Wann interpretieren wir? Das ist die Frage, die im vorliegenden Werk diskutiert wird. Der Mensch verbringt im Alltag seine Zeit nicht von sich aus damit, Bedeutungen zu hinterfragen. Wir interpretieren, wenn wir mit einem verschwommenen, verwirrten, problematischen Sinn konfrontiert werden. Das ist die Originalität der Perspektive des Autors, die das anthropologische Verbot beseitigt, das die Hermeneutik seit Heidegger behindert hat. Michel schlägt eine Anthropologie des homo interpretans als erstes und grundlegendes Prinzip der fundamentalen Ontologie (in Bezug auf die Bedeutung des Seins) sowie der Erkenntnistheorie (in Bezug auf die Interpretation in den Geistes- und Sozialwissenschaften) vor. Er argumentiert, dass die Wurzel der Hermeneutik in gewöhnlichen Interpretationstechniken (Erklärung, Klärung, Entschleierung) liegt und nicht als eine Reihe erlernter Technologien zu verstehen ist, die auf bestimmte Bereiche (Texte, Symbole, Handlungen) angewendet werden.