Marktplatzangebote
2 Angebote ab € 7,99 €
  • Gebundenes Buch

Larry Silver: Ein einzigartiges Weltgericht
[...] Bosch ändert diesen Bildaufbau in seinem Weltgerichtstriptychon radikal. Eine düstere Umgebung mit Bränden am hohen Horizont erfüllt diese albtraumhafte Vision, die Mitteltafel und rechte Außentafel zu einer Einheit verbindet. Boschs Himmelreich ist bedeutend kleiner. Es schwebt als blauer Schimmer hoch über der Erde. Zwar blasen immer noch Engel ihre Posaunen rund um einen frontalen Christus im roten Umhang auf einem Regenbogen, doch die Apostel knien in größerem Abstand zu ihm, und sowohl die Heilige Jungfrau als auch Johannes der Täufer…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Larry Silver: Ein einzigartiges Weltgericht

[...] Bosch ändert diesen Bildaufbau in seinem Weltgerichtstriptychon radikal. Eine düstere Umgebung mit Bränden am hohen Horizont erfüllt diese albtraumhafte Vision, die Mitteltafel und rechte Außentafel zu einer Einheit verbindet. Boschs Himmelreich ist bedeutend kleiner. Es schwebt als blauer Schimmer hoch über der Erde. Zwar blasen immer noch Engel ihre Posaunen rund um einen frontalen Christus im roten Umhang auf einem Regenbogen, doch die Apostel knien in größerem Abstand zu ihm, und sowohl die Heilige Jungfrau als auch Johannes der Täufer befinden sich außerhalb seines Glorienscheins. Der Himmel scheint weit entfernt zu sein, Maria und der Täufer wirken als Fürbitter machtlos.
Auf den ersten Blick scheint es in Boschs Weltgericht gar kein Himmelreich zu geben, doch dann entdeckt man, klein und kaum sichtbar in der oberen Ecke, eine golden schimmernde Öffnung. Unter den Posaunen der Engel schweben winzige Seelenfiguren von Engeln geleitet himmelwärts. Alle Ausgewogenheit ist hier abhanden gekommen; nur wenige Auserwählte werden gerettet. Der größte Teil der Bildfläche zeigt anstelle der Auferstehenden eine typische Höllenszene Boschs. Teufelsheere unterziehen nackte Menschen physischer Folter und quälen sie oft nach Art ihrer jeweiligen Sünden - Jäger werden gejagt, Gefräßige gemästet, Wollüstige müssen mit Dämonen verkehren. Waffen durchbohren zahlreiche Opfer. Alle diese individuellen Strafen entfalten sich in einer schrecklichen, dunklen, eiskalten Welt, aus der es kein Entkommen gibt.
Boschs Höllenvision gleicht der Visio Tundali, einem populären spätmittelalterlichen Text, der aus dem Latein vielfach übersetzt wurde (1484 erschien in Den Bosch eine niederländische Ausgabe). Darin unternimmt die Seele eines irischen Ritters eine Reise ins überwiegend höllische Jenseits. Wie in Boschs Wiener Triptychon entspricht auch in Tundals Hölle die Strafe dem Verbrechen, und neben Feuerund Eis quälen finstere Bestien die Sünder auf verschiedenste Weise. Die Visio enthält sogar eine Beschreibung von Luzifer und dem Tor zur Hölle, und auch Boschs rechter Altarflügel schließt mit einer in Dunkel gehüllten, schimmernden Figur mit roten Gliedern und Schwanz unter einem Torbogen aus giftigen Kröten. Zwar illustriert der Künstler den populären Tundal-Text nicht getreu, doch ist auch er von der Hölle und den strafenden Dämonen fasziniert. Anders als bei Memling und den meisten Darstellungen des Jüngsten Gerichts, abweichend auch von Tundal und seinem Besuch des Himmels, wo die guten Taten belohnt werden, ist der Himmel des Wiener Triptychons aber sehr viel kleiner. [...]
Autorenporträt
Nils Büttner: Lehrstuhlinhaber für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart, leitet zugleich die dortige Kunstsammlung und das Archiv.Promotion an der Georg-August-Universität Göttingen mit der Arbeit "Die Erfindung der Landschaft: Kosmographie und Landschaftskunst im Zeitalter Breughels", Habilitation 2004/05 mit der Arbeit "Herr P.P. Rubens. Von der Kunst, berühmt zu werden".In der Reihe C.H. Beck Wissen erschienen von ihm Publikationen zu Rubens, Vermeer und Bosch, 2014 im Reclam-Verlag eine Rembrandt-Biographie.

Julia M. Nauhaus: Kunst- und Literaturhistorikerin mit Forschungsschwerpunkten auf Kunst-, Literatur- und Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts, deutscher Kunst der 1950er und 1960er Jahre, Museums- und Sammlungsgeschichte. Seit April 2016 Direktorin von Gemäldegalerie, Kupferstichkabinett und Glyptothek der Akademie der bildenden Künste Wien.