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Produktdetails
  • Verlag: Rotpunktverlag
  • ISBN-13: 9783858692771
  • ISBN-10: 3858692778
  • Artikelnr.: 12516090
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.04.2005

Der Pfad im Niemandsland

Wandern verschafft eine Fülle von Eindrücken, was vielen Zeitgenossen allerdings nicht genügt. Populärer denn je ist es deshalb, Texte von Dichtern und Denkern in den Rucksack zu packen, die in der durchschrittenen Region lebten, sie regelmäßig besuchten oder sonstwie eine besondere Beziehung zu der Gegend hatten. Der Zürcher Rotpunktverlag hat nun einen wahrhaft opulenten literarischen Wegbegleiter für insgesamt dreißig Wanderungen vorgelegt. Er versammelt allerdings keine Originaltexte, sondern Beiträge von Gegenwartsautoren, die bei ihren Erkundungstouren Werke berühmter und weniger berühmter Vorgänger in Kopf oder Gepäck hatten. Der Raum dieser Spurensuche aus zweiter Hand ist Graubünden, das als traditionelles Paß- und Transitland immer schon Anziehungspunkt für die schreibende Zunft war. Entsprechend renommierte Namen tauchen auf: Max Frisch, Friedrich Nietzsche, Thomas Mann. Aber auch die Autoren des vierhundertseitigen Wanderlesebuchs sind nicht ganz unbekannt: Dres Balmer etwa, Margrit Sprecher oder der Herausgeber Andreas Bellasi. Besonders angenehm ist, daß weder die durchschrittene Landschaft verklärt noch den Schilderungen der Meister vorschnell Glauben geschenkt wird. Gelegentlich sind deren Werke sogar nur Anlaß, selbst loszuwandern und sich ein eigenes Bild zu machen. Dres Balmer beispielsweise bewegt sich auf den Spuren Thomas Bernhards von Zizers nach Chur, findet Grausiges und Abschreckendes in der Schweiz des einundzwanzigsten Jahrhunderts, aber nirgends die alles verschlingende Düsternis, die in Bernhards "Untergeher" inszeniert wird. Auch andere Täuschungen und Possenspiele werden aufgedeckt. Der bekannte Roman "Via Mala" spielt gar nicht in der gleichnamigen Schlucht des Hinterrheins. John Knittel hat sich nur des Mythos dieses sagenumwobenen Saumpfads bedient. Auf der Suche nach den tatsächlichen Schauplätzen des Romangeschehens muß man sich ins Vorderrheintal begeben und von Disentis aus Richtung Lukmanierpaß aufsteigen - ohne aber auch hier wirklich fündig zu werden. Die Via Mala des John Knittel ist ein geographisches Niemandsland, das überall im Gebirge liegen könnte. Die Publikation des Rotpunktverlags liefert in dieser Hinsicht einen Kontrapunkt: Sie enthält keine vagen Ortsangaben, sondern exakte Wegbeschreibungen mit Gehzeiten und Höhendifferenzen, so daß man notfalls auch ohne Karte wandern kann. Hilfreiche Angaben für die Benutzung des öffentlichen Verkehrs fehlen ebenfalls nicht - wie in keinem Wanderbuch des aufstrebenden Nischenverlags. Lesenswert ist das Buch auch zu Hause. Im Rucksack hingegen wird man das Trumm bisweilen verfluchen.

fitz

"Höhen, Tiefen, Zauberberge - Literarische Wanderungen in Graubünden". Herausgegeben von Andreas Bellasi. Rotpunktverlag, Zürich 2004. 416 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Broschiert, 24 Euro. ISBN 3-85869-277-8.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent "fitz" lobt diesen lesenswerten und "wahrhaft opulenten literarischen Wegbegleiter", den er besonders für Zuhause empfiehlt. Im Rucksack nämlich werde man "das Trumm" bald verfluchen. Der Band versammelt "fitz" zufolge Texte zeitgenössischer Autoren, die bei ihren Erkundungstouren durch Graubünden die Werke berühmter und weniger berühmter Autoren im Kopf gehabt hätten. Entsprechend sieht der Rezensent bedeutende Namen von Max Frisch über Thomas Bernhard bis Nietzsche auftauchen. Ihm gefällt besonders, dass die Herausgeber die durchschrittene Landschaft weder verherrlicht noch den großen Autoren vorschnell Glauben geschenkt haben. Anders auch als in den literarischen Wegbeschreibungen, auf deren Spuren sich die Autoren dieses Bandes bewegen würden, fand der Rezensent hier hilfreiche Angaben zu Verkehrsmitteln, exakte Wegbeschreibungen mit Gehzeiten und Höhendifferenzen, dass man notfalls auch ohne Karte gehen könne.

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