»Shame on you, Mr. Bush«: Die ganze Welt sah zu, empört oder begeistert, wie Michael Moore ausgerechnet in Hollywood seinen legendären Angriff auf den »Kriegspräsidenten« startete. Das ist auch der Ton seines neuesten, seines größten Buches. Angriffslustig, polemisch und witzig erzählt er, wie der streng katholisch erzogene Junge aus Flint/Michigan zum erfolgreichsten Dokumentarfilmer und zum umstrittensten Polit-Satiriker Amerikas wurde. »Bowling for Columbine« trug ihm den Oscar ein, aber auch den Hass vieler Landsleute. Nicht umsonst heißt das erste Kapitel »The Execution of Michael Moore«. Millionen Menschen weltweit lieben ihn für seine politischen Satiren, weil sie wissen: Wenn Michael Moore schreibt, wird es aufregend, lustig, provokant. Kurz: Here Comes Trouble ...
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2012Arger Unsympath
Michael Moore macht es sich nicht leicht mit sich. Seine öffentliche persona samt Mut, Unangepasstheit, Gadfly-Gehabe und Rüpelismus, die diesmal noch deutlicher als bei seinen sonstigen Produkten im Mittelpunkt steht, verkörpert eine Sorte des sozialen Aufstiegs, die er, der ja von Berufs wegen immer alles entlarvt, woran die braven unter seinen Landsleuten glauben, normalerweise gern geißelt, verbellt oder wenigstens mit Gemaule und Pfiffigkeit miesmacht. Aufsteigergeschichten, weiß Moore, sollen die für die allermeisten Menschen im gegebenen System unausweichliche Verliererwirklichkeit verschleiern. Stimmt schon. Tun sie aber nicht, wenn sie von Leuten wie Michael Moore erzählt werden. Denn dass das, was ihm widerfahren ist und geschenkt wurde - Ruhm und Geld für das Nestbekleckern - eine absolute Ausnahme ist und nichts über das System sagt, dem er entgegenwirkt, glaubt man, wenn man dieses Buch gelesen hat, sofort: Mehr als einen, der sich schon als Kind nichts gefallen lässt, was anderen angetan wird, und bei allem, was er sieht, ob mit bloßem Auge oder durch die Kamera, jederzeit nur eins erkennt, nämlich dass man ihm eben nichts vormachen kann, hält das Land, ach was: die Welt gewiss nicht aus. Ein arger Unsympath, gemalt von ihm selbst, in den allergrellsten Farben. Einer der das, was er nicht auf den Kapitalismus schieben kann, den er mit Absicht nicht versteht, dann halt auf seine katholische Kindheit schiebt. Man möchte den Papst, die Unternehmer, die Hochfinanz und das Menschengeschlecht insgesamt vor ihm beschützen. Fast schafft er es, dem Publikum auszureden, dass er mit den meisten Beobachtungen betreffend die Welt, die ihn erträgt, dann doch immer wieder schlicht recht hat. Respekt. (Michael Moore: "Here comes trouble". Mein Leben als Querschläger. Piper Verlag, München 2012. 400 S., br., 19,99 [Euro].) dda
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Michael Moore macht es sich nicht leicht mit sich. Seine öffentliche persona samt Mut, Unangepasstheit, Gadfly-Gehabe und Rüpelismus, die diesmal noch deutlicher als bei seinen sonstigen Produkten im Mittelpunkt steht, verkörpert eine Sorte des sozialen Aufstiegs, die er, der ja von Berufs wegen immer alles entlarvt, woran die braven unter seinen Landsleuten glauben, normalerweise gern geißelt, verbellt oder wenigstens mit Gemaule und Pfiffigkeit miesmacht. Aufsteigergeschichten, weiß Moore, sollen die für die allermeisten Menschen im gegebenen System unausweichliche Verliererwirklichkeit verschleiern. Stimmt schon. Tun sie aber nicht, wenn sie von Leuten wie Michael Moore erzählt werden. Denn dass das, was ihm widerfahren ist und geschenkt wurde - Ruhm und Geld für das Nestbekleckern - eine absolute Ausnahme ist und nichts über das System sagt, dem er entgegenwirkt, glaubt man, wenn man dieses Buch gelesen hat, sofort: Mehr als einen, der sich schon als Kind nichts gefallen lässt, was anderen angetan wird, und bei allem, was er sieht, ob mit bloßem Auge oder durch die Kamera, jederzeit nur eins erkennt, nämlich dass man ihm eben nichts vormachen kann, hält das Land, ach was: die Welt gewiss nicht aus. Ein arger Unsympath, gemalt von ihm selbst, in den allergrellsten Farben. Einer der das, was er nicht auf den Kapitalismus schieben kann, den er mit Absicht nicht versteht, dann halt auf seine katholische Kindheit schiebt. Man möchte den Papst, die Unternehmer, die Hochfinanz und das Menschengeschlecht insgesamt vor ihm beschützen. Fast schafft er es, dem Publikum auszureden, dass er mit den meisten Beobachtungen betreffend die Welt, die ihn erträgt, dann doch immer wieder schlicht recht hat. Respekt. (Michael Moore: "Here comes trouble". Mein Leben als Querschläger. Piper Verlag, München 2012. 400 S., br., 19,99 [Euro].) dda
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