Wer ist dieser rundliche Herr, der da fast ein Jahr lang jeden Nachmittag an derselben Stelle des Stadtparks erscheint und die Passanten in muntere Gespräche verwickelt? Ein Weiser, ein Sprücheklopfer, ein Clown, ein streitlustiger Philosoph? Viele schütteln den Kopf und gehen weiter, andere hören ihm zu, diskutieren mit ihm und finden sich immer wieder am selben Ort ein. Er selbst schreibt nichts auf, aber seine Hörer machen sich Notizen. Das kleine weiße Buch, das hier vorliegt und wie ein Taschenkalender aussieht, überliefert die Betrachtungen und Provokationen dieses sonderbaren Zeitgenossen, der genauso heißt wie der letzte Buchstabe des Alphabets. Mit subversiver Energie und wenigen Sätzen untergräbt Herr Zett Dünkel, Größenwahn und falsche Autorität. Den Institutionen vertraut er ungern, und für »alternativlos« hält er gar nichts. Aber nicht alles, was er sagt, mag man für bare Münze nehmen. Er räumt Irrtümer ein und mit Urteilen auf.
»Eine sokratische Spielfreude belebt dieses postmoderne Weisheitsbuch, das Enzensbergers Ideal buddhistischer Tiefenentspanntheit mit Lust am Einspruch verbindet...«
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Man könnte Hans Magnus Enzensbergers ganzes Leben als meditative Übung darin sehen, sich nicht von hochtrabenden Überzeugungen verbiestern zu lassen, findet Ijoma Mangold, und die Hauptfigur seines neuesten Büchleins "Herrn Zetts Betrachtungen", eben jener Herr Zett, verkörpert diese Neigung des Autors aufs Beste, berichtet der Rezensent. Konkret äußert sich das in mangelnder Anhänglichkeit gegenüber sämtlichen Meinungen, die Zett häufiger wechselt als sein Hemd, schon aus Gründen der Hygiene, sobald sich nämlich "die ersten schwarzen Ränder" zeigen, zitiert Mangold. Praktisch sind auch Paradoxien, "Einsichtserhaschungen mit eingebauter Unruhe", die eine allzu große Flatterhaftigkeit unterbinden, erklärt der Rezensent. Und so unterhält Zett wie ein Wanderprediger seine Zuhörer im Park mit Vorübergehendem und Widersprüchlichem und frönt dabei einem sympathischen "Stoizismus der Munterkeit", fasst Mangold zusammen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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