Holzfällen ist die Geschichte einer "Erregung", die Geschichte eines "künstlerischen Abendessens" in Wien, in der Gentzgasse. Der Ich? Erzähler, ein Schriftsteller, sitzt auf dem Ohrensessel und beobachtet die Gesellschaft die, auf den Schauspieler des Burgtheaters wartet, der versprochen hatte, gegen halb zwölf zu diesem Essen zu kommen. Während seiner Beobachtungen beschwört er die Erinnerung an Joana, sein Leben mit ihr, und damit wird er mit jenen Menschen konfrontiert, rnit denen er in den fünfziger Jahren Umgang pflegte. Es entspricht der erzählerischen Dramaturgie wie der musikalischen Wortfügung Bernhards, daß in der Mitte der Erzählung der Burgschauspieler endlich auftritt. Der Schauspieler setzt der Abendgesellschaft die Botschaft des Natürlichen entgegen: "Wald, Hochwald, Holzfällen." Für den Erzähler dauert diese philosophische Haltung, die ihn für den Schauspieler einnimmt, doch nur Augenblicke. Ihn selbst erfaßt eine immer größere Erregung. Er verläßt das Haus, rennt in die Innere Stadt Wiens hinein, diese Stadt, die er haßt und die doch für ihn die beste Stadt ist, deren Menschen er haßt und die doch für ihn die besten Menschen sind.
"Was Thomas Bernhard hier schreibt, ist eine große Auseinandersetzung mit menschlichen Beziehungen, mit Verstrickungen, Liebe, Ausbeutung, Verrat, Haß."
Karin Kehrein, Die Presse
"Was Thomas Bernhard hier schreibt, ist eine große Auseinandersetzung mit menschlichen Beziehungen, mit Verstrickungen, Liebe, Ausbeutung, Verrat, Haß."
Karin Kehrein, Die Presse
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2007Der kühle Lobbyist in der Maske des manischen Bezichtigers
Thomas Bernhard wollte seinen Skandalroman "Holzfällen" nie als Schlüselroman gelesen haben - aber so leicht ist das gar nicht / Von Daniel Kehlmann
Thomas Bernhards Roman "Holzfällen" wimmelt von Attacken auf das Wiener Burgtheater. Wir haben Daniel Kehlmann gebeten, das Buch neu zu lesen. Sein Fazit: Hier wütete ein abgelehnter Theaterdirektor.
Ein österreichischer Schriftsteller, soeben zurückgekehrt aus London, wird auf dem Wiener Graben von einem Ehepaar, mit dem er vor vielen Jahren befreundet war und ohne dessen Förderung seine Karriere nie in Gang gekommen wäre, angesprochen und zu einem "künstlerischen Abendessen" eingeladen. Gegen seinen Willen und hauptsächlich deshalb, weil er noch verwirrt ist vom Begräbnis einer Jugendfreundin, sagt er zu und erscheint auch tatsächlich in der gutbürgerlichen Wohnung der Gastgeber. Eingeladen sind schreckliche Leute aus dem Wiener Kulturleben: die Dichterin Jeannie Billroth, die mit Literaturpreisen überhäufte Gymnasiallehrerin Anna Schreker mitsamt ihrem Lebensgefährten, dem Autor platter Lautgedichte, zwei abstoßende Jungschriftsteller und, mit großer Verspätung eintreffend, ein gefeierter Burgschauspieler, der sich sogleich in Pose wirft und blamiert.
Die ganze Zeit sitzt der Erzähler, der mit seinem Autor Thomas Bernhard alles außer dem Wohnort teilt (statt in Ohlsdorf lebt er im fernen England), in einem Ohrensessel und lauscht angewidert. Zum Ende - die Gastgeber sind schon betrunken und alle anderen todmüde - kommt es zu einem Streit zwischen der Dichterin Jeannie Billroth und dem Burgschauspieler, der sich beleidigt fühlt, ausfällig wird und mit einemmal menschliche Züge offenbart: Er gesteht seine Sehnsucht nach "Wald, Hochwald, Holzfällen", nach einem Leben in der Natur fern der verlogenen Gesellschaft. Man verabschiedet sich, und der Erzähler läuft in Verwirrung und Wut durch die nächtlichen Straßen der Innenstadt. Er beschließt, über all das zu schreiben.
Das ist die Handlung jenes Buches, das 1984 Thomas Bernhards Ruf als Skandalautor endgültig festigte: "Holzfällen. Eine Erregung". Ausdrücklich trägt es nicht die Bezeichnung "Roman", und es war wohl auch das teils kunstvolle, teils bewusst offensichtliche Spiel mit autobiographischen Elementen, das nach dem Erscheinen zum Auslieferungsverbot führte: Der Komponist Gerhard Lampersberg, ehemals ein enger Freund Bernhards, fühlte sich in der Hauptfigur, dem kläglich versoffenen Komponisten Auersberger, zugleich wiedererkennbar und bösartig verzerrt dargestellt, klagte und bekam in erster Instanz recht. Erst nach komplizierten Verhandlungen konnte das Buch wieder in den österreichischen Buchhandel gelangen - seltsamerweise, als wäre sein Ruf in der Bundesrepublik ihm völlig gleichgültig, war es Lampersberg offenbar gar nicht eingefallen, auch in Deutschland zu klagen; ein verblüffender Fall von juridischem Provinzialismus.
Nun legt der Suhrkamp Verlag das Skandalbuch als siebten Band der Bernhard-Werkausgabe neu vor, ausgestattet mit einem ausführlichen Anhang zur Text- und Prozessgeschichte. Ein Anlass, "Holzfällen" aus der Entfernung von dreiundzwanzig Jahren so zu lesen, wie Bernhard es ausdrücklich gelesen haben wollte: nicht als Schlüsselroman, nicht als Buch über reale Personen, sondern als Literatur.
Aber so leicht ist das gar nicht. Die Spiegelung zwischen Fiktion und Realität und die Frage, wie die Figuren sich zu ihren Vorbildern verhalten, sind tief in den Text selbst eingelassen. Mit Grund heißt das Werk nicht "Roman", mit Grund gibt es in der Biographie des Erzählers bis auf den Londoner Wohnort nicht ein Detail, das sich von jener Bernhards unterscheidet. Der Erzähler beschließt, das Erlebte in Literatur umzuwandeln, und eben durch die wiederholte Thematisierung solcher Umwandlung wird der Leser immer von neuem zurückverwiesen auf die Tatsache, dass hier nicht bloß fabuliert wird, sondern von wirklichen Menschen, von außertextlicher Wirklichkeit die Rede ist. Daran ist noch nichts Problematisches, so macht es die literarische Satire seit alters her, von Juvenal über Voltaire bis hin zu Karl Kraus. "Holzfällen" ist ein Prosakunstwerk über die Wirklichkeit und deren Verzerrung, bestimmt von Witz und Brillanz, bestimmt aber auch von seltener Gehässigkeit und einer Reihe außerliterarischer Zwecke.
Wann immer von Thomas Bernhards Stil die Rede ist, fällt zuverlässig das Wort Musikalität. Gemeint ist wohl sein perfektes Rhythmusgefühl, die in seinen besten Büchern nie fehlgehende Intuition, wie viele Parenthesen man einem Satz zumuten darf, ohne dass dieser zerfällt und vom Leser nicht mehr als ganzer Bogen im Gedächtnis festgehalten werden kann: Bernhards wichtigste Stilmittel - die Wiederholung, der Einschub, die Wiederholung des Einschubs und die Dehnung einer Phrase durch zum Superlativ gesteigerte Adjektive - sind in ihrer Anzahl beschränkt, aber er meistert sie perfekt. Ein Vorbild ist ganz offensichtlich der im Buch immer wieder genannte "Bolero" Maurice Ravels: eine Komposition, die ihren Reiz daraus bezieht, dass ein solcher Mut zur Wiederholung zuvor unmöglich schien und dann zum Schluss hin eine Steigerung zu heller Wut und Leidenschaft erfährt. Ja, man liest das atemlos, und langweilig wird es nie.
Das ist der eine Grund dafür, dass man "Holzfällen" schwer unterbrechen oder weglegen kann. Der andere Grund ist problematischer: Bernhards Wut wie auch die des Erzählers wird nie begründet, sie ist von Anfang an da, und die Schrecklichkeit all der menschlichen Fratzen ist ein nie in Zweifel gezogenes Axiom. Das Postulat, dass der Dichter nicht reden, sondern darstellen solle, beeindruckt Bernhard nicht. Seine Figuren bekommen kaum die Chance, ihre Scheußlichkeit empirisch unter Beweis zu stellen; sie sind vor dem ersten Auftritt schon verurteilt, und der Leser sitzt gleichsam mit dem Erzähler im Ohrensessel und blickt mit dem Grinsen des Eingeweihten auf eine menschliche Grässlichkeit, die, da sie immer schon als selbstverständlich vorausgesetzt wird, nie zur Darstellung kommen muss; man darf den Hohn teilen und sich erhoben fühlen. Vor kurzem hat Arnold Stadler geschrieben, dass die Leute, die Freude an Bernhards Ausfällen haben, wohl auch gerne das "Literarische Quartett" gesehen haben - besser kann man den Reiz wie die Problematik dieser Technik nicht auf den Punkt bringen.
Und noch eine Frage lässt sich, bei aller Faszination für den Witz dieser Prosa, nicht ganz beiseiteschieben, und sie führt tief ins komplexe Verhältnis von Fiktion und Realität. Diese Prosa lebt natürlich nicht von der Wiedererkennung der wirklichen Personen durch den Leser. Sie lebt aber durchaus von der Versprechung, dass diese Leute existieren und dass der Leser sie wiedererkennen würde, würde er sie nur kennen. Ohne sie verlöre "Holzfällen" viel von seiner Verve und seinem Reiz.
Die Dichterin, der so eindeutig Jeannie Ebner Modell gestanden hat, heißt ja eben nicht Melanie, sondern Jeannie; die aus Lampersberg entstandene Figur heißt nicht Müller, sondern Auersberger. Alle Lebensdaten und sogar die Adressen der Charaktere entsprechen genau denen ihrer realen Vorbilder, und das Burgtheater, dessen schlechte Führung und jämmerliche Aufführungen ein Hauptthema von "Holzfällen" sind, gibt es bekanntlich auch.
Die Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts ist wesentlich bestimmt von der Tradition des Formalismus, die danach verlangt, werkimmanent zu lesen und nicht von der Buchseite auf die Wirklichkeit zu schielen (und wann immer die Gerichte sich einmischen, gilt es natürlich, diese Tradition zu verteidigen) - aber die Satire, die es nach Schillers Definition immer mit der Kluft zwischen Wirklichkeit und Ideal zu tun hat, muss sich doch fragen lassen, von welcher Wirklichkeit und welchem Ideal sie spricht und was ihre Absichten sind. Wenn der Erzähler etwa einer Schriftstellerin, die im veröffentlichten Buch Anna Schreker heißt, deren Name in der ersten Fassung des Buches jedoch noch Juniröcker war, vorwirft, dass sie und ihr Lebensgefährte, der Autor hochdekorierter Lautpoesie und Träger des Staatspreises, eine "Staatspfründerexistenz" führten - ist es dann von Bedeutung oder ganz unwichtig, dass der Autor dieser Invektive, selbst Träger des Staatspreises, nachweislich mehr Geld von der Republik Österreich erhalten hat als die hinter Frau Schreker so deutlich erkennbare Friederike Mayröcker? Und ist es von Belang, ob der ständig wiederholte Vorwurf, dass das Burgtheater nur langweilig veraltetes Zeug und hauptsächlich Grillparzer spiele, zur Zeit der Abfassung des Buches überhaupt noch zutraf?
Ja, das Burgtheater. Der geheime Held, das wiederkehrende Leitmotiv, das ständig von neuem aufgerufene Thema. Man liest gerade diese Stellen mit hämischer Freude. Aber könnte es sein, dass Bernhard hier das Burgtheater der fünfziger Jahre für das der frühen Achtziger setzte und darauf vertraute, dass das so langsam aus dem Bewusstsein weichende Klischee schon für die Wirklichkeit genommen werden würde? Es ist bezeichnend, dass der sonst so kundige Kommentarteil mit keinem Wort auf die Situation an diesem Haus eingeht. Jedenfalls wurden zur Zeit der Niederschrift von "Holzfällen" dort Václav Havel, Botho Strauß, Peter Shaffer, Heinar Kipphardt und Harold Pinter gespielt. Ein Schwerpunkt galt den Werken osteuropäischer Dissidenten; der damals im Gefängnis sitzende Václav Havel, der die Burg sein "Muttertheater" nannte, verdankte es unter anderem den vielen, oft im Fernsehen übertragenen Aufführungen seiner Werke im Burgtheater, dass sein Name nicht aus dem Gedächtnis der Weltöffentlichkeit verschwand.
Es gab Uraufführungen von Martin Sperr, Rolf Hochhuth, Martin Walser, Max Frisch, Botho Strauß und Herbert Achternbusch. Das Burgtheater stand unter heftigen Angriffen von Seiten der mächtigen "Kronen-Zeitung", weil es das nationale Erbe zu wenig pflege, der ÖVP-Politiker Erhard Busek bezeichnete es öffentlich als "Hort des Linksfaschismus". Von 1975 bis Mitte 1984, also dem Zeitpunkt, als "Holzfällen" erschien und über die Grillparzer-Verliebtheit der Burgtheaterführung spottete, waren dort nicht mehr als zwei Grillparzer-Inszenierungen zu sehen gewesen.
Man muss nicht lange recherchieren, um auf die Tatsache zu stoßen, dass Thomas Bernhard 1975 Gespräche mit Unterrichtsminister Sinowatz und dem Generalsekretär des Bundestheaterverbandes Jungbluth geführt hatte, um die Direktion des Burgtheaters zu übernehmen. Auch seine Dramaturgie war bereits besetzt, unter anderem mit der Publizistin Hilde Spiel. Mehrere Zeugen haben darüber berichtet, und auch in Bernhards Nachlass findet sich ein Typoskript aus diesem Jahr mit dem Titel "Wie ich Burgtheaterdirektor werden sollte".
Statt Bernhard wurde es aber dann der Schauspieler Achim Benning - auch er kein Vertreter der österreichischen Kulturschickeria, sondern ein zurückhaltender und in der lauten Selbstvermarktung wenig versierter Deutscher -, woraufhin Bernhard alle Aufführungen seiner Stücke am Burgtheater verbot. Erst als Benning dem Bernhard freundschaftlich verbundenen Claus Peymann gewichen war, hob der Autor das Verbot wieder auf. Diese Umstände sind gut dokumentiert, doch im aufgeheizten Klima späterer Jahre wollte kaum einer etwas von ihnen wissen: Bernhards Bewunderern war es unangenehm, dass sein Burgtheaterhass solch persönliche Ursachen haben mochte, und seine konservativen Gegner wollten nicht gerne daran erinnert werden, dass ausgerechnet das Kulturministerium diesen Mann so nahe ans Heiligtum der Wiener Kunstreligion hatte herankommen lassen.
Berührt das den literarischen Rang von "Holzfällen"? Vielleicht doch. Literatur ist eben nicht nur Sprache und Form, sie ist gestalteter Inhalt, und wenn ein Werk seine Wirkung so sehr dem Abscheu verdankt, ist es nicht völlig unwichtig, ob der Gegenstand dieses Abscheus etwas mit den Verhältnissen der realen Welt zu tun hat oder nicht.
Bernhards Beschreibung eines abgestumpft in der Selbstbestätigung dahinbrütenden Kulturbürgertums, das sich in seiner Provinz für den Mittelpunkt der Welt hält, ist perfekt gelungen; zum Teil, weil eingestandenerweise dieses Milieu das seine war, weil "diese Menschen meine Menschen sind und immer meine Menschen sein werden", wie es zum furiosen Schluss hin heißt. Zugleich aber liest sich seine eloquente Verachtung gegenüber einem deklamatorisch-hohlen Burgtheaterstil ganz anders, wenn man weiß, dass dieser zum Zeitpunkt der Abfassung lange schon nicht mehr gepflegt wurde, dass die Burgtheaterautoren der Stunde Havel, Mrozek, Stoppard und Pinter hießen und dass in jenen Absätzen, in denen von einer kommenden besseren Direktion die Rede ist, die das Grillparzer-Deklamieren abschaffen und frischen Wind bringen werde, nicht der apokalyptische Gesellschaftssatiriker spricht, sondern ein kühler Lobbyist, ebenjener Mann, der laut den Erinnerungen seines Freundes Hennetmair vor dem Fernseher in Freudentaumel verfiel, als er vom Tod Heimito von Doderers erfuhr: "Jetzt ist die Bahn frei, jetzt komme ich."
So scheint dieses Buch gleichsam von zwei kooperierenden Autoren geschrieben: einem abgründig humorvollen Beobachter der menschlichen Hinfälligkeit auf der einen und einem versierten kulturpolitischen Fädenzieher auf der anderen Seite. Wenn dieser spricht, mischen sich falsche Töne in die vielgerühmte Musikalität, und das Angebot zur Identifikation mit dem moralisch weit über allen Niedrigkeiten stehenden Erzähler ist nur allzu billig. Wann immer aber jener an der Reihe ist, wird "Holzfällen" reich, mitreißend und grandios.
Dann haben wir es etwa mit einem unvergesslichen Bericht über ein Begräbnis in der Provinz, über Trauer und Gulaschsuppe, zu tun oder mit tief wehmütigen Sätzen über die Verluste der Freundschaften der jungen Jahre. Man wächst heran, man trennt sich von den Menschen, die einem einst alles bedeutet haben, man beginnt sie zu hassen und schreibt wutschäumende Bücher gegen sie.
Diese emotionale Bewegung von der Liebe zur Verleumdung wird in den besten Momenten von "Holzfällen" auf virtuose Art selbst thematisiert: "Um uns aus einer Notsituation zu erretten, denke ich, sind wir selbst genauso verlogen wie die, denen wir diese Verlogenheit andauernd vorwerfen und derentwegen wir alle diese Leute fortwährend in den Schmutz ziehen und verachten, das ist die Wahrheit; wir sind überhaupt um nichts besser als diese Leute, die wir andauernd nur als unerträgliche und widerliche Leute empfinden, als abstoßende Menschen, mit welchen wir möglichst wenig zu tun haben wollen, während wir doch, wenn wir ehrlich sind, andauernd mit ihnen zu tun haben und genauso sind wie sie." An solchen Stellen ergeht es dem Erzähler wie dem Burgschauspieler. Seine Stimme verliert alles Schrille, und ein prekäres Buch voller Ausfälle gegen alte Freunde wird unversehens zu Kunst.
Thomas Bernhard: "Holzfällen. Eine Erregung". Werke, Band 7. Herausgegeben von Martin Huber und Wendelin Schmidt-Dengler. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 380 S., geb., 32,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Thomas Bernhard wollte seinen Skandalroman "Holzfällen" nie als Schlüselroman gelesen haben - aber so leicht ist das gar nicht / Von Daniel Kehlmann
Thomas Bernhards Roman "Holzfällen" wimmelt von Attacken auf das Wiener Burgtheater. Wir haben Daniel Kehlmann gebeten, das Buch neu zu lesen. Sein Fazit: Hier wütete ein abgelehnter Theaterdirektor.
Ein österreichischer Schriftsteller, soeben zurückgekehrt aus London, wird auf dem Wiener Graben von einem Ehepaar, mit dem er vor vielen Jahren befreundet war und ohne dessen Förderung seine Karriere nie in Gang gekommen wäre, angesprochen und zu einem "künstlerischen Abendessen" eingeladen. Gegen seinen Willen und hauptsächlich deshalb, weil er noch verwirrt ist vom Begräbnis einer Jugendfreundin, sagt er zu und erscheint auch tatsächlich in der gutbürgerlichen Wohnung der Gastgeber. Eingeladen sind schreckliche Leute aus dem Wiener Kulturleben: die Dichterin Jeannie Billroth, die mit Literaturpreisen überhäufte Gymnasiallehrerin Anna Schreker mitsamt ihrem Lebensgefährten, dem Autor platter Lautgedichte, zwei abstoßende Jungschriftsteller und, mit großer Verspätung eintreffend, ein gefeierter Burgschauspieler, der sich sogleich in Pose wirft und blamiert.
Die ganze Zeit sitzt der Erzähler, der mit seinem Autor Thomas Bernhard alles außer dem Wohnort teilt (statt in Ohlsdorf lebt er im fernen England), in einem Ohrensessel und lauscht angewidert. Zum Ende - die Gastgeber sind schon betrunken und alle anderen todmüde - kommt es zu einem Streit zwischen der Dichterin Jeannie Billroth und dem Burgschauspieler, der sich beleidigt fühlt, ausfällig wird und mit einemmal menschliche Züge offenbart: Er gesteht seine Sehnsucht nach "Wald, Hochwald, Holzfällen", nach einem Leben in der Natur fern der verlogenen Gesellschaft. Man verabschiedet sich, und der Erzähler läuft in Verwirrung und Wut durch die nächtlichen Straßen der Innenstadt. Er beschließt, über all das zu schreiben.
Das ist die Handlung jenes Buches, das 1984 Thomas Bernhards Ruf als Skandalautor endgültig festigte: "Holzfällen. Eine Erregung". Ausdrücklich trägt es nicht die Bezeichnung "Roman", und es war wohl auch das teils kunstvolle, teils bewusst offensichtliche Spiel mit autobiographischen Elementen, das nach dem Erscheinen zum Auslieferungsverbot führte: Der Komponist Gerhard Lampersberg, ehemals ein enger Freund Bernhards, fühlte sich in der Hauptfigur, dem kläglich versoffenen Komponisten Auersberger, zugleich wiedererkennbar und bösartig verzerrt dargestellt, klagte und bekam in erster Instanz recht. Erst nach komplizierten Verhandlungen konnte das Buch wieder in den österreichischen Buchhandel gelangen - seltsamerweise, als wäre sein Ruf in der Bundesrepublik ihm völlig gleichgültig, war es Lampersberg offenbar gar nicht eingefallen, auch in Deutschland zu klagen; ein verblüffender Fall von juridischem Provinzialismus.
Nun legt der Suhrkamp Verlag das Skandalbuch als siebten Band der Bernhard-Werkausgabe neu vor, ausgestattet mit einem ausführlichen Anhang zur Text- und Prozessgeschichte. Ein Anlass, "Holzfällen" aus der Entfernung von dreiundzwanzig Jahren so zu lesen, wie Bernhard es ausdrücklich gelesen haben wollte: nicht als Schlüsselroman, nicht als Buch über reale Personen, sondern als Literatur.
Aber so leicht ist das gar nicht. Die Spiegelung zwischen Fiktion und Realität und die Frage, wie die Figuren sich zu ihren Vorbildern verhalten, sind tief in den Text selbst eingelassen. Mit Grund heißt das Werk nicht "Roman", mit Grund gibt es in der Biographie des Erzählers bis auf den Londoner Wohnort nicht ein Detail, das sich von jener Bernhards unterscheidet. Der Erzähler beschließt, das Erlebte in Literatur umzuwandeln, und eben durch die wiederholte Thematisierung solcher Umwandlung wird der Leser immer von neuem zurückverwiesen auf die Tatsache, dass hier nicht bloß fabuliert wird, sondern von wirklichen Menschen, von außertextlicher Wirklichkeit die Rede ist. Daran ist noch nichts Problematisches, so macht es die literarische Satire seit alters her, von Juvenal über Voltaire bis hin zu Karl Kraus. "Holzfällen" ist ein Prosakunstwerk über die Wirklichkeit und deren Verzerrung, bestimmt von Witz und Brillanz, bestimmt aber auch von seltener Gehässigkeit und einer Reihe außerliterarischer Zwecke.
Wann immer von Thomas Bernhards Stil die Rede ist, fällt zuverlässig das Wort Musikalität. Gemeint ist wohl sein perfektes Rhythmusgefühl, die in seinen besten Büchern nie fehlgehende Intuition, wie viele Parenthesen man einem Satz zumuten darf, ohne dass dieser zerfällt und vom Leser nicht mehr als ganzer Bogen im Gedächtnis festgehalten werden kann: Bernhards wichtigste Stilmittel - die Wiederholung, der Einschub, die Wiederholung des Einschubs und die Dehnung einer Phrase durch zum Superlativ gesteigerte Adjektive - sind in ihrer Anzahl beschränkt, aber er meistert sie perfekt. Ein Vorbild ist ganz offensichtlich der im Buch immer wieder genannte "Bolero" Maurice Ravels: eine Komposition, die ihren Reiz daraus bezieht, dass ein solcher Mut zur Wiederholung zuvor unmöglich schien und dann zum Schluss hin eine Steigerung zu heller Wut und Leidenschaft erfährt. Ja, man liest das atemlos, und langweilig wird es nie.
Das ist der eine Grund dafür, dass man "Holzfällen" schwer unterbrechen oder weglegen kann. Der andere Grund ist problematischer: Bernhards Wut wie auch die des Erzählers wird nie begründet, sie ist von Anfang an da, und die Schrecklichkeit all der menschlichen Fratzen ist ein nie in Zweifel gezogenes Axiom. Das Postulat, dass der Dichter nicht reden, sondern darstellen solle, beeindruckt Bernhard nicht. Seine Figuren bekommen kaum die Chance, ihre Scheußlichkeit empirisch unter Beweis zu stellen; sie sind vor dem ersten Auftritt schon verurteilt, und der Leser sitzt gleichsam mit dem Erzähler im Ohrensessel und blickt mit dem Grinsen des Eingeweihten auf eine menschliche Grässlichkeit, die, da sie immer schon als selbstverständlich vorausgesetzt wird, nie zur Darstellung kommen muss; man darf den Hohn teilen und sich erhoben fühlen. Vor kurzem hat Arnold Stadler geschrieben, dass die Leute, die Freude an Bernhards Ausfällen haben, wohl auch gerne das "Literarische Quartett" gesehen haben - besser kann man den Reiz wie die Problematik dieser Technik nicht auf den Punkt bringen.
Und noch eine Frage lässt sich, bei aller Faszination für den Witz dieser Prosa, nicht ganz beiseiteschieben, und sie führt tief ins komplexe Verhältnis von Fiktion und Realität. Diese Prosa lebt natürlich nicht von der Wiedererkennung der wirklichen Personen durch den Leser. Sie lebt aber durchaus von der Versprechung, dass diese Leute existieren und dass der Leser sie wiedererkennen würde, würde er sie nur kennen. Ohne sie verlöre "Holzfällen" viel von seiner Verve und seinem Reiz.
Die Dichterin, der so eindeutig Jeannie Ebner Modell gestanden hat, heißt ja eben nicht Melanie, sondern Jeannie; die aus Lampersberg entstandene Figur heißt nicht Müller, sondern Auersberger. Alle Lebensdaten und sogar die Adressen der Charaktere entsprechen genau denen ihrer realen Vorbilder, und das Burgtheater, dessen schlechte Führung und jämmerliche Aufführungen ein Hauptthema von "Holzfällen" sind, gibt es bekanntlich auch.
Die Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts ist wesentlich bestimmt von der Tradition des Formalismus, die danach verlangt, werkimmanent zu lesen und nicht von der Buchseite auf die Wirklichkeit zu schielen (und wann immer die Gerichte sich einmischen, gilt es natürlich, diese Tradition zu verteidigen) - aber die Satire, die es nach Schillers Definition immer mit der Kluft zwischen Wirklichkeit und Ideal zu tun hat, muss sich doch fragen lassen, von welcher Wirklichkeit und welchem Ideal sie spricht und was ihre Absichten sind. Wenn der Erzähler etwa einer Schriftstellerin, die im veröffentlichten Buch Anna Schreker heißt, deren Name in der ersten Fassung des Buches jedoch noch Juniröcker war, vorwirft, dass sie und ihr Lebensgefährte, der Autor hochdekorierter Lautpoesie und Träger des Staatspreises, eine "Staatspfründerexistenz" führten - ist es dann von Bedeutung oder ganz unwichtig, dass der Autor dieser Invektive, selbst Träger des Staatspreises, nachweislich mehr Geld von der Republik Österreich erhalten hat als die hinter Frau Schreker so deutlich erkennbare Friederike Mayröcker? Und ist es von Belang, ob der ständig wiederholte Vorwurf, dass das Burgtheater nur langweilig veraltetes Zeug und hauptsächlich Grillparzer spiele, zur Zeit der Abfassung des Buches überhaupt noch zutraf?
Ja, das Burgtheater. Der geheime Held, das wiederkehrende Leitmotiv, das ständig von neuem aufgerufene Thema. Man liest gerade diese Stellen mit hämischer Freude. Aber könnte es sein, dass Bernhard hier das Burgtheater der fünfziger Jahre für das der frühen Achtziger setzte und darauf vertraute, dass das so langsam aus dem Bewusstsein weichende Klischee schon für die Wirklichkeit genommen werden würde? Es ist bezeichnend, dass der sonst so kundige Kommentarteil mit keinem Wort auf die Situation an diesem Haus eingeht. Jedenfalls wurden zur Zeit der Niederschrift von "Holzfällen" dort Václav Havel, Botho Strauß, Peter Shaffer, Heinar Kipphardt und Harold Pinter gespielt. Ein Schwerpunkt galt den Werken osteuropäischer Dissidenten; der damals im Gefängnis sitzende Václav Havel, der die Burg sein "Muttertheater" nannte, verdankte es unter anderem den vielen, oft im Fernsehen übertragenen Aufführungen seiner Werke im Burgtheater, dass sein Name nicht aus dem Gedächtnis der Weltöffentlichkeit verschwand.
Es gab Uraufführungen von Martin Sperr, Rolf Hochhuth, Martin Walser, Max Frisch, Botho Strauß und Herbert Achternbusch. Das Burgtheater stand unter heftigen Angriffen von Seiten der mächtigen "Kronen-Zeitung", weil es das nationale Erbe zu wenig pflege, der ÖVP-Politiker Erhard Busek bezeichnete es öffentlich als "Hort des Linksfaschismus". Von 1975 bis Mitte 1984, also dem Zeitpunkt, als "Holzfällen" erschien und über die Grillparzer-Verliebtheit der Burgtheaterführung spottete, waren dort nicht mehr als zwei Grillparzer-Inszenierungen zu sehen gewesen.
Man muss nicht lange recherchieren, um auf die Tatsache zu stoßen, dass Thomas Bernhard 1975 Gespräche mit Unterrichtsminister Sinowatz und dem Generalsekretär des Bundestheaterverbandes Jungbluth geführt hatte, um die Direktion des Burgtheaters zu übernehmen. Auch seine Dramaturgie war bereits besetzt, unter anderem mit der Publizistin Hilde Spiel. Mehrere Zeugen haben darüber berichtet, und auch in Bernhards Nachlass findet sich ein Typoskript aus diesem Jahr mit dem Titel "Wie ich Burgtheaterdirektor werden sollte".
Statt Bernhard wurde es aber dann der Schauspieler Achim Benning - auch er kein Vertreter der österreichischen Kulturschickeria, sondern ein zurückhaltender und in der lauten Selbstvermarktung wenig versierter Deutscher -, woraufhin Bernhard alle Aufführungen seiner Stücke am Burgtheater verbot. Erst als Benning dem Bernhard freundschaftlich verbundenen Claus Peymann gewichen war, hob der Autor das Verbot wieder auf. Diese Umstände sind gut dokumentiert, doch im aufgeheizten Klima späterer Jahre wollte kaum einer etwas von ihnen wissen: Bernhards Bewunderern war es unangenehm, dass sein Burgtheaterhass solch persönliche Ursachen haben mochte, und seine konservativen Gegner wollten nicht gerne daran erinnert werden, dass ausgerechnet das Kulturministerium diesen Mann so nahe ans Heiligtum der Wiener Kunstreligion hatte herankommen lassen.
Berührt das den literarischen Rang von "Holzfällen"? Vielleicht doch. Literatur ist eben nicht nur Sprache und Form, sie ist gestalteter Inhalt, und wenn ein Werk seine Wirkung so sehr dem Abscheu verdankt, ist es nicht völlig unwichtig, ob der Gegenstand dieses Abscheus etwas mit den Verhältnissen der realen Welt zu tun hat oder nicht.
Bernhards Beschreibung eines abgestumpft in der Selbstbestätigung dahinbrütenden Kulturbürgertums, das sich in seiner Provinz für den Mittelpunkt der Welt hält, ist perfekt gelungen; zum Teil, weil eingestandenerweise dieses Milieu das seine war, weil "diese Menschen meine Menschen sind und immer meine Menschen sein werden", wie es zum furiosen Schluss hin heißt. Zugleich aber liest sich seine eloquente Verachtung gegenüber einem deklamatorisch-hohlen Burgtheaterstil ganz anders, wenn man weiß, dass dieser zum Zeitpunkt der Abfassung lange schon nicht mehr gepflegt wurde, dass die Burgtheaterautoren der Stunde Havel, Mrozek, Stoppard und Pinter hießen und dass in jenen Absätzen, in denen von einer kommenden besseren Direktion die Rede ist, die das Grillparzer-Deklamieren abschaffen und frischen Wind bringen werde, nicht der apokalyptische Gesellschaftssatiriker spricht, sondern ein kühler Lobbyist, ebenjener Mann, der laut den Erinnerungen seines Freundes Hennetmair vor dem Fernseher in Freudentaumel verfiel, als er vom Tod Heimito von Doderers erfuhr: "Jetzt ist die Bahn frei, jetzt komme ich."
So scheint dieses Buch gleichsam von zwei kooperierenden Autoren geschrieben: einem abgründig humorvollen Beobachter der menschlichen Hinfälligkeit auf der einen und einem versierten kulturpolitischen Fädenzieher auf der anderen Seite. Wenn dieser spricht, mischen sich falsche Töne in die vielgerühmte Musikalität, und das Angebot zur Identifikation mit dem moralisch weit über allen Niedrigkeiten stehenden Erzähler ist nur allzu billig. Wann immer aber jener an der Reihe ist, wird "Holzfällen" reich, mitreißend und grandios.
Dann haben wir es etwa mit einem unvergesslichen Bericht über ein Begräbnis in der Provinz, über Trauer und Gulaschsuppe, zu tun oder mit tief wehmütigen Sätzen über die Verluste der Freundschaften der jungen Jahre. Man wächst heran, man trennt sich von den Menschen, die einem einst alles bedeutet haben, man beginnt sie zu hassen und schreibt wutschäumende Bücher gegen sie.
Diese emotionale Bewegung von der Liebe zur Verleumdung wird in den besten Momenten von "Holzfällen" auf virtuose Art selbst thematisiert: "Um uns aus einer Notsituation zu erretten, denke ich, sind wir selbst genauso verlogen wie die, denen wir diese Verlogenheit andauernd vorwerfen und derentwegen wir alle diese Leute fortwährend in den Schmutz ziehen und verachten, das ist die Wahrheit; wir sind überhaupt um nichts besser als diese Leute, die wir andauernd nur als unerträgliche und widerliche Leute empfinden, als abstoßende Menschen, mit welchen wir möglichst wenig zu tun haben wollen, während wir doch, wenn wir ehrlich sind, andauernd mit ihnen zu tun haben und genauso sind wie sie." An solchen Stellen ergeht es dem Erzähler wie dem Burgschauspieler. Seine Stimme verliert alles Schrille, und ein prekäres Buch voller Ausfälle gegen alte Freunde wird unversehens zu Kunst.
Thomas Bernhard: "Holzfällen. Eine Erregung". Werke, Band 7. Herausgegeben von Martin Huber und Wendelin Schmidt-Dengler. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 380 S., geb., 32,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Welch ein Zusammenklang der Gegensätze: Hier der Autor, ein Berserker des Atemlosen, dort der Rezitator, ein Grandseigneur der Distanziertheit. In „Holzfällen“, diesem Wiener Gesellschafts- und Künstlerroman, haben sie zueinander gefunden. Wie wohltemperiert Holzmann Bernhards Überhitzungen intoniert, wie glasklar und unaufgeregt er Bernhards seelendunkle „Erregung“ zu artikulieren, ja zu zelebrieren versteht: Das ist so berührend wie brillant, so mitreißend wie meisterlich. Wer den möglichen Mehrwert der gesprochenen Literatur einmal als verwirklichten erleben will, höre Holtzmann schlicht und einfach zu."
(hr2 Hörbuch-Bestenliste)
(hr2 Hörbuch-Bestenliste)
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Thomas Bernards "Holzfällen", eine "monomanische Tirade" gegen alles Österreichische, ein "Monolog eines Österreichkranken", "Ausdruck einer unüberbietbaren Österreichverklammerung", ist nach Einschätzung von Tobias Lehmkuhl keine leicht Aufgabe für einen Sprecher. Thomas Holtzmann hat sie - im großen und ganzen - gemeistert, findet Lehmkuhl, auch wenn er einige Abstriche macht. Meistens gelinge es Holtzmann, die Erregung, die nicht crescendoartig durch den Text laufe, sondern stetig präsent sei, an den richtigen Stellen "konvulsivisch aufflackern zu lassen". Die stellenweise Eintönigkeit des Textes hätte nach Lehmkuhls Empfindung einer Forcierung des Tempos bedurft. Zudem bilde Holtzmann die Momente, in denen der Erzähler an den Rand der Hysterie gerät, "überdeutlich" ab, kritisert Lehmkuhl. Generell etwas problematisch findet er, dass der Sprechers 25 Jahre älter als seine Rolle sei.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Wer Thomas Bernhard kennen lernen will, hier wird er zum Ereignis, der große Rhetor, der Sprach-Magier. Fast möchte man raten: hören statt lesen!"