Die beiden spanisch-jüdischen Philosophen Moses Maimonides (1138-1204) und H asdai Crescas (1340-1412) gehören zweifelsohne zu den wichtigsten jüdischen Denkern des Mittelalters und stehen zudem in einem direkten Bezug zueinander: Denn Or Hashem (deut. "Das Licht des Herrn"), das dogmatisch-philosophische Hauptwerk von Crescas, ist als eine explizite Kritik an Maimonides philosophischem opus magnum Dalalat al-h a'irin (hebr. Moreh Nevuchim; deut. "Wegweiser der Verwirrten") formuliert. Doch warum hat das philosophische Programm von Maimonides Erfolg, während das seines Kritikers Crescas letztlich scheitert? Kann man hier gar von einem Paradigmenwechsel im Kuhn'schen Sinne sprechen, welchen beide intendieren, oder sind vielleicht andere Faktoren für den Erfolg bzw. Scheiterns des jeweiligen Programmes ausschlaggebend? Die vorliegende Arbeit geht eben diesen Fragen nach, indem sie versucht, die vielschichtigen historischen, religiösen und intellektuellen Kontextbezüge der beiden Werke offenzulegen, sowie jene Prozesse zu ergründen, welche zwischen diesen beiden Werken stehen. Anhand der Wirkungsintension und Wirkungsrealität von Maimonides und Crescas soll hier schließlich geklärt und verdeutlicht werden, worin Maimonides und Crescas in ihren spezifischen Kontexten ihre Identität im komplexen Beziehungsgefüge der konstituierenden Wissensquellen Tradition - Autorität - Neuerung herausgefordert sehen.