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Palastintrigen, politische Manipulationen und Korruption - wer hatte und hat in Japan wirklich die Macht? Über keine Herrscherfamilie ist der Öffentlichkeit so wenig bekannt wie über die des japanischen Kaiserhauses. In ihrer Reportage erzählen die beiden Autoren von dem Wandel und den Problemen einer Gesellschaft, die immer noch auf den Säulen alter Herrschaftsstrukturen ruht. Ein spannender Bericht, der Japan von einer Seite zeigt, die es noch zu entdecken gilt.

Produktbeschreibung
Palastintrigen, politische Manipulationen und Korruption - wer hatte und hat in Japan wirklich die Macht? Über keine Herrscherfamilie ist der Öffentlichkeit so wenig bekannt wie über die des japanischen Kaiserhauses. In ihrer Reportage erzählen die beiden Autoren von dem Wandel und den Problemen einer Gesellschaft, die immer noch auf den Säulen alter Herrschaftsstrukturen ruht. Ein spannender Bericht, der Japan von einer Seite zeigt, die es noch zu entdecken gilt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.03.2000

Schwarze Fonds
Japan und seine Kaiser: Eine spannende Darstellung mit fragwürdigen Behauptungen

Peggy Seagrave, Sterling Seagrave: Herrscher im Reich der aufgehenden Sonne. Die geheime Geschichte des japanischen Kaiserhauses. Aus dem Amerikanischen von Udo Rennert. Limes Verlag, München 1999. 510 Seiten, Abbildungen, 48,- Mark.

Es ist ein spannendes, gut geschriebenes, flüssig übersetztes Buch, die Argumentation der Autoren weist freilich große Schwächen auf. Mit einer Fülle von Details zeichnen Sterling und Peggy Seagrave ein Bild des japanischen Kaiserhauses seit dem Ende des Shogunats 1868. Stehen die vier Kaiser von Mutsuhito (Meiji) über Yoshihito (Taisho) und Hirohito (Showa) bis Akihito im Mittelpunkt, so bezieht die Darstellung auch die Familie ein: Brüder, die nicht immer die Meinung des Kaisers teilten, Kaiserinnen mit oder ohne Einfluss, Konkubinen, deren akzeptierte Stellung die physische Kontinuität einer Dynastie sicherte. Eingebettet ist die Genealogie der "Herrscher im Reich der aufgehenden Sonne" in die Geschichte einer Zeit, in der sich Japan in wenigen Jahrzehnten zu einer militärischen Großmacht entwickelte, um nach tiefem Fall als wirtschaftliche Kraft ersten Ranges in die Weltpolitik zurückzukehren. Welche Rolle dabei die Kaiser spielten, ist die Frage, die die Autoren vor allem bewegt. Eine symbolisch-zeremonielle oder eine politisch-aktive? Eine positive oder eine negative? Positiv oder negativ für wen?

In der Perspektive der beiden Verfasser erscheint der Meiji-Kaiser nicht als der große Reformer, sondern als Verkörperung einer Politik, die erst vom Grafen Ito, später vom General Yamagata bestimmt wurde. Positiver als gewohnt ist das Bild seines Sohnes Yoshihito, dessen Behauptungswille bald den Einflüssen seiner Berater wie seiner zerrütteten Gesundheit erlag. Zentrale Figur ist Kaiser Hirohito schon wegen der Länge seiner Amtszeit, vor allem aber wegen seiner Rolle in dem im Fernen Osten 1937 einsetzenden Krieg. Sehen die meisten Historiker diesen japanischen Kaiser eher als die Fassade eines weitgehend vom Militär bestimmten politischen Systems, so ist er für Sterling und Peggy Seagrave der aktive Förderer eines Expansionskrieges gegen Japans Nachbarn. Ziel dieses Krieges war aber weniger die territoriale Ausweitung des japanischen Imperiums als die Plünderung der besetzten Teile Asiens zum Nutzen von Staat und Dynastie. Hirohito erscheint so nicht nur als Kriegsgewinnler, sondern auch als Kriegsverlängerer, der sich bis zuletzt allen Bemühungen widersetzte, den Krieg zu beenden. Danach habe er das Glück gehabt, in General MacArthur einen Protektor zu finden, dem im Zeichen von Kaltem Krieg und Antikommunismus mehr daran gelegen war, den Kaiser zu stabilisieren, als ihn zu demontieren. In konspirativem Zusammenwirken der Japan-Lobby um MacArthur (mit dem ehemaligen Präsidenten Hoover und dem früheren Botschafter in Tokio Grew) sei es dem japanischen Hof gelungen, den Tenno rein zu waschen und die Schuld an Krieg und Kriegsgräueln ausschließlich einigen Militärs zuzuweisen. Die verborgene Beute des Krieges aber sei zur Grundlage des wirtschaftlichen Aufstiegs geworden. Eine moralische Reinigung habe ebenso wenig stattgefunden wie eine notwendige soziale Revolution. So setze sich ungebrochen ein System fort, das auf die hemmungslose Bereicherung einer korrupten Führungselite ziele. Die Stellung Akihitos aber sei, bei allem guten Willen, zu schwach, um irgendetwas zu verändern.

Die Darstellung der Seagraves belastet in hohem Maße den amerikanischen "Prokonsul" und Kaiser Hirohito, aber auch Mitglieder der kaiserlichen Familie wie Prinz Akasa, Hirohitos Onkel, den die Autoren für das Massaker von Nanking verantwortlich machen. Sie belastet auch seinen Bruder Prinz Chichibu, der in der Operation "Goldene Lilie" die systematische Plünderung Südostasiens organisiert und koordiniert habe. Anders als von Deutschland sei von Japan nie eine Kriegsentschädigung verlangt oder geleistet worden - mit der Begründung, dass Japan bei Kriegsende bankrott gewesen sei. Anders als in Deutschland sei das alte politische System letztlich intakt geblieben - mit dem Kaiser an der Spitze, auch wenn ihm durch die Verfassung der göttliche Nimbus genommen worden ist.

Manches, was die Verfasser vortragen, ist nicht neu, einiges von dem, was neu ist, erscheint plausibel. Was aber die Substanz der "Anklage" betrifft, bleiben jede Menge Fragen. Zweifel beginnen bei der Genauigkeit der Recherche. Yoshiaki Tsutsumi ist sicher nicht mehr der reichste Mann der Welt, und seine Familie findet sehr wohl in der bekannten japanischen Enzyklopädie (wenn auch kurz) Erwähnung, die im Übrigen nicht Kodansa, sondern Kodansha heißt. Der "Wissenschaftler Sakaiya" war schon lange vor Drucklegung eine der bedeutendsten Figuren im Kabinett Obuchi. Natürlich gelangten die Philippinen nicht als Folge des russisch-japanischen Krieges in amerikanischen Besitz, sondern einige Jahre früher als Folge des spanisch-amerikanischen Krieges. Mehrfach wird der frühere Bürgermeister von Nagasaki, Motoshima, der den Tenno der Mitschuld am Kriege geziehen hatte, als ermordet bezeichnet - es wurde zwar 1990 ein Attentat auf ihn verübt, aber das überlebte er, wie in Japan jedermann weiß. Und Kyushu ist immer noch eine Insel und keine Stadt. Verwendet werden fast nur Veröffentlichungen in englischer Sprache, während sich bei Quellen in japanischer Sprache die Autoren auf übersetzte Auszüge beziehen, die ihnen von sprachkundigen Personen zur Verfügung gestellt worden seien. Die Liste der zitierten Literatur ist lang, aber meist fehlen die Seitenangaben, um den Sachverhalt überprüfbar zu belegen.

Der Mangel überzeugender Beweise zeigt sich nirgends mehr als in der Geschichte von der von den Japanern während des Pazifischen Krieges geraubten Beute. Die in hunderten von Höhlen auf den Philippinen gelagerten Gold- und Diamantenschätze seien nach dem Kriege in Geheimoperationen wieder nach Japan geschafft oder mit einheimischen Profiteuren geteilt worden. Die Seagraves berufen sich dabei auf "Gewährsleute", die sich "freiwillig Wahrheitstests und Tests durch Hypnose" unterzogen. Dabei wechselt der geschätzte Wert dieser Schätze von Seite zu Seite. Einmal handelt es sich um Massivgold von mehreren Milliarden Dollar, die sich bald auf 190 Milliarden Dollar belaufen, wobei auf derselben Seite festgestellt wird, dass es sich möglicherweise sogar um "hundert Billionen Dollar" gehandelt haben könne. Dieses Gold sei, soweit es nicht nach Japan zurückfloss oder bei Präsident Marcos hängen blieb, in "176 Bankfilialen in 42 Ländern deponiert" worden, wo es den Grundstock des "Schwarzen Fonds" der CIA in den ersten Nachkriegsjahren bildete, mit dem der Geheimdienst sein antikommunistisches weltweites System finanzierte. "Dokumente" zeigten, dass eins der Goldkonten auf den Namen MacArthur lautete, während Gold im Werte von 100 Millionen Dollar "im Namen Herbert Hoovers bei einer Bank deponiert" worden sei. Indizien werden zu Fakten, Vermutetes zur Gewissheit, Unterstelltes zum Beweis. Es kann ja sein, dass manches davon stimmt - aber bei Beschuldigungen dieser Größenordnung hätte man es schon gern etwas präziser gewusst.

So wenig präzise die Seagraves beim Geld sind, so sicher sind sie bei ihrer Schuldzuweisung an Kaiser Hirohito. Sicher wäre es unhistorisch, ihn zu jemanden zu stilisieren, der sich der Militarisierung der japanischen Gesellschaft und der Expansion des Militärs widersetzt hätte. Aber die Autoren unternehmen keinen ernsthaften Versuch, das Handeln des Tennos unter den Bedingungen seiner Zeit und seiner Stellung zu analysieren, in der sich theoretische Omnipotenz und faktische Ohnmacht verbanden. Er war vermutlich Opportunist wie die meisten Politiker und so lange für den Krieg, wie er sich damit für sein Land Sieg und Vorteil versprach. Aber als sich im Laufe des Krieges die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit einer Niederlage abzeichnete, gehörte er zu den Kräften, die sich bemühten, die Voraussetzung für eine Beendigung des Krieges zu schaffen. Es brauchte letztlich die Atombombe, um dem Kaiser das Argument an die Hand zu geben, dessen Durchschlagskraft die Kriegspartei entwaffnete. Der japanische Historiker Sadao Asada hat mit den Mitteln der Geschichtswissenschaft nachgezeichnet, wie es zum Kapitulationsangebot vom 15. August 1945 kam: Im Widerstreit zwischen Diplomatie, Heer und Marine war es die singuläre Entscheidung des Kaisers, die Japan, dessen Hauptinseln noch kein Feind betreten hatte, vor einer noch größeren Katastrophe bewahrte. Gerade der Vergleich mit Deutschland zeigt die unterschiedliche Motivation der handelnden Personen.

Es wäre zu begrüßen, wenn der Beitrag des Ehepaars Seagrave - trotz seiner offenkundigen Schwächen - in Japan zu einer Auseinandersetzung führte, der man allzu lange ausgewichen ist. Das setzt natürlich eine Übersetzung des Buches ins Japanische voraus. Merkwürdig ist, dass das Buch zwar in Deutschland, aber bisher nicht in Amerika erschienen ist (dort ist es für April angekündigt). Immerhin sind die Verfasser Amerikaner und das Thema des Buches berührt neben Japan vor allem die Vereinigten Staaten. Brauchte der Verlag Zeit, die amerikanische Version vor drohenden rechtlichen Komplikationen zu sichern? Man darf auf das Erscheinen und die Reaktionen gespannt sein.

ANNE SCHNEPPEN

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