Ein Roman über Liebe, Politik und Mord im China der Jahrhundertwende: Das 20. Jahrhundert beginnt in China mit dem "Boxer-Aufstand", einem blutigen Aufstand gegen die europäischen Geschäftsleute. Dabei wird auch der deutsche Gesandte in Peking ermordet. Kaiser Wilhelm II schickt daraufhin den Diplomaten Alfons Mumm von Schwarzenstein nach Peking. Über die Zustände entsetzt, beschließt dieser, gegen seine Instruktionen zu handeln und wendet sich an die Kaiserin Witwe Tz'u-hsi. Ein folgenreicher Schritt: Die Kaiserin und der Diplomat kommen sich näher.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.06.2000Mauer im Wald
Eine Mauer, die spazieren geht: Für den Landart-Künstler Andy Goldsworthy bilden die steinernen Gebilde keine starren Grenzen, die Grundstücke trennen oder gar Frontlinien zwischen verfeindeten Nachbarn bilden. Goldsworthy macht die Mauern beweglich und lebendig – er schickt sie auf Wanderschaft. Sie laufen über Hügel und Täler, tauchen in Seen ein und legen sich in üppigen Kurven um die Baumstämme eines Waldes. Aus der Schlangenform von Goldworthys Mauern spricht „Respekt vor der Priorität der Bäume, die vor ihnen da waren”, meint der Kunstkritiker Kenneth Baker. Goldworthys 760 Meter lange Steinmauer im Skulpturenpark des Storm King Art Center im Staat New York ist die Hauptattraktion seines Buches mit dem einfachen Titel Mauer, das bei Zweitausendeins erschien (60 Farbfotos, 94 S. , 33 Mark).
ajh/Foto: Verlag
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Eine Mauer, die spazieren geht: Für den Landart-Künstler Andy Goldsworthy bilden die steinernen Gebilde keine starren Grenzen, die Grundstücke trennen oder gar Frontlinien zwischen verfeindeten Nachbarn bilden. Goldsworthy macht die Mauern beweglich und lebendig – er schickt sie auf Wanderschaft. Sie laufen über Hügel und Täler, tauchen in Seen ein und legen sich in üppigen Kurven um die Baumstämme eines Waldes. Aus der Schlangenform von Goldworthys Mauern spricht „Respekt vor der Priorität der Bäume, die vor ihnen da waren”, meint der Kunstkritiker Kenneth Baker. Goldworthys 760 Meter lange Steinmauer im Skulpturenpark des Storm King Art Center im Staat New York ist die Hauptattraktion seines Buches mit dem einfachen Titel Mauer, das bei Zweitausendeins erschien (60 Farbfotos, 94 S. , 33 Mark).
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.10.1999Ein Frankfurter in Peking
Die Geschichte des Alfons Mumm von Schwarzenstein als Roman von Hans Dieter Schreeb
Wo heute in Frankfurt nüchterne Kaufhaus-Fassaden einen eher tristen Anblick bieten, stand vor hundert Jahren das Stadtpalais der Familie Mumm. Das Haus Zeil Nummer 36, Ecke Brönnerstraße, wurde 1793 für den Bankier Johann Friedrich Schmidt errichtet und diente der Familie Mumm ein halbes Jahrhundert lang als Stadtpalais. Im Jahr 1904 wurde der Prachtbau im italienischen Palaststil abgerissen und ein Kaufhaus an der Stelle errichtet.
Einem der zu seiner Zeit berühmtesten Söhne der Familie Mumm hat Hans Dieter Schreeb nun ein literarisches Denkmal gesetzt. In seinem im Ullstein-Verlag erschienenen Roman "Hinter den Mauern von Peking" berichtet er von den wohl aufregendsten Jahren im Leben des Diplomaten Alfons Mumm von Schwarzenstein, seiner Zeit als Gesandter des Deutschen Reiches in Peking zu Beginn unseres Jahrhunderts.
Alfons Mumm von Schwarzenstein wird am 19. März 1859 in Frankfurt geboren. Die Familie, seit Beginn des 19. Jahrhunderts in Frankfurt ansässig, gehört zur tonangebenden Schicht der Stadt. Ihren Reichtum verdankte sie vor allem dem Weinhandel. Zum Besitz der Familie gehört unter anderem ein berühmtes Weingut auf dem Johannisberg im Rheingau, doch vor allem sind es die Champagnerkellereien im französischen Reims, die jährlich Gewinne von mehreren Millionen Mark abwerfen.
Der Lebensweg des jungen Mannes verläuft in den in diesen Kreisen üblichen Bahnen: Jurastudium, Assessor an verschiedenen Gerichten und schließlich die obligatorische Bildungsreise. Die Diplomatenkarriere des Adolf Mumm von Schwarzenstein aber beginnt mit einem Schreiben Bismarcks, in dem er ihn ermuntert, in den diplomatischen Dienst einzutreten. Bismarck suchte zu dieser Zeit Söhne aus wohlhabenden Familien Süddeutschlands für die Diplomatie zu gewinnen und damit letztlich an Preußen zu binden.
Von Bismarck, der die Familie aus Frankfurter Zeiten kennt, gefördert, wird Mumm Attaché in London, später in Paris, 1888 wird er Legationssekretär in Washington. Bismarck nennt ihn "eines der besten Pferde im Stall". Doch mit dem Ende von Bismarcks Kanzlerschaft erfährt auch die so viel versprechend begonnene Karriere Mumms einen Bruch. 1892 schickt man ihn zum Vatikan, die späten neunziger Jahre verbringt Mumm auf dem wenig bedeutsamen Posten des Kaiserlichen Gesandten in Luxemburg. Als im Jahr 1900 der deutsche Gesandte in China, von Ketteler, während des so genannten Boxer-Aufstands ermordet wird, tritt Mumm aus dem diplomatischen Schattendasein heraus. Zwar ist die Gesandtschaft in Peking keineswegs eine der wichtigen und, verglichen mit Paris, London oder Washington, nur ein Außenposten, doch die neue deutsche Weltmachtpolitik, die dem Reich nun auch im Fernen Osten einen Platz gewinnen will, macht Peking zu einer Herausforderung.
Und genau hier setzt Hans Dieter Schreebs Roman "Hinter den Mauern von Peking" ein. Schon während der wochenlangen Schiffsreise wird dem neuen Gesandten klar, dass ihn keine leichte Aufgabe erwartet. Die unterschiedlichen Interessen der deutschen Militärs, der Industrie und der übrigen Großmächte - Amerika, Großbritannien, Frankreich, Russland und Japan - machen die Verhandlungen mit den Chinesen zu einem andauernden Balanceakt. Obwohl Mumm immer wieder zur Mäßigung aufruft, ist er doch gehalten, mit der chinesischen Führung Verträge auszuhandeln, die China noch weiter demütigen und schwächen. Im Herbst 1901 kommt es endlich zum Abschluss der Verhandlungen: China soll innerhalb der nächsten vierzig Jahre umgerechnet eine Million Goldmark an Entschädigungen zahlen. Darüber hinaus mussten sie die Ermordung des deutschen Gesandten von Ketteler mit einer Sühnegesandtschaft nach Berlin und der Errichtung eines Gedächtnisdenkmals in Peking auch symbolisch wiedergutmachen.
Neben all diesen historischen Geschehnissen, die Hans Dieter Schreeb mit großer Detailkenntnis zeichnet und die einen faszinierenden Einblick in die Absurditäten der Außenpolitik des Kaiserreiches auf der Suche nach Weltgeltung bieten, ist es jedoch vor allem das persönliche Schicksal Mumms, das den Autor interessiert. Als Mann mit homosexuellen Neigungen musste er sein Privatleben im Verborgenen halten, ja schließlich sogar versuchen, durch eine Ehe den über ihn im Umlauf befindlichen Gerüchten ein Ende zu machen. Zu der Verbindung mit der platonischen Jugendliebe kommt es freilich erst 1920, sechs Jahre bevor Mumm nach langer Krankheit stirbt.
Neben Mumm hat Hans Dieter Schreeb noch eine weitere authentische Figur gezeichnet. Es ist die Kaiser-Witwe Tz u-hsi, die es von der kaiserlichen Konkubine zur Kaiserin brachte und alle Fäden im riesigen Reich zusammenhält. Nach dem "Bader von Mainz", "Feuerblumen" und "Hotel Petersburger Hof" ist es dem in Wiesbaden lebenden Hans Dieter Schreeb ein weiteres Mal gelungen, eine historische Epoche zu vergegenwärtigen. Überaus anschaulich und lebensprall schildert er das Schicksal seiner Figuren, mischt authentische Dokumente und Fiktion zu einem dichten Porträt einer faszinierenden Figur.
MATTHIAS BISCHOFF
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Geschichte des Alfons Mumm von Schwarzenstein als Roman von Hans Dieter Schreeb
Wo heute in Frankfurt nüchterne Kaufhaus-Fassaden einen eher tristen Anblick bieten, stand vor hundert Jahren das Stadtpalais der Familie Mumm. Das Haus Zeil Nummer 36, Ecke Brönnerstraße, wurde 1793 für den Bankier Johann Friedrich Schmidt errichtet und diente der Familie Mumm ein halbes Jahrhundert lang als Stadtpalais. Im Jahr 1904 wurde der Prachtbau im italienischen Palaststil abgerissen und ein Kaufhaus an der Stelle errichtet.
Einem der zu seiner Zeit berühmtesten Söhne der Familie Mumm hat Hans Dieter Schreeb nun ein literarisches Denkmal gesetzt. In seinem im Ullstein-Verlag erschienenen Roman "Hinter den Mauern von Peking" berichtet er von den wohl aufregendsten Jahren im Leben des Diplomaten Alfons Mumm von Schwarzenstein, seiner Zeit als Gesandter des Deutschen Reiches in Peking zu Beginn unseres Jahrhunderts.
Alfons Mumm von Schwarzenstein wird am 19. März 1859 in Frankfurt geboren. Die Familie, seit Beginn des 19. Jahrhunderts in Frankfurt ansässig, gehört zur tonangebenden Schicht der Stadt. Ihren Reichtum verdankte sie vor allem dem Weinhandel. Zum Besitz der Familie gehört unter anderem ein berühmtes Weingut auf dem Johannisberg im Rheingau, doch vor allem sind es die Champagnerkellereien im französischen Reims, die jährlich Gewinne von mehreren Millionen Mark abwerfen.
Der Lebensweg des jungen Mannes verläuft in den in diesen Kreisen üblichen Bahnen: Jurastudium, Assessor an verschiedenen Gerichten und schließlich die obligatorische Bildungsreise. Die Diplomatenkarriere des Adolf Mumm von Schwarzenstein aber beginnt mit einem Schreiben Bismarcks, in dem er ihn ermuntert, in den diplomatischen Dienst einzutreten. Bismarck suchte zu dieser Zeit Söhne aus wohlhabenden Familien Süddeutschlands für die Diplomatie zu gewinnen und damit letztlich an Preußen zu binden.
Von Bismarck, der die Familie aus Frankfurter Zeiten kennt, gefördert, wird Mumm Attaché in London, später in Paris, 1888 wird er Legationssekretär in Washington. Bismarck nennt ihn "eines der besten Pferde im Stall". Doch mit dem Ende von Bismarcks Kanzlerschaft erfährt auch die so viel versprechend begonnene Karriere Mumms einen Bruch. 1892 schickt man ihn zum Vatikan, die späten neunziger Jahre verbringt Mumm auf dem wenig bedeutsamen Posten des Kaiserlichen Gesandten in Luxemburg. Als im Jahr 1900 der deutsche Gesandte in China, von Ketteler, während des so genannten Boxer-Aufstands ermordet wird, tritt Mumm aus dem diplomatischen Schattendasein heraus. Zwar ist die Gesandtschaft in Peking keineswegs eine der wichtigen und, verglichen mit Paris, London oder Washington, nur ein Außenposten, doch die neue deutsche Weltmachtpolitik, die dem Reich nun auch im Fernen Osten einen Platz gewinnen will, macht Peking zu einer Herausforderung.
Und genau hier setzt Hans Dieter Schreebs Roman "Hinter den Mauern von Peking" ein. Schon während der wochenlangen Schiffsreise wird dem neuen Gesandten klar, dass ihn keine leichte Aufgabe erwartet. Die unterschiedlichen Interessen der deutschen Militärs, der Industrie und der übrigen Großmächte - Amerika, Großbritannien, Frankreich, Russland und Japan - machen die Verhandlungen mit den Chinesen zu einem andauernden Balanceakt. Obwohl Mumm immer wieder zur Mäßigung aufruft, ist er doch gehalten, mit der chinesischen Führung Verträge auszuhandeln, die China noch weiter demütigen und schwächen. Im Herbst 1901 kommt es endlich zum Abschluss der Verhandlungen: China soll innerhalb der nächsten vierzig Jahre umgerechnet eine Million Goldmark an Entschädigungen zahlen. Darüber hinaus mussten sie die Ermordung des deutschen Gesandten von Ketteler mit einer Sühnegesandtschaft nach Berlin und der Errichtung eines Gedächtnisdenkmals in Peking auch symbolisch wiedergutmachen.
Neben all diesen historischen Geschehnissen, die Hans Dieter Schreeb mit großer Detailkenntnis zeichnet und die einen faszinierenden Einblick in die Absurditäten der Außenpolitik des Kaiserreiches auf der Suche nach Weltgeltung bieten, ist es jedoch vor allem das persönliche Schicksal Mumms, das den Autor interessiert. Als Mann mit homosexuellen Neigungen musste er sein Privatleben im Verborgenen halten, ja schließlich sogar versuchen, durch eine Ehe den über ihn im Umlauf befindlichen Gerüchten ein Ende zu machen. Zu der Verbindung mit der platonischen Jugendliebe kommt es freilich erst 1920, sechs Jahre bevor Mumm nach langer Krankheit stirbt.
Neben Mumm hat Hans Dieter Schreeb noch eine weitere authentische Figur gezeichnet. Es ist die Kaiser-Witwe Tz u-hsi, die es von der kaiserlichen Konkubine zur Kaiserin brachte und alle Fäden im riesigen Reich zusammenhält. Nach dem "Bader von Mainz", "Feuerblumen" und "Hotel Petersburger Hof" ist es dem in Wiesbaden lebenden Hans Dieter Schreeb ein weiteres Mal gelungen, eine historische Epoche zu vergegenwärtigen. Überaus anschaulich und lebensprall schildert er das Schicksal seiner Figuren, mischt authentische Dokumente und Fiktion zu einem dichten Porträt einer faszinierenden Figur.
MATTHIAS BISCHOFF
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