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Wie konnte Hitler zum "Führer" eines ganzen Volkes werden? Warum waren die Deutschen bereit, ihm in bedingungslosem Gehorsam zu folgen? Anschaulich und mit stilistischer Brillanz nähert sich Christian Graf von Krockow, der "Nestor der Politikwissenschaften" (dpa), dem Phänomen Hitler.
Ein Thema, das ihm schon lange unter den Nägeln brennt: Mit stilistischer Brillanz nähert sich der große Publizist deutscher und preußischer Geschichte dem Phänomen Hitler. Dabei begnügt sich Krockow nicht mit der Darstellung äußerer Abläufe, sondern richtet den Blick vor allem auf die innere Befindlichkeit…mehr

Produktbeschreibung
Wie konnte Hitler zum "Führer" eines ganzen Volkes werden? Warum waren die Deutschen bereit, ihm in bedingungslosem Gehorsam zu folgen?
Anschaulich und mit stilistischer Brillanz nähert sich Christian Graf von Krockow, der "Nestor der Politikwissenschaften" (dpa), dem Phänomen Hitler.
Ein Thema, das ihm schon lange unter den Nägeln brennt: Mit stilistischer Brillanz nähert sich der große Publizist deutscher und preußischer Geschichte dem Phänomen Hitler. Dabei begnügt sich Krockow nicht mit der Darstellung äußerer Abläufe, sondern richtet den Blick vor allem auf die innere Befindlichkeit einer Nation, die sich in blinder Gefolgschaft ihrem "Führer" unterwarf.

Autorenporträt
Dr. phil., Dr. h.c. Christian Graf von Krockow, geboren 1927 in Hinterpommern, wurde 1961 Professor für Politikwissenschaft. Seit 1969 arbeitet er als freier Wissenschaftler und Schriftsteller; er wurde mehrfach ausgezeichnet und gilt als einer der führenden Publizisten zur deutschen und vor allem preußischen Geschichte. Christian Graf von Krockow verstarb im Jahr 2002.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.06.2001

Zur Hingabe bereit
Adolf Hitler setzte um, was bereits in deutscher Luft lag
CHRISTIAN GRAF VON KROCKOW: Hitler und seine Deutschen, List Verlag, München 2001. 423 Seiten, 44,90 Mark.
Noch ein Buch über den Diktator? Ist denn über Hitler nicht schon alles gesagt worden? Ja und nein. Trotz der vielen Dokumente und Veröffentlichungen ist Hitler den meisten glücklich Nachgeborenen fremd geblieben.Das hat natürlich auch mit dem historischen Abstand zu tun. Hitler erscheint als Monstrum und seltsam der Welt entrückt. Warum die Deutschen diesem „Führer” verfielen und sich ihm auf Gedeih und Verderb anvertrauten, bleibt häufig unbegreiflich. Christian Graf von Krockow sucht für ein breites Publikum nach einer Antwort. Er formuliert lebendig, spannend, leicht lesbar, dennoch pointiert und urteilsfreudig. Sein Buch will volkspädagogisch im besten Sinne sein.
Die Grundthese lautet: Hitler kann wiederkehren; nicht so, wie er historisch vorkam, denn Geschichte wiederholt sich nicht, aber in anderen Konstellationen. Daher müsse man noch im Unmenschlichsten das Allzu- Menschliche an Hitler verstehen. Thomas Mann hat einmal vom „Bruder Hitler” gesprochen, und um das Verstehen dieses Bruders geht es Krockow. Das hat nichts mit Verharmlosung zu tun. Erst wenn Hitler als Mensch, als in uns angelegte Möglichkeit erscheint, hört er auf, ein Monstrum zu sein. Und es wird erklärbar, warum ein Volk dem „Führer” folgte.
War die Krise unausweichlich?
Krockow breitet alles aus, was die Fachwissenschaft seit Jahrzehnten zusammengetragen hat. Die Rahmenbedingungen, die Hitlers Aufstieg ermöglichten: die Kriegsniederlage 1918 und die Dolchstoßlegende, den Versailler Friedensvertrag, die Inflation, die Massenarbeitslosigkeit, die Weltwirtschaftskrise. Aber er formuliert auch Zweifel. Musste aus der wirtschaftlichen Krise denn auch die politische erwachsen? Ein Vergleich zeigt das Gegenteil. In Großbritannien hielten die demokratischen Institutionen stand, und die USA gelangten sogar zu einer Erneuerung ihrer Demokratie.
Krockow lotet deshalb tiefer. Er verweist auf das deformierte deutsche Nationalbewusstsein seit dem 19. Jahrhundert, auf den Hass gegen das parlamentarische Regierungssystem. Er beschreibt das verhängnisvolle „Freund- Feind-Denken”, eine Deutschtümelei, die Weltoffenheit verriegelte, kurz alles das, wofür schon vor längerer Zeit der Begriff der „verspäteten Nation” gefunden worden ist. Hitlers „Genie” lag darin, dass er bündelte und virtuos umsetzte, was schon lange in der Luft lag.
Vor diesem bekannten Hintergrund wartet Krockow mit einer psychologischen Interpretation auf. Wenn jemand die Massen zur Begeisterung und zur gläubigen Gefolgschaft hinreißt, dann handelt es sich um ein doppelseitiges Verhältnis: Die Menschen müssen zur Hingabe bereit sein, müssen sich verführen lassen wollen. Aber sie möchten auch ein „normales” Leben führen, und Krockow zeigt, dass das Leben der meisten Deutschen in den „Friedensjahren” der Diktatur „normal” verlief. Die Deutschen strebten nach beidem: einerseits nach Ruhe und Ordnung, normalen privaten und persönlichen Verhältnissen – und andererseits nach dem Glanz der Macht, an der sie gerade im Gehorsam teilhatten.
Es waren also Doppelmenschen mit gespaltenem Bewusstsein und Gewissen, die Hitler folgten. Im Privaten galten die überlieferten Maßstäbe des zivilen Lebens, der Bildung, auch des Christentums; im Politischen galten Befehl und Gehorsam, eine opferbereite Pflichterfüllung – rücksichtslos gegen sich selbst und gnadenlos gegen diejenigen, die zu Feinden des Volkes erklärt wurden.
Im Krieg freilich, spätestens nach Stalingrad, wurde die Verführung mehr und mehr durch Gewalt abgelöst. Aber die Deutschen schafften es nicht, sich aus eigener Kraft von Hitler zu lösen. Dazu bedurfte es der Alliierten. „Gott sei Dank, der Führer lebt!” – das gehörte zur vorherrschenden Empfindung nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944. Der Führer-Mythos hielt bis zum Kriegsende; erst danach brach der Bann des „Dritten Reiches”. In der Endkrise hatte sich das Regime entlarvt, das war die eine Seite. Die andere war für die Deutschen weniger schmeichelhaft: Der Opportunismus der Anpassung feierte Triumphe. Wirtschaftswunder und Arbeit ersetzten für lange Zeit die Trauerarbeit.
Krockow hat mit diesem Buch fast eine Art Vermächtnis vorgelegt, jedenfalls mit Blick auf die „deutsche Katastrophe” – eine Bilanz seiner jahrzehntelangen publizistischen Tätigkeiten. Und so gibt er dem Leser am Schluss auch drei Grundregeln mit auf den Weg, um künftig Diktatoren wie Hitler zu verhindern: die Pflicht zur aktiven Toleranz, die Solidarität und das Vorbeugen. Diese Moral ist nicht originell. Aber das waren dringend gebotene politische Verhaltensregeln noch nie.
EDGAR WOLFRUM
Der Rezensent ist Privatdozent für neuere und neueste Geschichte in München.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.07.2001

Durch Verführung in der Unterwerfung
Christian Graf von Krockows bemerkenswertes Buch über den Allesbeherrscher Hitler und "seine" Deutschen

Christian Graf von Krockow: Hitler und seine Deutschen. List Verlag, München 2001. 423 Seiten, 44,90 Mark.

"Hitler und seine Deutschen" nennt mit betonter Akzentsetzung Christian Graf von Krockow sein jüngstes Buch. Es befaßt sich in erfreulich lesbarer Form besonders mit einer Grundfrage der Nationalsozialismus-Deutung: mit dem Problem, welches Gewicht tatsächlich der Rolle Hitlers beim Entstehen, Funktionieren und beim Untergang seines Herrschaftssystems in der schrecklichsten Periode bisheriger deutscher und europäischer Geschichte zukomme.

Schon immer wird diese Rolle höchst verschieden eingeschätzt - und ja zeitweilig durchaus unterschätzt, wie freilich von Anbeginn zugleich das nationalsozialistische Phänomen selbst. Die Diskussion stand übrigens nicht zuletzt unter dem Verdacht, daß mit dem Generalverweis auf eine Führungsallmacht Hitlers die Deutschen und ihre Historiker allzu gerne ihre Verantwortung für die Ursachen und Folgen der Diktatur von 1933 abzuwälzen suchten und dem zufällig-unerwarteten Auftauchen und verhängnisvollen Aufstieg eines politischen Un- oder Übermenschen aus Österreich zuschieben wollten.

Krockow kommt es wesentlich darauf an, jenes Problemverhältnis von Diktator und Diktatur, Akteur und Struktur, Führer und Volk im Vollzug eines totalitären, omnipotenten Systems aufmerksam und sachgerecht abzuwägen. Dieses Problem löst er auf ebenso einleuchtende wie anschauliche Weise, indem an drei herausgehobenen Stellen eine räsonierende Betrachtung über "Die Deutschen und ihr Führer" im jeweiligen Zeitraum eingefügt wird.

Im ersten Teil geht es um die Bedeutung, die sowohl den geschichtlichen Belastungen der "verspäteten" deutschen Nation (und Österreichs), der unbewältigten Urkatastrophe des Ersten Weltkriegs wie der unauffällig-durchschnittlichen und doch auf besondere Weise davon betroffenen Einzelgeschichte des jungen Hitler zukommt. Und dies unter der Frage: Was wollten und erwarteten die Deutschen von ihm, als sie seinen Aufstieg aus kleinsten, zufälligen Anfängen ermöglichten? Zumal mit der ausführlichen Behandlung der Selbstschau des 35 Jahre alten gescheiterten Revoluzzers in "Mein Kampf" gelingt Krockow ein ungemein plastisches Bild des Zusammenhangs von Einzelbiographie und realen politischen Möglichkeiten im Problemfeld der Republik von Weimar; es wird die Anfälligkeit auch der geistigen Eliten mit ihrem teils spekulativ-realitätsfernen, letztlich unpolitischen, teils dezidiert "antidemokratischen Denken" (Kurt Sontheimer) klar und treffend als Hintergrund und zugleich Ansatzpunkt der Entwicklung zum Führergedanken und schließlich zum Hitlerismus selbst charakterisiert.

Krockows Darstellung des Weges zur NS-Machtergreifung und die Schilderung der "Straße der Triumphe" bis zu den "Ausblicken vom Gipfel" nach der Konferenz von München bietet dann die Gelegenheit, die Bedeutung der dezidierten Führerherrschaft auch in der teils rabiaten, teils erzschlauen Bewältigung der Krisen 1934 und 1938 zu verfolgen. In jenem letzten Friedensjahr der Kriegsdrohungen und Erpressungen wird nun aber vor allem deutlicher sichtbar, wie ernst jene - trotz "Mein Kampf" weithin verkannten - Ziele Hitlers und seines Regimes zu nehmen waren. Sie führten dazu, daß fast die Hälfte seiner Herrschaftszeit nun jenem gewollten Krieg gewidmet war, den Krockow als den "ganz anderen Krieg" beschreibt: von der Revision der Niederlage von 1918 über die Eroberung von "Lebensraum" in halb Europa bis zur betonten Vernichtung der Juden und der "Andersartigen" überhaupt, und dies auf eine in der Menschheitsgeschichte bislang unerhörte Weise. Es begann lebensgeschichtlich mit der von Hitler und seinen Helfershelfern manisch verfolgten Zwangsvorstellung, der politisch-militärische 9. November 1918 sei zu rächen und wiedergutzumachen, er dürfe sich nie mehr wiederholen.

Am geradezu magischen Datum des 9. November 1938 bot das Attentat eines jungen Juden auf einen deutschen Botschaftsbeamten in Paris den Vorwand zur Inszenierung einer barbarischen Pogromnacht gegen die Juden in Deutschland. Und ein Jahr danach - bei der "Novemberfeier" 1939 am Ort des Hitler-Putsches von 1923 im Münchener Bürgerbräukeller - ließ Georg Elsers Attentatsversuch gegen Hitler, der knapp fehlschlug, blitzartig das Widerstandsproblem in der deutschen Diktatur aufleuchten: Der Verratsvorwurf brachte jede Opposition überhaupt in tiefen Konflikt mit dem nationalen Patriotismus, nun vollends im Krieg.

Krockow geht auch auf die eher negative Beurteilung des deutschen Widerstands ein, die zumal in England noch immer verbreitet ist. So kritisiert er in der Frage, was geschehen wäre, hätten die Pläne einer Absetzung oder Beseitigung Hitlers schon 1938 oder 1939 angesichts der Kriegsfurcht Erfolg gehabt, die Behauptung des Hitler-Biographen Ian Kershaw: "Zu einer deutschen Expansion wäre es wahrscheinlich selbst dann gekommen, wenn Hitler 1938 abgesetzt oder umgebracht worden wäre." Dazu Krockow: "Aber Argumente werden dafür nicht genannt. Es ist ohnehin schwer, sie zu finden, und die Septemberkrise 1938 weist eindeutig in die Gegenrichtung."

Hitler beklagte sich im Herbst 1938 über den sozusagen von den Westmächten gestohlenen Krieg und holte ihn nach wenigen Monaten um so bedenkenloser nach. Denn was den ideologisch besessenen Hitler "magisch anzog, was er vom unscheinbaren Anfang bis zum schreckensvollen Ende immer gewollt hat, war die absolute Macht - und nichts außerdem. Dafür brauchte er den Krieg." Darin aber lag nun auch die furchtbarste Konsequenz dieser Herrschaft, durch die ein pseudodemokratisch an die Macht gelangter und durch Ausschaltung aller Kontrollen allmächtig gewordener "Führer" das eigene Volk trotz Furcht vor neuen Kriegen noch für lange, grausame Jahre irrezuleiten, durch Verführung in der Unterwerfung zu halten vermochte.

Das letzte und schlimmste Kapitel, das fast unbegreiflich "reibungslose Funktionieren" der Vernichtungs- und Katastrophenpolitik des Hitler-Regimes, sucht Krockow durch eine eindringliche Analyse der Idee absoluter Macht als Kern von Hitlers Weltanschauung und als Ziel seines Handelns überhaupt zu erklären: "Es bedeutete Herrschaft und Unterwerfung nicht im Sinne einer irgendwie gegliederten Ordnung von Obrigkeit und Untertanen, die es in der Geschichte vielfältig gegeben hat, sondern als die freie, dem Belieben anheimgestellte Entscheidung über Leben und Tod. Denn welch höhere Macht kann dem Menschen gegeben sein als solch eine Verfügung über andere Menschen? Etwas Gottähnliches - oder Satanisches - ist daran . . ."

Von den Konzentrationslagern, die früh gleichsam als sein Übungsgelände entstanden waren, entwickelte sich der "SS-Staat" schließlich bis hin zu den Todesfabriken von Auschwitz oder Treblinka. Es wütete der längst entschiedene, doch von Hitler nie verloren gegebene Krieg. Und es kam auch zum endgültigen Scheitern des deutschen Widerstands am 20. Juli 1944. Danach waren noch mehr Opfer als im ganzen bisherigen Krieg zu beklagen, während derjenige, ohne den all dies undenkbare Verbrechen und Unglück gar nicht möglich gewesen wäre, bis zum Ende im Selbstmord an seiner unverrückbaren Lebensidee festhielt.

Nie hat Hitler sich selbst, sondern immer das deutsche Volk, Österreicher inbegriffen, für schuldig erklärt, um ihm dann einseitig zuletzt noch das weitere Lebensrecht überhaupt abzusprechen. In dieser Schuldzuschreibung findet sich auch die Antwort auf die Doppelfrage, die im Titel des Buches "Hitler und seine Deutschen" enthalten ist. Zugleich liegt hier eine Erklärung dafür, daß diese "seine" Deutschen, die Hitler ehedem erst ermöglicht und dann allzu lange gestützt haben, ob nun irregeführt und schuldig geworden oder nicht, nach 1945 den Allesbeherrscher doch bald lieber vergessen wollten.

Die Lektüre des bemerkenswerten Buches ist allen zu empfehlen, die nach einer Darstellung und Erklärung des noch immer brennenden Hitler-Themas auf dem heutigen Stand der zeitgeschichtlichen Forschung suchen.

KARL DIETRICH BRACHER

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