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Ein französisches Gericht verurteilte ihn wegen Kollaboration mit den Nazis 1945 zum Tod, Politiker und Klerus beschützten ihn. Jahrzehntelang blieb Pierre Brossard unbehelligt, bis den Siebzigjährigen seine Vergangenheit einholt. Verbrechen verjähren nach 40 Jahren - nicht aber Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Produktbeschreibung
Ein französisches Gericht verurteilte ihn wegen Kollaboration mit den Nazis 1945 zum Tod, Politiker und Klerus beschützten ihn. Jahrzehntelang blieb Pierre Brossard unbehelligt, bis den Siebzigjährigen seine Vergangenheit einholt. Verbrechen verjähren nach 40 Jahren - nicht aber Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Autorenporträt
Brian Moore wurde 1921 in Belfast geboren. Sein schriftstellerisches Werk wurde mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnetes und zum Teil verfilmt. Der Autor verstarb 1999 in Kalifornieren.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2006

Band 48
Dunkle Vergangenheit
Brian Moores „Hetzjagd”
Brian Moore hat bereits Mitte der neunziger Jahre etwas vorgeführt, was just in diesen Tagen als große Neuerung, als suggestives erzählerisches Manöver gefeiert wird. Nicht nur in Frankreich sprechen alle vom Sensationserfolg „Les Bienveillantes” des Jungstars Jonathan Littell, vom überrumpelnden Einfall, das Geschehen aus der Perspektive eines hohen SS-Mannes zu erleben, seine wahnwitzige Emotionalität, seine Binnenlogik, seine menschlichen Regungen als die eigenen wahrzunehmen. Dasselbe Muster findet sich jedoch schon 1993 in Brian Moores Erfolgskrimi „Hetzjagd”.
Hauptfigur ist Pierre Brossard, ein ranghoher Angehöriger der Miliz im französischen Vichy-Regime. Als offensiver Kollaborateur mit den Nazis hat er in der Zeit der deutschen Besatzung den Abtransport von französischen Juden in die Konzentrationslager organisiert. Und wegen einer ganz bestimmten Aktion wird er im Jahr des Romangeschehens, 1989, als Siebzigjähriger immer noch gesucht: Er ist verantwortlich für die Erschießung von 14 Juden im südfranzösischen Dombey, ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit”. 1944 und abermals 1946 wurde er von einem französischen Gericht „in Abwesenheit” zum Tode verurteilt, ist aber nie gefasst worden: Mehr als vierzig Jahre lang hält er sich in Frankreich versteckt und profitiert vor allem von der Unterstützung durch die katholische Kirche. Auf ausgeklügelten Routen sucht Brossard regelmäßig eine Reihe von unzugänglichen Klöstern auf, geschützt von den Kirchenoberen, die immer noch der Tradition des VichyRegimes verhaftet sind und gleichermaßen von den Feindbildern Juden und Kommunisten zehren.
Jetzt aber, im Jahr 1989, wird es eng. In der katholischen Kirche gibt es deutliche Tendenzen, sich der Gegenwart zu öffnen. Und Pierre Brossard sieht sich plötzlich einer Organisation gegenüber, die er nicht richtig einschätzen kann und die gedungene Killer auf ihn ansetzt. Die Ereignisse werden immer undurchsichtiger. Er kann nicht mehr voll auf die Unterstützung der Kirche setzen. Zudem ist die anscheinend jüdische Terrororganisation, die ihn verfolgt, über seine Unterschlupfmöglichkeiten genauestens informiert. Und dann gibt es noch eine andere Größe, die ungreifbar und nur in einzelnen Schemen im Hintergrund aufscheint: Brossard konnte bisher immer auf höchste Stellen im staatlichen Verwaltungsapparat setzen, die ein ureigenes Interesse daran haben, dass er nicht gefasst wird, weil die dunkle Vergangenheit hoher Funktionsträger dann ebenfalls ins Licht der Öffentlichkeit geraten würde . . .
Brian Moore schildert in effektvollen Szenen, wie sich die Schlinge um Pierre Brossard immer weiter zuzuziehen scheint. Dabei spielen Einblicke in die verdrängte Vichy-Vergangenheit, ein Trauma im öffentlichen Bewusstsein der Franzosen, atmosphärisch eine wichtige Rolle. Auch das Innenleben in katholischen Klöstern, die Gebetsrituale, die Speisen im Refektorium verdichten die Spannung: Die Äbte und Prioren verkörpern in ihren Redeweisen und Verhaltensmustern idealtypisch die Undurchdringlichkeit der Weltläufte. Zwangsläufig nimmt der Leser die Position des unheimlichen Helden Brossard ein, aber er lernt ihn gleichzeitig zu hassen, seine Geistesgegenwart, seine Berechnung, seinen perfiden Scharfsinn – eine Gratwanderung ist das, in dünner Höhenluft.HELMUT BÖTTIGER
Brian Moore Foto: Jerry Bauer
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