Gab es in der Antike ein aktives Handeln gegenüber Naturrisiken? Jasmin Hettinger widmet sich den Vorsorgepraktiken, die sich im Laufe der Zeit in unterschiedlichen Regionen des Römischen Reichs herausbildeten, um sich vor Flusshochwasser zu schützen. Dazu untersucht sie anhand von literarischen, epigraphischen, archäologischen und geowissenschaftlichen Quellen, wie unter römischer Herrschaft Flüsse verwaltet, genutzt und wasserbaulich verändert wurden. Die gängigsten Praktiken - von Rechtsnormen über die Ausweisung von Überschwemmungsflächen bis hin zur künstlichen Flussregulierung - entsprachen den heutigen Methoden der Hochwasservorsorge. Auch das Wissen über natürliche Flutursachen war durchaus differenziert. Die eigentlichen Unterschiede zwischen dem römischen und dem heutigen Umgang mit Flusshochwasser sind im kulturellen Bereich zu verorten. Flüsse waren zugleich göttliche Wesen, zu denen ein reziprokes Verhältnis gepflegt wurde: Jeder Wasserbau musste entsühnt werden.Außerdem wurden Flüsse und ihre Ufer auf vielfältige Weise genutzt, sodass die naturnahen Flüsse, die beständig ihren Lauf veränderten, den Menschen ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit und Bereitschaft zur Vorsorge abverlangten.
"Damit bietet Jasmin Hettinger eine innovative, quellentechnisch und methodisch breit angelegte Studie, die nicht nur ein Forschungslücke füllt, sondern auch einen neuen Blick auf den römischen Umgang mit Flüssen bietet. Damit legt sie auch den Grundstein für weitere Studien, etwa mit Blick auf Siedlungsmuster an Flüssen oder Überlegungen, ob und inwiefern römische (Ingenieurs-)Praktiken auch jenseits vertrauter hydrologischer Gegebenheiten funktionieren." Saskia Kerschbaum Klio 105,2 (2023) 20231109