Das preisgekrönte Meisterwerk um das (Über-)Leben in Zeiten des zweiten Weltkriegs
Die Überlebenssituation der Opfer in den Jahren 1945 bis 1947: Das Land steht unter amerikanischer Besatzung, die Yakuza rivalisieren um die Vorherrschaft auf dem Schwarzmarkt, immer noch sterben Menschen qualvoll an den Folgen der radioaktiven Strahlung. Nur sehr langsam entwickelt sich ein wenig Normalität im Alltag - aber mit den ersten Weizensprösslingen keimt in Hiroshima auch die Hoffnung auf ein besseres Leben wieder auf.
»Einer der bedeutendsten Manga-Zeichner unserer Zeit.« (Christian Schlüter, FRANKFURTER RUNDSCHAU)
Eine Geschichte, so schonungslos-ehrlich wie ergreifend. Empfohlen für Manga- und Comic-Fans ab 14 Jahren.
Weitere Informationen:
- Mehrfach preisgekrönt und verfilmt
- 2004: Verleihung des Prix Tournesol auf dem Internationalen Comicfestival in Angoulême
- 2006: Gewinner des Max-und-Moritz-Preis des Comic-Salons Erlangenin der Kategorie "Bester Manga"
- Abgeschlossen in 4 Bänden
Die Überlebenssituation der Opfer in den Jahren 1945 bis 1947: Das Land steht unter amerikanischer Besatzung, die Yakuza rivalisieren um die Vorherrschaft auf dem Schwarzmarkt, immer noch sterben Menschen qualvoll an den Folgen der radioaktiven Strahlung. Nur sehr langsam entwickelt sich ein wenig Normalität im Alltag - aber mit den ersten Weizensprösslingen keimt in Hiroshima auch die Hoffnung auf ein besseres Leben wieder auf.
»Einer der bedeutendsten Manga-Zeichner unserer Zeit.« (Christian Schlüter, FRANKFURTER RUNDSCHAU)
Eine Geschichte, so schonungslos-ehrlich wie ergreifend. Empfohlen für Manga- und Comic-Fans ab 14 Jahren.
Weitere Informationen:
- Mehrfach preisgekrönt und verfilmt
- 2004: Verleihung des Prix Tournesol auf dem Internationalen Comicfestival in Angoulême
- 2006: Gewinner des Max-und-Moritz-Preis des Comic-Salons Erlangenin der Kategorie "Bester Manga"
- Abgeschlossen in 4 Bänden
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.08.2005Die Mitleidlosigkeit der Sonne
Zum Jahrestag des Atombombenabwurfs: Nakazawa Keijis "Barfuß durch Hiroshima" auf deutsch
Heute vor sechzig Jahren wurde Hiroshima durch eine Atombombe zerstört. Und es hat bis heute gedauert, ehe ein Comic erstmals vollständig auf deutsch publiziert ist, in dem mehr über dieses Ereignis erzählt wird als in all den Sachbüchern, Romanen, Filmen, die sich dem Thema seit 1945 gewidmet haben. Der Grund dafür ist einfach: Nakazawa Keiji, Autor des Manga "Barfuß durch Hiroshima", ist ein Überlebender des Angriffs, doch er war damals ein sechsjähriges Kind, und das, was er sah, brannte sich in sein Gedächtnis ein - wie jene Schatten der im atomaren Blitz verdampften Menschen in die Ruinenwände Hiroshimas, die Günther Anders so entsetzt haben.
Der Comic ist das ideale Genre für einen kindlichen Blick auf die Welt. Nicht, weil er selbst kindisch wäre, sondern weil er es leichter als jedes andere Medium hat, die kindliche Perspektive einzunehmen. Untersicht kann man leichter zeichnen als filmen, geschweige denn in Prosa simulieren. Naivität wird durch Bilder schneller beschworen als durch Worte. Das langsame Begreifen eines grauenvollen Erlebnisses kann in gezeichneten Bildern deutlicher gemacht werden als in fotografierten. Und das gilt noch mehr für Geschehnisse, die sich jedem Verständnis entziehen: Wie sehen denn Menschen aus, die ihre geschmolzene Haut in langen Fetzen von den Gliedern hängen haben, wie lebendig brennende Pferde, wie unter dem Druck des Leichengases platzende Körper? Nakazawas Bilder behaupten nicht, es zu wissen, aber ihnen gelingt gerade in der unvermeidlichen Verfremdung durch den individuellen Zeichenstil eine Annäherung an das Unvorstellbare. So, sagen diese Bilder, habe ich, Nakazawa Keiji, am 6. August 1945 und den Tagen danach Menschen leiden und sterben sehen. Auf den elfhundert Seiten von "Barfuß durch Hiroshima" hat der Atomblitz diese konkrete Wahrnehmung fixiert.
Die visuelle Leitmetapher, die Nakazawa für seine Geschichte gewählt hat, ist denn auch die Sonne, das Symbol Japans, die Lebensspenderin und in ihrer ästhetischen Vollkommenheit auch das Vorbild für das Spektakel der sechshundert Meter über der Stadt gezündeten Bombe, deren Detonation Nakazawa in einem winzigen Bild als radiales Strahlenbündel darstellt - eine Imagination natürlich, denn hätte er damals auf dem Schulweg den Blitz tatsächlich gesehen, wäre er blind geworden. Erst auf den Seiten danach entfaltet er unter Ausnutzung aller Formate, die ihm die nur taschenbuchgroßen japanischen Hefte seit 1972, als der Abdruck seiner Geschichte begann, zur Verfügung gestellt haben, das ganze Inferno, das der Explosion folgte: den Blitz, der die Menschen blendete, den Druck, der ihre Häuser zerstörte, den Sturm, der niederriß, was noch übriggeblieben war, das Feuer, das Ruinen und Körper in Brand setzte, und dann zuletzt das, als was die Bevölkerung Hiroshimas an diesem sonnigen Morgen wieder aus den Trümmern ihrer Stadt kroch: glasgespickte, zerquetschte und verbrannte Kreaturen. Es sind Bilder, die man nicht mehr vergißt. Und über allen strahlt die Sonne. Unberührbar und mitleidlos in ihrer Schönheit. Der Sommer 1945 war sehr groß.
Die Handlung um den Schüler Nakamura Gen, das Alter ego Nakazawas, setzt einige Wochen vor dem 6. August 1945 ein, und sie schließt erst zwei Jahre später, am zweiten Jahrestag des Abwurfs. Der Vater von Gen, seine ältere Schwester und sein jüngerer Bruder sind in den Trümmern des eingestürzten Familienhauses verbrannt, die Mutter hat eine Frühgeburt erlitten, und das Neugeborene wird nicht älter als jene zwei Jahre der Erzählzeit werden, ehe es an der Strahlenkrankheit stirbt. Neben der Mutter und Gen bleiben von der achtköpfigen Nakamura-Familie nur die beiden ältesten Söhne am Leben, einer als Soldat, ein anderer als evakuierter Mittelschüler.
Soweit ist die Familie Nakamura gleichzusetzen mit der Familie Nakazawa. Doch es wäre naiv, "Barfuß durch Hiroshima" als Autobiographie des Zeichners zu lesen: "Mir schwebte ein Held vor, der mit nackten Füßen fest auf den verbrannten Überresten Hiroshimas steht und seine Stimme gegen den Krieg und nukleare Waffen erhebt." Nakazawa hat das Geschehen dramaturgisch zugespitzt, seine Charaktere vertreten mit der Ausnahme Gens und seiner Mutter Archetypen.
Die Rollen zwischen Gut und Böse, Gesund und Krank, Alt und Jung sind klar verteilt, und schon mittels Gesichtszügen und Physiognomie der handelnden Personen kann man deren Aufgaben für die Geschichte voraussagen, denn Nakazawa bedient sich hier des reichen graphischen Erbes des Ukiyo-e, des japanischen Holzschnittes. Die Quellen seiner Figuren und Szenerien kann man in den berühmten Gespensterserien eines Yoshitoshi finden, während die uns so seltsam erscheinenden Bewegungen der Kinder einer japanischen Darstellungstradition entstammen, die bis auf Hokusais karikierende Skizzenbücher zurückgeht, denen sich der Name "Manga" als Gattungsbezeichnung für japanische Comics überhaupt erst verdankt.
Daß es so lange gedauert hat, bis die vierbändige Ausgabe bei uns publiziert werden konnte, liegt vor allem am sehr unvertrauten, beinahe slapstickartigen Erzählstil, den Nakazawa pflegt. In der Nachfolge des populären japanischen Theaters, das nichts mit der Stilisierung des Nô oder Kabuki gemein hat, wird viel geprügelt und geschmäht. Die burleske Gewalt durch zahllose Kopfnüsse und munter sprießende Beulen konterkariert aber nur scheinbar den Schrecken des Bombenangriffs. Auch hier kommt der kindliche Blick zu seinem Recht, der sich in einer Welt des Grauens wenigstens an vertraute Schmerzen und Versehrungen halten will. Die bisweilen hampelmannartigen Bewegungen der Akteure folgen dagegen ganz den Mustern von Trickfilmen und Witzzeichnungen. Natürlich hätte Nakazawa auch anders gekonnt, wenn es ihm nicht gerade um diese kindgerechte Wahrnehmung gegangen wäre.
Mit solchen graphisch-narrativen Finessen hatten andere Länder weniger Probleme. In Amerika und Frankreich ist "Barfuß durch Hiroshima" längst erschienen - auch weil es eine Gruppe von freiwilligen Helfern um Nakazawa gibt, die sich um die weltweite Verbreitung des Manga kümmern, weil sie ihn für ein wichtiges Werkzeug im Bemühen um die Ächtung von Nuklearwaffen halten. Immerhin gab es 1982 bereits einmal den ersten Band auf deutsch, und das mit Rowohlt bei einem Verlag, dessen Rolle bei der Durchsetzung literarischer Comics gar nicht hoch genug bewertet werden kann. 1989 erschien dort der erste Band von Art Spiegelmans "Maus" (seinerseits stark beeindruckt und auch beeinflußt von Nakazawa), sechs Jahre später David Mazzucchellis Paul-Auster-Adaption "Stadt aus Glas".
Aber in Reinbek hatte man nicht einen solch langen Atem, wie ihn fast ein Vierteljahrhundert später nun der Carlsen Verlag beweist. Daß einiges in der Übersetzung von Nina Olligschläger ungelenk wirkt, daß die Spiegelung der Seiten, die erforderlich war, um die japanische Leserichtung auf westliche Gewohnheiten umzumodeln, alle Figuren zu Linkshändern gemacht hat, daß auch Nakazawas Zeichenstil sich erst entwickeln mußte vom Werk eines bloßen Tezuka-Epigonen im ersten Band zur formalen Strenge eines japanischen Hergé im letzten - das alles kann man vernachlässigen. Man liest einen Comic, der Geschichte geschrieben hat, indem er einfach Geschichte beschreibt.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zum Jahrestag des Atombombenabwurfs: Nakazawa Keijis "Barfuß durch Hiroshima" auf deutsch
Heute vor sechzig Jahren wurde Hiroshima durch eine Atombombe zerstört. Und es hat bis heute gedauert, ehe ein Comic erstmals vollständig auf deutsch publiziert ist, in dem mehr über dieses Ereignis erzählt wird als in all den Sachbüchern, Romanen, Filmen, die sich dem Thema seit 1945 gewidmet haben. Der Grund dafür ist einfach: Nakazawa Keiji, Autor des Manga "Barfuß durch Hiroshima", ist ein Überlebender des Angriffs, doch er war damals ein sechsjähriges Kind, und das, was er sah, brannte sich in sein Gedächtnis ein - wie jene Schatten der im atomaren Blitz verdampften Menschen in die Ruinenwände Hiroshimas, die Günther Anders so entsetzt haben.
Der Comic ist das ideale Genre für einen kindlichen Blick auf die Welt. Nicht, weil er selbst kindisch wäre, sondern weil er es leichter als jedes andere Medium hat, die kindliche Perspektive einzunehmen. Untersicht kann man leichter zeichnen als filmen, geschweige denn in Prosa simulieren. Naivität wird durch Bilder schneller beschworen als durch Worte. Das langsame Begreifen eines grauenvollen Erlebnisses kann in gezeichneten Bildern deutlicher gemacht werden als in fotografierten. Und das gilt noch mehr für Geschehnisse, die sich jedem Verständnis entziehen: Wie sehen denn Menschen aus, die ihre geschmolzene Haut in langen Fetzen von den Gliedern hängen haben, wie lebendig brennende Pferde, wie unter dem Druck des Leichengases platzende Körper? Nakazawas Bilder behaupten nicht, es zu wissen, aber ihnen gelingt gerade in der unvermeidlichen Verfremdung durch den individuellen Zeichenstil eine Annäherung an das Unvorstellbare. So, sagen diese Bilder, habe ich, Nakazawa Keiji, am 6. August 1945 und den Tagen danach Menschen leiden und sterben sehen. Auf den elfhundert Seiten von "Barfuß durch Hiroshima" hat der Atomblitz diese konkrete Wahrnehmung fixiert.
Die visuelle Leitmetapher, die Nakazawa für seine Geschichte gewählt hat, ist denn auch die Sonne, das Symbol Japans, die Lebensspenderin und in ihrer ästhetischen Vollkommenheit auch das Vorbild für das Spektakel der sechshundert Meter über der Stadt gezündeten Bombe, deren Detonation Nakazawa in einem winzigen Bild als radiales Strahlenbündel darstellt - eine Imagination natürlich, denn hätte er damals auf dem Schulweg den Blitz tatsächlich gesehen, wäre er blind geworden. Erst auf den Seiten danach entfaltet er unter Ausnutzung aller Formate, die ihm die nur taschenbuchgroßen japanischen Hefte seit 1972, als der Abdruck seiner Geschichte begann, zur Verfügung gestellt haben, das ganze Inferno, das der Explosion folgte: den Blitz, der die Menschen blendete, den Druck, der ihre Häuser zerstörte, den Sturm, der niederriß, was noch übriggeblieben war, das Feuer, das Ruinen und Körper in Brand setzte, und dann zuletzt das, als was die Bevölkerung Hiroshimas an diesem sonnigen Morgen wieder aus den Trümmern ihrer Stadt kroch: glasgespickte, zerquetschte und verbrannte Kreaturen. Es sind Bilder, die man nicht mehr vergißt. Und über allen strahlt die Sonne. Unberührbar und mitleidlos in ihrer Schönheit. Der Sommer 1945 war sehr groß.
Die Handlung um den Schüler Nakamura Gen, das Alter ego Nakazawas, setzt einige Wochen vor dem 6. August 1945 ein, und sie schließt erst zwei Jahre später, am zweiten Jahrestag des Abwurfs. Der Vater von Gen, seine ältere Schwester und sein jüngerer Bruder sind in den Trümmern des eingestürzten Familienhauses verbrannt, die Mutter hat eine Frühgeburt erlitten, und das Neugeborene wird nicht älter als jene zwei Jahre der Erzählzeit werden, ehe es an der Strahlenkrankheit stirbt. Neben der Mutter und Gen bleiben von der achtköpfigen Nakamura-Familie nur die beiden ältesten Söhne am Leben, einer als Soldat, ein anderer als evakuierter Mittelschüler.
Soweit ist die Familie Nakamura gleichzusetzen mit der Familie Nakazawa. Doch es wäre naiv, "Barfuß durch Hiroshima" als Autobiographie des Zeichners zu lesen: "Mir schwebte ein Held vor, der mit nackten Füßen fest auf den verbrannten Überresten Hiroshimas steht und seine Stimme gegen den Krieg und nukleare Waffen erhebt." Nakazawa hat das Geschehen dramaturgisch zugespitzt, seine Charaktere vertreten mit der Ausnahme Gens und seiner Mutter Archetypen.
Die Rollen zwischen Gut und Böse, Gesund und Krank, Alt und Jung sind klar verteilt, und schon mittels Gesichtszügen und Physiognomie der handelnden Personen kann man deren Aufgaben für die Geschichte voraussagen, denn Nakazawa bedient sich hier des reichen graphischen Erbes des Ukiyo-e, des japanischen Holzschnittes. Die Quellen seiner Figuren und Szenerien kann man in den berühmten Gespensterserien eines Yoshitoshi finden, während die uns so seltsam erscheinenden Bewegungen der Kinder einer japanischen Darstellungstradition entstammen, die bis auf Hokusais karikierende Skizzenbücher zurückgeht, denen sich der Name "Manga" als Gattungsbezeichnung für japanische Comics überhaupt erst verdankt.
Daß es so lange gedauert hat, bis die vierbändige Ausgabe bei uns publiziert werden konnte, liegt vor allem am sehr unvertrauten, beinahe slapstickartigen Erzählstil, den Nakazawa pflegt. In der Nachfolge des populären japanischen Theaters, das nichts mit der Stilisierung des Nô oder Kabuki gemein hat, wird viel geprügelt und geschmäht. Die burleske Gewalt durch zahllose Kopfnüsse und munter sprießende Beulen konterkariert aber nur scheinbar den Schrecken des Bombenangriffs. Auch hier kommt der kindliche Blick zu seinem Recht, der sich in einer Welt des Grauens wenigstens an vertraute Schmerzen und Versehrungen halten will. Die bisweilen hampelmannartigen Bewegungen der Akteure folgen dagegen ganz den Mustern von Trickfilmen und Witzzeichnungen. Natürlich hätte Nakazawa auch anders gekonnt, wenn es ihm nicht gerade um diese kindgerechte Wahrnehmung gegangen wäre.
Mit solchen graphisch-narrativen Finessen hatten andere Länder weniger Probleme. In Amerika und Frankreich ist "Barfuß durch Hiroshima" längst erschienen - auch weil es eine Gruppe von freiwilligen Helfern um Nakazawa gibt, die sich um die weltweite Verbreitung des Manga kümmern, weil sie ihn für ein wichtiges Werkzeug im Bemühen um die Ächtung von Nuklearwaffen halten. Immerhin gab es 1982 bereits einmal den ersten Band auf deutsch, und das mit Rowohlt bei einem Verlag, dessen Rolle bei der Durchsetzung literarischer Comics gar nicht hoch genug bewertet werden kann. 1989 erschien dort der erste Band von Art Spiegelmans "Maus" (seinerseits stark beeindruckt und auch beeinflußt von Nakazawa), sechs Jahre später David Mazzucchellis Paul-Auster-Adaption "Stadt aus Glas".
Aber in Reinbek hatte man nicht einen solch langen Atem, wie ihn fast ein Vierteljahrhundert später nun der Carlsen Verlag beweist. Daß einiges in der Übersetzung von Nina Olligschläger ungelenk wirkt, daß die Spiegelung der Seiten, die erforderlich war, um die japanische Leserichtung auf westliche Gewohnheiten umzumodeln, alle Figuren zu Linkshändern gemacht hat, daß auch Nakazawas Zeichenstil sich erst entwickeln mußte vom Werk eines bloßen Tezuka-Epigonen im ersten Band zur formalen Strenge eines japanischen Hergé im letzten - das alles kann man vernachlässigen. Man liest einen Comic, der Geschichte geschrieben hat, indem er einfach Geschichte beschreibt.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
In diesem, nun erstmals vollständig auf deutsch publizierten elfhundertseitigen Manga-Comic aus den siebziger Jahren fand Rezensent Andreas Platthaus mehr über die Zerstörung Hiroshimas durch eine amerikanische Atombome erzählt, als "in all den Sachbüchern, Romanen und Filmen, die sich dem Thema seit 1945 gewidmet" haben. Gerade durch die "unvermeidliche Entfremdung durch den individuellen Zeichenstil" Nakazawas sieht der Rezensent eine "Annäherung an das Unvorstellbare" gelingen. Die Handlung setze einige Wochen vor dem 6. 8. 1945 ein, und schließe am zweiten Jahrestag des Abwurfs. Im Zentrum stehe der Schüler Nakamura Gen, Alter Ego des Autors, der den Angriff als Kind überlebt hat und ihn nun aus der Sicht eines Kindes schildere. Vater, Schwester und Bruder des Protagonisten sind Platthaus zufolge in den Trümmern des einstürzenden Hauses verbrannt. Eine neugeborene Schwester wird bald an der Strahlenkrankeit sterben. Trotz einiger Parallelen warnt der Rezensent, die Geschichte autobiografisch zu lesen. Nakazawa habe das Geschehen dramaturgisch zugespitzt und mit der Naivität seines Kinderblicks Bilder beschworen, die sich in ihrem Schrecken eigentlich jedem Verständnis entziehen. Zwar findet Platthaus einiges an der deutschen Übersetzung ungelenk. Auch die Tatsache, dass durch die Spiegelung der Seiten von der japanischen auf die deutsche Leserichtung alle Figuren zu Linkshändern wurden, stört ihn ein bisschen. Es sind jedoch Mängel, die für ihn angesichts literarischen Ereignisses nicht schwer wiegen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Durch seine schonungslose Darstellung wird dieser Manga zu einem eindringlichen Plädoyer für Menschlichkeit." Oliver Stenzel Stuttgarter Nachrichten 20150811