Alles nur Einbildung?
Neugierig folgt Helene der großen Katze in den Garten - und gerät unversehens in eine andere Welt. Eine Welt, in der sich eben noch Fische und andere Meerestiere in der mit Wasser gefüllten Laube tummeln und im nächsten Augenblick in einer von Riesenvögeln getragenen Hängematte liegen. Merkwürdig, merkwürdig - und das alles in Sichtweite von Helenes Eltern ...
Neugierig folgt Helene der großen Katze in den Garten - und gerät unversehens in eine andere Welt. Eine Welt, in der sich eben noch Fische und andere Meerestiere in der mit Wasser gefüllten Laube tummeln und im nächsten Augenblick in einer von Riesenvögeln getragenen Hängematte liegen. Merkwürdig, merkwürdig - und das alles in Sichtweite von Helenes Eltern ...
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
"Rezensentin Annette Zerpner erfreut sich am eigenwilligen, "lakonischen Strich" und der "garstig-genialen" Farbgebung dieses Bilderbuches. Die Familie, die im Zentrum der Erzählung steht, kommt Zerpner trotz aller geschilderten Naturverbundenheit äußerlich eher ungesund vor, weshalb sie sich auch an die bizarre Addams-Family erinnert fühlt. Titelheldin Helene hat eine Fantasie, die Flora und Fauna umfasst und sich durch einen makabren Umgang mit ihren Stofftieren ausdrückt. Der Charme dieser Geschichte für Kinder im Vorschulalter besteht für die Rezensentin im nahen Beieinander von Wirklichem und Fantastischem, und auch den Erwachsenen wird eine "erstaunliche Pointe" versprochen.
© Perlentaucher Medien GmbH"
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.03.2005Fische plantschen in der Laube
Helenes Geschichte beginnt ganz alltäglich. Ihre Familie hat Besuch und sitzt beim Abendessen. Der Vater unterhält sich angeregt mit einem Gast. Unvermittelt „spürt Helene einen warmen Hauch im Nacken. Katzenatem, denkt sie und wirft einen prüfenden Blick auf ihre Eltern.” Doch die Mutter weiß auf Helenes geflüsterte Frage „Hast du die große Katze gesehen?” nur freundlich mahnend zu antworten: „Keine Ahnung . . . wenn in deinem Zimmer nicht so eine Unordnung herrschte, würdest du deine Stofftiere auch leichter finden.” Doch Helene läuft mit großen Schritten auf die Terrasse. Eine Riesenkatze ist jetzt ihre magische Begleiterin. Mit einem Satz springt das ungewöhnliche Tier weit über Helene hinweg in eine Gartenlandschaft, in der nichts mehr mit rechten Dingen zugeht: Fische plantschen in der Laube und liegen wenige Augenblicke später in einer von großen farbigen Vögeln getragenen Hängematte. Die Teichfolie wird zum Trampolin und die Katze fiebert. „Mama, Papa, die Katze ist krank”, ruft Helene ihren Eltern zu. Die sitzen derweil am Haus und unterhalten sich, nichts ahnend, in welch seltsamer Welt sich ihre Tochter aufhält. Aber sie sind präsent, auch wenn Helene von ihnen zerstreute, leicht verwirrende Antworten bekommt. Doch das stört nicht, denn alle Dialoge und besonders die farbig ineinanderwachsenden Bilder unterstreichen das Vertrauen zwischen Eltern und Kind. Am Ende sind die Eltern selbst Teil der üppig wuchernden Phantasiewelt der Tochter. Gemeinsam in gemütlicher Dreisamkeit - der Besuch ist gegangen - sitzen sie beieinander, kuschelig vereint mit den merkwürdigen Tieren. Das Leben an einem Sommertag ein Spaß für Eltern und Kind.
Anke Kuhls am Computer colorierte, witzig gezeichnete Figuren genießen munter ihre phantastische Welt und verhalten sich lustvoll verrückt, ohne die Wirklichkeit zu verlassen. Ein schwebender Zustand, den der spielerische Federstrich höchst vergnüglich einfängt. (ab 4 Jahre)
Elisabeth Hohmeister
Anke Kuhl
Helenes Familie
Carlsen Verlag 2005.
32 Seiten, 14 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Helenes Geschichte beginnt ganz alltäglich. Ihre Familie hat Besuch und sitzt beim Abendessen. Der Vater unterhält sich angeregt mit einem Gast. Unvermittelt „spürt Helene einen warmen Hauch im Nacken. Katzenatem, denkt sie und wirft einen prüfenden Blick auf ihre Eltern.” Doch die Mutter weiß auf Helenes geflüsterte Frage „Hast du die große Katze gesehen?” nur freundlich mahnend zu antworten: „Keine Ahnung . . . wenn in deinem Zimmer nicht so eine Unordnung herrschte, würdest du deine Stofftiere auch leichter finden.” Doch Helene läuft mit großen Schritten auf die Terrasse. Eine Riesenkatze ist jetzt ihre magische Begleiterin. Mit einem Satz springt das ungewöhnliche Tier weit über Helene hinweg in eine Gartenlandschaft, in der nichts mehr mit rechten Dingen zugeht: Fische plantschen in der Laube und liegen wenige Augenblicke später in einer von großen farbigen Vögeln getragenen Hängematte. Die Teichfolie wird zum Trampolin und die Katze fiebert. „Mama, Papa, die Katze ist krank”, ruft Helene ihren Eltern zu. Die sitzen derweil am Haus und unterhalten sich, nichts ahnend, in welch seltsamer Welt sich ihre Tochter aufhält. Aber sie sind präsent, auch wenn Helene von ihnen zerstreute, leicht verwirrende Antworten bekommt. Doch das stört nicht, denn alle Dialoge und besonders die farbig ineinanderwachsenden Bilder unterstreichen das Vertrauen zwischen Eltern und Kind. Am Ende sind die Eltern selbst Teil der üppig wuchernden Phantasiewelt der Tochter. Gemeinsam in gemütlicher Dreisamkeit - der Besuch ist gegangen - sitzen sie beieinander, kuschelig vereint mit den merkwürdigen Tieren. Das Leben an einem Sommertag ein Spaß für Eltern und Kind.
Anke Kuhls am Computer colorierte, witzig gezeichnete Figuren genießen munter ihre phantastische Welt und verhalten sich lustvoll verrückt, ohne die Wirklichkeit zu verlassen. Ein schwebender Zustand, den der spielerische Federstrich höchst vergnüglich einfängt. (ab 4 Jahre)
Elisabeth Hohmeister
Anke Kuhl
Helenes Familie
Carlsen Verlag 2005.
32 Seiten, 14 Euro.
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.04.2005Octopussys Besuch im Garten
In ihrem preisgekrönten Bilderbuch "Cowboy will nicht reiten" karikierte Anke Kuhl herbe Western-Typen, denen man nicht unbedingt begegnen will. Den Nachfolger "Helenes Familie" zeichnet neben dem eigenwilligen, lakonischen Strich der jungen Illustratorin auch wieder eine garstig-geniale Farbgebung aus. An dieser Palette werden sich die Geschmäcker von Kindern wie Erwachsenen scheiden, einen Anguckversuch ist Anke Kuhls neues Buch aber auf jeden Fall wert.
Diesmal dominieren Grün- und Türkistöne, Schauplatz ist der üppig wuchernde Garten von Familie Borstel. Von ihrer Terrasse blickt diese bei aller Naturverbundenheit eher ungesund bleichgesichtig aus dem Strickpulli - eine Öko-Version der Addams-Family. Merkwürdige Details fallen ins Auge: Flatterfinger, die wie gerollte Knetewürste aussehen, halten Salatbesteck, Tochter Helenes Mähne wogt und weht wie Seegras, ein langer Katzenschwanz lockt hinaus in die Brombeerwildnis, rosa Federn schweben ein, übergroße Vögel verschlingen ihre Stelzbeine zu Yogaübungen. Doch außer Helenes leicht makaberem Umgang mit manchen ihrer Stofftiere ist bei den Borstels alles ganz harmlos.
Helenes Phantasie ist so flexibel wie Flora und Fauna. Kleine Mißverständnisse in der Kommunikation von Tochter und geistesabwesenden Eltern ("Die Laube ist voller Wasser!") reichen, um den Garten für das Mädchen in ein phantastisches Wasserreich zu verwandeln, das sie in Begleitung ihrer lebendig gewordenen Riesenplüschkatze anstaunt. Hechte und Reschen, Drinnen und Draußen schwimmen durcheinander. Wie die Heldin trennen Kinder im Vorschulalter Phantastisches noch nicht von Wirklichem. Beim Vorlesen kommen deshalb überraschend technische Fragen auf: Macht eine Pumpe den Gartenteich zur Hüpfburg? Die Terrasse mit den Eltern scheint in weite Fernen abgetrieben, groß und nah glotzen die Fische aus dem Laubenaquarium. Daß beide Welten trotzdem in Rufweite zueinander existieren, ist zeichnerisch sehr geschickt umgesetzt und macht den Charme der Geschichte aus.
Reisen bildet den Charakter und erweitert den Horizont. Als "Expeditionsleiterin" ist Helene umsichtig und nicht zerstörungswütig wie im Kinderzimmer: Die Katze darf wegen der Krallen nicht mit auf der wie ein Hefeteig aufgegangenen Gartenteichfolie hüpfen, die Fische gehören nach kurzer Zeit unbedingt zurück ins Wasser, und die auf vier angewachsene Schar der erschöpften Freunde wird zur Stärkung nach Hause eingeladen. Auch die in der erwachsenen Realität verbliebenen Eltern profitieren schließlich von Helenes Ausflug: Sie lernen endlich mal interessante neue Leute kennen. Die phantastischen Begleiter werden von den Borstels ganz lässig als Familienzuwachs betrachtet und mit Kakao bedient. Erwachsene freuen sich sehr an dieser Pointe, für Kinder ist sie eher selbstverständlich. Schließlich hat man vorhin selbst mit einem netten Nashorn zu Abend gegessen.
ANNETTE ZERPNER
Anke Kuhl: "Helenes Familie". Carlsen Verlag, Hamburg 2005. 32 S., geb., 14,- [Euro]. Ab 4 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In ihrem preisgekrönten Bilderbuch "Cowboy will nicht reiten" karikierte Anke Kuhl herbe Western-Typen, denen man nicht unbedingt begegnen will. Den Nachfolger "Helenes Familie" zeichnet neben dem eigenwilligen, lakonischen Strich der jungen Illustratorin auch wieder eine garstig-geniale Farbgebung aus. An dieser Palette werden sich die Geschmäcker von Kindern wie Erwachsenen scheiden, einen Anguckversuch ist Anke Kuhls neues Buch aber auf jeden Fall wert.
Diesmal dominieren Grün- und Türkistöne, Schauplatz ist der üppig wuchernde Garten von Familie Borstel. Von ihrer Terrasse blickt diese bei aller Naturverbundenheit eher ungesund bleichgesichtig aus dem Strickpulli - eine Öko-Version der Addams-Family. Merkwürdige Details fallen ins Auge: Flatterfinger, die wie gerollte Knetewürste aussehen, halten Salatbesteck, Tochter Helenes Mähne wogt und weht wie Seegras, ein langer Katzenschwanz lockt hinaus in die Brombeerwildnis, rosa Federn schweben ein, übergroße Vögel verschlingen ihre Stelzbeine zu Yogaübungen. Doch außer Helenes leicht makaberem Umgang mit manchen ihrer Stofftiere ist bei den Borstels alles ganz harmlos.
Helenes Phantasie ist so flexibel wie Flora und Fauna. Kleine Mißverständnisse in der Kommunikation von Tochter und geistesabwesenden Eltern ("Die Laube ist voller Wasser!") reichen, um den Garten für das Mädchen in ein phantastisches Wasserreich zu verwandeln, das sie in Begleitung ihrer lebendig gewordenen Riesenplüschkatze anstaunt. Hechte und Reschen, Drinnen und Draußen schwimmen durcheinander. Wie die Heldin trennen Kinder im Vorschulalter Phantastisches noch nicht von Wirklichem. Beim Vorlesen kommen deshalb überraschend technische Fragen auf: Macht eine Pumpe den Gartenteich zur Hüpfburg? Die Terrasse mit den Eltern scheint in weite Fernen abgetrieben, groß und nah glotzen die Fische aus dem Laubenaquarium. Daß beide Welten trotzdem in Rufweite zueinander existieren, ist zeichnerisch sehr geschickt umgesetzt und macht den Charme der Geschichte aus.
Reisen bildet den Charakter und erweitert den Horizont. Als "Expeditionsleiterin" ist Helene umsichtig und nicht zerstörungswütig wie im Kinderzimmer: Die Katze darf wegen der Krallen nicht mit auf der wie ein Hefeteig aufgegangenen Gartenteichfolie hüpfen, die Fische gehören nach kurzer Zeit unbedingt zurück ins Wasser, und die auf vier angewachsene Schar der erschöpften Freunde wird zur Stärkung nach Hause eingeladen. Auch die in der erwachsenen Realität verbliebenen Eltern profitieren schließlich von Helenes Ausflug: Sie lernen endlich mal interessante neue Leute kennen. Die phantastischen Begleiter werden von den Borstels ganz lässig als Familienzuwachs betrachtet und mit Kakao bedient. Erwachsene freuen sich sehr an dieser Pointe, für Kinder ist sie eher selbstverständlich. Schließlich hat man vorhin selbst mit einem netten Nashorn zu Abend gegessen.
ANNETTE ZERPNER
Anke Kuhl: "Helenes Familie". Carlsen Verlag, Hamburg 2005. 32 S., geb., 14,- [Euro]. Ab 4 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Anke Kuhl ist cool" (Generalanzeiger Bonn)