Es beginnt mit einer Verwandlung: Am Boden schwer und ungelenk, verlässt das Flugzeug nach einem Spurt die Erde und steigt federleicht in den Himmel. An den Passagieren ziehen glitzernde Metropolen und vereiste Gebirge vorüber. Wie ist es möglich, dass wir eine Reise durch die Luft unternehmen können? Von einem Kontinent zum anderen schweben? Mark Vanhoenacker arbeitete als Journalist, bevor er sich seinen Lebenstraum erfüllte. Heute steuert er Flugzeuge über den ganzen Globus, das Staunen hat er trotzdem nicht verlernt: über die Technik genauso wie über die Schönheit und die Verletzlichkeit der Erde unter ihm. Vielleicht ist das Fliegen nämlich doch ein Wunder, wenn man nur mit offenen Sinnen reist.
Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Der Pilot Mark Vanhoenacker hat ein Buch übers Fliegen geschrieben, erzählt Rezensent Norbert Zähringer. Darüber, dass man sich nie daran gewöhnt, innerhalb weniger Stunden die Kontinente zu wechseln, dass der Kopf immer ein klein wenig hinterherhinkt, über den vertrauten Blick aus der Vogelperspektive, der Städte bei Nacht an ihren Lichtern wiedererkennt, fasst der Rezensent zusammen. Vanhoenackers "Himmelhoch" sei dabei weniger der Erfahrungsbericht eines Berufsfliegers als eine kleine "Poetik des Fliegens". Nur die Redundanzen, die Vanhoenackers Alltag zwischen Flughafenhotels nichtsdestotrotz in seine Erzählung einbringen, findet der Rezensent irritierend, die mögen aber durchaus beabsichtigt sein, vermutet er.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.11.2016Die leuchtenden Handlinien der Städte
Der Pilot und Journalist Mark Vanhoenacker erkundet in philosophischen Zirkelschlüssen den Zauber der Flugreisen als Signatur unseres Zeitalters. Die Kapitel des Buchs wie "Abheben", "Luft" oder "Maschine" sind ebenso technisch präzise wie ätherisch und lyrisch. Immer wieder sinniert er über das moderne Fließen der Orte, über Verwirrungen der Zeitzonen ("wie viele Tage ein Tag enthalten kann") und Sinne und den Nachhall archaischer Vorstellungen von Entfernung, Ort, Migration und dem Himmel. Für das imaginäre Hinterherhinken des Geists noch im Jet-Zeitalter schöpft der Autor das Wort "Placelag" und sichtet einen "Zeithügel", den es beim Reisen in anachronistische oder futuristische Ballungsräume und Lebenswelten zu überwinden gilt. Am gelungensten ist das von Saint-Exupérys "Vol de nuit" inspirierte Kapitel "Nacht". Der Autor erörtert bei den Reisen auf dem "Nachtauge des Planeten" die Nachtlandschaft als Code und Kurzschrift der Menschenwelt, folgt beredt "leuchtenden Handlinien der Städte". Er beschreibt Paradoxien der Postmoderne wie den Flughafen als Auslöschung des Orts, "Exzess der Abschottung und des Komforts" oder die altmodische Einsamkeit des für die Dauer eines Langstreckenflugs auf sich zurückgeworfenen Reisenden. Als Pilot und Poet ist der Autor angstfrei in Begegnungen mit Sternschnuppen und Sonnenuntergängen. Sogar religiöse Anwandlungen, wenn er über den "Schwellenritus" der Landebahn sinniert, oder Gratwanderungen zum Kitsch kann man dem passionierten wie professionellen Erzähler kaum verübeln, Aspekte wie Klimawandel oder Krieg, die in der Geschichte der Aviation gleichwohl Spuren und Signaturen hinterließen, bleiben hingegen fast ausgeklammert. In verkehrshistorischen Exkursen zieht der Autor kenntnisreich Analogien zwischen Luftfahrt und Schifffahrt. So ist das zwischen Populärwissenschaft und Belletristik jonglierende Werk für Schwärmer wie Technikversessene empfehlenswert. Vanhoenacker ist ein Philosoph des Fernwehs wie der Erdverbundenheit, wobei das Eigene erst im Spiegel der Fremde Konturen gewinnt: Jede Landung sei eine "Heimkehr von der Möglichkeit aller Orte zu der Gewissheit und vielleicht der Liebe eines einzigen".
sg
"Himmelhoch. Von der Faszination, in der Luft zu reisen" von Mark Vanhoenacker. Carl Hanser Verlag, München 2016. 352 Seiten. Gebunden, 24,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Pilot und Journalist Mark Vanhoenacker erkundet in philosophischen Zirkelschlüssen den Zauber der Flugreisen als Signatur unseres Zeitalters. Die Kapitel des Buchs wie "Abheben", "Luft" oder "Maschine" sind ebenso technisch präzise wie ätherisch und lyrisch. Immer wieder sinniert er über das moderne Fließen der Orte, über Verwirrungen der Zeitzonen ("wie viele Tage ein Tag enthalten kann") und Sinne und den Nachhall archaischer Vorstellungen von Entfernung, Ort, Migration und dem Himmel. Für das imaginäre Hinterherhinken des Geists noch im Jet-Zeitalter schöpft der Autor das Wort "Placelag" und sichtet einen "Zeithügel", den es beim Reisen in anachronistische oder futuristische Ballungsräume und Lebenswelten zu überwinden gilt. Am gelungensten ist das von Saint-Exupérys "Vol de nuit" inspirierte Kapitel "Nacht". Der Autor erörtert bei den Reisen auf dem "Nachtauge des Planeten" die Nachtlandschaft als Code und Kurzschrift der Menschenwelt, folgt beredt "leuchtenden Handlinien der Städte". Er beschreibt Paradoxien der Postmoderne wie den Flughafen als Auslöschung des Orts, "Exzess der Abschottung und des Komforts" oder die altmodische Einsamkeit des für die Dauer eines Langstreckenflugs auf sich zurückgeworfenen Reisenden. Als Pilot und Poet ist der Autor angstfrei in Begegnungen mit Sternschnuppen und Sonnenuntergängen. Sogar religiöse Anwandlungen, wenn er über den "Schwellenritus" der Landebahn sinniert, oder Gratwanderungen zum Kitsch kann man dem passionierten wie professionellen Erzähler kaum verübeln, Aspekte wie Klimawandel oder Krieg, die in der Geschichte der Aviation gleichwohl Spuren und Signaturen hinterließen, bleiben hingegen fast ausgeklammert. In verkehrshistorischen Exkursen zieht der Autor kenntnisreich Analogien zwischen Luftfahrt und Schifffahrt. So ist das zwischen Populärwissenschaft und Belletristik jonglierende Werk für Schwärmer wie Technikversessene empfehlenswert. Vanhoenacker ist ein Philosoph des Fernwehs wie der Erdverbundenheit, wobei das Eigene erst im Spiegel der Fremde Konturen gewinnt: Jede Landung sei eine "Heimkehr von der Möglichkeit aller Orte zu der Gewissheit und vielleicht der Liebe eines einzigen".
sg
"Himmelhoch. Von der Faszination, in der Luft zu reisen" von Mark Vanhoenacker. Carl Hanser Verlag, München 2016. 352 Seiten. Gebunden, 24,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"So ist das zwischen Populärwissenschaft und Belletristik jonglierende Werk für Schwärmer wie Technikversessene empfehlenswert. Vanhoenacker ist ein Philosoph des Fernwehs wie der Erdverbundenheit, wobei das Eigene erst im Spiegel der Fremde Konturen gewinnt (...)." Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.11.16
"Es ist ein literarisches First-Class-Erlebnis, mit ihm von Kontinent zu Kontinent zu schweben." Kleine Zeitung, 13.03.16
"Was Vanhoenacker mit seinem ungewöhnlichen Buch gelingt, ist ein Bild des modernen, globalisierten Menschen, eine Art Großessay über das Leben im Dazwischen." Norbert Zähringer, Literarische Welt, 13.02.16
"... eine einfühlsame Poesiestunde." DLR-Magazin, September 2016
"Es ist ein literarisches First-Class-Erlebnis, mit ihm von Kontinent zu Kontinent zu schweben." Kleine Zeitung, 13.03.16
"Was Vanhoenacker mit seinem ungewöhnlichen Buch gelingt, ist ein Bild des modernen, globalisierten Menschen, eine Art Großessay über das Leben im Dazwischen." Norbert Zähringer, Literarische Welt, 13.02.16
"... eine einfühlsame Poesiestunde." DLR-Magazin, September 2016