Das Historische Wörterbuch der Philosophie (HWPh), im Zeitraum von 1971 bis 2007 unter Mitwirkung von mehr als 1500 Fachgelehrten entstanden, ist eines der umfassendsten, bedeutendsten und auch erfolgreichsten Publikationsprojekte der jüngeren deutschsprachigen Geisteswissenschaften. Im Gegensatz zu anderen Lexika oder Enzyklopädien basiert das HWPh nicht auf einer Geschichte philosophischer Ideen oder Probleme, sondern auf der Geschichte der philosophischen Begriffe. In 12 Textbänden sowie einem abschließenden Registerband dokumentiert das Lexikon in 17144 Spalten und rund 6000 Artikeln anhand zahlreicher präziser Belege und Stellenangaben Herkunft und Genese von insgesamt 3670 philosophischen Begriffen und beschreibt den Wandel ihrer Bedeutung und Funktion von ihrem ersten Auftreten bis heute. Das Konzept der begriffsgeschichtlichen Methode macht sowohl synchronisch Stellung und Bedeutung einzelner Begriffe in bestimmten Epochen oder bei bestimmten Philosophinnen und Philosophen als auch diachronisch deren Bedeutungsveränderungen innerhalb der abendländischen Philosophiegeschichte nachvollziehbar. Um die spezifisch philosophische Begriffsarbeit im Kontext des gesamten Wissenschaftssystems zu veranschaulichen, werden zudem auch Begriffe aus angrenzenden Fachgebieten - Theologie, Psychologie, Pädagogik, Soziologie, Geschichte und Kunstgeschichte, Politik, Jurisprudenz, Medizin sowie aus den Naturwissenschaften - behandelt.
«Ein weltweit einzigartiges Standardwerk der Begriffsarchäologen.» Der Spiegel
«Ein Werk, das seinesgleichen nicht hat - auch nicht in der angelsächsischen Welt. Gewiss wird man dieses Jahrhundert nicht ohne das Wörterbuch buchstabieren können.» NZZ
«It will soon prove its indispensability notably for individual workers in many fields of history and science.» History of Science, London
«Man kann diesem grandiosen Unternehmen nur neidvoll gratulieren.» Wiener Jahrbuch für Philosophie
«Das weltweit größte Projekt der begrifflichen Dämonenabwehr.» SZ
Auch als Volltext-Datenbank HWPh online verfügbar auf www.schwabeonline.ch oder unter https://doi.org/10.24894/HWPh.7965.0692.
«Ein weltweit einzigartiges Standardwerk der Begriffsarchäologen.» Der Spiegel
«Ein Werk, das seinesgleichen nicht hat - auch nicht in der angelsächsischen Welt. Gewiss wird man dieses Jahrhundert nicht ohne das Wörterbuch buchstabieren können.» NZZ
«It will soon prove its indispensability notably for individual workers in many fields of history and science.» History of Science, London
«Man kann diesem grandiosen Unternehmen nur neidvoll gratulieren.» Wiener Jahrbuch für Philosophie
«Das weltweit größte Projekt der begrifflichen Dämonenabwehr.» SZ
Auch als Volltext-Datenbank HWPh online verfügbar auf www.schwabeonline.ch oder unter https://doi.org/10.24894/HWPh.7965.0692.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.06.1999Das ABC der Philosophen
Das Alphabet ist eine dem philosophischen Begriff ganz äußerliche Ordnung. Der Geist mag sorgsam von Anfang bis zum Ende lesen müssen, aber die Buchstaben bilden ihm trotzdem keine Stufen zur Wahrheit. Was für ein Zufall wäre es, begännen alle Grundbegriffe mit A und alle abschließenden Gedanken mit Z. Genauso zufällig wäre es, wenn benachbarte Einträge einer philosophischen Enzyklopädie untereinander stets bedeutungsverwandt wären. Zwar mag einen die Sequenz "Trotzkismus, Trugschluß, Trunkenheit", die sich im zehnten Band des "Historischen Wörterbuchs der Philosophie" (Staat - Tyrannis, Schwabe Verlag, Basel, 820 S., DM 420,-) findet, durchaus in tiefes Nachdenken darüber stürzen, ob der bloße Buchstabe nicht doch ein Sinnträger ist. Zwar hat Gershom Scholem aus der Nachbarschaft von "Totalität" und "Totemismus" den Kurzschluß "Das Totum ist das Totem" gezogen. Zwar seien die Einträge "Teufel" und "Text", "Todestrieb" und "Toleranz", "Trägheit" und "Tradition" dem Leser durchaus zur durchlaufenden und vergleichenden Lektüre anempfohlen. Doch am Hauptbefund ändert sich durch solch anregendes Nebeneinander nichts: kein Philosoph liest ein philosophisches Wörterbuch durch. Als einzige Ausnahme darf der philosophische Wörterbuchmacher gelten. Ihm stellt sich das Unternehmen, das für die Autoren der Stichworte wie für ihre Benutzer in lauter nützliche Einzelheiten zerfällt, als ein Ganzes dar. Er kann daher an der alphabetischen Ordnung Sinnqualitäten erkennen, die anderen verborgen bleiben. Den Hinweis auf einige solcher Qualitäten verdankt der philosophisch Interessierte Karlfried Gründer, der für das Historische Wörterbuch seit fünfundzwanzig Jahren als Herausgeber wirkte und dieser Tage auf einer kleinen Feier in Berlin sein Amt aus Altersgründen abgegeben hat. In seinen Vorworten zu den Bänden finden sich stets auch kleine lexikographische Beobachtungen. Im jetzigen zum Beispiel eine, die darauf hinweist, daß zwar Begriffe wie Subkultur und Subversion, nicht aber Subjekt und Substanz in ihre Teile zerlegbar sind. Denn was wären ohne "Sub" ein "jekt" oder eine "stanz"? Bei Gründer liest sich das so: "Die Ballung von Lemmata mit dem gleichen Präfix führt auf die Frage, ob nicht die Verschiedenheit von Komposita mit notwendigem Präfix von solchen Komposita, deren Grundwörter mit oder ohne Präfix existieren können, der Beachtung und Bearbeitung in eigener methodischer Reflexion bedürftig wäre." Dieses Dokument einer Aufmerksamkeit, die sich auf die präfixen Ideen der Philosophie richtet, wird an Hintersinn nur noch durch Gründers Bekenntnis übertroffen, daß die Lücke zwischen Buchstabenordnung und Begriffsgeschichte sich allenfalls durch "Alphabetmogeleien" schließen lasse. Die Philosophie bringe laufend Begriffe hervor, die ihren Anfangsbuchstaben nach in bereits erschienene Bände gehörten. 1972 etwa, als der Band D bis F erschien, war die "Dekonstruktion" noch nicht im Schwange. Deshalb bedient sich der Lexikograph des Tricks, den Begriff nunmehr unter "Textualität" abzuhandeln. So elegant das wirken mag, es hat doch fatale Folgen. In seinem Vorwort zum neunten Band merkt Gründer an, daß diese nachträgliche Einarbeitung des Erkenntnisfortschritts in die späteren Artikel den Eintrag "Zynismus" zum umfangreichsten des ganzen Lexikons machen würde. Das aber war nur ein Scherz des Verwalters aller Alphabetmogeleien. Denn "Zynismus" wurde in einer Art vorausschauender Mogelei bereits 1976 im ersten von Gründer verantworteten Band als "Kynismus" abgehandelt. Sollte es daher tatsächlich zu jener Verdickungskonsequenz des begriffsgeschichtlichen Fortschritts kommen, dann wird sie sich wohl an einem anderen Schlußbegriff zeigen. Hält man sich an ältere Enzyklopädien, so käme am ehesten "Zwitter" in Betracht. Weil das aber dem entschiedenen Geist des Historischen Wörterbuchs nicht entspräche, wünschen wir uns statt dessen einen langen philosophischen Aufräumartikel mit dem einzig dafür angemessenen Stichwort: Zweifel. Wer diesen Artikel durchläse, wäre dann ganz auf dem Stand der Philosophie.
JÜRGEN KAUBE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das Alphabet ist eine dem philosophischen Begriff ganz äußerliche Ordnung. Der Geist mag sorgsam von Anfang bis zum Ende lesen müssen, aber die Buchstaben bilden ihm trotzdem keine Stufen zur Wahrheit. Was für ein Zufall wäre es, begännen alle Grundbegriffe mit A und alle abschließenden Gedanken mit Z. Genauso zufällig wäre es, wenn benachbarte Einträge einer philosophischen Enzyklopädie untereinander stets bedeutungsverwandt wären. Zwar mag einen die Sequenz "Trotzkismus, Trugschluß, Trunkenheit", die sich im zehnten Band des "Historischen Wörterbuchs der Philosophie" (Staat - Tyrannis, Schwabe Verlag, Basel, 820 S., DM 420,-) findet, durchaus in tiefes Nachdenken darüber stürzen, ob der bloße Buchstabe nicht doch ein Sinnträger ist. Zwar hat Gershom Scholem aus der Nachbarschaft von "Totalität" und "Totemismus" den Kurzschluß "Das Totum ist das Totem" gezogen. Zwar seien die Einträge "Teufel" und "Text", "Todestrieb" und "Toleranz", "Trägheit" und "Tradition" dem Leser durchaus zur durchlaufenden und vergleichenden Lektüre anempfohlen. Doch am Hauptbefund ändert sich durch solch anregendes Nebeneinander nichts: kein Philosoph liest ein philosophisches Wörterbuch durch. Als einzige Ausnahme darf der philosophische Wörterbuchmacher gelten. Ihm stellt sich das Unternehmen, das für die Autoren der Stichworte wie für ihre Benutzer in lauter nützliche Einzelheiten zerfällt, als ein Ganzes dar. Er kann daher an der alphabetischen Ordnung Sinnqualitäten erkennen, die anderen verborgen bleiben. Den Hinweis auf einige solcher Qualitäten verdankt der philosophisch Interessierte Karlfried Gründer, der für das Historische Wörterbuch seit fünfundzwanzig Jahren als Herausgeber wirkte und dieser Tage auf einer kleinen Feier in Berlin sein Amt aus Altersgründen abgegeben hat. In seinen Vorworten zu den Bänden finden sich stets auch kleine lexikographische Beobachtungen. Im jetzigen zum Beispiel eine, die darauf hinweist, daß zwar Begriffe wie Subkultur und Subversion, nicht aber Subjekt und Substanz in ihre Teile zerlegbar sind. Denn was wären ohne "Sub" ein "jekt" oder eine "stanz"? Bei Gründer liest sich das so: "Die Ballung von Lemmata mit dem gleichen Präfix führt auf die Frage, ob nicht die Verschiedenheit von Komposita mit notwendigem Präfix von solchen Komposita, deren Grundwörter mit oder ohne Präfix existieren können, der Beachtung und Bearbeitung in eigener methodischer Reflexion bedürftig wäre." Dieses Dokument einer Aufmerksamkeit, die sich auf die präfixen Ideen der Philosophie richtet, wird an Hintersinn nur noch durch Gründers Bekenntnis übertroffen, daß die Lücke zwischen Buchstabenordnung und Begriffsgeschichte sich allenfalls durch "Alphabetmogeleien" schließen lasse. Die Philosophie bringe laufend Begriffe hervor, die ihren Anfangsbuchstaben nach in bereits erschienene Bände gehörten. 1972 etwa, als der Band D bis F erschien, war die "Dekonstruktion" noch nicht im Schwange. Deshalb bedient sich der Lexikograph des Tricks, den Begriff nunmehr unter "Textualität" abzuhandeln. So elegant das wirken mag, es hat doch fatale Folgen. In seinem Vorwort zum neunten Band merkt Gründer an, daß diese nachträgliche Einarbeitung des Erkenntnisfortschritts in die späteren Artikel den Eintrag "Zynismus" zum umfangreichsten des ganzen Lexikons machen würde. Das aber war nur ein Scherz des Verwalters aller Alphabetmogeleien. Denn "Zynismus" wurde in einer Art vorausschauender Mogelei bereits 1976 im ersten von Gründer verantworteten Band als "Kynismus" abgehandelt. Sollte es daher tatsächlich zu jener Verdickungskonsequenz des begriffsgeschichtlichen Fortschritts kommen, dann wird sie sich wohl an einem anderen Schlußbegriff zeigen. Hält man sich an ältere Enzyklopädien, so käme am ehesten "Zwitter" in Betracht. Weil das aber dem entschiedenen Geist des Historischen Wörterbuchs nicht entspräche, wünschen wir uns statt dessen einen langen philosophischen Aufräumartikel mit dem einzig dafür angemessenen Stichwort: Zweifel. Wer diesen Artikel durchläse, wäre dann ganz auf dem Stand der Philosophie.
JÜRGEN KAUBE
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