Das Leben der ersten deutschen Dichterin vor dem schillernden Panorama des FrühmittelaltersWarum kann Hrotsvit sich einfach nicht anpassen? Immer bringt ihr Eigensinn sie in Schwierigkeiten. Statt der Predigt zu lauschen, korrigiert sie das Latein des Priesters. Statt harmloser Muster webt sie einen nackten König, der ein Schwein reitet. Statt die vereinbarte Ehe mit einem grausamen Herzog einzugehen, versucht sie zu fliehen. Niemand verurteilt es, wenn ihr Verlobter sie schlägt oder mächtige Hofmitglieder sich an ihr vergehen wollen. Immer wieder soll sie sich einem fremdbestimmten Leben fügen, wie es sich für eine Frau gehört. Doch Hrotsvit hat andere Pläne. Ihr Herz gehört den Büchern, und sie will selbst Stimme sein für all die ungehörten Frauen. So gelangt sie über Umwege ans Stift Gandersheim, wo sie Dramen verfasst, in denen Frauen ihre Vergewaltiger beschämen und offenbaren, dass sie über das verfügen, was ihnen von der Kirche abgesprochen wird: eine Seele.Liutprand ist verbittert: Von den Mächtigen wird er nur benutzt, muss ihre Launen ertragen und ihre skrupellosen Befehle ausführen. Dabei hat Gott ihn auserwählt, Großes zu schaffen. Sicher vergibt er ihm, dass er das Keuschheitsgelübde bricht. Das ist schließlich nicht seine Schuld. Außerdem hat er Talent: scharfsinnig und böse ist sein Humor, wortgewandt seine Zunge. Damit lässt sich Karriere machen. Und Liutprand will aufsteigen, so hoch es geht, um nie wieder als Stiefelabtreter herzuhalten. Dafür geht er sogar über Leichen. Und dann trifft er diese Hrotsvit, die ungewöhnlich klug ist für eine Frau ...Ein mitreißender Roman über das Leben der Hrotsvit von Gandersheim, die als erste deutsche Dichterin gilt und deren bemerkenswerte Dramen an #MeToo erinnern - und das im 10. Jahrhundert.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Rezensent Benno Schirrmeister wünschte, die Texte der sagenhaften Hrotsvit von Gandersheim, die Sarah Raich in ihrem Roman zur Protagonistin macht, wären leichter zugänglich. Derweil kann sich der Rezensent mit Raichs Roman gut unterhalten, der die Dramatikerin im Kontext ihrer bewegten Zeit (935-973) zeigt - als äußerst ungewöhnliche Zeitgenossin, die mit drastischer Sprache ebenso drastische Verhältnisse darstellte, Porno und blutige Schlachten. All das choreografiert Raich laut Schirrmeister in einer abenteuerlichen Erzählung, spannend, mit viel Fantasie für das Unausgesprochene in der Biografie ihrer Heldin. So wird Hrotsvit zur Zeitgenossin, staunt der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Sarah Raichs fantastischen Roman über eine Frau, die niemals bereit war, sich diesem patriarchalen Blick zu beugen, werde ich deshalb auch allen Geschichts- und Deutschlehrer*:innen in die Hand drücken, die ich kenne. Da über ihr Leben (Hrotsvit, Anm.) kaum etwas bis nichts bekannt ist, bietet dies einen Prospekt für Fiktionen, den Raich gut und angenehm leicht lesbar wie überzeugend detailreich in vielen Szenen ausmalt und dabei die Spiritualität Hrotsvits nicht zwanghaft entwertend ins Jetzt hinüberzerrt. Buchkultur Großartig! Dieser moderne Roman über Hrotsvit von Gandersheim und über das Leben im 10. Jahrhundert ist sehr gelungen. Aachener Tageszeitung Wie gut, dass Sarah Raichs Buch die »kraftvolle Stimme von Gandersheim«, so Hrotsvits Eigenbezeichnung, zum Klingen bringt - hell und laut. buecherfrauen.de Am Ende dieses feurigen Romans von Sarah Raich steht das dringende Bedürfnis, nun auch seiner Hauptfigur zu begegnen, also wenigstens ihren Schriften. taz