In seinem letzten Buch vor seinem plötzlichen Tod im Sommer 2015 widmet sich Carsten „Storch“ Schmelzer auf knapp 370 Seiten dem in christlichen Kreisen sehr umstrittenen Thema Homosexualität. Er geht dabei ausführlich auf einschlägige Bibelstellen im Alten und Neuen Testament ein und beleuchtet
auch die historischen Hintergründe des jeweiligen biblischen Kontextes. Im Mittelteil widmet er sich…mehrIn seinem letzten Buch vor seinem plötzlichen Tod im Sommer 2015 widmet sich Carsten „Storch“ Schmelzer auf knapp 370 Seiten dem in christlichen Kreisen sehr umstrittenen Thema Homosexualität. Er geht dabei ausführlich auf einschlägige Bibelstellen im Alten und Neuen Testament ein und beleuchtet auch die historischen Hintergründe des jeweiligen biblischen Kontextes. Im Mittelteil widmet er sich darüber hinaus der Frage nach Ursachen für gleichgeschlechtliche Liebe und der Frage, ob diese veränderbar ist. Im letzten Kapitel schließlich zieht er seine persönlichen Schlussfolgerungen für den Umgang mit Homosexualität in christlichen Gemeinden heute.
Storch hat es sich nicht leicht gemacht. In die Recherche müssen viele Wochen und Monate investiert worden sein. Entsprechend lang ist auch das Literaturverzeichnis am Ende ausgefallen (und ich habe trotzdem noch Quellen entdeckt, die er zwar nennt, aber dort nicht zu finden waren). Er lässt auch keine Zweifel darüber aufkommen, dass ihn als Heterosexuellen in erster Linie seine persönliche Betroffenheit mit der Thematik als Pastor dazu gebracht hat, sich überhaupt mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dabei ist ihm zugute zu halten, dass er dies nicht nur auf einer theoretischen Ebene tut, sondern auch das Gespräch mit Menschen (ehemaliger oder aktiver) homosexueller Orientierung gesucht hat. In einem Kapitel lässt er sie daher auch zu Wort kommen.
Man spürt ihm beim Lesen ein echtes Ringen ab. Anders als andere Rezensenten hatte ich nicht den Eindruck, dass Storch die Bibel zu liberal sieht oder nicht als Wort Gottes behandelt. Auch seine Aussagen muss man im Kontext des ganzen Buchs sehen. In einer seiner Schlussthesen sagt der Autor klar, dass Homosexualität oder homosexuelle Handlungen in der Bibel durchweg negativ bewertet werden. Für ihn spielen allerdings noch andere Faktoren eine Rolle, die ihn letztlich doch zu einer sog. „neuen Ethik“ führen, die auch vorsieht, dass es zu akzeptieren und gutzuheißen ist, wenn homosexuelle Christen ihre Neigung ausleben. Hier konnte ich nicht mehr mitgehen.
Trotzdem halte ich Schmelzers Buch und Gedanken für sehr wichtig und wertvoll für jeden, der sich mit diesem Thema auseinandersetzt, ob aus persönlicher Betroffenheit oder anderen Motiven. In der Vergangenheit hat sich die heterosexuelle Mehrheit zweifellos an Homosexuellen in vielfältiger und beschämender Weise schuldig gemacht. Die Gegenreaktionen sind entsprechend heftig ausgefallen. Meiner Meinung nach wird es so weitergehen, wenn wir nicht lernen, differenzierter mit Menschen umzugehen, die nicht unsere sexuelle Orientierung teilen oder Probleme mit ihrer sexuellen Identität haben. Die Ursachen dafür sind viel vielschichtiger, als man landläufig hört – allein deshalb lohnt es sich schon, „Homosexualität“ von Storch eine Chance zu geben.