Roland Hill's autobiography, "A Time Out of Joint", is a remarkable and moving personal story and much more: it enables readers to re-live European history during the darkest period of Nazi Germany and World War II, when traditional European culture and civilisation generally seemed to be extinguished, but also to experience the return of peace and a time of hope.Roland Hill was born in Hamburg in 1920 to prosperity and culture - his father was a sugar trader and his mother an opera singer. Both were of Jewish descent but had converted to Christianity. But the stable and tolerant world he was born into changed dramatically with Hitler's rise to power in 1933. The family moved to Prague, Vienna and Milan. Austria became Hill's spiritual home where he was received into the Roman Catholic church - a move which decisively shaped his life - and where he started his journalistic career. Nazi persecution scattered the family and he sought refuge in Britain, totally alone and with only aGBP 5 note, classed simply as a 'Refugee from Nazi Persecution'."
A Time Out of Joint" offers an evocative picture of England, and especially London, early in World War II: of internment as an 'Enemy Alien' and of service in the British Army - the Pioneer Corps and Highland Light Infantry - from D-Day to victory in Europe. His distinguished career in London journalism followed, and he worked both for the Tablet and as London Correspondent for the Frankfurter Allgemeine Zeitung. These were his twin inspirations and interests - the Catholic church and European politics.Roland Hill survived the European maelstrom to take a full part in Europe's resurgence and his moving story, full of drama and atmosphere -and based on a unique gift for friendship -vividly evokes the highs and lows of his remarkable life.
A Time Out of Joint" offers an evocative picture of England, and especially London, early in World War II: of internment as an 'Enemy Alien' and of service in the British Army - the Pioneer Corps and Highland Light Infantry - from D-Day to victory in Europe. His distinguished career in London journalism followed, and he worked both for the Tablet and as London Correspondent for the Frankfurter Allgemeine Zeitung. These were his twin inspirations and interests - the Catholic church and European politics.Roland Hill survived the European maelstrom to take a full part in Europe's resurgence and his moving story, full of drama and atmosphere -and based on a unique gift for friendship -vividly evokes the highs and lows of his remarkable life.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.01.2008Absolute Macht korrumpiert absolut
Roland Hill, erster F.A.Z.-Korrespondent in London, blickt auf ein bewegtes Leben zurück
Wer noch Mitte seiner achtziger Jahre Memoiren schreibt - und nicht schreiben lässt -, der weiß, dass er auf ein bewegtes Leben zurückblickt. Da darf man dann auch nicht Anstoß daran nehmen, wenn der im Plauderton erzählende alte Herr von einem Thema zum anderen springt oder wenn er seitenlang die Regeln des Benedikt von Nursia zitiert, denen er sich beinahe unterworfen hätte, oder wenn er ebenso ausführlich auf die Menagerie seiner verstorbenen Frau eingeht, einschließlich aller ausgestopften Tiere. Immer versteht es Roland Hill, in angelsächsischer Manier den Leser zu unterhalten und zu informieren. Am Ende erweist sich, dass dieses eindrucksvolle Leben um zwei große Komplexe kreist: das Zurechtfinden des aus einer jüdischen Familie stammenden, zunächst protestantisch getauften und dann zum Katholizismus konvertierten Mannes in seiner neuen spirituellen Heimat und das Einleben des kontinentaleuropäischen Intellektuellen in Großbritannien, seinem politischen Refugium, dem er sein Leben verdankt.
Nach mehreren Umzügen der Familie und nahezu mittellos erreichte der Achtzehnjährige einen Monat vor Kriegsbeginn im Sommer 1939 die britische Hauptstadt, die für immer der Mittelpunkt seines Lebens bleiben wird. Schon damals fielen ihm sogleich die kultivierten Umgangsformen der Engländer auf, zumal ihre distanzierte Höflichkeit; "a land of such dear souls" überschreibt er das Kapitel. Ihren pragmatischen Optimismus, die Überzeugung, dass der Mensch, nicht Gott, Herr seines Schicksals ist, führt er auf das Missionswerk des Pelagius zurück, der nicht an die Erbsünde glaubte, aber Augustinus in diesem Disput unterlag. Während seiner kurzfristigen Internierung auf der Insel Man im Sommer 1940 wird ihm bewusst, wie tief die ältere jüdische Generation in der deutschen Kulturnation verwurzelt war, mehr noch als in ihrer Religion.
Erst mit Eintritt in ein schottisches Infanterieregiment nennt er sich Roland Hill, er, der Sohn eines Hamburger Kaufmanns mit Namen Rudolf Hess (!). In der Uniform des Siegers kehrt er dann 1945 in seine Vaterstadt zurück, um beim Wiederaufbau eines demokratischen Pressewesens zu helfen. Nach dem Krieg begann er seine Karriere als Journalist bei dem katholischen Wochenblatt The Tablet unter der Leitung des namhaften Publizisten Douglas Woodruff, dessen Frau die Enkeltochter von Lord Acton (1834 bis 1902) war, des liberalen katholischen Historikers und Professors in Cambridge. Die sorgfältig recherchierte Biographie dieses Außenseiters unter den englischen Katholiken des 19. Jahrhunderts sollte dann das von der historischen Zunft durchaus gewürdigte Alterswerk Hills werden: die Geschichte eines grandios gescheiterten Lebensentwurfs. Acton und sein Münchner Lehrer Ignatz von Döllinger waren bekanntlich die resolutesten Gegners des Dogmas der päpstlichen Unfehlbarkeit.
Auch hier erfährt der Leser, dass Actons Diktum, wonach Macht zur Korruption tendiert und absolute Macht absolut korrumpiert, lange Zeit das Titelblatt der Times schmückte. Aber die Interpretation der später auf den totalitären Staat gemünzten Erkenntnis wird ihm vorenthalten: gemeint war die Suspendierung des individuellen Gewissens durch den Papst beziehungsweise den Ultramontanismus, der im 20. Jahrhundert durch die Säkularreligionen abgelöst werden sollte. Auch diese hatte Acton, der liberale Moralist, schon frühzeitig ins Visier genommen. Gleichwohl sind die aus profunder Kenntnis der kirchlichen Zeitgeschichte resultierenden Betrachtungen des Autors aufschlussreicher als alle seine Mitteilungen über das Geschäft des Journalisten, die eher anekdotischen Charakter haben. Nichts muss Hill innerlich so aufgewühlt haben wie der institutionelle Antisemitismus innerhalb der katholischen Kirche, der sich unter anderem in der lange verschobenen Revision der Karfreitagsliturgie mit ihren Verwünschungen der Juden ebenso manifestierte wie im Schweigen Pius XII. angesichts eines der schlimmsten Menschheitsverbrechen. Ein Jahrhundert später hätte Acton wohl gesagt: Je höher einer auf der klerikalen Karriereleiter steht, umso weniger taugt er als moralisches Vorbild.
Nach Erlernen des journalistischen Handwerks unter Woodruff machte sich Hill einen Namen als Auslandskorrespondent für diverse deutsche und österreichische Tageszeitungen. Er war der erste Korrespondent der 1949 gegründeten Frankfurter Allgemeinen Zeitung in London. Seine Mutter war eine Wiener Sängerin, so dass er Österreich als sein Mutterland ansah, während er Italien, das Land seiner Frau, als seine Wahlheimat betrachtete. Aber seine wirkliche Heimat wurde im Laufe der Zeit England. Nicht Stolz auf das eigene Land zeichnet den wahren Patrioten aus, sondern Leiden an ihm. Und Hill schmerzt der Niedergang des durchaus nicht mehr großen Britannien - weniger der machtpolitische Abstieg als vielmehr das demütigende Aufnahmeersuchen bei der lange Zeit unterschätzten Europäischen Gemeinschaft sowie die wirtschaftliche und soziale Deklassierung, die sich für ihn vor allem in der desolaten Infrastruktur und der seichten Popkultur äußert. Darauf führte er auch das spannungsreiche Verhältnis des Landes zu Deutschland zurück, das sich immer wieder seines teuer erkauften Sieges im Zweiten Weltkrieg versichern muss, um den wirtschaftlichen Aufstieg des einstigen Gegners zu verschmerzen.
In den achtziger Jahren wurde Roland Hill Präsident der Foreign Press Association in London; es war das Entrée für zahlreiche Staatsempfänge und Bankette, so auch seine Begegnung mit der Queen, die sich offenbar vorzüglich auf die Kunst des Small Talk versteht. Man gewinnt den Eindruck, dass der Autor an seinem Beruf vor allem den legitimen Zugang zu zahlreichen prominenten Zeitgenossen schätzte, die er in seinen Memoiren kurz, aber einprägsam skizziert: von Otto von Habsburg über Karl Popper, Henry Moore, Edward Heath bis zu Barbara Cartland, der englischen Courths-Mahler. Und es spricht ganz entschieden für die Humanität des Autors, dass er in dieser erlauchten Galerie auch eine ganze Seite für Karl Netzl, den Hausmeister des österreichischen Kulturinstituts, übrig hat, Friseur von Beruf, von dem er sich stets die Haare schneiden ließ.
LOTHAR KETTENACKER
Roland Hill: A Time Out of Joint. A Journey from Nazi Germany to Post-War Britain. Verlag Tauris I.B., London/New York 2007. 325 S., 37,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Roland Hill, erster F.A.Z.-Korrespondent in London, blickt auf ein bewegtes Leben zurück
Wer noch Mitte seiner achtziger Jahre Memoiren schreibt - und nicht schreiben lässt -, der weiß, dass er auf ein bewegtes Leben zurückblickt. Da darf man dann auch nicht Anstoß daran nehmen, wenn der im Plauderton erzählende alte Herr von einem Thema zum anderen springt oder wenn er seitenlang die Regeln des Benedikt von Nursia zitiert, denen er sich beinahe unterworfen hätte, oder wenn er ebenso ausführlich auf die Menagerie seiner verstorbenen Frau eingeht, einschließlich aller ausgestopften Tiere. Immer versteht es Roland Hill, in angelsächsischer Manier den Leser zu unterhalten und zu informieren. Am Ende erweist sich, dass dieses eindrucksvolle Leben um zwei große Komplexe kreist: das Zurechtfinden des aus einer jüdischen Familie stammenden, zunächst protestantisch getauften und dann zum Katholizismus konvertierten Mannes in seiner neuen spirituellen Heimat und das Einleben des kontinentaleuropäischen Intellektuellen in Großbritannien, seinem politischen Refugium, dem er sein Leben verdankt.
Nach mehreren Umzügen der Familie und nahezu mittellos erreichte der Achtzehnjährige einen Monat vor Kriegsbeginn im Sommer 1939 die britische Hauptstadt, die für immer der Mittelpunkt seines Lebens bleiben wird. Schon damals fielen ihm sogleich die kultivierten Umgangsformen der Engländer auf, zumal ihre distanzierte Höflichkeit; "a land of such dear souls" überschreibt er das Kapitel. Ihren pragmatischen Optimismus, die Überzeugung, dass der Mensch, nicht Gott, Herr seines Schicksals ist, führt er auf das Missionswerk des Pelagius zurück, der nicht an die Erbsünde glaubte, aber Augustinus in diesem Disput unterlag. Während seiner kurzfristigen Internierung auf der Insel Man im Sommer 1940 wird ihm bewusst, wie tief die ältere jüdische Generation in der deutschen Kulturnation verwurzelt war, mehr noch als in ihrer Religion.
Erst mit Eintritt in ein schottisches Infanterieregiment nennt er sich Roland Hill, er, der Sohn eines Hamburger Kaufmanns mit Namen Rudolf Hess (!). In der Uniform des Siegers kehrt er dann 1945 in seine Vaterstadt zurück, um beim Wiederaufbau eines demokratischen Pressewesens zu helfen. Nach dem Krieg begann er seine Karriere als Journalist bei dem katholischen Wochenblatt The Tablet unter der Leitung des namhaften Publizisten Douglas Woodruff, dessen Frau die Enkeltochter von Lord Acton (1834 bis 1902) war, des liberalen katholischen Historikers und Professors in Cambridge. Die sorgfältig recherchierte Biographie dieses Außenseiters unter den englischen Katholiken des 19. Jahrhunderts sollte dann das von der historischen Zunft durchaus gewürdigte Alterswerk Hills werden: die Geschichte eines grandios gescheiterten Lebensentwurfs. Acton und sein Münchner Lehrer Ignatz von Döllinger waren bekanntlich die resolutesten Gegners des Dogmas der päpstlichen Unfehlbarkeit.
Auch hier erfährt der Leser, dass Actons Diktum, wonach Macht zur Korruption tendiert und absolute Macht absolut korrumpiert, lange Zeit das Titelblatt der Times schmückte. Aber die Interpretation der später auf den totalitären Staat gemünzten Erkenntnis wird ihm vorenthalten: gemeint war die Suspendierung des individuellen Gewissens durch den Papst beziehungsweise den Ultramontanismus, der im 20. Jahrhundert durch die Säkularreligionen abgelöst werden sollte. Auch diese hatte Acton, der liberale Moralist, schon frühzeitig ins Visier genommen. Gleichwohl sind die aus profunder Kenntnis der kirchlichen Zeitgeschichte resultierenden Betrachtungen des Autors aufschlussreicher als alle seine Mitteilungen über das Geschäft des Journalisten, die eher anekdotischen Charakter haben. Nichts muss Hill innerlich so aufgewühlt haben wie der institutionelle Antisemitismus innerhalb der katholischen Kirche, der sich unter anderem in der lange verschobenen Revision der Karfreitagsliturgie mit ihren Verwünschungen der Juden ebenso manifestierte wie im Schweigen Pius XII. angesichts eines der schlimmsten Menschheitsverbrechen. Ein Jahrhundert später hätte Acton wohl gesagt: Je höher einer auf der klerikalen Karriereleiter steht, umso weniger taugt er als moralisches Vorbild.
Nach Erlernen des journalistischen Handwerks unter Woodruff machte sich Hill einen Namen als Auslandskorrespondent für diverse deutsche und österreichische Tageszeitungen. Er war der erste Korrespondent der 1949 gegründeten Frankfurter Allgemeinen Zeitung in London. Seine Mutter war eine Wiener Sängerin, so dass er Österreich als sein Mutterland ansah, während er Italien, das Land seiner Frau, als seine Wahlheimat betrachtete. Aber seine wirkliche Heimat wurde im Laufe der Zeit England. Nicht Stolz auf das eigene Land zeichnet den wahren Patrioten aus, sondern Leiden an ihm. Und Hill schmerzt der Niedergang des durchaus nicht mehr großen Britannien - weniger der machtpolitische Abstieg als vielmehr das demütigende Aufnahmeersuchen bei der lange Zeit unterschätzten Europäischen Gemeinschaft sowie die wirtschaftliche und soziale Deklassierung, die sich für ihn vor allem in der desolaten Infrastruktur und der seichten Popkultur äußert. Darauf führte er auch das spannungsreiche Verhältnis des Landes zu Deutschland zurück, das sich immer wieder seines teuer erkauften Sieges im Zweiten Weltkrieg versichern muss, um den wirtschaftlichen Aufstieg des einstigen Gegners zu verschmerzen.
In den achtziger Jahren wurde Roland Hill Präsident der Foreign Press Association in London; es war das Entrée für zahlreiche Staatsempfänge und Bankette, so auch seine Begegnung mit der Queen, die sich offenbar vorzüglich auf die Kunst des Small Talk versteht. Man gewinnt den Eindruck, dass der Autor an seinem Beruf vor allem den legitimen Zugang zu zahlreichen prominenten Zeitgenossen schätzte, die er in seinen Memoiren kurz, aber einprägsam skizziert: von Otto von Habsburg über Karl Popper, Henry Moore, Edward Heath bis zu Barbara Cartland, der englischen Courths-Mahler. Und es spricht ganz entschieden für die Humanität des Autors, dass er in dieser erlauchten Galerie auch eine ganze Seite für Karl Netzl, den Hausmeister des österreichischen Kulturinstituts, übrig hat, Friseur von Beruf, von dem er sich stets die Haare schneiden ließ.
LOTHAR KETTENACKER
Roland Hill: A Time Out of Joint. A Journey from Nazi Germany to Post-War Britain. Verlag Tauris I.B., London/New York 2007. 325 S., 37,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main