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Das Lexikon ist Lesebuch und Nachschlagewerk für jeden, der sich über die bedeutendsten Historiker der Weltgeschichte informieren will. In fast 600 Artikeln werden Personen vorgestellt, die dadurch, daß sie Geschichte überliefert und beschrieben, oftmals auch Geschichte gemacht haben. Werkverzeichnis, bibliographische Hinweise, Register und Zeittafel erschließen das Buch den vielfältigsten Ansprüchen. Für die vorliegende 2. Auflage wurde das Lexikon völlig neu bearbeitet, bibliographisch aktualisiert und um etwa sechzig neue Artikel ergänzt.

Produktbeschreibung
Das Lexikon ist Lesebuch und Nachschlagewerk für jeden, der sich über die bedeutendsten Historiker der Weltgeschichte informieren will. In fast 600 Artikeln werden Personen vorgestellt, die dadurch, daß sie Geschichte überliefert und beschrieben, oftmals auch Geschichte gemacht haben. Werkverzeichnis, bibliographische Hinweise, Register und Zeittafel erschließen das Buch den vielfältigsten Ansprüchen. Für die vorliegende 2. Auflage wurde das Lexikon völlig neu bearbeitet, bibliographisch aktualisiert und um etwa sechzig neue Artikel ergänzt.
Autorenporträt
Rüdiger vom Bruch, geboren1944, Promotion und Habilitation in München, nach Lehrtätigkeit in München, Regensburg und Tübingen 1993-2011 Lehrstuhl für Wissenschaftsgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Forschungsschwerpunkte Wissenschafts- und Universitätsgeschichte 18.-20. Jh., Publikationen u.a.: Bürgerlichkeit, Staat und Kultur im Deutschen Kaiserreich, 2005; Gelehrtenpolitik, Sozialwissenschaften und akademische Diskurse in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert, 2006; (Hg. mit B. Kaderas:) Wissenschaften und Wissenschaftspolitik. Bestandsaufnahmen zu Formationen, Brüchen und Kontinuitäten im Deutschland des 20. Jh.,2002.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.11.2002

Historikerlexikon als Welt von gestern

Als "völlig neu bearbeitet" wird das von Rüdiger vom Bruch und Rainer A. Müller herausgegebene "Historikerlexikon" (Verlag C. H. Beck, München 2002, 394 S., br., 19,90 [Euro]) auf der Rückseite der zweiten Auflage angepriesen. Auf der Titelseite der ersten Auflage begrüßten namens der fünfhundert "bedeutendsten Historiker der Weltgeschichte" Thukydides, Aventinus, Ranke und Toynbee als mutmaßlich allerbedeutendste oder jedenfalls vorzeigbarste Zunftgenossen den Leser. Der bayerische Humanist Aventinus, der wohl dem Verlagsortsgeist die Ehre geben soll, ist auf die Rückseite gewandert, wo als Repräsentant der Emigration Hans Rosenberg ihm Gesellschaft leistet. Das Titelquartett bilden nun Thukydides, Ranke, Burckhardt und Marc Bloch. So mag zeitgemäßer Fassadenschmuck für ein Pantheon der Historiographie aussehen: Den christlichen Universalhistoriker, den 1991 schon kaum jemand mehr las, ersetzt der jüdische Märtyrer der freien Forschung; dem Berliner Thukydides tritt als Vater der Kulturgeschichte sein Basler Schüler zur Seite - diese Dioskurenpaarbildung war allerdings schon um 1950 Mode im Zeichen besinnlicher Selbstbesinnung des Faches.

Zählt man vorne die vertauschten Köpfe, so ergibt sich für den Bearbeitungsgrad "völlig neu" der beachtliche Wert von fünfzig Prozent. Im Vorwort werden die "Mühen der Überarbeitung" näher erläutert: "Sämtliche Artikel wurden für diese Neuauflage durchgesehen und, soweit erforderlich, aktualisiert." Da nur Verstorbene Aufnahme finden, folgt Aktualisierungsbedarf aus Forschungsfortschritten. Was weiß man denn Neues über den zur Ehre des Umschlagschmucks erhobenen Mitbegründer der "Annales"? Nach Erscheinen der ersten Auflage legte Ulrich Raulff seine Biographie vor; ein kleiner akademischer Industriezweig produziert Bloch-Memoria. Überraschen muß da der Vergleich der beiden Artikel: Über die Ergänzung der Bibliographie hinaus war eine Änderung nicht erforderlich.

In lebhafter Bewegung ist nach langer Friedhofsruhe die Rankeforschung. Die von den Herausgebern beobachtete "verstärkte Hinwendung zur Historiographiegeschichte" zeigt sich hier in einem geschärften Interesse an Formfragen ästhetischer wie philosophischer Natur. Ein einziger Titel wird bibliographisch nachgetragen, eine Berliner Dissertation, deren Verfasser mit der Rankekritik abrechnete und nun erleben muß, daß ihre Topoi auf dem Stand von 1960 oder eigentlich schon 1860 unverändert den Status gesicherten Wissens beanspruchen. Weshalb findet Daniel Fuldas bahnbrechende Studie "Wissenschaft aus Kunst" keine Erwähnung? Die Antwort dürfte betrüblich einfach sein: weil Ranke nicht im Titel steht. Da schnurrt natürlich die Erforderlichkeit neuen Nachdenkens zusammen, wenn man meint, Forschung über Historiker finde nur im biographischen Format statt.

Dieselbe Blindheit im Fall von Friedrich Meinecke. Gegen die These von Annette Wittkau und Otto Gerhard Oexle, Meineckes Historismusbuch habe in willkürlichem Harmonisierungsstreben das Relativismusproblem ausgeblendet, läßt sich viel einwenden. Aber darf ein Lexikon, das im Vorwort mit einschüchternder Umständlichkeit seinen methodischen Ehrgeiz markiert ("Erinnerungsvermögen hat die kulturelle Dimension menschlicher Existenz immer schon begleitet und mehr oder minder stark geleitet"), diese ins Herz der deutschen historischen Tradition zielende Frage stillschweigend übergehen?

Die Durchsicht, die auch dort erfolgt sein soll, wo Aktualisierung nicht erforderlich war, schließt übrigens die Korrektur von Druckfehlern nicht notwendig ein: Das "Verhältnis von Krathos und Ethos" bewältigt Meinecke tapfer weiter. "In neuester Zeit", schloß der Meinecke-Artikel 1991, "wird er meist gelassener beurteilt." In allerneuester Zeit aber, elf Jahre später, "wird er meist als bedeutende Historiker-Persönlichkeit gewürdigt". Soll wohl heißen: noch gelassener. Weniger gelassen wird heute Theodor Schieder beurteilt, seit der höchstdekorierte Historiker der Bundesrepublik als Verfasser einer umsiedlungspolitischen Denkschrift von 1939 identifiziert worden ist. "Äußere Gestalt und inneren Weg der deutschen Geschichtswissenschaft" prägte Schieder "in einzigartiger Weise" auch aus heutiger Sicht. "Doch voran ging ein lebensgeschichtlicher Bruch." Wie sieht nun Schieders Lebenswerk im Lichte dieses Bruches aus? Erforderlich war das Weglassen eines einzigen Wortes. Mit der Biographie Friedrichs des Großen "fand dieses Forscherleben 1983 seinen Abschluß". Es war einmal ein "krönender" gewesen.

Wenn man in elf Jahren für die dritte Auflage die neuen Artikel ähnlich gründlich revidiert, werden groteske Mißverhältnisse stehenbleiben. Tim Mason, ein früh verstorbener britischer Anreger der NS-Sozialgeschichte, erhält zweieinhalb Spalten, mehr als E. P. Thompson, doppelt soviel wie A. J. P. Taylor. Zwei andere Riesen, Gelehrte von epochaler öffentlicher Wirkung, werden mit jeweils drei Sätzen abgetan: Renzo De Felice und François Furet. Solche Schäbigkeit erklärt sich daraus, daß die Herausgeber den Autoren bei der Artikellänge offenbar völlig freie Hand gelassen haben. Nicht erwähnt wird im Vorwort, daß auch sechs Einträge weggelassen wurden, in der Mehrzahl Schweizer und Österreicher. So schuf man Platz für "einige Personen, deren geschichtswissenschaftliche Bedeutung erst kürzlich deutlich wurde". Wie Friedrich Nietzsche. Nun gut. Wenn die Historiker hundertachtundzwanzig Jahre brauchen, um die zweite Unzeitgemäße Betrachtung zu lesen, wird ihr Lexikon vielleicht im Jahre 2130 auf dem Forschungsstand von heute sein.

PATRICK BAHNERS

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zwischen fröhlichem Spott und galligem Unmut schwankt die Haltung des Rezensenten Patrick Bahners zu dieser 2. Auflage des Lexikons. Vor allem der Behauptung der Herausgeber, diese sei "völlig neu bearbeitet", geht er nach, bis ins Detail. Das beginnt mit den Titelvignetten, setzt sich dann aber mit der Untersuchung der versprochenen Aktualisierungen fort. Hier fällt das Ergebnis freilich wenig erfreulich aus, in Sachen Ranke, meint Bahners, hat sich in letzter Zeit in der Forschung viel getan. Niederschlag im Lexikon finde das nicht, da befinde man sich, lästert er, noch auf dem Stand von 1860. Heiter im Ton, eher bitter in der Sache schildert er den Eiertanz, den die Entdeckung von nazifreundlichem Schrifttum im Werk Theodor Schieders im entsprechenden Artikel nach sich gezogen hat. Und schön, meint er abschließend, dass auch die Historikerzunft nach "hundertzwanzig Jahren" gemerkt hat, dass Nietzsches "Zweite unzeitgemäße Betrachtung" etwas mit ihr zu tun haben könnte.

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