Auf der einfachen Insel Hiddensee findet man alles: vom Fischer bis zum Einsiedler, vom Leuchtturmwarter bis zum Dichter, vom stillen Maler bis zum Dramatiker, zur Schauspielerin und zur Tanzerin. Die weitgehend aus Berlin kommende Elite, zu der am Anfang auch der Nobelpreistrager Thomas Mann gehorte, zog die Ursprünglichkeit der Inselbevolkerung, aber auch die eigenartige Schlichtheit des Sandeilands in der Ostsee vor Rügen an. Vor allem, was die Maler hinterließen, wird in diesem Band von Wolf-Dietmar Stock gesammelt und detailliert beschrieben. Eine neuartige kunstgeschichtliche Betrachtung zieht sich durch das Buch: In den Künstlerorten entstand die künstlerische Avantgarde.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.02.2012Wo Träume lagern lang verschollner Zeit
Hiddensee etwa scheint berühmter für seine Gäste als für seinen Strand, seine Luft und seine Landschaft zu sein. Gerhart Hauptmann, der dort begraben liegt, hat freundlicherweise hinterlassen: "Hiddensee wurde das geistigste aller deutschen Seebäder." Und er, so wollte er es wohl ergänzt wissen, war darin der Mittelpunkt - so sehr, dass die Familie Mann hier zwar auch Urlaub gemacht hat, aber ihr eigenes Ferienhaus doch lieber in Nidden auf der Kurischen Nehrung einrichtete. Zuerst waren es Maler und Malerinnen, die Hiddensee als künstlerischen Ort entdeckten. Auch Hauptmann betonte in seinem Insellob, dass sich hier die schönen und schönsten Frauen einfänden - darunter auch Asta Nielsen, Gret Palucca, Käthe Kruse, die Frau mit den Puppen. Auch bei den Männern gibt es eine lange Liste der Hiddensee-Freunde. Ein paar Verrückte waren dabei wie der "Einsiedler" Alexander Ettenburg mit seiner "Eremetage", einem Lokal, das die Behörden wegen mangelnder Hygiene schließen ließen. Ettenburg soff mit den Fischern, bis er, völlig verwahrlost, starb. All dieser Berühmtheiten wird in dem Band "Hiddensee - Insel der Fischer, Maler und Poeten" gedacht. Und da derart viele Namen auftauchen, dürfte Vollständigkeit erreicht sein. Selbst Sigmund Freud kommt mit zwei Sätzen vor. Wirkt es erhebend auf die heutigen Feriengäste, wenn sie erfahren, wer vor ihnen da war? Oder lockt die Aussicht, Günter Grass zu begegnen, dessen Ehefrau von der Insel stammt? Aus der Ferne erscheint Hiddensee noch wie eine Künstlerkolonie. Aus der Nähe aber wird es auch dort sehr kleinteilig.
F.P.
"Hiddensee. Insel der Fischer, Maler und Poeten" von Michael Baade und Wolf-Dietmar Stock, Verlag Atelier im Bauhaus, Fischerhude 2011. 168 Seiten, Abbildungen. Broschiert, 12 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hiddensee etwa scheint berühmter für seine Gäste als für seinen Strand, seine Luft und seine Landschaft zu sein. Gerhart Hauptmann, der dort begraben liegt, hat freundlicherweise hinterlassen: "Hiddensee wurde das geistigste aller deutschen Seebäder." Und er, so wollte er es wohl ergänzt wissen, war darin der Mittelpunkt - so sehr, dass die Familie Mann hier zwar auch Urlaub gemacht hat, aber ihr eigenes Ferienhaus doch lieber in Nidden auf der Kurischen Nehrung einrichtete. Zuerst waren es Maler und Malerinnen, die Hiddensee als künstlerischen Ort entdeckten. Auch Hauptmann betonte in seinem Insellob, dass sich hier die schönen und schönsten Frauen einfänden - darunter auch Asta Nielsen, Gret Palucca, Käthe Kruse, die Frau mit den Puppen. Auch bei den Männern gibt es eine lange Liste der Hiddensee-Freunde. Ein paar Verrückte waren dabei wie der "Einsiedler" Alexander Ettenburg mit seiner "Eremetage", einem Lokal, das die Behörden wegen mangelnder Hygiene schließen ließen. Ettenburg soff mit den Fischern, bis er, völlig verwahrlost, starb. All dieser Berühmtheiten wird in dem Band "Hiddensee - Insel der Fischer, Maler und Poeten" gedacht. Und da derart viele Namen auftauchen, dürfte Vollständigkeit erreicht sein. Selbst Sigmund Freud kommt mit zwei Sätzen vor. Wirkt es erhebend auf die heutigen Feriengäste, wenn sie erfahren, wer vor ihnen da war? Oder lockt die Aussicht, Günter Grass zu begegnen, dessen Ehefrau von der Insel stammt? Aus der Ferne erscheint Hiddensee noch wie eine Künstlerkolonie. Aus der Nähe aber wird es auch dort sehr kleinteilig.
F.P.
"Hiddensee. Insel der Fischer, Maler und Poeten" von Michael Baade und Wolf-Dietmar Stock, Verlag Atelier im Bauhaus, Fischerhude 2011. 168 Seiten, Abbildungen. Broschiert, 12 Euro.
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