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7. November 1938. Der 17-jährige Jude Herschel Grynszpan schießt in der deutschen Botschaft in Paris auf den Legationssekretär Ernst vom Rath. Als dieser am 9. November 1938 stirbt, gibt Hitler den Startschuss zur Reichspogromnacht. Die Nationalsozialisten behaupten, hinter der Tat stehe das "internationale Judentum" und das Dritte Reich müsse sich dagegen wehren. Seitdem ranken sich Mythen und Legenden um den Täter und sein Opfer. Armin Fuhrer hat zahlreiche Dokumente gesichtet, darunter erstmals etliche bislang gesperrte Unterlagen. 'Herschel' ist die erste seriöse Untersuchung des Falls. Es…mehr

Produktbeschreibung
7. November 1938. Der 17-jährige Jude Herschel Grynszpan schießt in der deutschen Botschaft in Paris auf den Legationssekretär Ernst vom Rath. Als dieser am 9. November 1938 stirbt, gibt Hitler den Startschuss zur Reichspogromnacht. Die Nationalsozialisten behaupten, hinter der Tat stehe das "internationale Judentum" und das Dritte Reich müsse sich dagegen wehren. Seitdem ranken sich Mythen und Legenden um den Täter und sein Opfer. Armin Fuhrer hat zahlreiche Dokumente gesichtet, darunter erstmals etliche bislang gesperrte Unterlagen. 'Herschel' ist die erste seriöse Untersuchung des Falls. Es gibt neue Antworten auf alte Fragen - und neue Antworten auf neue Fragen. Nicht zuletzt bietet es die tragische Geschichte zweier junger Männer, die zwischen die Fronten der großen Weltpolitik gerieten.
Autorenporträt
Armin Fuhrer wurde 1963 in Düsseldorf geboren. Nach einem Studium (Geschichte, Politikwissenschaft, Öffentliches Recht) und einem Besuch auf der Axel-Springer-Journalistenschule arbeitete er von 1994 bis 2000 bei der Tageszeit Die Welt als Politikredakteur und Parlamentskorrespondent. Seitdem ist er als politischer Hauptstadt-Korrespondent für den Focus in Berlin tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.2013

Schüsse im Palais Beauharnais
Grynszpan wollte ein Signal gegen das NS-Unrecht setzen

Für die nationalsozialistische Propaganda kam das Attentat vom 7. November 1938 in der deutschen Botschaft in Paris wie gerufen, um zwei Tage später die brutalsten Ausschreitungen gegen Juden überall im Reichsgebiet zu inszenieren. Diese Zäsur in der Judenverfolgung ließ im Rückblick den 17 Jahre alten Täter Herschel Grynszpan und das 29 Jahre alte Opfer Ernst vom Rath oft in den Hintergrund treten. Dagegen schreibt Armin Fuhrer jetzt auf breiter Quellenbasis mit Verve an. Er ist überzeugt davon, dass es sich bei dem Anschlag nicht um eine "homosexuelle Beziehungstat" handelte.

Urheber jener "Sex-Story mit historischer Tragweite" war 1952 der ehemalige Abwehr-Mitarbeiter und Publizist Michael Graf Soltikow. Daran entzündete sich eine zwei Jahrzehnte andauernde juristische Auseinandersetzung mit Raths Familie. Fuhrer zitiert hier den Rechtsanwalt Isidor Fraenkel, der 1958 in einer Pariser Zeitung "den Deutschen" vorwarf, seinen früheren Mandanten Grynszpan "moralisch umbringen" zu wollen: "Der junge Mensch, welcher sein Leben für die Ehre des Jüdischen Volkes einstellte, ihn will man beschmutzen und sucht die niederträchtigste Art von sexueller Beziehungstat als Motiv des Mörders." Obwohl weder ein Münchner noch ein Augsburger Gericht das unterstellte Tatmotiv bestätigte, stellt Fuhrer eine "bis heute anhaltende Durchschlagskraft der Soltikowschen Behauptungen" fest, zumal sie "völlig kritiklos von eigentlich seriösen Historikern wie Hans-Jürgen Döscher übernommen" und verbreitet würden. Der Autor resümiert, dass das nach dem Attentat in Paris kurz kursierende Gerücht, Grynszpan und der "homosexuell veranlagte" Rath hätten sich gekannt, nicht zutrifft: Grynszpans fünf Schüsse waren eine "Verzweiflungstat" wegen der Abschiebung seiner Eltern und Geschwister aus Hannover nach Polen im Oktober 1938; nur zufällig traf er im Botschaftsgebäude auf den Legationssekretär. Sofort schickte Hitler seinen "Begleitarzt" Karl Brandt nach Paris. Dem soll er - "auch wenn der letzte Beweis fehlt" - telefonisch den Befehl erteilt haben, "Rath die nötige Hilfe im Krankenhaus zu verweigern und ihn sterben zu lassen. Der junge Nachwuchsdiplomat war der geborene Märtyrer, ein ,Blutzeuge der Bewegung' ganz nach dem Geschmack des ,Führers' und seines Propagandaministers. Sein Tod gab den willkommenen Anlass zur Reichspogromnacht."

Nach der Besetzung Frankreichs fiel Grynszpan Mitte 1940 in die Hände der Gestapo. Ende 1942 verliert sich seine Spur. "In der Gedenkstätte Yad Vashem ist er als Opfer des Holocaust aufgelistet, als Todesdatum der 28. Januar 1945 angegeben." In Hannover findet sich dort, wo einst das Wohnhaus seiner Familie stand, ein Stolperstein für ihn. Jedoch in der "früheren deutschen Botschaft in der Pariser Rue de Lille" fehlt ein "Hinweis" auf den Attentäter: "Selbst eine Gedenktafel wurde Herschel Grynszpan in dem Gebäude, das heute als Residenz dient, verweigert. Seine Nachkommen würden das gern ändern."

RAINER BLASIUS

Armin Fuhrer: Herschel. Das Attentat des Herschel Grynszpan am 7. November 1938 und der Beginn des Holocaust. Berlin Story Verlag, Berlin 2013. 365 S., 19,80 [Euro].

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