Könige und Herrscher galten über die Zeiten hinweg als schlichtweg außergewöhnliche Menschen. Neben angeborenen Fähigkeiten bei der Staats- und Heeresführung wurden ihnen Heil- und Wunderkraft, übermenschliches Charisma, besondere Gottesnähe, ja eigene Göttlichkeit zugeschrieben. Das Buch zeigt, wie sich dieses sakrale Königtum gegen alle Alleinvertretungsansprüche der monotheistischen Religionen dauerhaft behaupten konnte. Dabei wird deutlich, dass die alten Zuschreibungen vielfältig fortleben; und dies nicht nur in tradierten Staats-Ritualen, in neu konstituierten realen Königtümern und in Gestalt des höfisch-nostalgischen Gepränges der Regenbogenpresse, sondern auch in den -modernen- Märchen-, Komik-, Fantasy-, Werbe- und Science-Fiction-Welten. In der Poesie lebt die Würde königlichen Sprechens fort, in priesterlichen Moral-Ansprüchen usurpierte königliche Rechtsgewalt. Und nicht zuletzt speisten sich Formen -moderner- Demagogie und Staatspropaganda -obenan die der nationalsozialistischen Führungsclique - aus Momenten überkommenen königlichen Charismas ...Mit Beiträgen von Jan Assmann, Nicolai Grube, Wolfram Pyta, Manfred Schneider, Burkhard Schnepel, Reinhard Schulze, Harald Strohm, Raphaela von Weichs, Martin Windisch, Raimar Zons.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.12.2010Binärreligionen
Ist Gott in der Welt oder irgendwo da draußen? Den Monotheismus aus der Immanenzperspektive, von dieser "ausgegrenzten Gegenseite, dem ,Heidentum' her in den Blick zu fassen", haben sich die Lindauer Symposien für Religionsforschung vorgenommen. So gewinnt man Einsichten etwa in die Struktur der Sakralherrschaft. Diese von altorientalischer bis zu nationalsozialistischer Zeit gängige Überhöhung des innerweltlichen Machthabers müsste doch eigentlich, wie Jan Assmann annimmt, "Gott ins Handwerk pfuschen". Im Judentum führte dies auch tatsächlich zur Degradierung des weltlichen Herrschers. Aber die Sakralisierung war doch bald mit der Transzendenz vereinbar, und zwar qua Zwei-Reiche-Lehre. Der Islam dränge indes darauf, den christlichen Staat-Kirche-Dualismus rückgängig zu machen, und drohe, so Assmann, "in eine Form von Heidentum zurückzufallen". Besondere Bedeutung kommt in diesem wissensprallen Band damit Reinhard Schulzes differenzierter Überprüfung des mindestens zweihundert Jahre alten Stereotyps des Islam als politische Religion zu. Diese Klassifikation erscheint bei ihm als moderne - und zumindest von den Jungosmanen auch gern übernommene - Verkürzung, die mit der islamischen Frühzeit nichts zu tun hat. Mehr noch: "Die alte Dualität von Islam und Herrschaft wurde aber bis in die Neuzeit nie wirklich aufgegeben." Ein realer Herrschaftsanspruch werde mit dem Islam erst um 1920 begründet, und zwar von dem syrisch-ägyptischen Prediger Muhammad Raschid Rida. Sind die Irgendwo-da-draußen-Götter und ihre Anhänger einander also doch zum Verwechseln ähnlich? (Jan Assmann, Harald Strohm (Hrsg.): "Herrscherkult und Heilserwartung". Lindauer Symposien für Religionsforschung Band 2. Wilhelm Fink Verlag, München 2010. 262 S., br., 29,90 [Euro].) oju
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ist Gott in der Welt oder irgendwo da draußen? Den Monotheismus aus der Immanenzperspektive, von dieser "ausgegrenzten Gegenseite, dem ,Heidentum' her in den Blick zu fassen", haben sich die Lindauer Symposien für Religionsforschung vorgenommen. So gewinnt man Einsichten etwa in die Struktur der Sakralherrschaft. Diese von altorientalischer bis zu nationalsozialistischer Zeit gängige Überhöhung des innerweltlichen Machthabers müsste doch eigentlich, wie Jan Assmann annimmt, "Gott ins Handwerk pfuschen". Im Judentum führte dies auch tatsächlich zur Degradierung des weltlichen Herrschers. Aber die Sakralisierung war doch bald mit der Transzendenz vereinbar, und zwar qua Zwei-Reiche-Lehre. Der Islam dränge indes darauf, den christlichen Staat-Kirche-Dualismus rückgängig zu machen, und drohe, so Assmann, "in eine Form von Heidentum zurückzufallen". Besondere Bedeutung kommt in diesem wissensprallen Band damit Reinhard Schulzes differenzierter Überprüfung des mindestens zweihundert Jahre alten Stereotyps des Islam als politische Religion zu. Diese Klassifikation erscheint bei ihm als moderne - und zumindest von den Jungosmanen auch gern übernommene - Verkürzung, die mit der islamischen Frühzeit nichts zu tun hat. Mehr noch: "Die alte Dualität von Islam und Herrschaft wurde aber bis in die Neuzeit nie wirklich aufgegeben." Ein realer Herrschaftsanspruch werde mit dem Islam erst um 1920 begründet, und zwar von dem syrisch-ägyptischen Prediger Muhammad Raschid Rida. Sind die Irgendwo-da-draußen-Götter und ihre Anhänger einander also doch zum Verwechseln ähnlich? (Jan Assmann, Harald Strohm (Hrsg.): "Herrscherkult und Heilserwartung". Lindauer Symposien für Religionsforschung Band 2. Wilhelm Fink Verlag, München 2010. 262 S., br., 29,90 [Euro].) oju
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