Marktplatzangebote
14 Angebote ab € 1,66 €
  • Gebundenes Buch

'Als 1989 die SED-Diktatur gestürzt wurde, hätte niemand gedacht, dass die Staatspartei der DDR zwanzig Jahre später die Geschicke der Bundesrepublik mitbestimmen würde. Doch nach mehrfachen Metamorphosen, dubiosen Verschiebungen ihres Milliardenvermögens und dem obskuren Zusammenschluss mit westdeutschen Altlinken drängt die Partei zurück an die Macht. In welch beunruhigendem Maße es eine personelle, programmatische, organisatorische und finanzielle Kontinuität von der SED zur Partei Die LINKE gibt, dokumentiert Hubertus Knabe in gewohnter Gründlichkeit.
'Mit viel Geschick hatten es
…mehr

Produktbeschreibung
'Als 1989 die SED-Diktatur gestürzt wurde, hätte niemand gedacht, dass die Staatspartei der DDR zwanzig Jahre später die Geschicke der Bundesrepublik mitbestimmen würde. Doch nach mehrfachen Metamorphosen, dubiosen Verschiebungen ihres Milliardenvermögens und dem obskuren Zusammenschluss mit westdeutschen Altlinken drängt die Partei zurück an die Macht. In welch beunruhigendem Maße es eine personelle, programmatische, organisatorische und finanzielle Kontinuität von der SED zur Partei Die LINKE gibt, dokumentiert Hubertus Knabe in gewohnter Gründlichkeit.
'Mit viel Geschick hatten es Parteifunktionäre wie Gregor Gysi oder Lothar Bisky 1989/90 verstanden, die diskreditierte Diktaturpartei zu retten und die Misere, die vierzig Jahre Sozialismus hinterlassen haben, anderen in die Schuhe zu schieben. Das Milliardenvermögen der SED, bis heute angeblich unauffindbar, wurde auf Auslandskonten verschoben. Durch wiederholte Namensänderung wurde die SED-Herkunft verschleiert - noch heute sind gut die Hälfte der Mitgliedschaft alte SED-Genossen, darunter zahllose Stasi-Mitarbeiter. Das Parteiprogramm wurde auf Verfassungskonformität getrimmt, strebt in Wahrheit aber eine andere Republik an.Die jahrelang vergeblich betriebene Westausdehnung wurde schließlich mit Hilfe der WASG-Gründung und der populistischen Tiraden von Ex-SPD-Chef Lafontaine doch noch bewerkstelligt. Rechtzeitig zur Bundestagswahl leuchtet Knabe hinter die Kulissen einer Partei, die die Öffentlichkeit wie keine andere über ihr wahres Innenleben zu täuschen versteht und nicht
zuletzt deshalb auf eine völlig unkritische Haltung der bundesdeutschen Medien trifft. Dieses Buch geht alle an, die sich um die politische Zukunft Deutschlands Sorgen machen.
Autorenporträt
Hubertus Knabe, geboren 1959 in Unna, ist wissenschaftlicher Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen im ehemaligen Zentralgefängnis der Staatssicherheit. Von 1992 bis 2000 war er in der Forschungsabteilung des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (Gauck-Behörde) tätig. Zahlreiche Buchveröffentlichungen über die DDR und Osteuropa.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.07.2009

Nie sollst du mich befragen . . .
Die Linkspartei ist mehr als einfach nur die Herkunft ihrer Mitglieder

Wenn es André Brie nicht gäbe, wäre er erfunden worden. Denn Journalisten lieben unter allen Politikern denjenigen, der sich am weitesten vom Kern der Partei entfernt hat, der drinnen bleibt und doch scharf wie ein Außenseiter kritisiert. Brie, den die Linkspartei für die Europawahl nicht mehr aufstellte, ist in Harald Bergsdorfs Bändchen "Fakten statt Legenden" der Hauptkritiker der Linkspartei. Laut Untertitel soll es "Argumentationshilfen gegen die ,Linke' Lafontaines und Gysis" sein. Doch mit Bergsdorfs Zitatenschatz von Brie bewaffnet, käme man im Gespräch mit einem Funktionär nicht weit. Denn ob die DDR ein Unrechtsstaat war oder nicht, darüber kann man streiten. Aber fruchtbar ist so ein Streit schon lange nicht mehr. Wo Gregor Gysi sagt, ein Rechtsstaat sei sie jedenfalls nicht gewesen, und sie Diktatur nennt, hört der Spaß am heiteren Begriffeschärfen auf.

Bei Bergsdorf heißt es, der "Pseudopazifismus" der Linkspartei begünstige massive Menschenrechtsverletzungen. Das kann er so sagen. Aber es trifft die Lage nicht. Denn in der Linkspartei gehört die Frage, unter welchen Umständen und mit welchen Mandaten deutsche Truppen auswärts auftreten dürfen, zu den mühsam tabuisierten Themen. Die Linkspartei hat kein Programm, mit Bedacht lässt sie vieles bis nach dem Superwahljahr 2009 im Unklaren. Diejenige, die die wirkungsvollsten pazifistischen Tränen vergoss, ist jedenfalls inzwischen Mitglied der SPD. Sylvia-Yvonne Kaufmann hat sich an diesem Punkt nicht bewegt. Dass ihr Pazifismus die SPD verstören wird, ist nicht zu erwarten, eine Volkspartei verdaut vieles.

So geht es in Ostdeutschland auch mit der PDS/Linkspartei, weshalb einzelne Positionen oder Personen zwar wie immer in der Politik interessant sein können, aber kein Urteil begründen können. "Es ist alles eine Frage des Menschenbilds", sagte in den neunziger Jahren der Berliner CDU-Senator Elmar Pieroth zur heutigen Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau. Dass die Partei, die vor zwei Jahren aus der Fusion von PDS und WASG entstand, seither keinerlei Anstrengungen unternahm, so etwas wie einen programmatischen Kern für eine Partei links von der SPD zu formulieren, bezeugt die zynische Einstellung der maßgeblichen Herren: Sie wollen die Hausse nutzen und verschieben die Frage nach ihrer Existenzberechtigung auf irgendeinen Tag nach den vielen Wahlsonntagen. Eine Frage des Menschenbilds ist es indes auch, das Treiben der Linkspartei ausschließlich danach zu beurteilen, wie viele ihrer Leute "Honeckers Erben" sind. So nennt Hubertus Knabe sein Buch, das den vielversprechenden Untertitel "Die Wahrheit über Die Linke" trägt und allein deswegen maßlos enttäuscht. Denn "die Wahrheit", die Knabe vorträgt, ist derartig zeitlos, dass sie zur Beurteilung von Politik nicht taugt. Mit "Karl und Rosa" fängt er an, dann setzt er noch einmal an, mit der Gründung der PDS aus dem Kadaver der SED, und am Ende landet er bei der Erkenntnis, dass Berlin immer noch nicht Weimar ist, dass Lafontaines Populismus und Demagogie jedoch gefährlich werden könnten. Der Text wimmelt von "alten Kadern", "Spitzeln" und "Betonkommunisten". Dass die Linkspartei die PDS-Nachfolgerin ist und diese die Nachfolgerin der SED war, sagt etwas über die Herkunft, aber nicht über die Möglichkeiten der neuen Partei.

Der auch von Bergsdorf häufig zitierte André Brie wird von Knabe mit Genuss zu Lafontaine ("Luxus-Linker") zitiert. Er dient aber auch als Beleg für den inkonsequenten Umgang der Partei mit ihrem Stasi-verstrickten Personal. Bries dicke Spitzel-Akte ist bekannt. Zur Wahrheitsfindung wäre allerdings die Frage zu erörtern, wo zwischen Verdammung wegen Stasi-Zuträgerei und Billigung wegen schroffer Parteikritik Brie heute zu sehen wäre. Oder Kerstin Kaiser. Sie gehört zu den wenigen, die unmittelbar nach dem Bekanntwerden ihrer IM-Tätigkeit eine schmerzhafte "Strafe" auf sich nahm und auf ein Bundestagsmandat verzichtete. Heute ist sie Spitzenkandidatin der Linkspartei für die Brandenburger Landtagswahl. Beim Parteitag in Essen berichtete sie gegen den dort herrschenden Ton der Europa-Verdammung von deutsch-polnischer Zusammenarbeit entlang der Oder. Was ist die "Wahrheit" über Frau Kaiser oder die Partei, für die sie steht: die Verfehlung von damals, die Strafe danach oder die Arbeit, die sie seither leistet? Wo die Herkunft ein Werturteil über Menschen oder Positionen wird, ist man unter Reaktionären. In der Wahrheitssuche à la Knabe kommt nicht vor, dass Lothar Bisky sich in seiner Autobiographie von der IM-Tätigkeit am Beispiel seiner eigenen Frau unmissverständlich distanziert hat. Ulrich Maurers Satz nach den verharmlosenden Äußerungen der frischgebackenden Landtagsabgeordneten der Linkspartei, Christel Wegner, über die Stasi kommt nicht vor: "Wer Mauerbau und Stasi gut findet, hat in unseren Parlamentsfraktionen nichts zu suchen." Außenstehenden mag das lächerlich erscheinen, in der Linkspartei markieren solche Sätze Etappen. Knabe will erklären, was schlecht an der Linkspartei ist. Warum sie aber in Wahlen oft erfolgreich ist, das kann er nicht erklären oder sieht es gut vulgärmarxistisch als Zeichen von "falschem Bewusstsein" an. Er sieht die "alten SED-Kader" und die "überalterte Rentnerpartei". Andere jubeln Lafontaine zu und freuen sich an den hennaroten Schöpfen junger Politikerinnen in den Talkshows: "Die Wahrheit über Die Linke" zu ermitteln erfordert aufwendigere Recherche, als Knabe sie mit Personendossiers leistet.

MECHTHILD KÜPPER

Harald Bergsdorf: Fakten statt Legenden. Argumentationenshilfen gegen die "Linke" Lafontaines und Gysis. Bouvier Verlag, Bonn 2009. 77 S., 9,90 [Euro].

Hubertus Knabe: Honeckers Erben. Die Wahrheit über Die Linke. Propyläen Verlag, Berlin 2009. 448 S., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nicht wirklich erwärmen kann sich Rezensent Daniel Brössler für Hubertus Knabes Abrechnung mit der Linkspartei. Nicht dass er eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Partei für unnötig erachten würde. Aber die Art und Weise, wie Knabe dies tut, überzeugt ihn nicht. Der Leiter der Gedenkstätte im einstigen Stasi-Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen verfällt in seinen Augen darin zu oft die Rolle des Eiferers. Das Buch scheint Brössler daher auch in erster Linie für Leser geeignet, die sowieso immer schon wussten, warum die Linkspartei nicht wählbar ist. Die Bemühungen zur Entlarvung der Linkspartei, die Knabe mit Beispielen aus der Weimarer Republik historisch untermauert, findet Brössler insgesamt recht einseitig. Er hält ihm, unter anderem im Hinblick auf das Verhältnis Lafontaine zu Honecker, vor, "entlastende Momente" zu ignorieren. Darunter leidet nach Ansicht des Rezensenten die Glaubwürdigkeit dieser Streitschrift. Bisweilen kommt er nicht umhin, den Ausführungen des Autors "lächerliche Züge" zu attestieren.

© Perlentaucher Medien GmbH