicht überleben wollte. Umso zäher harrt Mama, die Frau Kommerzialrat, in ihrem illustren Altersheim aus, in den Rollstuhl verbannt, der sie nicht davon abhält, sich an der Menschheit mit humanem Lächeln aufs infamste zu rächen... Christine Grän hat den Wien-Roman schlechthin geschrieben, in dem sich die gloriose Schönheit und die abgrundtiefe Gemeinheit, das unerschöpfliche Vergnügen an der Intrige und die Lust des Fleisches, die unausrottbare Vitalität und der morbide Weltschmerz zu der genialen Mixtur vereinen, die den Geist der Stadt bestimmt. Denn das Herz der Stadt ist nicht der Steffl, nicht die Kärntner Straße, nicht die Staatsoper, nicht das Burgtheater, sondern der Zentralfriedhof. Anders gesagt: Wien lebt nur, wo gestorben und vor allem bestattet wird.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Während Christine Grän 1999 mit einem sprachlich ambitionierten Roman im Knaur Verlag überrascht hat, so sticht sie nun durch mangelnde literarische Qualität ihres jüngsten Romans "Heldensterben" aus dem Programm der von Hans Magnus Enzensberger begründeten Anderen Bibliothek heraus, meint ein verstimmter Franz Haas. Kaum ein Klischee lasse die österreichische Autorin aus, wenn sie das Schicksal ihrer vier suizidalen Protagonisten beschreibt, die arm und einsam durch Wien streifen und nach Liebe suchen. Diese entwerfe sie dabei psychologisch derart grob, dass sie bestenfalls für den "Bahnhofskiosk" taugen, wie der Rezensent spitz bemerkt. Es gebe zwar so manche gelungene Milieuschilderungen und einzelne durchaus lobenswerte Passage, gibt der Rezensent zu, doch würden diese in schöner Regelmäßigkeit mit hohlen Phrasen kaputtgemacht, weshalb er das Buch schlicht misslungen findet.
© Perlentaucher Medien GmbH
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