Befreiende Spiritualität
In seinem neuen Buch stellt uns Johannes Schleicher für jede Woche des Jahres eine Mystikerin, einen Mystiker zur Seite. Dabei ist die Anzahl der Frauen der Anzahl der Männer gleich.
Auf verschiedene Arten setzen diese ihren Glauben an einen liebenden, befreienden Gott
in gelebtes, andere befreiendes, befriedetes und befriedendes Leben um. Dies innerhalb der…mehrBefreiende Spiritualität
In seinem neuen Buch stellt uns Johannes Schleicher für jede Woche des Jahres eine Mystikerin, einen Mystiker zur Seite. Dabei ist die Anzahl der Frauen der Anzahl der Männer gleich.
Auf verschiedene Arten setzen diese ihren Glauben an einen liebenden, befreienden Gott in gelebtes, andere befreiendes, befriedetes und befriedendes Leben um. Dies innerhalb der christlichen Kirchen, oder auch oft im Konflikt mit den Amtskirchen. Mit Elie Wiesel und Martin Buber werden darüber hinaus zwei Vertreter jüdischer Mystiker ins Augenmerk gerückt.
In kurzen Kapiteln von vier bis fünf Seiten wird in allgemeinverständlicher Sprache die jeweilige Person vorgestellt, wobei in beliebiger Reihenfolge zu lesen ist. Hilfreich am Buchende eine Liste von Lebensfragen, Problemkreisen, denen jeweils ein Kapitel zugeordnet ist, das besonders gut dazu passt. So kann für verschiedene Lebenslagen leicht passende Gefährtinnen und Gefährten finden, mit denen man vertrauensvoll vorangehen kann.
Dabei ist das Buch weit mehr als ein Lexikon, das nur Fakten und Gedanken der Mystiker verschiedener Jahrhunderte aufreiht. Der zeitliche Bogen spannt sich – im Buch nicht in chronologischer Reihenfolge - von Syncletica von Alexandria im 3. Jahrhundert bis hin zu den heute noch lebenden Bruder David Steindl-Rast und Gustavo Gutiérrez. Weltbekannte Persönlichkeiten wie Mutter Teresa werden uns genauso als Begleitende vorgestellt wie eher lokal bekannte Mystkerinnen wie Margarete Ebner.
Johannes Schleicher schreibt (in mystischer Tugend!) zunächst einmal über das Wesentliche – Gedanken und Schnittstellen der jeweiligen Person zu unserer Zeit, unseren Problemen und Umständen. Dabei erzählt er oft persönlich und humorvoll, gibt aber auch manchen klugen, wichtigen Gedankenanstoß. Er zeigt einladende Möglichkeiten auf, als mündiger Christ in einem sehr persönliches Verhältnis zum liebenden Gott zu leben – auch innerhalb der heutigen Kirchen. Dabei bleibt er authetisch und kritisch nicht nur manchen Formen des Zeitgeistes und der Amtskirchen gegenüber, sondern auch in Bezug auf die vorgestellten Personen, deren Denken und Sein man immer in ihrem historischen Kontext sehen muss und nicht 1:1 ins Heute übernehmen kann.
Ob es nun Gertrud die Große ist, die aufzeigt, dass es bei Jesu Geburt um die Erneuerung des Liebensbundes Gott-Menschen geht und nicht um irgendeine Sündenvergebung,
Martin Buber, der so deutlich sagt, dass Gott Beziehung ist und das wirkliche Leben Begegnung,
Elie Wiesel, der die Berechtigung der Klage gegen Gott und die Wichtigkeit der Mitmenschlichkeit kennt,
die spirituelle Durchdringung des Alltags einer Etty Hillesum,
die von Juliana von Norwich als These festgestellte Weiblichkeit Gottes,
die Einheit in versöhnter Verschiedenheit, die Roger Schutz sich wünscht….
oder, oder, oder – in jedem Kapitel finde ich Punkte, die mich ansprechen und begleiten.
Abgerundet wird das Buch von einer Liste weiterführender Literatur zu einzelnen Mystikern, die der VierTürme-Verlag bietet.
Fazit: Wie schon der Vorgängerband ‚Mitmensch Gott‘ ein wahrhaft anregendes und befreiendes Buch und eine unaufdringliche Hilfe für den individuellen Glaubensweg. In dieser mystischen Haltung zu leben, zeigt ein jedes Kapitel, heißt Gott in sich zu wissen, die ganze Schöpfung zu respektieren und sich mit seinen individuellen Möglichkeiten für sie einzusetzen.
Sehr zu empfehlen!
Maria Sassin