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Der weitergehende und vollständige Verlust der Fernsinne, Gehörlosigkeit verbunden mit Blindheit, schafft ein menschliches Drama. Er ist eine der größten Herausforderungen für die Pädagogik. Samuel Howes Arbeit mit Laura Bridgman, Anne Sullivans Arbeit mit Helen Keller blieben für lange Zeit die wichtigsten Quellen für eine sich nur langsam entwickelnde Taubblindenpädagogik. Im Westen völlig übersehen wurde Ivan Sokoljanskijs Arbeit mit Olga Skorochodova sowie die systematische Fortführung dieses Ansatzes - insbesondere ab 1963 im Kinderheim für Taubblinde in Sagorsk - durch Alexander I.…mehr

Produktbeschreibung
Der weitergehende und vollständige Verlust der Fernsinne, Gehörlosigkeit verbunden mit Blindheit, schafft ein menschliches Drama. Er ist eine der größten Herausforderungen für die Pädagogik. Samuel Howes Arbeit mit Laura Bridgman, Anne Sullivans Arbeit mit Helen Keller blieben für lange Zeit die wichtigsten Quellen für eine sich nur langsam entwickelnde Taubblindenpädagogik. Im Westen völlig übersehen wurde Ivan Sokoljanskijs Arbeit mit Olga Skorochodova sowie die systematische Fortführung dieses Ansatzes - insbesondere ab 1963 im Kinderheim für Taubblinde in Sagorsk - durch Alexander I. Mescerjakov (1923 - 1974). Eine Reihe von SchülerInnen dieser Einrichtung erreichten einen höheren Schulabschluss, einige von ihnen studierten mit Erfolg und erwarben, ebenso wie Helen Keller oder Olga Skorochodova, den Doktortitel. Beeinflusst von der Denkweise Vygotskijs, die er durch seinen akademischen Lehrer Alexander Lurija kennen lernte, entwickelten Mescerjakov und seine MitarbeiterInnen eine beeindruckende Theorie und Praxis der Entwicklung taubblinder Kinder durch soziale Erziehung, die mit diesem 1974 auf russisch erschienenen Buch erstmalig auf Deutsch vorliegt. Seine Bedeutung reicht weit über die Taubblindenpädagogik - aber auch über die Behindertenpädagogik allgemein - hinaus: Es dokumentiert die Bedeutsamkeit von Lurijas These, dass es die gesellschaftlichen Formen der Tätigkeit sind, die das Gehirn organisieren, auf höchst eindrucksvolle Weise.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.10.2001

Die im Dunkeln
Das lebensgeschichtliche Drama
gehörloser Blinder
Der Verlust von Gehör und Augenlicht in frühester Kindheit machen aus dem kleinen Menschensubjekt den Ort eines Dramas, das zu begreifen ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und das auf erträgliche Bahnen zu lenken ein Höchstmaß an Fürsorge und Aufmerksamkeit erfordert. Von einem lebensgeschichtlichen Drama dieser Art hat Helen Keller in ihrer Selbstdarstellung anschaulich berichtet. Doch weder Laura Bridgman, die 1837 im Alter von acht Jahren in eine amerikanische Blindenschule aufgenommen wurde – ihr hat Charles Dickens einige bemerkenswerte Seiten gewidmet – noch Helen Keller, der ab ihrem siebten Lebensjahr Anna Sullivan als Erzieherin zur Seite stand, waren die einzigen gehörlosen Blinden, über die zu berichten sich lohnt.
Das zeigt die Monographie Alexander Mešrerjakovs (1923-1974), der in Zagorsk und Moskau an zwei Institutionen für gehörlose Blinde als Erzieher und Forscher tätig war. Sein Buch basiert auf jahrelanger Beobachtung der in diesen Institutionen zum psychischen Leben geführten Taubblinden und auf Tausender von Protokollseiten, die von seine Mitarbeitern tagein, tagaus verfasst wurden. Der Autor rekonstruiert nicht nur das mentale Universum der Taubblindheit vor jeder pädagogischen Intervention – er beschreibt auch die Entwicklung mentaler Funktionen von der in der lichtlosen Umgebung sich entfaltenden Orientierungstätigkeit über die Daktyl- oder Fingersprache bis vollständigen Kommunikationsfähigkeit taubblinder Kinder, deren einige erfolgreich ein Universitätsstudium abgeschlossen haben.
am
ALEXANDER MEŠŸERJAKOV: Helen Keller war nicht allein. Hg. von Wolfgang Jantzen. Edition Marhold im Wissenschaftsverlag Volker Spiess, Berlin 2001. 247 Seiten, brosch., 68 Mark
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Helen Kellers Beschreibung ihres Lebens als gehörlose und blinde Frau gehört Rezensent "am" zufolge zu den eindringlichsten und bekanntesten Dokumenten, die vom Leben in einer licht- und geräuschlosen Welt Zeugnis ablegen. Der Autor der nun vorliegenden Monografie zum Thema arbeitete mit gehörlosen Blinden in Einrichtungen in Zagorsk und Moskau. Laut "am" stützt er sich in seiner Beschreibung des mentalen Universums von Taubblinden auf Tausende von Protokollseiten seiner Mitarbeiter. Er rekonstruiere das Erleben dieser Menschen vor ihrer pädagogischen Betreuung, beschreibe aber auch die Entwicklung mentaler Funktionen während und nach einer durch Daktyl- und Fingersprache gestützten Therapie. Manche dieser Patienten, schließt "am", konnten anschließend ein Universitätsstudium absolvieren.

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