«Das HWP ist eine Institution weit über die Grenzen der Philosophenwelt hinaus.» Schweizerische Depeschenagentur SDA «Eines der grössten und bedeutendsten Projekte der Geisteswissenschaften der Gegenwart.» NZZ «Eine geisteswissenschaftliche Grosstat ist vollbracht.» NZZ «Ein weltweit einzigartiges Werk der Begriffsarchäologen.» Der Spiegel Zum Gesamtwerk Das «Historische Wörterbuch der Philosophie» ist eines der bedeutendsten, aufwendigsten und auch erfolgreichsten Buchprojekte der modernen deutschsprachigen Geisteswissenschaften. Das «Historische Wörterbuch der Philosophie» zeichnet sich gegenüber allen anderen philosophischen Wörterbüchern durch seine Darstellungsmethode, die begriffshistorische Methode, aus. Im Gegensatz zu enzyklopädischen oder systematisch-dogmatisch orientierten Wörterbüchern, die eine beschreibende Erklärung oder Definition der Begriffe bieten, gibt und dokumentiert es den Ursprung, das erste Auftreten, und die Geschichte bzw. den Bedeutungswandel eines Begriffs von den Griechen bis heute anhand präziser Belege und Stellenangaben. Der einzigartige Nutzen dieses Pionierwerkes besteht darin, dass die Stellung und die Bedeutung der einzelnen Begriffe in bestimmten Epochen oder bei bestimmten Philosophen oder auch die Bedeutungsveränderungen und Begriffsgeschichten nachvollziehbar, d.h. die einzelnen Darstellungen verifizierbar oder korrigierbar sind. Neben den philosophischen Begriffen behandelt dieses Wörterbuch auch Begriffe der angrenzenden Fachgebiete Theologie, Psychologie, Pädagogik, Soziologie, Geschichte, Politik, Jurisprudenz und der Naturwissenschaften. Der Registerband Erst durch die Register wird eine umfassende und gezielte Nutzung des begriffsgeschichtlichen Wissens des Gesamtwerkes möglich. Der Band mit einer ausführlichen Einleitung enthält drei Register: - Das Sachgruppenregister listet Artikel und Artikelteile nach Fachgebieten auf. - Das Verweiseregister, das eigentliche Hauptregister, enthält die Artikelstichwörter (mit Angabe von Nachbarartikeln) und über 30 000 Verweise, vor allem griechischer, lateinischer, deutscher, englischer und französischer Termini. Auch feststehende Ausdrücke und Metaphern sind aufgeführt. - Das Autorenregister nennt die Verfasser und ihre Beiträge mit Band- und Spaltenangaben. - Die Volltext-CD-ROM der Bände 1-13 ermöglicht Wortrecherchen aller Art, z.B. auch Autorenamen und Werktitel. Ausführliche Informationen unter www.hwph.ch Bibliographie Historisches Wörterbuch der Philosophie Das «Historische Wörterbuch der Philosophie» wird unter Mitwirkung von mehr als 1500 Fachgelehrten in Verbindung mit Günther Bien, Tilman Borsche, Ulrich Dierse, Wilhelm Goerdt, Oskar Graefe, Wolfgang Hübener, Anton Hügli, Helmut Hühn, Friedrich Kambartel, Friedrich Kaulbach, Theo Kobusch, Ralf Konersmann, Margarita Kranz, Hermann Lübbe, Odo Marquard, Reinhart Maurer, Stephan Meier-Oeser, Friedrich Niewöhner, Ludger Oeing-Hanhoff, Willi Oelmüller, Thomas Rentsch, Kurt Röttgers, Eckart Scheerer, Heinrich Schepers, Gunter Scholtz, Winfried Schröder, Martin Seils und Robert Spaemann herausgegeben von Joachim Ritter, Karlfried Gründer und Gottfried Gabriel. Völlig neubearbeitete Ausgabe des «Wörterbuchs der philosophischen Begriffe» von Rudolf Eisler. Das Werk steht unter der Verantwortung der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Bonn, und des Senators für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Berlin. Das Gesamtwerk ist mit dem Registerband 13 abgeschlossen. Die Textbände 1-12 umfassen in 17144 Textspalten ca. 6000 Artikel und Artikelteile zu 3670 philosophischen Begriffen von «Abbildtheorie» bis «Zynismus» sie enthalten keine Personenartikel. Pressestimmen zum Gesamtwerk «...eines der nützlichsten geisteswissenschaftlichen Standardwerke, ohne das ein ideengeschichtlich interessierter Mensch anständig nicht leben kann.» Neue Zürcher Zeitung «Dieses Werk stel
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.06.1999Das ABC der Philosophen
Das Alphabet ist eine dem philosophischen Begriff ganz äußerliche Ordnung. Der Geist mag sorgsam von Anfang bis zum Ende lesen müssen, aber die Buchstaben bilden ihm trotzdem keine Stufen zur Wahrheit. Was für ein Zufall wäre es, begännen alle Grundbegriffe mit A und alle abschließenden Gedanken mit Z. Genauso zufällig wäre es, wenn benachbarte Einträge einer philosophischen Enzyklopädie untereinander stets bedeutungsverwandt wären. Zwar mag einen die Sequenz "Trotzkismus, Trugschluß, Trunkenheit", die sich im zehnten Band des "Historischen Wörterbuchs der Philosophie" (Staat - Tyrannis, Schwabe Verlag, Basel, 820 S., DM 420,-) findet, durchaus in tiefes Nachdenken darüber stürzen, ob der bloße Buchstabe nicht doch ein Sinnträger ist. Zwar hat Gershom Scholem aus der Nachbarschaft von "Totalität" und "Totemismus" den Kurzschluß "Das Totum ist das Totem" gezogen. Zwar seien die Einträge "Teufel" und "Text", "Todestrieb" und "Toleranz", "Trägheit" und "Tradition" dem Leser durchaus zur durchlaufenden und vergleichenden Lektüre anempfohlen. Doch am Hauptbefund ändert sich durch solch anregendes Nebeneinander nichts: kein Philosoph liest ein philosophisches Wörterbuch durch. Als einzige Ausnahme darf der philosophische Wörterbuchmacher gelten. Ihm stellt sich das Unternehmen, das für die Autoren der Stichworte wie für ihre Benutzer in lauter nützliche Einzelheiten zerfällt, als ein Ganzes dar. Er kann daher an der alphabetischen Ordnung Sinnqualitäten erkennen, die anderen verborgen bleiben. Den Hinweis auf einige solcher Qualitäten verdankt der philosophisch Interessierte Karlfried Gründer, der für das Historische Wörterbuch seit fünfundzwanzig Jahren als Herausgeber wirkte und dieser Tage auf einer kleinen Feier in Berlin sein Amt aus Altersgründen abgegeben hat. In seinen Vorworten zu den Bänden finden sich stets auch kleine lexikographische Beobachtungen. Im jetzigen zum Beispiel eine, die darauf hinweist, daß zwar Begriffe wie Subkultur und Subversion, nicht aber Subjekt und Substanz in ihre Teile zerlegbar sind. Denn was wären ohne "Sub" ein "jekt" oder eine "stanz"? Bei Gründer liest sich das so: "Die Ballung von Lemmata mit dem gleichen Präfix führt auf die Frage, ob nicht die Verschiedenheit von Komposita mit notwendigem Präfix von solchen Komposita, deren Grundwörter mit oder ohne Präfix existieren können, der Beachtung und Bearbeitung in eigener methodischer Reflexion bedürftig wäre." Dieses Dokument einer Aufmerksamkeit, die sich auf die präfixen Ideen der Philosophie richtet, wird an Hintersinn nur noch durch Gründers Bekenntnis übertroffen, daß die Lücke zwischen Buchstabenordnung und Begriffsgeschichte sich allenfalls durch "Alphabetmogeleien" schließen lasse. Die Philosophie bringe laufend Begriffe hervor, die ihren Anfangsbuchstaben nach in bereits erschienene Bände gehörten. 1972 etwa, als der Band D bis F erschien, war die "Dekonstruktion" noch nicht im Schwange. Deshalb bedient sich der Lexikograph des Tricks, den Begriff nunmehr unter "Textualität" abzuhandeln. So elegant das wirken mag, es hat doch fatale Folgen. In seinem Vorwort zum neunten Band merkt Gründer an, daß diese nachträgliche Einarbeitung des Erkenntnisfortschritts in die späteren Artikel den Eintrag "Zynismus" zum umfangreichsten des ganzen Lexikons machen würde. Das aber war nur ein Scherz des Verwalters aller Alphabetmogeleien. Denn "Zynismus" wurde in einer Art vorausschauender Mogelei bereits 1976 im ersten von Gründer verantworteten Band als "Kynismus" abgehandelt. Sollte es daher tatsächlich zu jener Verdickungskonsequenz des begriffsgeschichtlichen Fortschritts kommen, dann wird sie sich wohl an einem anderen Schlußbegriff zeigen. Hält man sich an ältere Enzyklopädien, so käme am ehesten "Zwitter" in Betracht. Weil das aber dem entschiedenen Geist des Historischen Wörterbuchs nicht entspräche, wünschen wir uns statt dessen einen langen philosophischen Aufräumartikel mit dem einzig dafür angemessenen Stichwort: Zweifel. Wer diesen Artikel durchläse, wäre dann ganz auf dem Stand der Philosophie.
JÜRGEN KAUBE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das Alphabet ist eine dem philosophischen Begriff ganz äußerliche Ordnung. Der Geist mag sorgsam von Anfang bis zum Ende lesen müssen, aber die Buchstaben bilden ihm trotzdem keine Stufen zur Wahrheit. Was für ein Zufall wäre es, begännen alle Grundbegriffe mit A und alle abschließenden Gedanken mit Z. Genauso zufällig wäre es, wenn benachbarte Einträge einer philosophischen Enzyklopädie untereinander stets bedeutungsverwandt wären. Zwar mag einen die Sequenz "Trotzkismus, Trugschluß, Trunkenheit", die sich im zehnten Band des "Historischen Wörterbuchs der Philosophie" (Staat - Tyrannis, Schwabe Verlag, Basel, 820 S., DM 420,-) findet, durchaus in tiefes Nachdenken darüber stürzen, ob der bloße Buchstabe nicht doch ein Sinnträger ist. Zwar hat Gershom Scholem aus der Nachbarschaft von "Totalität" und "Totemismus" den Kurzschluß "Das Totum ist das Totem" gezogen. Zwar seien die Einträge "Teufel" und "Text", "Todestrieb" und "Toleranz", "Trägheit" und "Tradition" dem Leser durchaus zur durchlaufenden und vergleichenden Lektüre anempfohlen. Doch am Hauptbefund ändert sich durch solch anregendes Nebeneinander nichts: kein Philosoph liest ein philosophisches Wörterbuch durch. Als einzige Ausnahme darf der philosophische Wörterbuchmacher gelten. Ihm stellt sich das Unternehmen, das für die Autoren der Stichworte wie für ihre Benutzer in lauter nützliche Einzelheiten zerfällt, als ein Ganzes dar. Er kann daher an der alphabetischen Ordnung Sinnqualitäten erkennen, die anderen verborgen bleiben. Den Hinweis auf einige solcher Qualitäten verdankt der philosophisch Interessierte Karlfried Gründer, der für das Historische Wörterbuch seit fünfundzwanzig Jahren als Herausgeber wirkte und dieser Tage auf einer kleinen Feier in Berlin sein Amt aus Altersgründen abgegeben hat. In seinen Vorworten zu den Bänden finden sich stets auch kleine lexikographische Beobachtungen. Im jetzigen zum Beispiel eine, die darauf hinweist, daß zwar Begriffe wie Subkultur und Subversion, nicht aber Subjekt und Substanz in ihre Teile zerlegbar sind. Denn was wären ohne "Sub" ein "jekt" oder eine "stanz"? Bei Gründer liest sich das so: "Die Ballung von Lemmata mit dem gleichen Präfix führt auf die Frage, ob nicht die Verschiedenheit von Komposita mit notwendigem Präfix von solchen Komposita, deren Grundwörter mit oder ohne Präfix existieren können, der Beachtung und Bearbeitung in eigener methodischer Reflexion bedürftig wäre." Dieses Dokument einer Aufmerksamkeit, die sich auf die präfixen Ideen der Philosophie richtet, wird an Hintersinn nur noch durch Gründers Bekenntnis übertroffen, daß die Lücke zwischen Buchstabenordnung und Begriffsgeschichte sich allenfalls durch "Alphabetmogeleien" schließen lasse. Die Philosophie bringe laufend Begriffe hervor, die ihren Anfangsbuchstaben nach in bereits erschienene Bände gehörten. 1972 etwa, als der Band D bis F erschien, war die "Dekonstruktion" noch nicht im Schwange. Deshalb bedient sich der Lexikograph des Tricks, den Begriff nunmehr unter "Textualität" abzuhandeln. So elegant das wirken mag, es hat doch fatale Folgen. In seinem Vorwort zum neunten Band merkt Gründer an, daß diese nachträgliche Einarbeitung des Erkenntnisfortschritts in die späteren Artikel den Eintrag "Zynismus" zum umfangreichsten des ganzen Lexikons machen würde. Das aber war nur ein Scherz des Verwalters aller Alphabetmogeleien. Denn "Zynismus" wurde in einer Art vorausschauender Mogelei bereits 1976 im ersten von Gründer verantworteten Band als "Kynismus" abgehandelt. Sollte es daher tatsächlich zu jener Verdickungskonsequenz des begriffsgeschichtlichen Fortschritts kommen, dann wird sie sich wohl an einem anderen Schlußbegriff zeigen. Hält man sich an ältere Enzyklopädien, so käme am ehesten "Zwitter" in Betracht. Weil das aber dem entschiedenen Geist des Historischen Wörterbuchs nicht entspräche, wünschen wir uns statt dessen einen langen philosophischen Aufräumartikel mit dem einzig dafür angemessenen Stichwort: Zweifel. Wer diesen Artikel durchläse, wäre dann ganz auf dem Stand der Philosophie.
JÜRGEN KAUBE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.06.2007Mit allen Registern
Basel feiert das „Historische Wörterbuch der Philosophie”
Eine Reihe unheimlicher Chimären brüllt ihren stummen Schrei der Dämonenabwehr. Seit diese subalternen Diener Gottes von einer kirchlichen Fassade genommen wurden, tun sie ihren Dienst im Refektorium des Museums Kleines Klingental in Basel und erinnern den Gast an die vergeblichen Mühen der vorsprachlichen Wirklichkeitsbewältigung. Denn erst der Begriff schafft diese wirklich, erlaubt die Bannung der vagen Angst in konkrete Furcht, bekommt die Welt in den Griff. Der Begriff ist die ordnende Macht des menschlichen Geistes.
Im Beisein der musealisierten Schreihälse wurde am Dienstag in Basel der Abschluss des weltweit größten Projekts der begrifflichen Dämonenabwehr gewürdigt: Das „Historische Wörterbuch der Philosophie” (HWPh) ist mit dem Erscheinen des Registerbandes, dem 13. Band, nach über 40 Jahren endgültig fertig geworden. Seine Väter sind Joachim Ritter und sein Kreis, die in den sechziger Jahren zunächst den „Eisler” begriffsgeschichtlich überarbeiten wollten, indem sie an die Arbeiten des „Archivs für Begriffsgeschichte” anschlossen, das 1955 an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz gegründet wurde.
Die Begriffsgeschichte wurde damals als eigenständige Disziplin etabliert, sie sollte sich nicht in „gelehrter Philologie der Fachwörter” erschöpfen, sondern „integraler Bestandteil der Philosophie selbst” sein, da erst die „geschichtliche Wirksamkeit” des Begriffsgebrauchs ein umfassendes Verständnis erlaube – so heißt es in dem langen programmatischen Eintrag „Begriffsgeschichte” im ersten Band des HWPh von 1971.
Ohne zernagende Selbstreflexion wurde am Dienstag beim Schwabe Verlag, der das Wörterbuch verlegt, erst einmal ehrlich und erleichtert gefeiert. Das war vor allem die Gelegenheit, die fisselige Lektoratsarbeit zu würdigen. Neben dem großen Herausgeberkreis und ungefähr 1500 Autoren waren es zwei Lektoren, die das HWPh prägten: Jakob Lanz und Walter Tinner. Lanz war von Anfang an dabei und starb 1982 schon mit 60 Jahren; Karlfried Gründer setzte ihm im Vorwort des sechsten Bandes des HWPh ein kleines Denkmal, das gleichzeitig das Porträt eines idealen Lektors ist: „So beschränkte sich seine Arbeit am Wörterbuch keineswegs auf Lektorierung als formale Vereinheitlichung der Zitationsweise, des Abkürzungswesens, auf die Auszeichnung des Manuskripte für den Setzer. Bei diesem Geschäft war er von unübertrefflicher Präzision. Aber er tat mehr, griff stillschweigend ein, wo nach dem „Gut zum Satz” noch etwas zu tun übriggeblieben war. Er redigierte sozusagen heimlich weiter.” Walter Tinner übernahm die Aufgaben von Lanz bei der Arbeit am sechsten Band und stand bald in einem ebenso hohen Ansehen bei Verlag und Herausgebern. Ein Dank war, ihm den allerletzten Eintrag des HWPh zu überlassen: „Zynismus” (siehe SZ vom 11. April 2005)
Der Schweizer Philosoph und einstige Jaspers-Assistent Hans Saner hielt in Basel eine freundliche „Dankesrede als Benutzer” – eine echte Laudatio könne er nicht leisten, weil er das ganze Werk nicht kenne und auch nicht kennen könne: Zwei bis drei Jahre bei einem Acht-Stunden-Tag dürfte man schließlich etwa brauchen, um alles zu lesen. Den Registerband von Margarita Kranz, die übrigens auch seit der Arbeit an jenem sechsten Band dabei ist, lobte Saner höchsten Tönen. Mit diesem letzten Band ist eine vielschichtige Vernetzung der Artikel möglich; ihm liegt außerdem eine Volltext-CD-ROM bei (erhältlich nur bei Abnahme des gesamten Wörterbuchs zum Preis von 2380 Euro).
Begriffe und lauernde Dämonen
Das Register wurde bei der Feierstunde insgesamt als „intelligent” bezeichnet; als „Schlussstein”, der verhindere, dass ein „Torso” zurückbleibe; oder als „Schlüssel” zum Verständnis des Ganzen. Hier schlichen sich also schamlos die Metaphern ein, die seit Beginn des HWPh eine Grenze der Begriffsgeschichte markierten – wie schon Joachim Ritter im ersten Band in Richtung Hans Blumenberg zugeben musste. Um die Metaphern muss man sich keine Sorgen machen – allein das metaphorologische Ein-Mann-Unternehmen Blumenberg hat Unschätzbares geleistet, von Ralf Konersmann erscheint demnächst das „Wörterbuch der philosophischen Metaphern” und auch beim Schwabe Verlag plant man ein Großprojekt zur Metapher. Doch was ist mit der in der HWPh institutionalisierten Begriffsgeschichte selbst? Sie kann naturgemäß nicht abgeschlossen werden. Die Überarbeitung der alten Artikel wäre die konsequente Fortsetzung des Projekts. Wie und ob das möglich sein kann, wurde schon 2004 auf einer Berliner Tagung zum „Umbruch der Begriffsgeschichte” diskutiert – nach 40 Jahren Begriffsgeschichte und ihrem vorläufigen Abschluss im HWPh ist Zeit für das Bilanzziehen. Es wäre zu wünschen, dass der begriffsgeschichtliche Geist des kompetenten Kollektivs weiterwirken kann. Denn in den Ritzen der Begriffe lauern noch Dämonen. OLIVER MÜLLER
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Basel feiert das „Historische Wörterbuch der Philosophie”
Eine Reihe unheimlicher Chimären brüllt ihren stummen Schrei der Dämonenabwehr. Seit diese subalternen Diener Gottes von einer kirchlichen Fassade genommen wurden, tun sie ihren Dienst im Refektorium des Museums Kleines Klingental in Basel und erinnern den Gast an die vergeblichen Mühen der vorsprachlichen Wirklichkeitsbewältigung. Denn erst der Begriff schafft diese wirklich, erlaubt die Bannung der vagen Angst in konkrete Furcht, bekommt die Welt in den Griff. Der Begriff ist die ordnende Macht des menschlichen Geistes.
Im Beisein der musealisierten Schreihälse wurde am Dienstag in Basel der Abschluss des weltweit größten Projekts der begrifflichen Dämonenabwehr gewürdigt: Das „Historische Wörterbuch der Philosophie” (HWPh) ist mit dem Erscheinen des Registerbandes, dem 13. Band, nach über 40 Jahren endgültig fertig geworden. Seine Väter sind Joachim Ritter und sein Kreis, die in den sechziger Jahren zunächst den „Eisler” begriffsgeschichtlich überarbeiten wollten, indem sie an die Arbeiten des „Archivs für Begriffsgeschichte” anschlossen, das 1955 an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz gegründet wurde.
Die Begriffsgeschichte wurde damals als eigenständige Disziplin etabliert, sie sollte sich nicht in „gelehrter Philologie der Fachwörter” erschöpfen, sondern „integraler Bestandteil der Philosophie selbst” sein, da erst die „geschichtliche Wirksamkeit” des Begriffsgebrauchs ein umfassendes Verständnis erlaube – so heißt es in dem langen programmatischen Eintrag „Begriffsgeschichte” im ersten Band des HWPh von 1971.
Ohne zernagende Selbstreflexion wurde am Dienstag beim Schwabe Verlag, der das Wörterbuch verlegt, erst einmal ehrlich und erleichtert gefeiert. Das war vor allem die Gelegenheit, die fisselige Lektoratsarbeit zu würdigen. Neben dem großen Herausgeberkreis und ungefähr 1500 Autoren waren es zwei Lektoren, die das HWPh prägten: Jakob Lanz und Walter Tinner. Lanz war von Anfang an dabei und starb 1982 schon mit 60 Jahren; Karlfried Gründer setzte ihm im Vorwort des sechsten Bandes des HWPh ein kleines Denkmal, das gleichzeitig das Porträt eines idealen Lektors ist: „So beschränkte sich seine Arbeit am Wörterbuch keineswegs auf Lektorierung als formale Vereinheitlichung der Zitationsweise, des Abkürzungswesens, auf die Auszeichnung des Manuskripte für den Setzer. Bei diesem Geschäft war er von unübertrefflicher Präzision. Aber er tat mehr, griff stillschweigend ein, wo nach dem „Gut zum Satz” noch etwas zu tun übriggeblieben war. Er redigierte sozusagen heimlich weiter.” Walter Tinner übernahm die Aufgaben von Lanz bei der Arbeit am sechsten Band und stand bald in einem ebenso hohen Ansehen bei Verlag und Herausgebern. Ein Dank war, ihm den allerletzten Eintrag des HWPh zu überlassen: „Zynismus” (siehe SZ vom 11. April 2005)
Der Schweizer Philosoph und einstige Jaspers-Assistent Hans Saner hielt in Basel eine freundliche „Dankesrede als Benutzer” – eine echte Laudatio könne er nicht leisten, weil er das ganze Werk nicht kenne und auch nicht kennen könne: Zwei bis drei Jahre bei einem Acht-Stunden-Tag dürfte man schließlich etwa brauchen, um alles zu lesen. Den Registerband von Margarita Kranz, die übrigens auch seit der Arbeit an jenem sechsten Band dabei ist, lobte Saner höchsten Tönen. Mit diesem letzten Band ist eine vielschichtige Vernetzung der Artikel möglich; ihm liegt außerdem eine Volltext-CD-ROM bei (erhältlich nur bei Abnahme des gesamten Wörterbuchs zum Preis von 2380 Euro).
Begriffe und lauernde Dämonen
Das Register wurde bei der Feierstunde insgesamt als „intelligent” bezeichnet; als „Schlussstein”, der verhindere, dass ein „Torso” zurückbleibe; oder als „Schlüssel” zum Verständnis des Ganzen. Hier schlichen sich also schamlos die Metaphern ein, die seit Beginn des HWPh eine Grenze der Begriffsgeschichte markierten – wie schon Joachim Ritter im ersten Band in Richtung Hans Blumenberg zugeben musste. Um die Metaphern muss man sich keine Sorgen machen – allein das metaphorologische Ein-Mann-Unternehmen Blumenberg hat Unschätzbares geleistet, von Ralf Konersmann erscheint demnächst das „Wörterbuch der philosophischen Metaphern” und auch beim Schwabe Verlag plant man ein Großprojekt zur Metapher. Doch was ist mit der in der HWPh institutionalisierten Begriffsgeschichte selbst? Sie kann naturgemäß nicht abgeschlossen werden. Die Überarbeitung der alten Artikel wäre die konsequente Fortsetzung des Projekts. Wie und ob das möglich sein kann, wurde schon 2004 auf einer Berliner Tagung zum „Umbruch der Begriffsgeschichte” diskutiert – nach 40 Jahren Begriffsgeschichte und ihrem vorläufigen Abschluss im HWPh ist Zeit für das Bilanzziehen. Es wäre zu wünschen, dass der begriffsgeschichtliche Geist des kompetenten Kollektivs weiterwirken kann. Denn in den Ritzen der Begriffe lauern noch Dämonen. OLIVER MÜLLER
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
In seiner Besprechung zeigt sich Rezensent Ulrich Raulff zu allerlei mehr oder weniger gelungen Scherzen und Wortspielen aufgelegt. So amüsiert er sich köstlich über das "Reich von Ur", das ihm der vorliegende Band eröffnet: "Jetzt liegt es vor uns, das Urzeug in seiner ganzen lexikalischen Zuhandenheit, und harrt der Urzension". Das "Reich von Ur" erinnert Raulff jedenfalls an eine antike Ruinenstadt, finden sich hier doch Eintragungen wie "Urbanität", "Urbild" und "Urzeugung". Dann verfolgt Raulff die Spur aufzählenderweise weiter von der "Urangst" bis zum "Ursprung". Alle diese Urworte führen den Rezensenten schließlich zu der Einsicht, "dass der jüngste Band des Wörterbuchs von Ritter, Gründer und Gabriel (deren Namen die Urstände von Priester, Krieger und Bauer evozieren) die ältesten Urworte der deutschen Philosophie enthält". Über die Qualität der einzelnen Beiträge und Artikel des elften Bandes erfährt bei all den urkomischen Späßen des Rezensenten dann leider nichts.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH