Eindringlich beschreibt Grigori Pasko seine Erfahrungen mit der menschenverachtenden Praxis des russischen Strafvollzugs.Ein russisches Sprichwort besagt, vor dem Bettelstab und vor dem Gefängnis ist niemand gefeit. Den im Untersuchungsgefängnis von Wladiwostok entstandenen Essay 'Honigkuchen' gestaltet Grigori Pasko als Unterweisung zum Überleben für einen potentiellen Leidensgefährten. Der 'altgediente' Untersuchungshäftling macht den Neuling - den 'Honigkuchen' - mit allen Facetten des Gefangenenalltags vertraut. Dazu führt er ihn ein in die Hierarchie und Psychologie der Insassen, ihre Beziehungen untereinander und zu den Wärtern. Er beschreibt die kärglichen Momente des kleinen Glücks, wenn ein Badetag ansteht oder ein Besuchstag genehmigt wird. Der Erzähler erklärt dem 'Honigkuchen', daß die Welt hinter Gittern als ein Spiegelbild der Welt draußen zu betrachten ist. Wie sehr diese beiden Welten sich tatsächlich wechselseitig durchdringen, findet darin seinen Ausdruck, daß die ganz spezielle, russisch 'Fenja' genannte Sprache der Arbeitslager und Gefängnisse in Rußland längst gesellschaftsfähig geworden ist.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Beeindruckt zeigt sich der "Jdl." zeichnende Rezensent von dieser "Anleitung zum Überleben hinter Gittern" des russischen Journalisten Grigori Pasko, der dadurch für bekannt geworden war, dass er die Verklappung von Atommüll durch ein russisches Militärschiff ins japanische Meer filmte,und für seine Unbotmäßigkeit mit einer Haftstrafe wegen "Landesverrats" büßen musste. Er sieht in dem das Buch einen "Leitfaden zu einem Alltag aus Wahn und Willkür" für Gefängnisneuankömmlinge. Dabei hält er das Buch keineswegs für eine Dokumentation des russischen Strafvollzugs. Vielmehr erscheint es ihm "parabelhaft und literarisch". Die Wut von Paskos Sprache erzähle von kulturellen Eigenarten, die aus dem alten Russland stammen und deren autoritärer Charakter offenbar bis jetzt nicht zu reformieren war. Der Rezensent kann diesen "kraftvoll hingeschriebenen Kassiber aus einer fremden und bisweilen gefährlich nahen Welt" jedenfalls nur zur Lektüre empfehlen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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