Magisterarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Geschichte Europa - and. Länder - Neuzeit, Absolutismus, Industrialisierung, Note: 2,0, Universität Kassel (Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften, Soziologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Hexenwahn im Deutschland der Frühen Neuzeit ist eine historisch einmalige Erscheinung. Obwohl es auch heute noch weltweit Hexenverfolgungen gibt und immer wieder Menschen als Hexen bezeichnet werden, ist im christlichen Hexenglauben die Verknüpfung von Magie und Ketzerei zu einem crimen exeptum, zu einem Kapitalverbrechen, eine Besonderheit.
Im ausgehenden Mittelalter und in der Frühen Neuzeit setzten kirchliche, gesetzliche, gesellschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen ein, die zu einer großen Anzahl Gerichtsprozessen während des Hexenwahns führten. Spätere Entwicklungen in diesen Bereichen führten zur Beendigung der Verfolgungen. Nach der Zivilisationstheorie von Norbert Elias handelt es sich im Falle des Hexenwahns um einen gesellschaftlichen Prozeß zur Bewältigung von Ängsten vor dem Übernatürlichen. Im Rahmen seiner Theorie von der Formung der individuellen Affekte durch gesellschaftliche Entwicklungen läßt sich am Beispiel des Umgangs mit der Hexe darstellen, wie gesellschaftliche Institutionalisierung und über sie die wachsende Steuerung der Ängste funktioniert. Der Hexe wurden all die Eigenschaften zugeschrieben, die ein im Eliasschen Sinne zivilisierter Mensch weder an sich selbst wahrnehmen noch in seiner Umgebung haben wollte. Sie, die Auszugrenzende, war somit ein Werkzeug der Gesellschaft, mit dessen Hilfe exemplarisch gelernt wurde, mit Gefühlen wie Schuld, Angst, Aggression umzugehen. Die Metamorphose der Hexe von der Zauberin über verschiedene Zwischenstufen bis hin zur Märchengestalt zeigt die Wandlung auf, die das Böse in den Augen und im Glauben der Menschen bis heute durchgemacht hat. Wie dieser geschichtliche Wandel im gesellschaftlichen Affekthaushalt im Falle der Hexenverfolgungen vonstatten ging, erläutert die vorliegende Arbeit in sechs Kapiteln:
Die Einleitung gibt eine Einführung in das Thema und diskutiert den Wahrheitsgehalt einiger populärer Mythen: z. B. die Theorie, dass Millionen Hexen verbrannt worden seien. Die gegenwärtige Hexenforschung geht für das Gebiet des heutigen Deutschlands von ca. 25.000 Hinrichtungen aus. Eine andere Theorie, die immer wieder vertreten wird, ist die von der zielgerichteten Vernichtung der weisen Frauen. Dem widersprechen die mittlerweile in Mengen vorhandenen Regionalstudien, aus denen ersichtlich ist, dass erstens das Verfolgungsbegehren meist von der Bevölkerung ausging und nicht von Geistlichkeit und Obrigkeit initiiert wurde, dass zweitens die heilkundigen Personen in den Dörfern eine wichtige Rolle im sozialen Leben spielten und eher auf der Seite der Hexengegner bzw. -opfer standen und dass drittens, regional unterschiedlich gewichtet, auch Männer verdächtigt wurden. Gegen Endeder Hexenverfolgungen standen auch zunehmend Kinder auf Opfer- und Täterseite. In der Hexenforschung gilt als sichere Erkenntnis, dass europaweit 80% Frauen und 20% Männer Opfer der Verfolgungen wurden.
Als relevante Ansätze der Deutung des Hexenwahns gelten Angsttheorien, soziale Konflikttheorien oder Sozialdisziplinierungs- und Krisentheorien.
Gang der Untersuchung:
Das erste Kapitel der Arbeit skizziert den für das Thema maßgeblichen geschichtlichen Hintergrund und die wirtschaftlichen, politischen und gesetzlichen Veränderungen. Auch die Situation der Frauen in der Gesellschaft, speziell ihre wirtschaftlichen Verhältnisse, wird beschrieben. Ebenfalls wird das Thema Alter und Armut erörtert, das ja, wie die Problematik Geschlecht, in einem engen Zusammenhang mit den Hexenverfolgungen zu sehen ist. Eine große Rolle für das Zustandekommen von Verfolgungen spielte die Mentalität der frühneuzeitlichen Menschen, die nach...
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Der Hexenwahn im Deutschland der Frühen Neuzeit ist eine historisch einmalige Erscheinung. Obwohl es auch heute noch weltweit Hexenverfolgungen gibt und immer wieder Menschen als Hexen bezeichnet werden, ist im christlichen Hexenglauben die Verknüpfung von Magie und Ketzerei zu einem crimen exeptum, zu einem Kapitalverbrechen, eine Besonderheit.
Im ausgehenden Mittelalter und in der Frühen Neuzeit setzten kirchliche, gesetzliche, gesellschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen ein, die zu einer großen Anzahl Gerichtsprozessen während des Hexenwahns führten. Spätere Entwicklungen in diesen Bereichen führten zur Beendigung der Verfolgungen. Nach der Zivilisationstheorie von Norbert Elias handelt es sich im Falle des Hexenwahns um einen gesellschaftlichen Prozeß zur Bewältigung von Ängsten vor dem Übernatürlichen. Im Rahmen seiner Theorie von der Formung der individuellen Affekte durch gesellschaftliche Entwicklungen läßt sich am Beispiel des Umgangs mit der Hexe darstellen, wie gesellschaftliche Institutionalisierung und über sie die wachsende Steuerung der Ängste funktioniert. Der Hexe wurden all die Eigenschaften zugeschrieben, die ein im Eliasschen Sinne zivilisierter Mensch weder an sich selbst wahrnehmen noch in seiner Umgebung haben wollte. Sie, die Auszugrenzende, war somit ein Werkzeug der Gesellschaft, mit dessen Hilfe exemplarisch gelernt wurde, mit Gefühlen wie Schuld, Angst, Aggression umzugehen. Die Metamorphose der Hexe von der Zauberin über verschiedene Zwischenstufen bis hin zur Märchengestalt zeigt die Wandlung auf, die das Böse in den Augen und im Glauben der Menschen bis heute durchgemacht hat. Wie dieser geschichtliche Wandel im gesellschaftlichen Affekthaushalt im Falle der Hexenverfolgungen vonstatten ging, erläutert die vorliegende Arbeit in sechs Kapiteln:
Die Einleitung gibt eine Einführung in das Thema und diskutiert den Wahrheitsgehalt einiger populärer Mythen: z. B. die Theorie, dass Millionen Hexen verbrannt worden seien. Die gegenwärtige Hexenforschung geht für das Gebiet des heutigen Deutschlands von ca. 25.000 Hinrichtungen aus. Eine andere Theorie, die immer wieder vertreten wird, ist die von der zielgerichteten Vernichtung der weisen Frauen. Dem widersprechen die mittlerweile in Mengen vorhandenen Regionalstudien, aus denen ersichtlich ist, dass erstens das Verfolgungsbegehren meist von der Bevölkerung ausging und nicht von Geistlichkeit und Obrigkeit initiiert wurde, dass zweitens die heilkundigen Personen in den Dörfern eine wichtige Rolle im sozialen Leben spielten und eher auf der Seite der Hexengegner bzw. -opfer standen und dass drittens, regional unterschiedlich gewichtet, auch Männer verdächtigt wurden. Gegen Endeder Hexenverfolgungen standen auch zunehmend Kinder auf Opfer- und Täterseite. In der Hexenforschung gilt als sichere Erkenntnis, dass europaweit 80% Frauen und 20% Männer Opfer der Verfolgungen wurden.
Als relevante Ansätze der Deutung des Hexenwahns gelten Angsttheorien, soziale Konflikttheorien oder Sozialdisziplinierungs- und Krisentheorien.
Gang der Untersuchung:
Das erste Kapitel der Arbeit skizziert den für das Thema maßgeblichen geschichtlichen Hintergrund und die wirtschaftlichen, politischen und gesetzlichen Veränderungen. Auch die Situation der Frauen in der Gesellschaft, speziell ihre wirtschaftlichen Verhältnisse, wird beschrieben. Ebenfalls wird das Thema Alter und Armut erörtert, das ja, wie die Problematik Geschlecht, in einem engen Zusammenhang mit den Hexenverfolgungen zu sehen ist. Eine große Rolle für das Zustandekommen von Verfolgungen spielte die Mentalität der frühneuzeitlichen Menschen, die nach...
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