Henri Matisse hinterläßt mit dem 1947 abgeschlossenen Malerbuch JAZZ eine Art Vermächtnis für seine Nachwelt. Das aus Bildern und Texten bestehende Werk erinnert in seinem Titel einerseits an jene Musikrichtung, die in französischen Widerstandskreisen als Freiheitssymbol verstanden wurde, und anderseits an die Vorliebe des Künstlers für den illustrierten Text der Apokalypse, die in seiner Bemerkung gipfelt: "Aber die Offenbarung Johannis, das ist ja Jazz". Es ist ein zentrales Anliegen dieser Untersuchung, erstmalig Text und Bilder des Malerbuches gleichrangig und in Bziehung zueinander zu untersuchen. Hierbei wird deutlich, wie sehr JAZZ einen biografischen und künstlerischen Wendepunkt im Leben Matisse's markiert. Bei der Einordnung des Malerbuches in das Umfeld der französischen Buchkunst werden Beziehungen zu einer Handschrift aus dem 11. Jahrhundert, der Apokalypse von Saint Sever, deutlich, die dem Künstler seit 1943 als Faksimiledruck vorlag. Neben dem formalen Zusammenhang ist besonders die Leuchtkraft der Farben beiden Büchern gemeinsam. Der Text des Malerbuches ist Spiegel des Selbsterkenntnisprozesses des späten Matisse und zeigt die Verbindungen sowohl zu den JAZZ-Bildern wie auch zu den philosophischen und literarischen Vorbildern, insbesondere Bergson und Baudelaire, auf. Nach der Interpretation des Malerbuches folgt ein Kapitel, in dem Matisse's biografische und künstlerische Situation während des zweiten Weltkriegs anhand von unveröffentlichten Briefen zur Sprache kommt. Es wird gezeigt, welche politische Haltung Matisse einnahm, und inwieweit JAZZ als Ausdruck des Zeitgeschehens interpretiert werden kann.
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