Sie sind komisch. Sie sind tragisch. Wir erkennen uns in ihnen wieder und betrachten fortan das Alltägliche mit anderen Augen: Von Gregor Samsa bis Garp bevölkern Sonderlinge die Literatur. Herr Jensen ist einer von ihnen. Herr Jensen arbeitet bei der Post. Sorgfältig, beinahe liebevoll pflegt er seine Zustellungen in die Schlitze der Briefkästen zu schieben. Arbeitet Herr Jensen nicht, denkt er über geheime Jagdgründe für Frauen nach oder über die Schwerkraft. Für ihn hätte es immer so weitergehen können. Eines Tages allerdings wird Herr Jensen freigestellt, um Freistellungen vermeiden zu…mehr
Sie sind komisch. Sie sind tragisch. Wir erkennen uns in ihnen wieder und betrachten fortan das Alltägliche mit anderen Augen: Von Gregor Samsa bis Garp bevölkern Sonderlinge die Literatur. Herr Jensen ist einer von ihnen. Herr Jensen arbeitet bei der Post. Sorgfältig, beinahe liebevoll pflegt er seine Zustellungen in die Schlitze der Briefkästen zu schieben. Arbeitet Herr Jensen nicht, denkt er über geheime Jagdgründe für Frauen nach oder über die Schwerkraft. Für ihn hätte es immer so weitergehen können. Eines Tages allerdings wird Herr Jensen freigestellt, um Freistellungen vermeiden zu können, wie man ihm erklärt. Bald darauf stellt er fest, daß man einen Wecker, der nicht mehr wecken muß, eigentlich Uhr nennen sollte. Immer seltener verläßt er seine Wohnung. Denn nun ist er einer ganz großen Sache auf der Spur, nur entdecken darf ihn dabei keiner - dafür hat Herr Jensen gesorgt. Ist es wirklich die hohe Kunst des Nichtstuns, die Herrn Jensen treibt, oder verfolgt er nicht doch einen geheimen Plan? Nicht das Alltägliche, nicht der Wahnsinn interessieren Jakob Hein, es ist der schmale Grat dazwischen
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Autorenporträt
Jakob Hein, geb. 1971 in Leipzig. 1977 hat er die ersten Geschichten geschrieben und seiner Mutter vorgelesen. Seine erste Regiearbeit wurde 1982 beim 'Fest der jungen Talente' mit einer Urkunde ausgezeichnet. 1988 entdeckte er die Möglichkeit, seine Geschichten auch anderen Leuten als seiner Mutter vorzulesen. Das macht er jetzt jeden Sonntag in der Reformbühne 'Heim und Welt' im Berliner 'Kaffee Burger'. Jedes Frühjahr moderiert er die 'Lesershow' im Roten Salon in der Volksbühne. In Wirklichkeit ist er Arzt an der Berliner Charite.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Ganz hübsch, aber irgendwie doch "literarische Schmalkost" ist dieser Roman aus Sicht von Rezensent Wolfgang Schneider. Jakob Heins "pflegeleichter Humor" garantiere leichte Verdaulichkeit und der "Zug ins Parabelhafte" gar noch eine Art moralischen Mehrwert. Auch ist das Buch über einen klassischen Sozialverlierer unserer Tage sozusagen "mitten hinein ins heutige Sinnvakuum" erzählt. Doch schon vom Titel her strahlt der Roman für Schneider eigentlich eher etwas Altmodisches aus, und Heins Held Jensen sei auch gar nicht ausgestiegen, sondern eher aus dem System gefallen. Antriebslos verbringt er seine Tage vor dem Fernseher und wird immer merkwürdiger, bis er schließlich in der Psychiatrie landet. Heins Versuch, die deutsche Literaturtradition der Beschreibung eines "Sonderlings" fortzusetzen, hält Schneider für gescheitert. Herr Jensen weckt keinerlei Sympathien bei ihm. Er scheint dem Rezensenten nur Sprachrohr für einen Autor zu sein, der wohlfeile Gesellschaftskritik üben möchte.